Keine Gnade für Christian Klar

Harald909

Prinzenapfel
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Liebe Mitglieder,

Bundespräsident Köhler hat das Gnadengesuch von Christian Klar zurückgewiesen. Diese Entscheidung hatten auch Unions-Politiker, insbesondere aus meiner bayrischen Heimat, in den letzten Tagen massiv gefordert. BILD hatte zuvor wie in guten alten Zeiten eine massive Kampagne unter dem Motto "Keine Gnade für die Gnadenlosen!" gefahren, der sich auch der gute alte Opportunist Guido Westerwelle nicht verschließen wollte.

Sein FDP-Kollege in Baden-Württemberg fühlt sich nun bestätigt, Klar soll bis zu seiner Entlassung, die frühestens 2009 erfolgen kann, nicht mal Hafterleichterungen bekommen. Und das, obwohl seine Ungefährlichkeit per Gutachten bezeugt ist (und wer glaubt schon im Ernst, dass Klar sofort wieder zur Heckler & Koch greifen würde?).

Da frage ich mich: Wie gnadenlos darf man sein bei jemandem, der schlimme Verbrechen begangen hat? Wie gnadenlos, wenn die Justiz offensichtlich (Buback-Mord) keine sauberen Urteile gefällt hat? Sind 24 Jahre genug, wenn jemand erwiesenermaßen nicht mehr gefährlich ist? Und wo liegt der Unterschied zu einem "normalen" Mörder, der nach 15 Jahren zur Bewährung freigelassen werden kann? Macht sich nicht der gnadenlose Staat mit seiner Gnadenlosigkeit gemein mit dem gnadenlosen Verbrecher?

Ach ja, Gnade ist übrigens weder von Reue noch von Mithilfe bei der Aufklärung von Straftaten abhängig. Sie ist ein ureigenes Recht des Staatsoberhauptes und von dessen Gewissen abhängig. Ich kommentiere deshalb nicht die Entscheidung des Bundespräsidenten, sondern respektiere sie. Aber ich kommentiere die Haltung gewisser Presseorgane und gewisser Politiker.

H.
 

DasSCHWITZENDEÖltier

Zabergäurenette
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Gnadengesuche sind ein wirklich schwieriges Thema, ich beneide den Bundespräsidenten nicht um seine Aufgabe.
Aber abgesehen von der Richtigkeit der Entscheidung: was da zuletzt von der Seite der Politik in Richtung Köhler gedrungen ist, war unter aller Sau! Eine, in dieser Frage, als unabhängiges Verfassungsorgan tätige Person mit dem Hinweis auf die gefährdete Wiederwahl zu erpressen, zeigt die Verkommenheit der deutschen Politik. Die Verfassung enthält nach der Ansicht vieler Parteifunktionäre nicht mehr als leere Programmsätze, die nach jeweiligem Gusto und politischem Ziel Be-, Miss- oder Verachtet werden können.
 

Sir Q

Rheinischer Winterrambour
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Sollte sich herausstellen dass Klar zwar beharrlich zu den Interna der RAF geschwiegen, jedoch aus diesem idealismus heraus zu unrecht verurteilt wurde, würde ich mich nicht darauf verlassen, dass in den 24 Jahren seiner Gefangenschaft zu einem „besseren Menschen” geworden ist und ich persönlich würde ihm nicht absprechen in diesen Jahren die Bedienung einer Waffe verlernt zu haben …

Die Entscheidung von Herrn Köhler ist - nun ja - seine Entscheidung. Es ist allerdings betrüblich zu sehen wie sehr die Medien versuchen „Stimmung” zu machen und wie geil diverse Politiker darauf anspringen …

Die RAF war eine ausgesprochene Terrororganisation und nur weil sie sich '98 aufgelöst hat sind ihre (ehemaligen) angehörigen - vor allem wenn sie noch immer linienentreu sich an die Prinzipien ihrer Organisation halten - nicht weniger Terrorist.

