Kolumne #07 - Qualm

mightyM

Lambertine
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[preview]Bisweilen nervte ich die Apfeltalk-Redaktion während Skype-Konferenzen immer immens mit meinem Zigarettenkonsum: Das "Ziehen" an der Zigarette muss so nervig geklungen haben, dass ich mehrfach von Felix und Co. gebeten wurde, mein Mikro auf stumm zu schalten, während ich rauchte. Ein schwerer Rückschlag. So fristete ich also regelmäßig meine fünf-minütige Raucher-Anti-Dialog-Pause. Ich fühlte mich wie in einem Klassenraum, in der Schmoll-Ecke stehend und ausharrend. Dabei hatte ich gar nichts angestellt. Irgendwann kam dann die Frage im Team auf "Sag mal Martin, warum machst du das eigentlich?". "Ich war mein gesamtes Leben penetranter Nichtraucher" entgegnete ich. (Gelächter macht sich breit)[/preview]

...Ziemlich genau bis Ende 2003, da hatte ich damit begonnen, mir gelegentlich zu feierlichen Anlässen einen guten Zigarillo mit Vanille-Aroma anzuzünden. Die feierlichen Anlässe häuften sich, und schon bald erklärte ich die alltäglichsten Dinge offiziell als "feierlich" und qualmte drauf los. Zigarillos jedoch hegen den Nachteil, noch mehr zu stinken. Außerdem rauchte ich ohne Filter und irgendwann auch so "feierlich" häufig, das mich die finanzielle Belastung quälte - neben den gesundheitlichen Aspekten versteht sich. Und nein, keine Sorge: Beim Lesen dieser Kolumne darf gerne geraucht werden. Zumindest solange Sie sich nicht in einem öffentlichen Lokal befinden.

Ich hatte das Problem also erkannt. Mein daraufhin entwickelte Entwöhnungsplan schien mir einfach wie genial und ich fragte mich, warum niemand anders vor mir darauf gekommen sein mag: Entwöhnung von Zigarillos? Ganz easy: Ich steige um auf Zigaretten! Die sind günstiger und vorallem schwächer in ihrer Nikotin-Konzentration, vom Filter mal ganz abgesehen, der die Wirkung und Schadstoffbelastung ja nochmals verringert. Ein fataler Irrglaube - mein "Entzug" dauerte (von 2004 an gesehen) stolze drei Jahre und gelang auch da dann eher wegen des Drucks, den mir meine seiner Zeit bessere Hälfte auferlegte. Als der Druck dann Ende letzten Jahres plötzlich weg war, zusammen mit der Ex, schlugen meine Nikotin-Rezeptoren erneut Alarm.

Der erste Weg zum Zigarettenautomat blieb erfolglos, denn mittlerweile brauchte man eine EC-Karte mit Geldchip oder einen Führerschein, um Zigaretten am Automat ziehen zu können.Hatte ich natürlich nicht dabei. Für mich uninteressant aber gleichermaßen neu: 18 Jahre muss mal alt sein, um heute rauchen zu dürfen. EC-Karten mit Geldchip gibt's dennoch schon ab 16. Ich liebe wirtschaftspolitische Konsequenz.

Nun, was soll ich sagen: Ich war der Quotenraucher in der Apfeltalk-Redaktion. Alle anderen hatten sich diese üble Sucht gar nicht erst angewöhnt. Alles kluge Köpfe - ich meine das ernst. Allerdings möchte ich anmerken, mich zwischenzeitlich durchaus diskriminiert gefühlt zu haben. Trotz mehrfachem Wunsch zur Einrichtung eines Raucherraums in den Redaktionsräumen, am besten weitläufig und zur Unterhaltung bestückt mit Flachbildfernseher, 5.1-Soundsystem und kostenlosem Raumspray, wurde dieser nie realisiert. Auch mein alternativer Vorschlag, gerne auch einen ganz kleinen, minimalisitisch-angehauchten Raum zusätzlich anzumieten, dafür dann aber doch in die mehrfach abgelehnte Redaktions-Stewardess (für dessen Posten bis heute übrigens enttäuschend wenig Bewerbungen eingegangen sind) zu investieren, wurde nicht angehört.

Was blieb mir also anderes übrig. Hab ich halt wieder aufgehört mit der Qualmerei. Dank dieses weisen Entschlusses habe ich nun auch wieder mehr Atem um lange Kolumnen zu schreiben. Fühlt sich eindeutig besser an. Und meine neue Freundin (die dahingehend aber niemals etwas gesagt hatte) bemerkte letztens leise: "Is' doch schöner so, ne?". Die Wahrheit aber ist: Ich mache das aus Trotz. Nie wieder will ich auf "stumm" schalten müssen während einer Apfeltalk-Skype-Konferenz. Denn eins sollte man tunlichst vermeiden: Sich den Mund verbieten lassen. Vorallem aber, und das ist wichtiger: Niemals verbiete dir den Mund selbst! In diesem Sinne: "Ahoi."

