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daveinitiv

Wilstedter Apfel
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ein Satz, der zu einer Lebensanschauung geworden ist?

Arnold Schwarzenegger, ehemals Actionschauspieler und Stereoidbunker Bodybuilder, Gouverneur von Kalifornien hat innerhalb kurzer Zeit zwei Gnadengesuche abgelehnt. Damit steigt die Anzahl abgelehnter Gnadengesuche während seiner Amtszeit auf vier.

Die Anwälte des zum Tode verurteilten 75-jährigen Clarence Ray Allen hatten beim Gouverneur ein Gnadenersuchen eingereicht, was dieser aber gestern ablehnte. Die Anwälte gaben an, dass der altersschwache Todeskandidat eine nur noch geringe Lebenserwartung habe, seitdem er im Herbst fast an einem Herzinfarkt verstarb. Die Ablehnungsbegründung war, auch von Seiten der Staatsanwaltschaft, dass Clarence Ray Allen während seiner Haftzeit Mordaufträge gegeben hätte, die auch in die Tat umgesetzt wurden. Somit wird wird innerhalb einer kurzen Periode der zweite Todeskandidat in Kalifornien hingerichtet.

Am 13. Dezember 2005 wurde Stanley "Tookie" Williams im Gefägnis San Quentin durch die Todesspritze hingerichtet. Auch hier versuchten Angehörige und Anwälte mit einem Gnadengesuch die Hinrichtung zu verhindern und die Todesstrafe in eine lebenslange Haftstrafe umzuwandeln. Doch auch hier blieb der "Terminator" hart. "Tookie" Williams habe sich nicht für die vier Morde entschuldigt, die 1981 zu seiner Verhaftung führten.
Den bemerkenswerten inneren Wandel, den "Tookie" während seiner Haftzeit machte, waren sowohl für Gouverneur Schwarzenegger, als auch für das Bundesgericht keine Tatsache, die eine Umwandlung der Strafe rechtfertigt hätten.
"Tookie" Williams gründete 1969 mit Raymond Washington, LoC Daddy Angelo und Joe "Hover" Ben die Straßengang Crips, die die Straßen und den Drogenmarkt fortan beherrschte. 1972 gründete sich als Gegenpart die Bloods. Dies war eine Reaktion auf die unzähligen Morde der Crips an Gangmitgliedern kleinerer Gangs.
"Tookie" Williams wurde als Anführer der Crips beschuldigt im Februar und März 1979 bei Raubüberfällen im Süden Los Angeles den Ladenbesitzer Albert Owens und drei Mitglieder einer Einwandererfamilie aus Taiwan, die ein Motel betrieben, getötet zu haben. Bis zu seinem Tod hat "Tookie" Williams die Taten abgestritten und auch zuletzt gesagt, er kann keine Reue zeigen für Verbrechen, die er nicht getan hat. Auch wenn er dies mit seinem Leben bezahlen müsse.
Der Prozess, der 1981 stattfand, stand unter ungünstigen Vorzeichen. Die Anklage gegen ihn basierte auf Aussagen von Komplizen und Informanten, denen wegen verschiedener Straftaten Haftstrafen oder die Todesstrafe drohten. Durch ihre Stanley Williams belastende Aussagen konnten sie ein geringeres Strafmaß beziehungsweise ihre Freilassung erreichen. Auch wurde der Prozess in einem Prozessbezirk gehalten, in dem nur ein Prozent der geschworenen schwarzer Hautfarbe sind. Und selbst die ließ die Anklagevertretung ausschliessen.
1994 wies das Neunte US-Berufungsgericht das Rechtsmittel des Einspruchs und Beantragung auf Neuverhandlung zurück, bestätigte aber, dass sein Schuldspruch durch "Indizienbeweise und Aussagen von Zeugen zustande gekommen war, deren Hintergrund zweifelhaft war und die motiviert waren zu lügen, um so bei der Staatsanwaltschaft entweder im Hinblick auf den Schuldspruch oder das Strafmaß eine Reduzierung zu erwirken".
All das hat das hat "Tookie" schlussendlich nicht geholfen. Auch nicht die Tatsache seiner inneren Wandlung. War zu Anfang seines Gefängnisaufenthalts noch sehr aggressiv und verbrachte die Jahre 1988-1994 in Einzelhaft, so veränderte er sich nach der Einzelhaft komplett. Er brachte sich das Lesen und Schreiben bei und fing an sich bewusst mit seiner Vergangenheit auseinander zu setzen. Durch diese Reflexion wurde sein Denken dahingehend beeinflusst, dass er versuchte den Jungs und Mädels in den Straßen klar zu machen, dass es einen Ausweg aus Gewalt und Drogen gibt.
"Tookie" schrieb etliche Bücher, unter anderem "Life in Prison" und "Redemption: From Original Gangster to Nobel Prize Nominee - The Extraordinary Life Story of Stanley Tookie Williams", in denen er aufzeigte, dass der Weg der Gewalt der falsche ist. Er warnte in seinen Büchern vor dem Abgleiten in Gewalt und Bandenkriminalität. Viele Menschen wurden durch seine Bestrebungen angesprochen und änderten ihre Einstellung und ihr Leben. Viele Menschen schrieben ihm und dankten ihm für seine Werke, die sie wissensdurstig gelesen hatten, und die sie verändert hatten. Auch in seiner eigenen Art, sein Leben zu führen wurde er zum Vorbild. Ein Insasse, der sich den Respekt, der mit ihm in Begegnung tretenden Menschen, durch sein Verhalten verdiente.
Auch das öffentliche Feedback, das er auf seine Bücher bekam war überwältigend. Insgesamt zehn Mal wurde "Tookie" wurde für den Literatur- und auch Friedensnobelpreis vorgeschlagen.
Traurig an der ganzen Sache ist, dass "Tookies" Tod zwar nicht umsonst, aber überflüssig ist. Zwar wurde durch seine Hinrichtung erneut eine scharfe Kontroverse über für und wider der Todesstrafe angestossen, doch sind die auslösenden Umstände einfach traurig. Zumal Gouverneur Schwarzenegger im Januar 2005 angekündigt hatte, dass Justizwesen dahingehend reformieren zu wollen, dass der Schwerpunkt von Bestrafung auf Resozialisierung gelegt werden soll (der Punkt geht an sie Mr. Schwarzenegger). Denn schon 2004 bestätigte das Neunte US-Bundesberufungsgericht, dass Tookie "durch sein gutes Verhalten und seine seit der Inhaftierung erworbenen Fähigkeiten" die Voraussetzungen einer Begnadigung geschaffen habe.