Da kann ich Aussagen wie „… stellt keine ernst zunehmende Gefahr für die Gesellschaft mehr dar, da alles wofür er gekämpft hat inzwischen Geschichte ist.” nicht gut heißen, schon allein weil verbitterte Fanatiker ungleich engagierter sind als politisch motivierte Fanatiker …

Aber dies ist vermutlich nur ein willkommener Nebenkriegsschauplatz - spannend wird es erst, sollte sich herausstellen das nicht Klar an dem Attentat beteiligt war und er somit zu unrecht verurteilt wurde.
 

noed

Salvatico di Campascio
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Da frage ich mich: Wie gnadenlos darf man sein bei jemandem, der schlimme Verbrechen begangen hat? Wie gnadenlos, wenn die Justiz offensichtlich (Buback-Mord) keine sauberen Urteile gefällt hat? Sind 24 Jahre genug, wenn jemand erwiesenermaßen nicht mehr gefährlich ist? Und wo liegt der Unterschied zu einem "normalen" Mörder, der nach 15 Jahren zur Bewährung freigelassen werden kann? Macht sich nicht der gnadenlose Staat mit seiner Gnadenlosigkeit gemein mit dem gnadenlosen Verbrecher?
Gnade vor Recht?! Bei neunfachem Mord und elffachem Mordversuch? Mit terroristischem Hintergrund? Lebenslang, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes, wäre mE das einzig richtige Urteil. Für jeden Mord....

Gruß
 

crossinger

Doppelter Melonenapfel
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Und wo liegt der Unterschied zu einem "normalen" Mörder, der nach 15 Jahren zur Bewährung freigelassen werden kann?

Christian Klar hat 5x lebenslänglich plus 15 Jahre bekommen. Ich muss sagen, dass ich mit der Entscheidung wenig Probleme habe. Hier ging es um eine Geste seitens des Staates.

Mehr Probleme bekomme ich, wenn dieses Theater im Januar 2009 wieder beginnt. Dann ist die Mindesthaftzeit regulär verbüßt und man könnte das Ganze ad acta legen.

*J*
 

abulafia

Finkenwerder Herbstprinz
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... Mit terroristischem Hintergrund? ...

ist das wirklich wichtig? Mein Problem ist die Prominenz des Falls. Die Morde waren ein Verbrechen, keine Frage. Nur die Wertung des Verbrechens ist zum großen Teil von der Prominenz der Opfer geprägt. Hätte es sich um 9 normale Bürger gehandelt, kein Hahn würde heute krähen. Der Status der Opfer sollte keine Rolle in der Begründung der Begnadigung spielen.
 

Sir Q

Rheinischer Winterrambour
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ist das wirklich wichtig? Mein Problem ist die Prominenz des Falls. Die Morde waren ein Verbrechen, keine Frage. Nur die Wertung des Verbrechens ist zum großen Teil von der Prominenz der Opfer geprägt. Hätte es sich um 9 normale Bürger gehandelt, kein Hahn würde heute krähen. Der Status der Opfer sollte keine Rolle in der Begründung der Begnadigung spielen.
Ja und nein - denn Politiker sind in erster Linie keine Bürger, sondern repräsentieren in besonderer Weise den Staat an sich.
Ein politisch motivierter Mordanschlag hat also eine Kritik gegen den Staat im besonderen Maße als Hintergrund - leider wird diese „Kritik” so gut wie nie von den überlebenden hinterfragt …
 

noed

Salvatico di Campascio
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Ja und nein - denn Politiker sind in erster Linie keine Bürger, sondern repräsentieren in besonderer Weise den Staat an sich.
Ein politisch motivierter Mordanschlag hat also eine Kritik gegen den Staat im besonderen Maße als Hintergrund - leider wird diese „Kritik” so gut wie nie von den überlebenden hinterfragt …

*signed*

Im Falle eine Begnadigung durch ein Staatsorgan ist der Hintergrund mE durchaus wichtig.
Gruß
 

Montrak

Uelzener Rambour
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Ich find es schon merkwürdig, wie gedankenlos mit Worthülsen, wie Verbrecher etc. um sich geworfen wird. Natürlich kann man die Ex-Rafler als Verbrecher und Terroristen oder Fanatiker ansehen. Nur, wenn sie das in einem kommunistischen Land oder einem, das sich nicht auf der westlichen Linie befindet, getan hätten, würden sie nur als Rebellen und Widerstandskämpfer angesehen. Da würden die Medien ganz schnell für Freilassung sein.

Und wie sieht es mit den Naziverbrechen aus. Bei den durchwegs milden Urteilen kursierte schon der Witz des Mengenrabatts. Und es gab auch immer sehr schnell Haftverschonung.

Der Polizist, der Benno Ohnesorg erschossen hat, ist rehabiltiert worden. Der Lehrerstudentin, die erste Hilfe geleistet hat, wurde die Übernahme in den Staatsdienst verweigert.

