Genau... Mal wieder ein Beitrag, der zumindest von der Richtung her zur gestellten Frage zurückgeht... Der ganze Thread ist ein einziges OT-Gewäsch geworden... Schade eigentlich...
Ich finde nicht unbedingt dass die Diskussion, von einzelnen polemischen Beiträgen abgesehen, ihren roten Faden verliert. Die Frage ob Serkan A. und Spyridon L. abgeschoben werden bzw. welche Strafe die Gesellschaft ihnen verhängen soll, kann nur dann sinnvoll und ohne Rachegelüste geführt werden, wenn man auch die Umstände beider Personen kennt bzw. die Umstände einer bestimmten Gruppe, welche gefährdet ist einen ähnlichen Weg wie Serkan A. und Spyridon L. einzuschlagen.
Bisher wurde, neben doch sehr überzeugenden Beiträgen, viel eindimensional diskutiert. Immer aus eigenen Sicht, ohne sich in den "Anderen" hineinzubegeben. Mure77 und Irie sind die besten Beispiele. Es ist auch nicht besonders schlimmes oder verwerfliches dran, sich nur auf seine Erlebnisse zu konzentrieren, aber leider ist da Thema zu komplex, ehrlich gesagt auch zu wichtig, um nur den Fokus in der ICH-Perspektive zu behalten.
Serkan A. und Spyridon L. sind nicht böse geboren. Nein, es ist etwas in der Erziehung falsch gegangen. Irgendwo in ihren Leben haben sie Signale erhalten, die sie vom gesellschaftlich akzeptierten Pfad abgebracht haben. Aber selbst das wäre noch platt ausgedrückt und entspricht auch nicht der vollständigen Wahrheit.
Serkan A. und Spyridon L. haben wahrscheinlich ein Problem, dass sich zur Zeit viele jungen Leute teilen. Sie können nicht mit Gefühlen umgehen...
Warum ich denke, dass ein Großteil nicht mit Gefühlen umgehen können-> hier eine kleine Geschichte:
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Montag, 30. Juni
Die Bremsen des ICs quietschen im Nürnberger Hauptbahnhof. Ich stieg aus und atmete wieder meine heilige fränkische Luft. Nach über vier Stunden IC-Fahrt war erstmal platt und suchte mir erstmal im Nürnberger Hauptbahnhof etwas zum Essen. Kalorienreich, ungesund, fettig... McDonalds. Ich stand da am kleinen McDonalds im Hauptbahnhof der U-Bahnstation. Leider stand da so ne ewige Schlange, so dass mein Magen weiter knurren musste. Alles nicht so schlimm, hätte ich nicht folgendes beobachtet.
Da kommt so eine Clique aus jungen Leuten, denke 17 bis 20, die alle anscheinend auch Hunger haben. Ethnisch ordnete ich die Leute den arabischen Raum zu, könnten auch Türken gewesen sein. Diese Jugendlichen hielten es nicht nötig sich anzustellen und schmuggelten sich dreist in die Schlange rein. Gab es das vielleicht auch früher, überraschte mich folgendes Tatsache:
Niemand sagte etwas (+inklusive ich selbst)
Früher wäre das anders. Da hätten man gemeckert und gerufen "Geht's noch..." "Was soll die Sch****"... aber nichts. Gar nichts. Und obwohl Leute aus allen Altersgruppen in der Schlange standen.
Nun war das nicht die einzige Verwunderung. In der U-Bahn wurde das unangenehme Gefühl verstärkt. Leider bleib meine U-Bahn für etwa 10 Minuten mitten Tunnel stehen. Während dieser Zeit hatte ich Angst, dass gewisse junge Leute gleich die ganze U-Bahn auseinander nehmen. Da wurde geschrien (Worte wie F*tze oder H*****sohn fielen im Minutentakt, schön untermalt von "F*ckt euch VAG"), primitiv gegen die Scheiben geklopft und drei Mädels (in meine Alter) hielten es für nötig sich zu schlagen (warum auch immer). Als die U-Bahn weiterfuhr und erneut in einem Bahnhof für 5 Minuten stehen blieb (wäre ich zu Fuß gelaufen, wäre ich wahrscheinlich schneller daheim gewesen) riefen drei vier Jugendlichen im Sangton "Haut den Fahrer auf die Schnauze".
