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Keine Gnade für Christian Klar

lazertis

Schöner von Nordhausen
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Mein Gefühl hält - wenn ich manche Verbrechen sehe - die Todesstrafe für gerechtfertigt. Das Gefühl will Rache, "Auge um Auge", es will vor allem Kompensation.

ABER: Sobald ich meinen Verstand befrage, sind mir die Argumente gegen die Todesstrafe einsichtig, sie erschliessen sich mitunter auch intuitiv (z.B. möchte ich nicht Opfer eines Justizirrtums werden, das mich zum Tode verurteilt).

Nach aussen hin führt das dazu, daß ich gegen die Todesstrafe bin, innerlich aber bleiben Grauzonen.

Solche Konflikte oder Grauzonen sollten wir auch in einer Diskussion wie dieser nicht vergessen.

Wenn jemand z.B. für die Todesstrafe plädiert (und sei es noch so sehr durch "Argumente" untermauert), auf welcher Basis erfolgt dies? Gefühl oder Verstand? Und könnte es da einen Unterschied geben...?
 

Peter Maurer

Pommerscher Krummstiel
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Ich find es schon merkwürdig, wie gedankenlos mit Worthülsen, wie Verbrecher etc. um sich geworfen wird.
19. November 1979.

Natürlich kann man die Ex-Rafler als Verbrecher und Terroristen oder Fanatiker ansehen. Nur, wenn sie das in einem kommunistischen Land oder einem, das sich nicht auf der westlichen Linie befindet, getan hätten, würden sie nur als Rebellen und Widerstandskämpfer angesehen. Da würden die Medien ganz schnell für Freilassung sein.
Die RAF-Terroristen waren nie vom Staat bedroht, bevor sie ins Verbrechen abrutschten. Sie haben insofern einseitig den Krieg erklaert, und ich -- so ganz persoenlich -- sehe ihre Verbrechen deshalb nicht als rechtfertigbaren Akt des Widerstands.

Naziverbrechen [...] Polizist [...] Lehrerstudentin [...] Geheimdienste
Bei solchen Beispielen frag' ich mich immer: Was bringt die Vergleicherei? Man hat die Nazis zu billig davonkommen lassen, also soll man auch Klar zu billig davonkommen lassen? Waere das nicht nur ein weiterer Fehler in einer Reihe von Fehlern?

Soll er doch rot bis auf die Knochen sein, solange er jetzt den Rechtsstaat (anders als zu seiner aktiven RAF-Zeit) anerkennt. Das alleine kann nur das Kriterium für wahlweise eine Begnadigung oder seine Entlassung nach Verbüssung der Strafe sein.
In Bezug auf die Mindeststrafzeit koennte ich das unterschreiben. Aber ein Gnadenakt bedeutet das Ueberstimmen eines rechtsgueltigen Urteils, und dafuer darf's, finde ich, etwas mehr Einsicht sein. Ob die oeffentlich sein muss, das mag ich nicht beurteilen; aber ich vertraue Herrn Koehler in seiner Einschaetzung.

Weiss noch jemand, warum Kurt Georg Kiesinger, der mal bundesdeutscher Kanzler war, von Beate Klarsfeld geohrfeigt wurde? Guglt selber, auch die Wikipedia weiss das. [...] Filbinger war kein Einzelfall
Leg's mir als Lokalpatriotismus aus, aber: Ich finde es nicht gerechtfertigt, Kiesinger und Filbinger in einen Topf zu werfen. Und Wikipedia weiss tatsaechlich, warum:

Wikipedia schrieb:
Für [Kiesinger] sprach ein 1966 aufgetauchtes Protokoll des Reichssicherheitshauptamtes der SS aus dem Spiegel-Archiv, in dem es heißt, Kiesinger habe während seiner Tätigkeit in der rundfunkpolitischen Abteilung antijüdische Aktionen gehemmt und verhindert. [...] In neueren Biographien (z.B. der von Philipp Gassert) wird Kiesinger von Vorwürfen, ein überzeugter Nazi gewesen zu sein, größtenteils entlastet.
Von Filbinger laesst sich aehnliches nicht sagen, soviel ich weiss.
 