Es ist die immer wieder auftretende Diskussion, ob eine Todesstrafe ein angemessene Bestrafung darstellt oder auch nicht. Und solche Beispiele zeigen einfach, dass diese Diskussion nach viel schärfer geführt werden muss. Es ist keine Frage, ob der Staat das Recht hat sein Gewaltmonopol (ausschliesslich der Staat darf körperliche [keine seelische] Gewalt anwenden, Ausnahme: Notwehr) bei der Verfolgung von Straftätern in Anspruch zu nehmen. Es ist dahingehend die Frage, ob die Eingriffe, die ein Staat vornimmt, der die Todesstrafe in seiner Verfassung stehen hat, nicht die Rechte, die in den Allgemeinen Erklärungen der Menschenrechte verankert sind, nicht im Kontrast dazu steht. Das Recht auf Leben (als das fundamentalste aller Menschenrechte), auf körperliche Unversehrtheit, das Recht, keiner grausamen, unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Strafe unterworfen zu werden, werden durch diese Art der "Bestrafung" angetastet. Wie weit kann sich ein Staat über diese verbrieften Rechte erheben? Und ist die Todesstrafe nicht nur ein Akt der ausufernden Gewalt, die Kultur der Ohnmacht? Vor allen Dingen unter der Betrachtungsweise, dass Bestrafung auch immer einen gewissen Faktor an Willkür und Fehlentscheidungen beeinhaltet.
Wie kann man als demokratischer Staat mit Toleranzprinzip, wie es sich die U.S.A auf die Fahne geschrieben hat, zu solchen Mitteln greifen? Und dann die Dreistigkeit rausnehmen über andere Staaten zu urteilen und deren Umgang mit Bestrafung in Frage zu stellen. Gerade vor dem Hintergrund von Fakten wie nicht genehmigte "Terrorverdächtigen-Transporte", Folter, Folterlager, die ausserterritorial sind (Guantanamo), Abhören und Speichern von Verbindungen und deren Inhalt (NSA).