Nach mehr als 30 Minuten kam ich dann daheim an. Sehr erschrocken über die Verhältnisse musste ich meiner Mutter berichten. Sie war nicht besonders überrascht und mit einem eher wenig überraschten Schulturzuck winkte sie "Ach, das ist doch vor allem während 13 und 16 Uhr ganz normal".
Ich fand das ganze nicht besonders normal.
Am nächsten Tag fuhr ich mit meiner Mutter ein bisschen Shoppen. Wieder nahmen wir die U-Bahn und wieder einmal wurde ich Zeuge von dem "normalen" Alltag in der U-Bahn. Neben uns saß eine älter Frau mit einem kleinen Hund. Wenig später kam zwei Jugendliche, leider muss ich wieder sagen, dass wahrscheinlich türkischer Herkunft waren, die sich neben der Frau hingesetzt haben. Nach wenigen Minuten kam die Frage: "Kann ich streicheln?"
Sehr lobenswert dass die zwei Jugendlichen fragten, umso erschrockener WIE sie fragten. Zuerst einmal klang der Tonfall sehr bedrohlich. Hätte man nicht genau hingehört, dann könnte man glatt meinen, es wäre ein Befehl gewesen. Auch war die Gestik nicht besonders... ich sag es mal so... passend. Die Gestik der Beiden war sehr aggressiv. Ich als die Frau, hätte da auch nicht "Nein, ihr dürft meinen Hund nicht streicheln" gesagt. Die nächste Haltestelle sind die Beiden ausgestiegen, ohne der Frau "Tschüß" zu sagen oder ihr eines Blickes zu würdigen. Ich sah meine Mum an und sagte sarkastisch: "Da wusste man gerade auch nicht, wer das primitivere Lebewesen war! Der Hund oder die beiden Jugendlichen!"
Auf dem Heimweg nach der Shoppingtour (meine Mum hat sich gelangweilt, ich war nur in den Computerläden) sind wir bis zur U-Bahnstation Wöhrder Wiese gelaufen. In der U-Bahnstation wieder das Bild von Jugendlichen, die anscheinend noch nie etwas von Regeln gehört haben. Und es war der Klassiker: Ein Jugendliche rauchte mit seinen Kumpels auf dem U-Bahnbahnsteig. Dort war Rauchen natürlich verboten. Ich selbst fand es zwar besonders schlimm. Vom ethnischen her, sahen die Jugendlichen ziemlich deutsch aus. Interessanterweise sprach eine türkische älter Frau mit Kopftuch die drei Jugendlichen an. In erstaunlich guten deutsch mahnte sie die drei Jugendliche an. Die Jugendliche waren relativ unbeeindruckt und ignorierten sie. Mit dem "Alde, hau ab" erschien plötzlich aus dem Nichts zwei weiterer Jugendliche (vermute türkischer Herkunft). Sie stellten sich neben der alten Frau und riefen: "Wollt ihr Ärger?" Nach ein bisschen Affentheater und ein paar starken "Sprüchen", knickten die Jugendlichen ein und machten ihre Zigaretten aus. Die zwei Jugendlichen, die der Frau beistanden, sagten irgendwas auf türkisch und verschwanden dann.
Die U-Bahn kam und ich sagte zu meiner Mutter nur: "Interessante Situation"
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Mir fiel öfters in Nürnberg auf, dass ich vielen Jugendlichen begegnet bin, die wirklich aus allem ein Elefanten machten. Frei und jede Grenze kam ihre Wut raus. Die Mädels glichen oft hochgestylten Gefühlszombies, die jeden Satz mit irgendeiner Fäkalie schmücken und ein Großteil der Jungs, wenn sie überhaupt was sagten, zuckten immer gleich ihre Hand. Auch ist es in der U-Bahn einfach nur noch laut.
Ich verkürz meine Ausführung: Ein Teil der jungen Leute benimmt sich total Banane.
