Keine Gnade für Christian Klar

stk

Grünapfel
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Moin,

Bei den "Ehrenmorden sehe ich diese repressive Parallele nicht, dass der Täter Gewalt erfahren hat.

Ich weiß, das ich da argumentativ auf dünnem Eis stehe, aber: die Repression findet in dem Fall nicht durch staatliche Organe, sondern (vermeintlich, tatsächlich?) durch gesellschaftliche und/oder religiöse Normen statt. Das Problem, das wir an der Ecke haben ist, das es in unser Wertesystem so gar nicht reinpasst und wir es deshalb nicht nachvollziehen können.

Gruß Stefan
 

Big-D

Gast
Ist ja auch richtig so. Der Mann hat getötet.Wäre noch schöner wenn man Ihn begnadigen würde. Solche Menschen sollten wie in den USA Lebenslänglich bekommen, was dann auch lebenslänglich bedeutet. Ich kenne in solchen Sachen keine Gnade. Leider ist das in Deutschland so, wer eine Frau oder sogar kleine Kinder vergewaaltigt kommt nach ner 6 Monatigen Therapie raus, ein Dieb der eine Araltankstelle überfällt und 500 Euro klaut kommt vor 5 Jahren nicht raus. Abgesehen davon will ich mir gar nicht vorstellen wieviele Mörder dann auch Gnadengesuche schreiben würden. Ich begrüße die Entscheidung, würde sogar so weit gehen, dass ich im Jahre 2009 durch eine Kommision sehr penibel untersuchen würde ob der Mann wirklich rausgelassen oder in Sicherheitsverwahrung behalten wird.
 

sale53

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Ist ja auch richtig so. Der Mann hat getötet.Wäre noch schöner wenn man Ihn begnadigen würde. Solche Menschen sollten wie in den USA Lebenslänglich bekommen, was dann auch lebenslänglich bedeutet. Ich kenne in solchen Sachen keine Gnade. Leider ist das in Deutschland so, wer eine Frau oder sogar kleine Kinder vergewaaltigt kommt nach ner 6 Monatigen Therapie raus, ein Dieb der eine Araltankstelle überfällt und 500 Euro klaut kommt vor 5 Jahren nicht raus. Abgesehen davon will ich mir gar nicht vorstellen wieviele Mörder dann auch Gnadengesuche schreiben würden. Ich begrüße die Entscheidung, würde sogar so weit gehen, dass ich im Jahre 2009 durch eine Kommision sehr penibel untersuchen würde ob der Mann wirklich rausgelassen oder in Sicherheitsverwahrung behalten wird.

Es hat immer schon Gnadengesuche von verurteilten Mördern gegeben, die positiv beschieden wurden. Also, nichts neues oder ungewöhnliches.
 

Peter Maurer

Pommerscher Krummstiel
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Kriminologen sagen im Übrigen, dass jede Freiheitsstrafe über 10 bis 15 Jahren aus spezial- und generalpräventiven Erwägungen relativ sinnlos ist.
Losgeloest vom hier diskutierten Fall: Gilt das auch fuer die Sicherheitsverwahrung? Und sind diese Kriminologen in der Mehrheit?

Ich bezweifle Deine Aussage nicht, ich find' sie nur sehr interessant.

Deshalb bin ich für eine Freilassung von Klar. 24 Jahre sind genug.
Wenn ich Dich recht verstehe, argumentierst Du eher fuer eine Freilassung aller Moerder, die mehr als 15 Jahre eingesessen haben. Und das waere dann doch ein Thema, das man in Bezug auf die Rechtssprechung, d.h. den Regelfall, diskutieren muesste -- nicht fuer eine Begnadigung, die als Ausnahmeregelung gedacht ist.

Welcher Mittel darf sich ein Widerstand bedienen? Gewalt? Möglicherweise auch das. Sonst würden wir nicht regelmässig zum 20. Juli einem Graf Stauffenberg das Gedenken schenken.
Nur wenige Jahre nach der Ermordung Bubacks haben beispielsweise die Gruenen den Beweis angetreten, dass das System sich tatsaechlich von innen veraendern laesst und folglich den bewaffneten Widerstand nicht rechtfertigt. Oder sieht jemand die RAF als Wegbereiter dieses Erfolgs?