Das ganze ist dann noch fragwürdiger, weil wissenschaftliche Forschungen und die daraus gewonnenen Erkenntnisse schon längst herausgefunden haben, dass die Todesstrafe einen so geringen positiven Einfluss auf die Rate von Schwerkriminalität hat, dass es die Risiken und Fehlentscheidung in keiner Weise aufwiegen kann.

Wie kann ein Mann wie Arnold Schwarzenegger sich anmassen über das Schicksal von Menschen zu entscheiden? Jemand, der in seiner Hochzeit als Bodybuilder mit Hormonen dermaßen vollgepumpt war, dass man ihn unter normalen Umständen für pathologisch erklärt hätte. Zwar straffrei dabei herausgekommen, aber nicht straffrei gehandelt. Unter den kalifornischen Voraussetzungen hätte er unter anderen Umständen (kein Schauspieler etc.) auch extrem für diese Drogenvergehen bestraft werden können ...

Bemerkenswert und bewundernswert ist die Einstellung von "Tookie". Bis in den Tod diese Standhaftigkeit zu haben, dass er diese Morde nicht verübt hat und er nicht lügen kann, nur um sein Leben zu retten. Schlussendlich ist er mit dieser Standhaftigkeit gestorben.
He has proved them wrong.

"Die einzige Art, gegen die Pest zu kämpfen, ist die Ehrlichkeit." - Albert Camus
 
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commander

Baldwins roter Pepping
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Ich kann nur Volker Pispers (im Verlag von Con Anima) zitieren:

"Da die USA mit ihren 'friedlichen' Großstädten nach härteren Strafen schreit, sage ich: Das ist schwer nach der Todesstrafe etwas Härteres zu finden!"

"Jemand, der Sie umbringen will, der denkt nicht nach: für 8 Jahre mach ichs, für 16 Jahre nicht! So sind solche Leute nicht drauf!"

Das Prinzip Abschreckung greift in diesen Fällen nicht, fertig.

Ich finde es erschreckend, dass eine sich auf Menschenrechte berufende Nation ernsthaft die Todesstrafe in Betracht ziehen kann - abgesehn von der Möglichkeit der Irrtums - gibt es klar vereinbarte Mindestrechte eines jeden Menschens - das Recht auf Leben gehört dazu.

Sicher es gibt Fälle, in denen in jedem von uns die Wut hochkocht, der Lynchinstink zugreift, Kinderficker und Kindermörder als prominentestes Beispiel, aber glaubt irgendjemand, dass man solche Psychopathen durch 'Abschreckung' von ihren unglaublich grausamen Taten abhalten kann? So jemand denkt doch nicht über die Bestrafung nach!

Ich ganz persönlich erachte (auch als Christ) das Geschenk des Lebens für absolut unantastbar (ausser durch den Inhaber, Gruß an die Katholen hier!).

Gruß,

.commander
 
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ametzelchen

Rheinischer Bohnapfel
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Schliesse mich auch als Christ (Protestant) an.
Mehr zum Thema Todesstrafe gibt es z.B. hier entlang
 
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Bonobo

Nathusius Taubenapfel
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Danke, Dave, fuer diesen guten Artikel! Hoffentlich ist er noch "oben", wenn die EIngangsseite wieder steht ...

Und danke @Apfeltalk dafuer, dass immer wieder wertvolle Beitraege ueber "das Leben" Platz haben.

Herzlichst, Tom
 

Tekl

Fairs Vortrefflicher
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Moin,

ich habe mir noch nie groß Gedanken gemacht, aber wenn ich nun folgendes sage, werde ich hier gelüncht?

Das Leben ist eine Spiel und wenn nun eine Spielregel lautet, dass ein Mörder ebenfalls ermordet wird, dann hat er eben Pech gehabt, wenn das nun vollstreckt wird. Er hätte es ja nicht machen brauchen. Wenn ich über die Straße laufe ohne zu schauen ob ein Auto kommt und ich werde dann angefahren, habe ich doch ebenso Pech gehabt und bin es selber Schuld.