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Bonobo

Nathusius Taubenapfel
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Danke Peter, ich kann gerade schon wieder kein Karma geben, fuer echte Aufklaerung bin ich dankbar, will ja nicht ewig und unwissentlich auf meinen Vorurteilen sitzen bleiben.
 

debunix

Prinzenapfel
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Nur zur Info: wenn der nette Terrorist, der aus Versehen an Morden beteiligt war, aber sonst für ganz tolle Ziele einstand, 2009 evtl. entlassen wird, dann ist das nicht definitiv, sondern eben nur eventuell.
Auch in Deutschland ist lebenslänglich noch immer lebenslänglich.
 

yoshi007

Manks Küchenapfel
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Nun, yoshi, Klar saß fast doppelt so lange im Gefängnis, wie du auf der Welt bist. Meinst du nicht, dass man sich in dieser Zeit wenigstens ein bisscehn verändern kann?
Was meinst du, wieviel verändert man sich in dieser Zeit, wenn man Tod ist?
Wenn es nach dir ginge, sähe er jetzt nicht nur aus wie Haut und Knochen...
Ja aber was meinst du, wie lange die Angehörigen seiner Opfer leiden?
Ein Leben lang...
Und wenn der Mörder dann auch moch entlassen wird, wird die Situation noch schrecklicher für sie!
 

philifant

Oberösterreichischer Brünerling
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Ja aber was meinst du, wie lange die Angehörigen seiner Opfer leiden?
Ein Leben lang...
Und wenn der Mörder dann auch moch entlassen wird, wird die Situation noch schrecklicher für sie!

solches leid kann auch nicht durch den tod des mörders gemindert werden !

edit: mist, ich wollte hier doch nichts posten :)
 

yoshi007

Manks Küchenapfel
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In deiner Schule hören einige Schüler im Unterricht Musik auf ihren iPods oder sonstigen MP3-Playern. Werden sie erwischt, nimmt der Lehrer ihnen die Geräte ab, später (am nächsten Tag oder so) können sie sich die Geräte wieder abholen.
Diese Maßnahme dämmt das Musikhören aber nicht ein, manche Schüler hören damit einfach nicht auf, obwohl ihnen der Player schon mehrmals weggenommen wurde. Daraufhin entscheidet der Rektor, ALLEN, die mal im Unterricht Musik gehört haben, den iPod FÜR IMMER wegzunehmen.
Nehmen wir an, du hättest das auch einmal gemacht. Wärst du dann mit dieser Maßnahme einverstanden? Wäre das fair?
Also ich finde Morde mit iPods zu vergleichen passt nicht so ganz...
 

sale53

deaktivierter Benutzer
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Bei der Beurteilung der Situation dürfen m.E. die politischen Rahmenbedingungen der damaligen Zeit nicht außer Acht gelassen. Bonobo hat sie bereits angedeutet. Ich möchte noch einige Stichpunkte hinzufügen; Strauß' Lüge vor dem Parlament, Starfigter-Affäre, Spiegel-Affäre, in die Buback verstrickt war, Prügelperser, Entrümpelung von Forschung, Lehre und Schule, Benno Ohnesorg, Bespitzelung durch den Verfassungsschutz, Berufsverbote, Notstandsgesetze, Beschimpfung Willy Brandts als vaterlosen Gesellen, Vietnam, Nixon, Nachrüstung usw. usw.
All das sollte man sich vor Augen führen, wenn man versucht zu ergründen, warum die RAF so kompromisslos geworden ist.

Die Terroristen fühlten sich vielleicht zunächst nicht körperlich vom Staat bedroht (Peter Maurer) aber politisch.

In Italien sind m.W. die Roten Brigaden nach deren Auflösung amnestiert worden.
 
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dr_zoidberg

Doppelter Prinzenapfel
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Mord bleibt Mord. Und wenn einer/mehrere den Tod von Menschen von Anfang bis zum Ende durchplanen, dann gibt es in meinen Augen keine Gnade.

Für mich ist das ein Faustschlag ins Gesicht, ein Schlag gegen die Gerechtigkeit. Alles andere ethische hier kann das pro und contra nicht klar vertreten und schweift vom Thema weit ab.

yoshi hat zwar eine harte Meinung und man kann sie sicher auf sein Alter schieben, trotzdem ist es eben seine Meinung. So wie andere vielleicht der Meinung sind das die Gnade angebracht wäre.



Begnadigungen bei Mord? Auf keinen Fall!


In diesem Sinne... Doc...
 

skepsis

Westfälische Tiefblüte
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Das Erstaunliche bei der ganzen Diskussion finde ich, dass grade die CSU sich gegen eine Begnadigung ausspricht.
Eine Partei die mit dem Buchstaben "C" -> "Christlich" in Namen trägt.
Gnade ist ein christlicher Wert.