Die Tötungsaktionen diverser Geheimdienste (noch ist kein deutscher Fall bekannt) werden auch nicht als Verbrechen gehandhabt, wie auch andere Aktivitäten außerhalb der Legailtät.

Sir Qs Bermerkung, dass die härtere Behandlung der RAF wegen der Repräsentationsfunktion der Opfer gerechtfertig sei, ist leicht daneben. Dann müssten sie bei Aktivitäten ihrer Einrichtungen auch härter beurteilt werden. Was nun deutlich nicht der Fall ist. Übrigens hat man den NS-Hintergrund z.B. von Buback (NS-Justiz) und Schleyer (Waffen SS, und nicht wie Grass) immer heruntergespielt.

Montrak
 
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stk

Grünapfel
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Moin,

allen, die jetzt "Recht so!" rufen, weil Herr Klar "keine Reue zeigt", "immer noch an seiner Ideologie festhält", … etc. sollte man noch mal vor Augen führen, das "Rehabilitation" etwas anderes ist als "Gehirnwäsche". Soll er doch rot bis auf die Knochen sein, solange er jetzt den Rechtsstaat (anders als zu seiner aktiven RAF-Zeit) anerkennt. Das alleine kann nur das Kriterium für wahlweise eine Begnadigung oder seine Entlassung nach Verbüssung der Strafe sein. Wenn das nicht gegeben ist: wegsperren.

Gruß Stefan
 

calium

Gloster
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ich kann eure meinungen nicht teilen. ich bin jetzt sicherlich kein anhänger der ehemaligen raf, aber dennich finde ich hat hr. klar mittlerweile lange genug gesessen. außerdem rechne ich ihm hoch an, dass er in all der zeit nie sein schweigen/willen gebrochen hat.

welche gefahr sollte von ihm denn heute noch ausgehen? nur weil er für morde an politikern und managern verantwortlich ist, soll er noch länger im gefängnis bleiben? menschen die personen aus der "normalen bevölkerung" umbringen, kommen auch nach 10-15 jahren wieder frei. außerdem sollte man mal nicht außer acht lassen, dass die anderen auch mittlerweile aus der haft entlassen wurden und wieder in die gesellschaft mehr oder weniger integriert wurden. es ist ja wohl kaum so das nun alle ehemaligen mitglieder der raf, die nun wohl auch alle grauhaarig sein müßten, nur auf hr. klar warten und dann einen anschlag im parlament planen.

jeder soll seine meinung haben und ich mache mich sicherlich nicht beliebt mit meiner, dennoch bin ich für die freilassung.
 

sale53

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Ich find es schon merkwürdig, wie gedankenlos mit Worthülsen, wie Verbrecher etc. um sich geworfen wird. Natürlich kann man die Ex-Rafler als Verbrecher und Terroristen oder Fanatiker ansehen. Nur, wenn sie das in einem kommunistischen Land oder einem, das sich nicht auf der westlichen Linie befindet, getan hätten, würden sie nur als Rebellen und Widerstandskämpfer angesehen. Da würden die Medien ganz schnell für Freilassung sein.

Und wie sieht es mit den Naziverbrechen aus. Bei den durchwegs milden Urteilen kursierte schon der Witz des Mengenrabatts. Und es gab auch immer sehr schnell Haftverschonung.

Der Polizist, der Benno Ohnesorg erschossen hat, ist rehabiltiert worden. Der Lehrerstudentin, die erste Hilfe geleistet hat, wurde die Übernahme in den Staatsdienst verweigert.

Die Tötungsaktionen diverser Geheimdienste (noch ist kein deutscher Fall bekannt) werden auch nicht als Verbrechen gehandhabt, wie auch andere Aktivitäten außerhalb der Legailtät.

Sir Qs Bermerkung, dass die härtere Behandlung der RAF wegen der Repräsentationsfunktion der Opfer gerechtfertig sei, ist leicht daneben. Dann müssten sie bei Aktivitäten ihrer Einrichtungen auch härter beurteilt werden. Was nun deutlich nicht der Fall ist. Übrigens hat man den NS-Hintergrund z.B. von Buback (NS-Justiz) und Schleyer (Waffen SS, und nicht wie Grass) immer heruntergespielt.

Montrak

Kann ich unterschreiben.

Klar war offensichtlich an der Aktion beteiligt, aber als Fahrer des Fluchtfahrzeugs.

Er hat in diesem Fall nicht geschossen, aber für die Beteiligung allein lebenslänglich bekommen.