Damit meine ich nicht jene Jugendlichen, die nur hochgestylt und machohaft durch die City wandern, nein, ich meine Jugendlich die weder gescheit sprechen, noch sonst sich sinnvoll unterhalten können. Das ist nicht wie früher die "Ey, Alder"-Fraktion oder die "Ich-bin-so-sau-cool-und-hör-hip-hop"-Leute, nein, das ist aus meiner Sicht eine ganze neue Qualität. Diese Jugendlichen reihen sinnlos Wörter zusammen, haben keinen Schimmer wie man sich auch nur ansatzweise benimmt und von geschmacklichen Zusammenstellung von coolen Klamotten kann bei denen nicht wirklich die Rede sein. Der Begriff Cool kenne die Leute nicht wirklich. Die sind einfach nur noch abgestürzt.
Sie sind gesellschaftliche Zombies. Anders kann ich einige herumlaufende Jugendliche nicht bezeichnen. Sau Uncool, doof, aggressiv und haben anscheinend von Nichts einen Plan.
Zurück zu Serkan A. und Spyridon L.. Gehörten sie bereits auch schon zu den wirklich, wirklich abgestützten Jugendlichen oder waren das zwei Jugendliche aus eher sozial annehmbaren Verhältnissen? Haben die Eltern sich ausreichend um die Kinder gekümmert, sie gefördert und ihnen ein Grundverständnis vom Zusammenleben einer Gesellschaft beigebracht?
Eine harte Strafe muss sein. Aber nur eine Strafe? Was ändert sich denn im Gefängnis? Erlernen sie dort die Grundlagen des Zusammenlebens?
Wenn sie diese kennen, dann könnte das Gefängnis abschreckende Wirkung haben. Kenne sie die Regeln nicht und gehören zum Kreis "der Total-Abgestürzten", dann wird das Gefängnis womöglich noch zur der "Hey-ich-war-Knast-Voll-lang-war-chef-da"-Wirkung mutieren.
Eine Abschiebung verschärft das Problem. Die Jugendlichen erhalten falsche Signale und lassen sich dann viel eher reizen. Nicht nur dass der Hass steigt, vielleicht sehen einige Jugendliche in ihrer schwierigen Situation dann kein Grund mehr für aktive Integration. Vor allem wäre es für mich ein untragbarer Gedanke einen Jugendliche der hier geboren ist, in ein Land abzuschieben, wo er noch nie war. Wo er womöglich überhaupt niemanden kennt und er überhaupt keinen Chancen mehr hat.
Ich finde nach wie vor, dass wir beim Entgleiten einiger Jugendliche wir als Gesellschaft die Verantwortung übernehmen müssen. Wenn unsere Instrumente versagen, dann können wir nicht die Jugendlichen dafür büßen lassen. Viele Jugendliche haben ein Scheiß-Leben und Scheiß-Eltern, leben in Scheiß-Vierteln und besuchen Scheiß-Schulen. Das Ergebnis ist dann halt auch dementsprechend.
Die Einzelverantwortung kann man natürlich nicht wegschieben von den Jugendlichen, aber ich frage mich schon wie das mit der Einzelverantwortung klappen soll, wenn die moralischen Grundlagen und die soziale Intelligenz fehlt.
Früher bestraften wir immer nur fehlgeleitete Einzelschicksale, die sehr oft selbst ihr Leben verkackt haben. Heute stehen wir an einen Punkt, in dem eine ganzer Teil einer Gesellschaft verkackt. Die Antwort auf dieses Problem kann keine einfache sein.
Wenn wir also einen Serkan A. und Spyridon L. bestrafen. Seine Familie mit Abscheu ansehen und sie Straftat als Ekelhaft bezeichen, muss uns eines klar: Es könnte erst der Anfang sein.
Ich bin für größtmöglichen Opferschutz. An die Opfer dankt man übrigens immer sehr selten. Und allen Opfern der Zukunft wäre geholfen, wenn sie erst keine Opfer sein müsste und unsere Instrumente in unserem System endlich greifen würden.
Also, Deutsche, Türken, Griechen, Schweizer, Franzosen etc. ... was tun wir gegen unser Problem.
Europäer, welche Lösung habt ihr?