Hm, Mitarbeiter im Fahrbetrieb der Bahn verdienen wirklich recht wenig. Ein unverheirateter Lokführer bekommt mit Zulagen und allem Drum und Dran etwa 1600 Euro netto monatlich raus, nicht gerade "la dolce vita". Fahrtbegleiter bekommen sogar etwas weniger. Allerdings ist es lächerlich zu behaupten, dass das gesamte Fahrpersonal eigentlich 30% unter Wert arbeitet. Das Berufsbild eines Lokführers ist nicht gerade dasselbe wie das eines Linienpiloten und wer meint er müsse als Zugbegleiter mehr verdienen als als Flugbegleiter hat meiner Meinung nach eine verzerrte Vorstellung von der Realität.
Zum Vergleich bekommt ein Flugbegleiter während der Saison bis zu 2000 Euro netto raus, es fängt aber bei 1300 netto an. Maximal bringt man je nach Fluggesellschaft 3500 Euro netto nach Hause. Dafür muss man allerdings wesentlich mehr Verantwortung übernehmen, erhebliche soziale Einschränkungen hinnehmen, unter beengten Bedingungen arbeiten, es werden hohe Anforderungen an soziale und kommunikative Kompetenz gestellt und die psychische Belastung ist ebenfalls erheblich. Die Arbeitsqualität des Flugpersonals halte ich für wesentlich höher als die des Zugpersonals - das liegt auch daran, dass eine Flugreise wesentlich teurer ist und Kunden unfreundliches, gestresstes Personal weniger tolerieren als bei einer Zugreise, die in den meisten Fällen günstiger ist. Im ICE ist das Personal übrigens stets kompetenter und freundlicher, die Reise ist dann natürlich auch teurer.
Wenn man Lokführer wird, hat man (wie in den meisten Fällen) ja ein bestimmtes Bild von dem Beruf. Man weiss, dass man nie wirklich viel Geld bekommen wird, weil man nur vor und zurück fährt und es sich nicht mitten auf der Strecke Hamburg-Berlin anders überlegen muss um in München "notzulanden". Es ist kein besonders kreativer Job, keiner will auch einen kreativen Lokführer. Man muss viel über die Züge wissen die man fährt, man muss den Zug pünktlich ans Ziel bringen, aber wenn man den Arbeitsablauf erstmal drauf hat muss man eigentlich nicht mehr so viel nachdenken. Es gibt da Signale zu beachten, aber da ist keine Flugkontrolle die einem über Funk zubrüllt dass man 300 Fuß sinken soll weil man sonst in eine Tupolev rauscht. Man weiss, worauf man sich einlässt - und der Beruf zieht damit auch nur bestimmte Menschen an. Es ist ja nicht so, dass Kernphysiker auf einmal umsatteln weil sie meinen, "hach, die Physik ist eigentlich mein Leben, aber als Lokführer verdiene ich mehr..." und bis jetzt ist ja auch kein Bedarf für Kernphysiker in Triebwagen der Deutschen Bahn entstanden, die man mit Lohnerhöhungen von 30% locken müsste.
30% Lohnerhöhung sind einfach viel zu viel, es ist unmoralisch darauf zu bestehen. Natürlich hätte jeder gerne 30% mehr. Arzthelferinnen würden auch gerne soviel bekommen wie der Arzt selbst, Metzger würden auch gerne wie Gourmetköche bezahlt werden. Und wenn das so ist dann sollen sie's halt werden. Wenn man als Fliesenleger bezahlt werden will wie ein Stardesigner dann sollte man besser verdammt gut Fliesen legen und jemanden suchen, der das bezahlen will.
Die Forderungen von Transnet und GDBA sind vernünftig und fair, es muss eine Gehaltsanpassung geben. Es ist jedoch einfach unsolidarisch von der GDL, sich wie in der Parabel vom König der Organe zu verhalten: sich wie das Arschloch zuzukneifen und darauf zu warten, dass alle anderen Organe ihren Dienst versagen und klein bei geben.