Allein die Beteiligung reichte für eine Anklage wegen Mordes.

Nebenbei: Wurde eigentlich je geklärt, ob Wolfgang Grams sich selbst tötete oder getötet wurde?
 
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parzival

Allington Pepping
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Also, wenn ich mir einmal die Zeit vorstelle, die Christian Klar im Gefängnis gesessen hat: 24 Jahre. In dieser Zeit schließen andere eine Ausbildung ab, wechseln zweimal den Job, werden mehrmals befördert, heiraten, haben Kinder, die ihrerseits bereits ihre Ausbildung abgeschlossen haben, geheiratet haben...
Mir gefällt der Gnadengedanke ausgesprochen gut. Ich denke, Strafe sollte keine Rache sein, sondern dazu dienen, das Gefahrenpotential zu senken. Wenn dieses aller Voraussicht nach nicht mehr hoch ist, dann ist Gnade ein Geschenk, das der Staat in der Lage sein sollte zu machen...

Gruß Parzival
 

yoshi007

Manks Küchenapfel
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Also, wenn ich mir einmal die Zeit vorstelle, die Christian Klar im Gefängnis gesessen hat: 24 Jahre. In dieser Zeit schließen andere eine Ausbildung ab, wechseln zweimal den Job, werden mehrmals befördert, heiraten, haben Kinder, die ihrerseits bereits ihre Ausbildung abgeschlossen haben, geheiratet haben...
Mir gefällt der Gnadengedanke ausgesprochen gut. Ich denke, Strafe sollte keine Rache sein, sondern dazu dienen, das Gefahrenpotential zu senken. Wenn dieses aller Voraussicht nach nicht mehr hoch ist, dann ist Gnade ein Geschenk, das der Staat in der Lage sein sollte zu machen...
Das sehe ich nicht, da dieser Mann Menschenleben vernichtet hat. Ich finde man kann einen Mord nicht hoch genug bestrafen. Klar sollte bis an sein Lebensende dort hocken bei Wasser und Brot und über seine Taten nachdenken. Vllt. bessert er sich dann in seinem 2. Leben!
Ich sage ganz ehrlich: man sollte die Todesstrafe der USA auch bei uns einführen, wer einen Menschen tötet und dies sicher bewiesen ist, sollte man auch mit seinem Leben bezahlen!
 
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calium

Gloster
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das aber jetzt echt was heftig yoshi. über 24 jahre kein subway. würdest du das überleben? ;)
 

sale53

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Das sehe ich nicht, da dieser Mann Menschenleben vernichtet hat. Ich finde man kann einen Mord nicht hoch genug bestrafen. Klar sollte bis an sein Lebensende dort hocken bei Wasser und Brot und über seine Taten nachdenken. Vllt. bessert er sich dann in seinem 2. Leben!
Ich sage ganz ehrlich: man sollte die Todesstrafe der USA auch bei uns einführen, wer einen Menschen tötet und dies sicher bewiesen ist, sollte man auch mit seinem Leben bezahlen!

...na ja, er ist ja erst 15. Vielleicht änderst du später ja mal deine Meinung. ;)
 

lazertis

Schöner von Nordhausen
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Hui. Eben war ich noch beim Lesen sehr angetan von den unterschiedlichen Meinungen hier und wie fair trotzdem darüber diskutiert wurde. Hut ab davor, Leute.

Jetzt wird daraus plötzlich eine Todesstrafen-Diskussion und ich sehe schon die virtuellen Fetzen fliegen. Schade drum. Aber Meinungsfreiheit beinhaltet eben auch das.

Was mich betrifft (und - sorry - da werde ich sehr emotional), mich kotzt die Verlogenheit mancher CSU-Politiker an, die - das muss ich zugeben - eine perfekte Bühne perfekt nutzen. Wie der Duracell-Hase, dem man etwas zu heftig auf den Knopf gedrückt hat, wurde hier eindeutig zu weit über das verfassungsmässige Maß hinaus geschossen.

Schade, daß hinterher keiner weiß, wie Köhler entschieden hätte, hätte es diesen Druck von aussen nicht gegeben (ich vermute aber mal, genauso).

Meine Hochachtung auf jeden Fall vor dem Mut, sich mit Klar zu treffen, obwohl Köhler klar gewesen sein muß, was er damit auslöst. Nicht, weil ich das als (gesellschafts-)politisches Zeichen sehe, sondern einfach als "Anhören aller Betroffenen", selbst gegen den Strom.