P.S.: Mittlerweile rauche ich in der Tat nicht mehr. Und nein, es braucht keine Mittelchen dafür. Überzeugung genügt. Ich möchte mit diesem Beitrag niemanden zum Rauchen auffordern - im Gegenteil. Meiner Auffassung nach soll jeder der alt genug ist selbst entscheiden, ob man sich das selbst und anderen zumuten kann oder nicht. Das Risiko eines verfrühten Todes sollte jedem Bewusst sein. Aber Hand auf's Herz: Wer kennt "alte Raucher"? Okay, ich auch. Aber wer kennt "alte, gesunde Rauche"? Touché!
 

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bobandrews

Baldwins roter Pepping
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Ich finde rauchen blöd! :( das gibt gleich erstmal einen Minuspunkt in mein rotes AT-Heftchen!

Aus Protest werde ich nun 1 Woche Deine Kolumnen nicht mehr lesen, bis Du aufgehört hast ;)
 

bigmac21

Pomme Etrangle
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Schön zu lesen, wie immer. Ich selbst rauche mit meinen 15 Jahren natürlich auch nicht (auch, wenn das mittlerweile nichts ungewöhnliches mehr wäre..o_O).
 

JohnnyAppleseed

Schmalzprinz
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Was bin ich froh, dass ich noch nie das Bedürfnis hatte überhaupt freiwillig eine Zigarette in der Hand zu halten, geschweige denn zu rauchen. :)
 

iPd

Galloway Pepping
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Ich finde Rauchen hat nur Nachteile, ich kenne kein Vorteil vom Rauchen. Trotzdem Kolumne gut geschrieben, auch wenn ich das Thema nicht so gut finde. :p
 

quarx

Brauner Matapfel
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... und in der Redaktion kann man noch nichtmal ein Fenster aufmachen. :-x
 

flostere

Finkenwerder Herbstprinz
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Eine durchaus gelungene Kolumne, gerne mehr davon.

mfg
 

imac20

Doppelter Prinzenapfel
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... da hatte ich damit begonnen, mir gelegentlich zu feierlichen Anlässen einen guten Zigarillo mit Vanille-Aroma anzuzünden ...

Und so halte ich es heute noch. Geraucht wird zu feierlichen (kommt das von "Feiern"?) Anlässen in Gesellschaft, auch wenn gesundheitsschädlich mal einer über den Durst getrunken wird bin ich mit einer Zigarillo gerne dabei. Glücklicherweise bleibe ich trotzdem von schweren Nikotinsuchtsattacken verschont, wenn ich im normalen Alltag nicht rauche.

Ob Rauchen nun doof, blöd, finanziell dumm oder sonstwas ist - ich fand die Kolummne interessant zu lesen und witzig geschrieben. Und liebe Nichtraucher: Als (wenn auch nur temporärer) Raucher fordere ich das Selbe ein was ihr von den Rauchern einfordert. Ein klein wenig Toleranz ...

In diesem Sinne ...
 

quarx

Brauner Matapfel
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Und liebe Nichtraucher: Als (wenn auch nur temporärer) Raucher fordere ich das Selbe ein was ihr von den Rauchern einfordert. Ein klein wenig Toleranz ...
*stöhn*

Nichtraucher sind keine Störenquelle für Raucher, umgekehrt schon.
 
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ThreeOfNine

Meraner
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Erinnert mich an meine "Stinkerzeit". Damals (Wie kann man im Alter von 21 schon "damals" sagen?) war die Frust-, Lust-, Party-, Whatever-Kippe noch leicht zugänglich. Immerhin rauchte ich ein Jahr oder zwei. Mal mehr (Freundin weg), mal weniger (Freundin da). Von daher kann ich dich gut verstehen und ich stimme dir gerade in der Aussage, das Aufhören sei eine Überzeugungsangelegenheit, zu.
Außerdem: Gebracht hat es mir außer chronischem Geldmangel und Schnorreranmaßungen nichts, absolut gar nichts!

Danke, Martin! :)
 

thexm

Beauty of Kent
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Ich finde Rauchen hat nur Nachteile, ich kenne kein Vorteil vom Rauchen. Trotzdem Kolumne gut geschrieben, auch wenn ich das Thema nicht so gut finde. :p

was ist denn der Vorteil von unserer Volksdroge Alkohol? o_O Ich will mich natürlich nicht für das rauchen aussprechen (obwohl ich selbst rauche), aber diese Argumentation ist ziemlich blödsinnig, wenn man über Drogen redet.

mfg thexm
 

imac20

Doppelter Prinzenapfel
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*stöhn*

Nichtraucher sind keine Störenquelle für Raucher, umgekehrt schon.

Ich rauche nicht, wenn andere essen.
Ich rauche nicht, wenn mich andere bitten dies in Ihrer Gesellschaft nicht zu tun.
Ich rauche nicht an Orten, an welchen Rauchen nicht erwünscht ist.

Ich rauche aber gerne unter anderen Rauchern oder unter Nichtrauchern, welche mit Rauchern keine Probleme haben (das soll es ja auch noch geben).

Ich versuche also keine Störenquelle für Nichtraucher zu sein und mit meinem Tun niemanden zu belästigen.

Somit hoffe ich, Dir meine Auffassung des Begriffes "Toleranz" näher gebracht zu haben.

Fröhliches weiter*stöhnen* ...
 
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Vjay

Süssreinette (Aargauer Herrenapfel)
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Ich habe vor zwei Jahren den Glimmstengel an den Nagel gehangen.
Toi toi toi!