Ich teile Deine grundsaetzliche Ansicht zum Widerstand, sie findet aber zumindest bei mir in Bezug auf die RAF keine Anwendung. Und ich finde, man tut Christian Klar zu viel Ehre an, wenn man die Diskussion ueber seine Verbrechen und deren Suehne mit der allgemeinen Diskussion ueber die letzten Mittel des Widerstands vermischt.

Bei der RAF naemlich habe ich eher das Gefuehl, man ist in eine Parallelwelt abgeglitten. Man verwechselte die Verbrechen einiger Verblendeter mit wirkungsvollem Widerstand; und man drehte sich immer schneller um sich selbst. Beispiele:

  • Bubacks Ermordung wird von den Beteiligten, die mutig genug waren, ihr Schweigen zu brechen, als Strafaktion fuer als unmenschlich empfundene Haftbedingungen beschrieben.
  • Schleyers Entfuehrung diente einem aehnlichen Zweck, naemlich der Freipressung inhaftierter Terroristen.
  • Bei der Beschaffung der benoetigten Geldmittel war das Leben zufaelliger Passanten keinen Pfifferling wert.
Schiere Ueberheblichkeit. Und das ist eine Eigenschaft, die viele Verbrecher zurecht ins Gefaengnis bringt -- vom kleinen Betrueger bis zum getrennt lebenden Familienvater, der seine Familie ausloescht, weil er nicht glauben kann, dass die ohne ihn weiterleben kann.

Sicher, immer fand sich auch ein ueber den Selbstzweck hinausgehender politischer Kollateralnutzen, aber insgesamt entsteht bei mir der Eindruck einer realitaetsfernen, selbstverliebten Desperado-Truppe, die nichts mit dem 20. Juli gemein hat.
 
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stk

Grünapfel
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Moin,

Nur wenige Jahre nach der Ermordung Bubacks haben beispielsweise die Gruenen den Beweis angetreten, dass das System sich tatsaechlich von innen veraendern laesst und folglich den bewaffneten Widerstand nicht rechtfertigt.

Ich sehe im wesentlichen, das die Grünen sich mehr an das System angepaßt als es verändert haben. Eine Partei unter vielen. Skandalstruktur ähnlich angelegt, in einigen Dingen noch etwas unerfahrener und hölzerner in der Ausführung als die etablierteren Kollegen :oops:.

Gruß Stefan
 

newman

Roter Eiserapfel
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Ich hab den Thread nicht komplett gelesen, aber es gibt einen sehr guten Artikel von Willi Winkler bei SZ-Online. Den Gedanken in diesem Artikel schließe ich mich voll an.
 

Peter Maurer

Pommerscher Krummstiel
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Das ist jetzt ein neues Fass, dass ich etwas unbedacht aufgemacht habe, und vielleicht sollte man das -- wie die Todesstrafe -- in einen eigenen Thread abspalten, aber gut...

Ich sehe im wesentlichen, das die Grünen sich mehr an das System angepaßt als es verändert haben. Eine Partei unter vielen. Skandalstruktur ähnlich angelegt, in einigen Dingen noch etwas unerfahrener und hölzerner in der Ausführung als die etablierteren Kollegen :oops:.
Ohne in Verdacht geraten zu wollen, hier einen Werbefeldzug fuer die Gruenen fuehren zu wollen: Sicher haben sie das nicht alles alleine auf die Beine gestellt, aber ich denke, der Geist, der die Gruenen trieb, hat sich inzwischen so sehr durchgesetzt, dass ihre Erfolge nicht mehr herausstechen. Das ist wie bei Popmusikern, denen ihre Popularitaet vorgeworfen wird -- ohne zu erkennen, dass sie die Popkultur definieren, anstatt ihr nachzulaufen. Wieder mal nur ein paar Beispiele in Schlagwortform, von einem Laien sehr subjektiv aus der Huefte geschossen:

  • Atomausstieg
  • Bio-Marken (sogar bei "Plus") machen Riesengewinne
  • Zivildienst als Regelfall (zumindest in meinem Bekanntenkreis)
  • das deutsche "Nein" zum Irak-Feldzug (wenn auch zweifelsfrei durch macht-/innenpolitische Interessen mitbegruendet)
  • etc.
Vielleicht sind die Gruenen inzwischen ueberfluessig, weil ihr Gedankengut so weit verbreitet ist; aber das macht sie historisch betrachtet noch lange nicht ueberfluessig. Hoechstens wuerde ich sagen: Sie haben ihre Aufgabe erfuellt. :)
 

cws

Pomme d'or
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... Sicher, immer fand sich auch ein ueber den Selbstzweck hinausgehender politischer Kollateralnutzen, aber insgesamt entsteht bei mir der Eindruck einer realitaetsfernen, selbstverliebten Desperado-Truppe, die nichts mit dem 20. Juli gemein hat.

Sehr zutreffend, wie ich finde.

Die erste Generation der RAF ( Andeas Baader, Fritz Teufel, Ulrike Meinhof, Michael Baumann, Horst Mahler und Gudrun Ensslin) mag noch mit politischen Zielen angefangen haben, die sich aus einer Frustration in der Studentenbewegung der späten 60er ergeben haben. Da mag man noch eine Linie, von Dutschke beginnend, ziehen. Gewalt gegen Sachen und Gewalt gegen Personen, diese Unterscheidung, ob sie möglich ist, das war ja eine große Diskussion.
Aber bei Klar & Consorten (10 Jahre später) war es meiner Meinung nach schon vorbei mit der politisch moralischen Sustanz das waren dann die Realitaetsfernen, Selbstverliebten.
Dieses Desperado-Image, was ihnen schon zuviel Ehre gibt, ist es wohl auch, was sie noch heute auszeichnet. Das Image des Gesetzlosen, der nichts zu verlieren hat, verzweifelt, aber auch tollkühn. Ich denke das dabei eher eigene Sehnsüchte in einen gewöhnlichen Verbrecher projeziert werden.
 

sale53

deaktivierter Benutzer
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Sehr zutreffend, wie ich finde.

Die erste Generation der RAF ( Andeas Baader, Fritz Teufel, Ulrike Meinhof, Michael Baumann, Horst Mahler und Gudrun Ensslin) mag noch mit politischen Zielen angefangen haben, die sich aus einer Frustration in der Studentenbewegung der späten 60er ergeben haben. Da mag man noch eine Linie, von Dutschke beginnend, ziehen. Gewalt gegen Sachen und Gewalt gegen Personen, diese Unterscheidung, ob sie möglich ist, das war ja eine große Diskussion.
Aber bei Klar & Consorten (10 Jahre später) war es meiner Meinung nach schon vorbei mit der politisch moralischen Sustanz das waren dann die Realitaetsfernen, Selbstverliebten.
Dieses Desperado-Image, was ihnen schon zuviel Ehre gibt, ist es wohl auch, was sie noch heute auszeichnet. Das Image des Gesetzlosen, der nichts zu verlieren hat, verzweifelt, aber auch tollkühn. Ich denke das dabei eher eigene Sehnsüchte in einen gewöhnlichen Verbrecher projeziert werden.

Soviel ich weiß bezeichneten sich Baader, Meinhof Raspe, Ensslin nicht als RAF.

Teufel, Baumann würde ich eher Der Kommune 1 zuordnen (Spassguerilla)

Mahler war nur Anwalt und gehörte glaub ich keiner Gruppe an.
 

cws

Pomme d'or
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Soviel ich weiß bezeichneten sich Baader, Meinhof Raspe, Ensslin nicht als RAF.

Teufel, Baumann würde ich eher Der Kommune 1 zuordnen (Spassguerilla)

Mahler war nur Anwalt und gehörte glaub ich keiner Gruppe an.

Da hast du Recht, es ist mehr eine Gruppe der historischen Vorläufer, von denen dann nicht alle im militanten Kern landeten. Offiziell gilt wohl die "Baader-Befreiung (1970)" als RAF-Geburtsstunde.