Wer genau als Privatperson, wenn er nicht gerade für sich alleine verantwortlich ist, kann all diese "Erkenntnisse" von bewusstem Einkaufsverhalten und Nachhaltigkeit denn überhaupt leben? Selbst wenn er wollte, stößt er irgendwann an seine Grenzen.
Ich bin der Meinung, dass Nachhaltigkeit keine Erscheinung und letztlich persönliche Überzeugung wie Veganismus ist und ausschließlich in der Verantwortung des Einzelnen liegen darf, sondern gesteuert gehört. Dazu zählen eben auch bestimmte andere Dinge, deren Erkenntnis eine bessere Welt schaffen könnte. Wenn es doch klar ist, dass zuviel Fleisch das Ökosystem, das Klima und auch die Gesundheit der Menschheit belastet, dann darf einfach nicht in jedem Discounter eine Kühltheken-Armada an Auswahl liegen. Wenn es darum geht, nur wenige glückliche Tiere zu essen, dann darf eben der Schlachthof "Kuhglück" als Liefernt dienen und nicht die "bolzenschuss-Gemeinde 5.000 auf einen Streich".
Wenn Diesel fahren schlecht ist, dann darf es keine mehr geben. Wenn rauchen tötet, dann muss es ein Verkaufsverbot geben. Usw usf, Warum sind die meisten Produkte in ihrer Umverpackung zusätzlich nochmal einzeln verpackt? Bei nem Gummibärchen käme uns das irgendwie komisch vor. Bei Eukalyptusbonbons fragen wir gar nicht nach. Warum ist das so? Nehmen die Bonbons sonst Geruch und Geschmack des anderen an? 😂
Für mich sind es private und persönliche Bemühungen in jedem einzelnen Bereich etwas dafür zu tun. Am Ende muss aber jedem klar sein, dass die Industrie auf Veganer nen feuchten Furz schießt, dass die Autobauer nie den Diesel aufgeben werden, denn alles und wirklich alles ist auf das Beste der Gesellschaft fokussiert, nämlich deren Geld. Es hat alles mit reinem Gewinn zu tun. Aus Freundlichkeit der Gesellschaft, oder gar aus Umweltgesichtspunkten gegenüber wird sicher kein Veggie-Hack hergestellt.
Fängt in der Schule schon an. Wieso jedes Jahr neue Bücher? Wieso nicht die aus dem Jahrgang darüber? Wieso überhaupt Bücher und nix digitales? Aber gut, die Liste wird ellenlang wenn man alles aufzählt, was gerne diskutiert wird und in Abhängigkeit der Nachhaltigkeit gesetzt wird. Am Ende ist es aber aus meiner Sicht oftmals nur das Beruhigen des eigenen Gewissens. Während man den sauber getrennten Müll rausbringt, trägt man die in Bangladesch gefärbte Jeans und die Discounter-Crogs. Aber wehe irgendwer hat Altpapier in die Wertstofftonne gepackt. Das Auto, einen reinen Stromer lässt man in der Textilen Waschanlage mit Bio-Aufbereitungsanlage waschen, benutzt aber fürs Geschirr zuhause ne Spülmaschine mit Trinkwasseranschluss. Der Öko-Tab und die Energieeffizienzklasse A+++ richten das ja wieder.
Da wird auch argumentativ gerne mal alles selbst genäht. Das ist ja soooo viel ökologischer und viiieeeel besser für die Umwelt. Wenn man aber fragt, wo Stoffe oder Garn herkommen, kriegt man nur gesagt: Och, da wo es grad billig ist.
Ich denke das iPhone kann auch niemals so nachhaltig werden, dass es die Schäden, welche durch die Infrastruktur entstanden sind, die zur Benutzung des Gerätes notwendig ist, wieder auffangen kann.
Heißt nicht, dass ich resigniere und nicht aktiv etwas tue. Aber vormachen tue ich mir auch nichts. Denn Bio-Leinen aus lokalem Anbau als alltägliche Kleidung oder Bio Bananen, Kiwis, Orangen aus heimischem Anbau für meine Kinder und mich sind irgendwie schwer zu beschaffen.
Und niemand kann mir erzählen, dass er oder sie wirklich stringent bewusst und nachhaltig sein Leben in jedem Bereich meistert. Dafür müsste es in den letzten 30 Jahren einen immensen Knall getan haben, wo allen plötzlich von jetzt auf gleich ne Gehirnwäsche verpasst wurde. Ich mag nur mal dran erinnern, dass es zwar schon immer verboten war, aber noch Ende der 80er hat man nen Ölwechsel überm Gulli gemacht oder Reifen in seiner Laube verbrannt. In unseren Nachbarländern wird das heute noch so praktiziert. Ich kann mir also nicht vorstellen, dass ein kollektives Bewusstsein für sowas eingetreten ist. Allenfalls ein geschicktes Verbergen der tief verwurzelten Verhaltensweise.
Nachtrag:
Warum schreibe ich das? Weil die Menschen aus meiner Sicht den Kern des ganzen verpeilen. Nur wirklich wenige können da überzeugen, aber die leben auch ein Leben, wie ich es nicht führen kann/will.
Der YoshuaTree sagt von sich selbst, er wäre ein Menschenfeind. Harte Worte. Ich kann sie aber (auch wenn er vielleicht nicht die gleiche Intention verfolgt wie ich) irgendwie nachvollziehen.
Ich musste mir die Tage von einem (wie er sich selbst nannte) "Bio-Biker" nen Vortrag über die ökologischen Auswirkungen meines Mittelmotors anhören. Ich würde ja nicht "emissionsfrei" durch den Wald fahren. Das gehöre verboten. Geht's noch? Sagt der mir in seinem billigen Decathlon Kunstfaser-Radlerfummel. Dem hätte ich gerne ziemlich "emotionsfrei" irgendwas durchs Fressbrett gezogen.
Aber solche Leute triffst Du eben überall.