Wie soll das mit dem Resozialisieren funktionieren? Du hast jemanden ermordet, ok stört mich nicht, wenn dir das Leben anderer egal ist. Dein Leben ist uns aber nicht egal, weil du so ein toller Kerl bist. Hä? Ein Mörder bleibt immer ein Mörder und warum sollte er dann noch die Rechte haben, die er anderen nicht zuspricht? Problematisch ist natürlich, dass der Staat ebenfalls in die Rolle des Mörders schlüpft bzw. Menschen dazu zwingt zu morden.

So, jetzt zerreißt mal mein kurzen Gedanken. ;)
 

michast

Stahls Winterprinz
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@dave: Jeder Buchstabe Deines Beitrages spricht mir aus der Seele. Vielen Dank dafür.

@Tekl: Ohne irgendetwas zerreissen zu wollen: Kein Mensch hat das Recht über das Leben eines anderen Menschen zu bestimmen. Das Leben ist ein Geschenk und wie kann jemand so überheblich sein zu bestimmen, ob oder ob nicht jemand leben darf. Und wenn ich einen Mörder hinrichte begebe ich mich auf die gleiche Stufe mit ihm. Die Argumentation "der hat das ja auch getan" legitimiert nicht meine Tat. Mal ganz abgesehen davon, wirft sich mir die Frage auf, die Dave ja auch in seinem Beitrag angesprochen hat: Wie entscheidest Du, ob es der Täter ist, den Du da hinrichtest. Sicher, das Verfahren war eindeutig, alle Beweise sind bombensicher, weg mit dem Kerl. Und 15 Jahre später stellt sich heraus, er war nur zur falschen Zeit am falschen Ort. Hoffe nur, dass Du nicht der Betroffene bist o_O

Es hat wahrscheinlich keinen Sinn, weil diese Argumente zu den Befürwortern der Todesstrafe nicht durchdringen, aber ich wollte es einfach mal gesagt haben.

Bei den Amerikanern (ein sehr großer Teil ist für die Todesstrafe) wird diese Einsicht wohl noch lange auf sich warten lassen. Es ist eben die Wildwest-Manier, die ihnen immer noch zu eigen ist. Wir sind frei und dürfen tun und lassen, was wir wollen. Und wenn uns jemand angreift, schlagen wir mit gleicher Brutalität zurück. Zur Not darf es aber auch schon mal prophilaktisch sein, wenn uns des anderen Nase nicht passt.

Gruß,
Michael
 

stk

Grünapfel
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Moin,

nachdem sich gerade in den USA (und auch vom Gouvernator) so gern auf die Bibel berufen wird: Christenregel Nummer 5 lautet: "Du sollst nicht töten!". So schlicht steht's da. Nicht: "Du sollst nicht töten, außer Du der zu Tötende hat vorher getötet" oder "Du sollst nicht töten, es sei denn heißt Arnold oder George Dabbeljuh".

Gruß Stefan
 

comecon

Luxemburger Triumph
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Guten Tag,
immer wenn ich von der Todesstrafe höre, fällt mir ein Dialog aus dem Herrn der Ringe ein :
Sinngemäß zitiert :
Viele, die leben verdienen den Tod
und viele, die tot sind, verdienen das Leben.
Wenn Du nicht beides geben kannst, sei vorsichtig mit Deinem Urteil.
Ich kann die Rübe-ab-Fraktion vom Stammtisch bei bestimmten Straftaten durchaus verstehen.
Doch ein Staat und dessen Vertreter müssen über den Dingen stehen.
Wo ist der Unterschied zwischen Mord und Totschlag und einem Todesurteil,
das ggf. auch noch auf schlammpigen Ermittlungen fußt (btw. keine Seltenheit in den VSA)?

Wer will sich mit so einer Entscheidung die Finger schmutzig machen?
Doch nur Politiker, die meinen Sie müßten den Hardcore-Sanierer geben.
Ich hätte mehr Hirn und Fingerspitzengefühl von Arnold S. erwartet
(immerhinque hat er doch einiges an Cleverness bewiesen oder wieviele Bodybuilder kennt Ihr,
die es mit Ihrem Sport zu was gebracht haben?).

Die Leute in den VSA werden mir immer ein Rätsel bleiben.o_O

 

JaToAc

Niederhelfenschwiler Beeriapfel
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auf die gefahr hin sich unbeliebt zu machen... ich bin für die todesstrafe und kann die abgelehnten gnadengesuche - nicht nur die von governor schwarzenegger - durchaus nachvollziehen...
 

