dbdrwdn: Danke, endlich jmd. der mich versteht!
Ich versteh dich auch. In deinem Alter wurde ich ständig von einem bestimmten Typen abgezogen. Er war auch Südländer. War nicht nur in der Schule schlimm: der Typ ist an vielen Orten, wo ich mich befand aufgetaucht, und jedesmal hab ich heimlich in mich gefleht, mich in Ruhe zu lassen. Ich weiß nicht, wie viele Zigaretten(packungen) ich abgeben musste, vieviele Erniedrigungen (schieb mein Mofa, geh da hin, tu dies, Kopfnuss) ich etragen musste. Das ging über Jahre so. Und ich konnte mich nicht wehren. Freunde von ihm waren zufälligerweise auch Freunde von mir. Eine vertrackte Situation. Und natürlich hab ich ihn gehasst, hab ihn den Tod gewünscht.
Aber das ist nicht alles.
Dieser Typ, nennen wir ihn "I." war in der ersten Klasse mein bester Freund. Ich erinnere mich noch, wie in den ersten Schulstunden seine Mutter in den Klassenraum reinkam, etwas auf libanesisch sagte und ihr Sohn, I., das ganze dann übersetzen musste. Er hatte eine peinlich große Brille und wir hatten Spass zusammen. Irgendwann vermisste ich ein Stückchen Schokolade, welches ich mir in mein Etui gelegt hatte. I. gab den Diebstahl zu. Es war kein Vertrauen mehr da.
Jahre später dann das oben genannte... ich hab mich schon gefragt, wieso er so drauf war. Ab und zu machten Geschichten aus dem Elternhaus die Runde. Er werde von seinem Vater aufs übelste geschlagen, sein Bruder sei Schwerkriminell, usw. Dazu noch das Millieu: West-Platte, Imigranten, Flüchtlinge - hohe Arbeitslosigkeit, keine Integration.
Jedenfalls wünschte ich mir, er würde so schwer von seinen Eltern (oder Bruder) zusammengeschlagen werden, dass er mir nichts mehr kann.
Jahre später begrüßte er mich ganz normal, als wäre nichts geschehen. Ich habe erst vor kurzem erfahren, dass er wohl eine Familie gegründet und sich ein Haus gekauft hat. Vielleicht ist es ja so gerecht. Wer bin ich, dass zu beurteilen?
Noch ein paar kleine Pointen:
Zur WM 2002 wurde ich in einer Tanke auf den Erfolg der türkischen und deutschen Mannschaft angesprochen. Ein deutscher Herr im mittleren Alter, sichtbar gut drauf, meinte zu mir: "Ihr feiert so, wir so!" Darauf ich:"Ich bin kein Türke."
Rassistische Diffarmierungen waren in der Schulzeit normal. Als ich zehn Jahre alt war, begleitete ich mit meinen Eltern meinen Bruder zur Anmeldung zum Konfirmandenuntericht. Als wir draußen vor dem evangelischen Gemeindezentrum und Haus des Pastors standen, lugte ich in den Keller, wo zwei Jungen, signifikant älter als ich, Tischtennis spielten. Einer sah mich und sagte: "Scheiss Ausländer." Aus dem Keller einer christlichen Instanz. Eine Art Schlüsselerlebnis.
Mit einem Bekannten eines sehr guten Freundes kam es auch mal auf das Thema Ausländer. Er hatte eine simple Meinung dazu: raus. Ich fragte ihn, ob ich dann auch lieber gehen solle. Er sagte: "Du siehst ja nicht so aus."
Nur ein paar Auszüge.
Ich bin halb Deutscher, halb Taiwanese, und weil ich manchmal das Gefühl hab, in mir wird ein rassistischer Kampf gegen mich selbst ausgetragen, gibt es nichts mehr was ich hasse, als die unbedingte Notwendigkeit, über Faschismus überhaupt noch zu diskutieren. Und ich bin auch keine scheiss Ausnahme. Ich habe x-türkische Freunde, die Deutscher sind als irgendwas. Ich kenne Kroaten mit hoher menschlicher und gesellschaftlicher Kompetenz. Jede Menge Polen. Und hier und da x-andere sog. nationale Ethnien. Das sind keine "Ausländer", ich bin kein "Ausländer", das sind Menschen, verdammt nochmal. Und der Junge in dem Video, das ist auch ein Mensch, ein dummer post-pubertärer mit faschistischer Attitüde.