Ja auf die Debatte der Vizepräsidenten-Kandidaten warte ich auch schon gespannt.
Was ich als Europäer/Deutscher überhaupt nicht verstehe, ist wie du schon sagtest, das es nicht nach wirklichen politischen Inhalten geht, was die Amerikaner wählen.
Das kann ich vielleicht etwas beantworten: mir hat einmal ein politisch sehr interessierter Amerikaner auf exakt diese Frage erklärt das die Amerikaner wesentlich weniger auf ihre Regierung achten bzw. diese beachten als im Ausland oft gedacht/wahrgenommen wird, schlicht weil die Regierung weniger Einfluss auf ihr tägliches Leben hat als die regionale Politik. Konnte ich auch kaum glauben, ist aber offenbar wirklich so, man beachte z.b. die unterschiedlichen Steuern je Bundesstaat.
Auch wenn ich mich damit immer noch schwer tue ist es jetzt immerhin nicht mehr so unverständlich das unsere Wahrnehmung derart von den amerikanischen Realitäten abweicht.
Wie sonst wäre es zu erklären das die Republikaner fast gleichauf mit den Demokraten liegen, während Bush das Land heruntergewirtschaftet hat und Staatsschulden in noch nie gekannter Höhe gemacht hat? Clinton hat damals wesentlich dafür gesorgt das die Wirtschaft florierte und den Aufschwung genutzt um einiges anzupacken, Bush verschwendet Steuermilliarden im Irak (übrigens während der Irak auf Milliarden Dollar aus Ölerträgen hockt) und die Republikaner haben den Nerv von "Verkleinerung des Staates bzw. der Ausgaben" zu sprechen und den Demokraten "Big-Government" vorzuwerfen (speziell wegen ihrer Gesundheitspläne). Gerade unter der Bush-Regierung wurde der "Staat" doch aufgebläht, was auch viele Republikaner sehr ärgert. Das Gesundheitssystem ist ein Desaster, das Benzin wird immer teurer und zwar so teuer das die Amerikaner endlich anfangen spritsparendere Autos zu kaufen - wer hätte das noch für möglich gehalten? Und jetzt brauchen die Börsen 700 Milliarden Dollar (nach der Verstaatlichung von Freddie und Fanny und der Stütze von AIG) um die Wirtschaft nicht total zusammenbrechen zu lassen, während die Republikaner Steuersenkungen für die Reichen durchsetzten und McCain diese beibehalten will (nachdem er sie 2000 noch als unverantwortlich bezeichnete) während er "Middle Class" als Einkommensschicht mit 2 Millionen Dollar Verdienst bezeichnete und spontan nicht genau wusste wieviele Häuser er eigentlich hat.
Alle objektiven Punkte sprechen also gegen einen republikanischen Sieg, dennoch überwiegt der Eindruck das McCain eben nicht mit Bush gleichzusetzen sei, obwohl er ca. 90% mit den Entscheidungen des Präsidenten einverstanden war. Also versuchen die Republikaner das was sie immer machen: die Gegenseite zu diffamieren ala´ "zu fremd, zu eitel, zu arrogant, zu abgehoben von den Nöten der Durchschnittsverdiener" und natürlich das liebste und am häufigsten verwendete Schlachtwort "zu liberal" (gerade das ist für viele Kandidaten oftmals der Todesstoß!), das hat die letzten Wahlen meistens gedreht selbst wenn es ganz schlecht stand.
Bush schaffte es ja wie oben erwähnt damals sogar einen Kriegshelden wie Kerry als Feigling zu brandmarken, obwohl er selber nichts in Vietnam geleistet hat, sondern in der Heimat verblieb.
Die Frage ist nur was diesmal überwiegt: die finanziellen Nöte der amerikanischen Wähler oder doch die Show?
Ich tippe letztlich darauf das viele nach dem Geldbeutel wählen werden, aber hier bin ich schon wieder in meinem europäischen Denkschema drin.
Obama und Clinton hatte, bis auf ein paar feine Unterschiede, das gleiche Programm. Nachdem aber Clinton nicht gewonnen hat wollen nun viele für McCain/Palin wählen, obwohl die das gegenteil von Clinten probagieren.
Gerade Palin, die für eine weitere ungleiche Behandlung der Frauen eintritt (Verdienst, usw.) und auch Abtreibung total ablehnt, wir von dem weiblichen Clintonanhängern angebetet, obwohl diese (Clinton) das genaue gegenteil vertritt.
McCain versucht mit Palin mehrere Dinge zu erreichen:
a) die sogenannte "Rechte" in der republikanischen Partei, also die Hardcore-Anhänger die gegen Abtreibungen, gegen Homo-Ehen, für Schusswaffen (NRA etc.) etc. sind zu besänftigen und auf seine Seite zu ziehen - McCain gilt vielen als zu links
b) einen Teil der Clinton-Wählerinnern zu gewinnen, die sich von Obama düpiert sehen weil er Clinton nicht als VP genommen hat und sei der Anteil auch noch so gering, in Battleground-States sind es auch oft die "weißen Frauen" bzw. die "Wal-Mart Moms" die Wahlen entscheiden. Nicht umsonst lobt Palin regelmäßig die Verdienste von Clinton für die Frauen.
c) eine jüngere Kandidaten zu haben um sein Alter, immerhin 72, das wenn auch eher verdeckt doch stehts präsent ist
d) eine Kandidatin zu haben die absolut keine "Washington-Experience" hat, eben um Obamas Botschaft vom Wandel zu unterminieren getreu dem Motto "seht her, ich habe eine neue Kandidatin die 500 Millionen Dollar an Subventionen mit ihrem Veto verhindert hat und Obama hat einen Senator als Vize gewählt der seit 26 (oder waren es über 30?) Jahren in Washington ist - soviel zum Wandel den er verspricht"
Offtopic: Total zur witzfigur hat Palin sich in meinen Augen gemacht, das sie daran glaubt, dass wenn sie zu Gott betet könnte sie Gay's zu Heterosexuellen machen.
Vieles wird bei Palin davon abhängen ob es sich die Medien länger bieten lassen keine Interviews zu bekommen bzw. das sie nicht wie alle anderen Kandidaten Reporter-Fragen oder überhaupt spontane Fragen beantwortet.
Ich empfehle hierzu den Beitrag von Campbell Brown:
http://edition.cnn.com/2008/POLITICS/09/24/campbell.brown.palin/index.html
- das Video dazu musst du unbedingt sehen, absolut genial und witzig gemacht wie ich finde.
Die Frage ist ob die Medien an dem Thema dran bleiben, oder Palin schonen.