Yoshi

Gast
wer sagt eigentlich das ein mensch nicht das leben eines anderen beenden darf?
nicht das ich es gut finde.. nur finde ich diesen spruch total abgedroschen..
im fall der fälle würden wohl mehr oder weniger alle hier einen umbringen wenn sie dadurch das leben derer die sie lieben(oder ihr eigenes)retten könnten oder? also sagt sowas doch nicht immer...
und nein ich bin gegen die todesstrafe.. wobei es in ärmeren ländern warscheinlich preiswerter ist um es mal nüchtern auszudrücken

ausserdem wurde er von einem gericht verurteilt und nicht von arnold..
sol arni sich anders verhalten als andere staatsmänner vorher nur weil er ein film star ist? o_O sonst kräht auch ekin hahn danach..aber diesmal ists ein star ;)

oder kerl nun schuldig war oder nicht weiß ich nicht.. (das weiß warscheinlich nur er selbst)
 

stk

Grünapfel
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Moin,

Anders verhalten?

Wie wäre es mit dem Verhalten des Gouverneur Ryan der in Illinois kurz vor dem Ende seiner Amtszeit (bei deren Antritt er noch heftiger Verfechter der Todesstrafe war) alle 167 Kandidaten, die in der Todeszelle saßen begnadigte? http://freedom-now.de/news/artikel177.html

Das ist ein FilmStar!

Gruß Stefan
 

ipu

Apfel der Erkenntnis
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Danke, Dave, erstmal für den Artikel !
Stefan, das war ein gutes Beispiel, wie man als Politiker in den USA auch reagieren kann. Leider ist die Scheinheiligkeit dieser Politiker Grund für so manche Antipathie unsererseits gegenüber den Amerikanern. Der Gouvernator hätte (gerade weil er es als Europäer besser wissen müsste, weil er in einem anderen "Ge"Rechtssystem aufgewachsen ist) anders handeln müssen. Wie blind ist der eigentlich, wie sehr lässt er sich durch seine Berater lenken oder durch seine eigentlich schon verlorene Wiederwahl?

Edit: Sehe es gerade beim Spiegel. http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,393869,00.html Das passt.
 

JaToAc

Niederhelfenschwiler Beeriapfel
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was bitteschön hat das mit der nächsten wahl zu tun... ok, man könnte ihn als weichei abtun wenn er jedes gnadengesuch befürworten würde, schließlich sind doch hardliner gerade wieder mode in USA. aber wo diese begnadigung nicht gerechtfertigt ist hat sich auch nichts zu suchen. schließlich wurden die täter rechtskräftig verurteilt und müssen ihrer wohlverdienten strafe auch zugeführt werden...
 

ipu

Apfel der Erkenntnis
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Hasta la vista again

JaToAc schrieb:
was bitteschön hat das mit der nächsten wahl zu tun...
Wach doch mal auf ! Vieles wird in der Politik wegen der kommenden Wahl gemacht und Mr Schwarzenegger hat zur Zeit schlechte Karten. Da braucht er die Todesstrafenbefürworter (wie dich) auf seiner Seite. Die sind ja leider in der Mehrheit. Noch.
JaToAc schrieb:
... aber wo diese begnadigung nicht gerechtfertigt ist hat sich auch nichts zu suchen. schließlich wurden die täter rechtskräftig verurteilt und müssen ihrer wohlverdienten strafe auch zugeführt werden...
Dann lies doch nur mal als Beispiel den Artikel beim Spiegel, den ich oben erwähnt hatte. Wie gesagt, das ist ein Beispiel unter vielen. Erstens kann man nicht sicher sein, dass das Rechtsystem eindeutig Täter überführen kann, und zweitens kann niemand sich das Recht herausnehmen, einen anderen zu töten. Aber dazu wurde auch schon genug erzählt. Das brauche ich nicht wiederholen.
 

