SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier hält trotz heftiger Kritik aus anderen Parteien an seiner Vision für ein Jobwunder in Deutschland fest. Vier Millionen neue Arbeitsplätze bis 2020 seien möglich. Kein Land habe "bessere Voraussetzungen, zum Ausrüster der Welt für neue energiesparende Produkte und Maschinen zu werden", sagte Steinmeier bei der Vorstellung seines "Deutschland-Planes" vor der Karl-Schiller-Stiftung in Berlin. Er wolle nach der Wirtschaftskrise eine grundlegende Erneuerung der sozialen Marktwirtschaft erreichen. Union, FDP und Linke reagierten mit Kritik und Spott. Lob kam dagegen von den Grünen und der IG Metall.
Steinmeier sagte, die Menschen hätten "das allgemeine Krisengerede langsam leid". Die zentrale Frage sei, wie Beschäftigung, Wachstum und Wohlstand künftig zu sichern seien. Bei der Wahl am 27. September gehe es "nicht nur um Steinmeier oder Merkel", sondern darum, wie Deutschland in den nächsten zehn bis 20 Jahren aussehen solle. Eine ökologische Industriepolitik mit umweltschonender Energieproduktion sowie das Ziel Vollbeschäftigung bei fairen Löhnen und Sicherung von Mitbestimmung und Kündigungsschutz sei "die größte Herausforderung seit der Wiedervereinigung".
"Grüne" Industrie als Jobmotor
Zwei Millionen Arbeitsplätze sollen nach den Vorstellungen Steinmeiers in der Industrie entstehen, vor allem durch die Entwicklung neuer Produkte. Deutschland müsse zum Beispiel bei der Herstellung von Elektroautos Weltspitze werden. Eine weitere Million Arbeitsplätze könnten laut Konzept im Gesundheitsbereich entstehen, davon allein 300.000 in der Altenpflege. 500.000 Arbeitsplätze hält Steinmeier in der Kreativwirtschaft für möglich, weitere 500.000 in anderen Bereichen wie Handel oder haushaltsnahen Dienstleistungen.
Das Konzept sieht zugleich erhebliche Investitionen des Staates in bessere Schulen, Hochschulen und in die Forschung vor. Kleinere und mittlere Unternehmen, die selbst forschen, sollen einen Steuerbonus erhalten. In dem 67 Seiten umfassende Steinmeier-Papier mit dem Titel "Die Arbeit von morgen" werden keine konkreten Aussagen zur Finanzierung gemacht. Steinmeier sagte: "Wer es ernst meint mit mehr Bildungsinvestitionen, kann keine Steuersenkungen versprechen und den Staat künstlich arm machen." In einem ergänzenden Thesenpapier Steinmeiers heißt es dazu weiter: "Damit die deutsche Wirtschaft wieder auf die Beine kommt, dürfen die öffentlichen Haushalte erst wieder konsolidiert werden, wenn der Aufschwung kräftig und stetig genug sein wird."
Leichtere Kreditvergabe für Mittelstand gefordert
In dem Konzept wird unter anderem eine "Allianz für den Mittelstand" gefordert. Vor allem kleinere und mittlere Unternehmen müssten aus der Kreditklemme herauskommen. Der Staat habe die Banken entlastet, indem sie ihre "toxischen" Papiere aus den Bilanzen herausnehmen konnten. Einige Banken hätten jedoch "die neue Beweglichkeit nicht genutzt", sagte Steinmeier. Viele kleinere und mittlere Unternehmen müssten immer noch bei ihren Banken um Kredite kämpfen. Die "Allianz für den Mittelstand" soll direkt beim Bundeskanzler etabliert werden. Ein Ombudsmann oder "Kreditmediator" nach französischem Vorbild soll zwischen Bundesregierung, Unternehmen und Banken vermitteln.
Im Jahr 2020 sollen nach den SPD-Plänen in Deutschland 30 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien kommen und 40 Prozent aus "sauberen" Gas- und Kohlekraftwerken. Die SPD will am vereinbarten Ausstieg aus der Atomenergie festhalten. Der Ausstoß von Treibhaus- Gasen soll um ein Fünftel niedriger sein als heute. Außerdem sollen 2020 die Hälfte aller Schüler Hochschulreife haben und doppelt so viel junge Menschen wie heute studieren. Ein neues Ministerium für "Bildung und Integration" soll dafür sorgen, dass Einwanderer besser einbezogen werden.
Breite Kritik an Vorschlägen
CSU-Chef Horst Seehofer sagte zu Steinmeiers Vorschlägen: "Mich erinnert das an längst vergangene Zeiten, dass man Politik durch Plan ersetzt." FDP-Generalsekretär Dirk Niebel sagte: "Wer Agenda-Erfinder war, jetzt Abkassierer mit der großen Koalition der Steuerzumutungen ist und künftig Vollbeschäftigungsgarant sein will, dem fehlt die Glaubwürdigkeit." Der Linken Vorstandsmitglied Ulrich Maurer sagte: "Steinmeiers Deutschland-Plan ist aus der Abteilung "Wünsch dir was"."