Gruß
Skepsis
 

unknown7

Kaiserapfel
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Ich finde, dass eine Hafterleichterung/verkürzung nur dann in Frage hätte kommen sollen, wenn er sich kooperativ gezeigt hätte und bei weiteren Ermittlungen geholfen hätte.
Da das aber deutlich nicht der Fall ist soll er ruhig seine (gerechte) Strafe absitzen)
 

stk

Grünapfel
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Moin,

lassen wir die Vergangenheit doch mal einen Moment ruhen und spinnen wir doch mal weiter in Zukunft:

Die Herren Schäuble, Beckstein, Wiefelspütz und andere innenpolitische Amokläufer lassen sich noch ein paar Nettigkeiten einfallen um uns Onliner besser auf die Finger sehen zu können. Es gibt ein kurzes Aufgeheule vor dem Bundesverfassungsgericht, das die einschlägigen Grundgesetzänderungen kritisiert, aber nicht mehr zurückgenommen bekommt.

Eine Horde Aufrechter aus dem Apfeltalk-Forum und aus anderen digitalen Ecken der Welt beruft sich darauf hin auf Art. 20 Abs. 4 GG und leistet Widerstand. Widerstand, der bewußt auf den Verstoß gegen Gesetze hinaus läuft. Wahrscheinlich kein Mord wie zu RAF Zeiten, aber im Bereich der "Hackerei" die ggf. längst mit ähnlichen Sanktionen (siehe oben unter Amokläufer) belegt ist.

Rollback in die Vergangenheit: aus der damaligen Situation ist der Ursprung der RAF (für mich) nachvollziehbar. Auch wenn die teilweise - schon damals, heute umso mehr - verquasten Ideologien nicht teilen mag, sie werden mit Blick auf die Gegebenheiten verständlich. Die Aktionen die sich daraus ableiteten waren - bitte rein vom Standpunkt der Logik zu sehen und zu verstehen (!) - folgerichtig. Nicht juristisch und schon gar nicht moralisch richtig, aber folgerichtig!

Fallback in die Gegenwart: von der aktuellen Situation und Diskussion um die Beschneidung von Bürgerrechten ausgehend, braucht es IMHO nur noch einen kleinen Funken für einen "digitalen deutschen Herbst". Nach 30 Jahren mögen sich die Randbedingungen geändert haben, aber gelernt worden ist nix.

Gruß Stefan
 

Peter Maurer

Pommerscher Krummstiel
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Die Terroristen fühlten sich vielleicht zunächst nicht körperlich vom Staat bedroht (Peter Maurer) aber politisch.
Das will ich hoffen. Sonst waer's ja tatsaechlich ausschliesslich ein narzisstischer Verbrecherhaufen gewesen, ohne den geringsten Leitgedanken.

Es war aber eben nicht so, dass Raub und Mord die einzigen Mittel gewesen waeren, die noch geblieben waeren, um Widerstand zu leisten. Und deshalb finde ich den Vergleich mit anderen, heute in Ehren gehaltenen Widerstandsbewegungen ungerechtfertigt. Schliesslich muss es eine Grenze geben fuer das, was noch als adaequate oder zumindest begnadigenswerte Reaktion gesehen werden kann. Sonst tut man auch all denen unrecht, die sich ebenfalls unwohl gefuehlt haben in diesen Jahren, darueber aber trotzdem nicht zu feigen Moerdern wurden.

In Italien sind m.W. die Roten Brigaden nach deren Auflösung amnestiert worden.
Nicht ganz: Manche, die ueberlebt hatten und nach Frankreich flohen, wurden dort geduldet und nicht ausgeliefert. Die Motive von diesem und vor allem auch jenem, falls wirklich massgeblich an der Entscheidung beteiligt, moegen edel gewesen sein und der Verhinderung weiterer Verbrechen gedient haben, aber erstaunlich und fuer mich persoenlich unverstaendlich bleibt es trotzdem.

Eine Horde Aufrechter aus dem Apfeltalk-Forum und aus anderen digitalen Ecken der Welt beruft sich darauf hin auf Art. 20 Abs. 4 GG und leistet Widerstand. Widerstand, der bewußt auf den Verstoß gegen Gesetze hinaus läuft. Wahrscheinlich kein Mord wie zu RAF Zeiten, aber im Bereich der "Hackerei" die ggf. längst mit ähnlichen Sanktionen (siehe oben unter Amokläufer) belegt ist.
Ich bin wahrscheinlich zu romantisch veranlagt: Die Idee, den Widerstand in Hackerform auch nur in die Naehe der Verschwendung von Menschenleben zu ruecken, find' ich ziemlich abseitig.

