Von der 1. bis zur 4. Klasse hatte ich katholischen Religionsunterricht (es gab bei uns in meinem kleinen oberpfälzischen Dorf keinen evangelischen). Da habe ich auch die Sache mit der Vorhölle gelernt. Und dass es Todsünden gibt. Der nette Pfarrer hat uns Kinder aber beruhigt: Kinder unter 10 Jahren könnten noch keine Todsünden begehen. Ufff!
Als dann in der 3. Klasse die Beichte Thema war, da wurde uns gesagt, man müsse nicht nur beichten, wenn man den Eltern ne Mark aus dem Geldbeutel geklaut hatte, sondern auch, wenn man unkeusche Gedanken hat oder sogar handelt. Doch was ist unkeusch? Ich fragte einen Freund, der sagte mir, man dürfe nicht der großen Schwester durchs Schlüsselloch beim Duschen zukucken. Hm? Ich hatte nur eine kleine Schwester und mit der badete ich noch gemeinsam. Außerdem, so sagte der Freund, dürfe man nicht "da unten" an sich rummachen. Hm? Aber aufs Klo durfte man noch, oder musste man das auch beichten, weil man da immer an sich rummachen musste, damit nichts danebenging?
"Kannst Du die Sünde nicht abschaffen, erfinde die Beichte!"
Als ich dann ab der 5. Klasse evangelischen Religionsunterricht hatte, lernte ich, dass der Luther die Hölle abgeschafft hat. Die gibt es bei uns Lutheranern nämlich nicht. Sola fide, sola gratia. Nicht dumm, der Luther, hatte wahrscheinlich deshalb ab 1517 so nen Bombenerfolg.
Aber den Katholizismus, den habe ich nie wirklich verstanden. Allerdings ist das in einer Welt, die immer unübersichtlicher wird, für viele Leute eine attraktive Sache: Regeln, und mögen sie noch so bescheuert sein, das ist eine tolle Sache, um sich gut zu fühlen. Gerade wenn man mit dem Finger auf die zeigen kann, die diese Regeln nicht einhalten. Man selbst ist gut, die anderen böse. Wie primitiv Religion sein kann...
H.