JaToAc

Niederhelfenschwiler Beeriapfel
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wie war das? gleiches recht für alle? auge um auge, zahn um zahn...

bei diesem thema lässt sich erwartungsgemäß jeder kopf einschlagen, solange bis sich keiner mehr rührt...

ich werde mich jetzt hier ausklinken, meine meinung steht fest... und das obwohl ich amerikaner bin der eigentlich in deutschland aufgewachsen ist.

vielleicht aber auch gerade deswegen...
 

daveinitiv

Wilstedter Apfel
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Jemanden zu töten ist kein Recht, sondern Unrecht. Also müsste man eher von gleiches Unrecht für alle sprechen …
 

ipu

Apfel der Erkenntnis
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daveinitiv schrieb:
Jemanden zu töten ist kein Recht, sondern Unrecht. Also müsste man eher von gleiches Unrecht für alle sprechen ...
Ich geb dir Recht. Den Ausdruck lasse ich dennoch oben so stehen.
 

Harald909

Prinzenapfel
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Es sind nicht nur Arnold oder George W., an deren Händen Blut klebt, auch Bill Clinton hat als Gouverneur von Arkansans ab dem Zeitpunkt keine Begnadigungen mehr ausgesprochen, als er Präsident werden wollte. Derer Beispiele gibt es sicher noch mehr.

Die USA haben ein sehr archarisches Verständnis von Strafe, das einer Zeit entstammt, als Gefängnisse noch nicht ausbruchssicher und der nächste juristisch gebildete Richter mehrere hundert Meilen entfernt war. Doch die Todesstrafe verroht eine Gesellschaft und führt nur zu mehr Gewalt. Hinzu kommt, dass es einfach pervers ist, einen Menschen 25 Jahre in der Todeszelle mit beständiger Todesangst schmoren zu lassen, um ihn dann (in Europa wäre er schon längst wieder auf freien Fuß, siehe den Papst-Attentäter) doch noch "seiner gerechten Strafe" zuzuführen. Was ist daran noch gerecht? Welche unerträgliche und anmaßende Selbstgerechtigkeit steht dahinter?

Sie kommt aus der gleichen Ecke wie "Gottes Auftrag" an Bush, den Irak anzugreifen.

Derzeit sind noch 60% der US-Amerikaner für die Todesstrafe. Aber 40% sind dagegen. Das sind zig Millionen, die in der Aufklärung angekommen sind. Ich gehe davon aus, dass - und internationaler Druck ist hier sicher hilfreich - die interne Diskussion in den USA in den nächsten Jahren zunehmen wird. Die Zeiten, in denen die Hinrichtungszahlen ohne weiteres nach oben stiegen, dürften vorbei sein. Je selbstgerechter die USA international im "Kampf gegen den Terror" Demokratie, Freiheit und Menschenrechte für sich in Anspruch nehmen, desto häufiger werden sie auch über ihre eigenen Widersprüche stolpern müssen. Auch in Deutschland war die Abschaffung der Todesstrafe durch das Grundgesetz nicht selbstverständlich und immer wieder umstritten (z.B. 1977, als der Terror der RAF seinen Höhepunkt erreicht hatte).

Eine Gesellschaft, die den Täter tötet, stellt sich mit ihm auf eine Stufe. Der moderne Staat kann effektiver, billiger und menschlicher strafen. Europa ist heute soweit, die USA werden folgen - sofern nicht die Sitten auf diesem Erdball wieder in die Barbarei abgleiten. Es liegt an uns allen, dass das nicht passiert!

Harald
 
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michast

Stahls Winterprinz
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Die Amerikaner sind, was das Rechtssystem angeht, eben ein dritte Welt Land. Die Mitgliedschaft in der EU würde den Amerikanern in jedem Fall verwehrt werden, da sie diesbezüglich noch auf dem Stand der Jahrhundertwende sind (nicht von 20. in 21. Jahrhundert sondern vom 19. ins 20. Jahrhundert).

Die Türkei hat unter anderem die Auflage bekommen, die Todesstrafe abzuschaffen.

Die Amerikaner sind den wachsenden Anti-Amerikanismus selber Schuld. Für Nicht-Amerikaner kommt es sehr arrogant rüber, dass Länder deklassiert werden, obwohl im eigenen Land die Zustände kaum besser sind. Das man sich als Welt-Polizei aufspielt, obwohl man die Kriminalität im eigenen Land nicht in den Griff bekommt. Das man sich als Beschützer der Umwelt aufspielt, sich aber permanent weigert, dass Kyoto-Protokoll zu unterschreiben.