Aber selbst beim digitalen deutschen Herbst waer' ich nicht dabei, wenn er auf dem Ruecken Unschuldiger ausgetragen wuerde. Ich bin naemlich wahlberechtigt und kann sogar Politiker werden, wenn ich noch mehr Einfluss ausueben will.
 

cdek

Granny Smith
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In einem Brief an Rau, dem Gnadengesuch im Spätsommer 2003 hinterhergeschickt, schrieb Klar: "Eine Rückkehr zu gewaltsamen Konzepten wie zu dem der RAF gibt es für mich nicht." Er müsse eine Schuld anerkennen, "selbstverständlich", formuliert er weiter. "Ich verstehe die Gefühle der Opfer und bedaure das Leid dieser Menschen."
 

dr_zoidberg

Doppelter Prinzenapfel
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Den Satz verstehe ich nicht so ganz. Kannst du den etwas konkretisieren?
Damit meine ich das man bei dem Thema Begnadigung auch schnell das Thema Todesstrafe ans Licht bringt. Und die bleibt weiterhin sehr umstritten.
Auch ist es fraglich ob den Opfern und den Angehörigen genügend Respekt gezollt wird wenn man eine Begnadigung der Täter in erwägung zieht.


Und damit klinke ich mich hier aus...

Schlaft gut...:)


Doc...
 

Harald909

Prinzenapfel
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Eine insgesamt gute und differenzierte Diskussion hier zu einem doch schwierigen Thema!

Ich denke, wir müssen, so ist es auch in einem Post bereits angeklungen, zwei Dinge unterscheiden:

Die Gefühle der Opfer/Angehörigen. Ein Landesjustizminister sagte mal in Bezug auf ein vergewaltigtes und ermordetes Kind: "Eltern dürfen alles!" Sie dürfen Rache fordern, dem Täter den Tod wünschen, Sch*** ab! fordern und 100%ige Sicherheit vor solchen Taten verlangen.

Wie der Staat/die Gesellschaft reagiert, ist etwas anderes. Der Staat muss deutlich machen, dass er die Tötung eines Menschen zutiefst missbilligt. Er muss den Opfern deutlich machen "Ja, euch ist Unrecht geschehen und wir tun was dagegen." Der Staat muss aber auch rational abwägen und muss dem Täter moralisch überlegen bleiben. Er darf sich mit dem Täter nicht auf eine Stufe stellen. Und da bleibt die Frage, wie wir mit politisch motivierten Straftaten umgehen.

Die Mitglieder der RAF haben nicht aus Mordlust oder Gier getötet. Ich weiß nicht, ob man es als "niedrigen Beweggrund" einordnen kann, wenn man in dem Bewusstsein tötet, damit ehrenhaft zu handeln, weil man die Ausbeutung der Dritten Welt bekämpfen will, weil man die BRD für einen faschistischen Staat hält, weil man eine bessere und gerechtere Gesellschaft will.

Das Tragische an den RAF-Verbrechen ist ja, dass sie von Personen begangen wurden, die ursprünglich von ehrenwerten Motiven geleitet waren. Ohne Frage, sie haben in ihren Mitteln geirrt und sind arme Irre gewesen, als sie Bomben legten oder mit einer Maschinenpistole auf einen Menschen zielten und abdrückten. Wenn ich sie jedoch als gewöhnliche Verbrecher einordne, dann verdamme ich auch den ursprünglich sehr moralischen Ausgangspunkt der Taten. Das wollen die Konservativen, da dieser Ausgangspunkt links ist.

Ich fände es dagegen angebracht, dass dieser Staat zeigt, dass er moralisch überlegen ist, dass er eben nicht faschistisch, brutal und erbahrmungslos ist. In den 1970er Jahren bekam die RAF viel Unterstützung, weil man unverhältnismäßig gegen den RAF-Terror vorging (Isolationshaft, Hungerstreik, Terrorismusgesetze, Radikalenerlass und nicht zuletzt dem Rechtsstaat unwürdige Gerichtsverfahren). Das war nicht klug, denn das war der Nährboden für die zweite und dritte Generation der RAF. Auch Christian Klar stieß deshalb zu ihr.