Die konsequente Missachtung der Menschenrechte spiegelt sich ja nicht nur in der Todesstrafe wider sondern auch im Festhalten von Gefangenen ausserhalb des Landes ohne Anklage und unter Ignorierung der Genfer Konvention.

@JaToAc: Genau das ist es, was einen Amerikaner ausmacht. "Ich hab Recht und meine Meinung steht". Alle anderen Meinungen sind nicht existent. Auf diese Weise unterstreichst Du das Vorurteil, das mancher vielleicht gegenüber den Amerikanern hat.

Wie Harald909 schreibt, sind 40% mittlerweile gegen die Todesstrafe. Ich hab dies nicht recherchiert aber wenn es so ist, lässt es hoffen. Ich glaube auch nicht, dass der Amerikaner als solcher böse ist. Ich glaube, der Großteil möchte sich einfach nur nicht mit diversen Dingen auseinandersetzen, sei es, dass er zuviele eigene Probleme hat, sei es, dass die amerikanischen Medien bewusst Informationen nicht weitergeben.

Vom letzten Umweltgipfel berichteten amerikanische Medien erst, als die Unruhen um den Gipfel herum Überhand nahmen. Soviel zum "freien und demokratischen Land".

Gruß,
Michael
 

slartibartfast

Schöner von Nordhausen
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Guten Abend zusammen!

Eigentlich ist in diesem Thread alles wichtige schon gesagt worden, aber zwei Dinge möchte ich noch einmal klarstellen.

1) Bitte Vorsicht bei einer Stereotypisierung der "Amerikaner"
Bei aller (berechtigter) Kritik, aber man darf nicht einfach alle Amerikaner pauschalisieren!
"Die Amerikaner" liefern ein sehr ambivalentes Bild:
"Die Amerikaner" hatten Martin Luther King - und ihn erschossen.
"Die Amerikaner" befreiten Deutschland - und foltern im Irak
"Die Amerikaner" hatten große Freiheitsbewegungen - und McCarthy
"Die Amerikaner" haben "Forrest Gump" - und den Rest von Hollywood ;)
...you got the idea?
"Die Amerikaner" hatten den Blues - und haben den HipHop
"Die Amerikaner" haben Apple - und Microsoft
...sorry, konnte es mir nicht verkneifen ;)

Man kann über Leute nicht urteilen, wenn man sie gar nicht kennt (darf man das überhaupt?...), vor allem aber darf man nicht in ein Schwarz-Weiß-Denken verfallen. Denn damit stellt man sich selbst auf eine Argumentative Ebene mit "den Amerikanern", die man beschuldigt...
Den einzige Amerikaner, mit dem ich mich bisher intensiv unterhalten konnte (das war vor einem halben Jahr im Zug nach Berlin...), sagte, er schäme sich für George W. Bush.
Nicht umsonst haben von "den Amerikanern" auch die Hälfte gegen George W. Bush gestimmt.

2) Wenn man das aber berücksichtigt, darf muss man natürlich Kritik üben an den Zuständen in den USA. Wie ihr schon sagtet, [... fill in most of the previous posts ;)]
Danke vor allem an daveinitiv für diesen gelungenen Artikel!

Die Todesstrafe als solche ist ein barbarisches Relikt aus dem Mittelalter und sollte eigentlich längst überwunden sein. Es gibt weder irgendwelche positiven Wirkungen (-> Abschreckung...) für die Gesellschaft noch irgendwelche ethischen Argumente für diese Strafform! Das einzige, was sie ist, ist eine Form der (Blut-)Rache mit ("rechts-")staatlichem Sigel. Das ist aber irgendwie ein Wiederspruch in sich, oder? ;)
Wie gesagt, eigentlich sollte das überwunden sein. eigentlich... :(
Aber in Wirklichkeit ist die Todesstrafe (wie auch schon erwähnt) nur ein Symptom des allgemeinen Zustandes einer Gesellschaft, in dem einfache Parolen und billige Argumente ein großes (rechtes) Gewicht bekommen.
So sei etwa auf den Irak-Krieg, der allgemeine Zustand der Gefängnisse, CIA-Lager im Ausland sowie Einwanderungs-, Gesundheits- und Sozialpolitik der Vereinigten Staaten hingewiesen.


So, Viele Grüße
slaribartfast
 
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