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass die lebenslange Freiheitsstrafe nicht mit der Menschenwürde vereinbar wäre, müsste sie tatsächlich verbüßt werden. Deshalb kann man nach 15 Jahren erstmal einen Antrag auf Strafaussetzung zur Bewährung stellen. Kriminologen sagen im Übrigen, dass jede Freiheitsstrafe über 10 bis 15 Jahren aus spezial- und generalpräventiven Erwägungen relativ sinnlos ist.

Bleibt als nur noch die Rache als Haftgrund. Doch Rache ist etwas sehr persönliches. Rache ist nicht rational. Der Staat sollte sie sich nicht zu eigen machen. Deshalb bin ich für eine Freilassung von Klar. 24 Jahre sind genug.

H.
 
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stk

Grünapfel
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Moin,

Die Mitglieder der RAF haben nicht aus Mordlust oder Gier getötet. Ich weiß nicht, ob man es als "niedrigen Beweggrund" einordnen kann, wenn man in dem Bewusstsein tötet, damit ehrenhaft zu handeln, weil man die Ausbeutung der Dritten Welt bekämpfen will, weil man die BRD für einen faschistischen Staat hält, weil man eine bessere und gerechtere Gesellschaft will.

Das Tragische an den RAF-Verbrechen ist ja, dass sie von Personen begangen wurden, die ursprünglich von ehrenwerten Motiven geleitet waren. Ohne Frage, sie haben in ihren Mitteln geirrt und sind arme Irre gewesen, als sie Bomben legten oder mit einer Maschinenpistole auf einen Menschen zielten und abdrückten. Wenn ich sie jedoch als gewöhnliche Verbrecher einordne, dann verdamme ich auch den ursprünglich sehr moralischen Ausgangspunkt der Taten. Das wollen die Konservativen, da dieser Ausgangspunkt links ist.

Full ACK! Die "ehrenwerten Motive" sind der springene Punkt. Das ist das, was ich oben auch für "Widerstandsrecht" beschrieb. Die Fragen - die ich eben damit auch aufwerfen wollte:

Wo darf, wo muß möglicherweise Widerstand anfangen?

Wo sind die Grenzen erreicht der Ehrenhaftigkeit erreicht? Auch türkische/islamische (auf wen oder was man sich auch immer dabei berufen mag) Ehrenmorde geschehen aus (für die Täter) "ehrenwerten Motiven".

Welche Ziele sind in der Tat gemeinschaftlich, mehrheitlich getragen? Und hat die Mehrheit recht?

Welcher Mittel darf sich ein Widerstand bedienen? Gewalt? Möglicherweise auch das. Sonst würden wir nicht regelmässig zum 20. Juli einem Graf Stauffenberg das Gedenken schenken.

Ein sehr schwieriges Thema. An der Stelle hätte ich mit unserem Bundeshorst nicht tauschen wollen! Ihn dann noch mit der Plattitüde "Keine Gnade, sonst keine Wiederwahl!" erpressen zu wollen, ist so gesehen um so schäbiger. Es legt mir die Vermutung nahe, dass Leute, die einen solchen Satz von sich geben, die Dinge nicht wirklich reflektiert haben.

Gruß Stefan
 

sale53

deaktivierter Benutzer
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Moin,
Wo sind die Grenzen erreicht der Ehrenhaftigkeit erreicht? Auch türkische/islamische (auf wen oder was man sich auch immer dabei berufen mag) Ehrenmorde geschehen aus (für die Täter) "ehrenwerten Motiven".

Bis auf obigen Punkt stimme ich mit dir überein.

Der Staat hat schon repressiven Druck ausgeübt - immerhin hat ein Polizist Ohnesorg erschossen - und Demonstrationen wurden mit brutalem Polizeieinsatz beendet (zumindest versucht); dazu noch - mit Duldung des Staates - von den "Schergen" eines Diktators. ("Prügelperser)

Außerdem ist der massive Einfluss einer Zeitung mit 4 Buchstaben, die leider heute immer noch meinungsbildend ist, - wie man auch aus einem Beitrag weiter oben entnehmen kann -, nicht zu vernachlässigen. Derjenige, der Rudi Dutschke vom Rad schoss, hat dies ausdrücklich betont.

Bei den "Ehrenmorden sehe ich diese repressive Parallele nicht, dass der Täter Gewalt erfahren hat.
 
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