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Gendergerechte Sprache

mbert

Grahams Jubiläumsapfel
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Und eine Umfrage ist eine Methode der Empirie - und damit schließt sich der Kreis.
Du hast offenbar noch nicht ganz verstanden, was ich sagen wollte: Umfragen sind eine Quelle für die Datenbasis, auf der man Studien durchführt.

Du kannst dir ja auch die nackten Umfrageergebnisse der hier schon diskutierten Studien durchlesen, wenn du die Interpretation selbst vornehmen möchtest.
Die Studien, mit denen Anhänger des Genderns gern argumentieren, basieren übrigens meist nicht auf Umfragen sondern Laborexperimenten: man nimmt eine irgendwie ausgewählte Anzahl von Probanden und konfrontiert sie mit bestimmten, für das Experiment vorher ausgedachten Situationen. Dann zeichnet man Reaktionen auf, führt Interviews usw. und versucht aus dem Resultat Rückschlüsse zu ziehen.

Derartige Forschung ist wichtig und hat ihre Berechtigung. Aber da das Objekt der Untersuchungen menschliches Verhalten ist, kann man daraus i.d.R. nur sehr vage und unsichere Erkennnisse ableiten. Genau deshalb sind Aussagen wie "zahlreiche Studien haben ergeben, dass geschlechtergerechte Sprache das Denken so und so beeinflusst" irreführend. Gerade da, wo es um Sprache und Psychologie geht, was ja ganz offensichtlich einen Zusammenhang hat, ist es m.E. faktisch unmöglich zu beweisen, dass die Sprache das Denken beeinflusst (und nicht umgekehrt). Daher halte ich solche Aussagen für unseriös.

Ich weiß nicht, ob Du Erfahrung in wissenschaftlicher Arbeit hast. Wenn nicht, wirken solche Unterscheidungen vielleicht nicht intuitiv.


Aber selbst diesen Zusammenhang mal außer Acht gelassen: Ich muss dir sicher nicht sagen, dass eine Umfrage, nur weil sie nichts anderes macht als Daten sammelt, noch lange keine validen Daten sammelt.
Völlig richtig. Hier spielt sicher eine Rolle, wie groß die Zahl der Befragten war, wie repräsentativ die ausgewählt wurden etc. Hier hilft meist eine Betrachtung der Institute, die so etwas durchgeführt haben, und mit einer größeren Anzahl ähnlicher Umfragen durch verschiedene Institute kann dann zunehmend davon ausgehen, dass "Ausreißer" eingefangen werden. Da aber Umfragen letztlich nur statistisch erfassen, wie viele Leute aus welchen Gründen auch immer bestimmte Antworten auf bestimmte Fragen gegeben haben, laufen sie bei weitem nicht in die Problematik der Studien, die Du ja weiter oben angeführt hattest, hinein.
 
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Benutzer 164005

Gast
Diese ganze unleserliche und unsprechbare Sprachvergewaltigung ist nichts anderes als dass Minderheiten versuchen ihren Duktus der Mehrheit aufzuprägen. Schrift & Sprache ist hier zum Kriegsschauplatz bestimmter gesellschaftlicher Strömungen geworden. In der Realität hat sich bis vor wenigen Jahren niemand an der Verwendung und den Eigenheiten der deutschen Sprache gestört. Durch das "Gendern" wird aber der Keil zwischen den unterschiedlichen Strömungen manifestiert. Sprache ist nun nicht mehr inkludierend sondern exkludierend. Damit meine ich, dass sich die "gendernden" vermeintlich ethisch erhöhen und im Umkehrschluss alle diejenigen, die dies nicht tun als rückständige und schlechte Menschen (wenn nicht sogar glatt wieder die Nazikeule geschwungen wird) dargestellt werden.

Mit Gleichstellung und / oder Chancengleichheit hat dies nichts zu tun.

Das Gleiche gilt für Quoten. Absoluter Blödsinn und kontraproduktiv. Hierzu hatte jemand ein paar Seiten vorher schon wunderbar etwas geschrieben gehabt (Stichwort "Chancengleichheit"). Wenn heutzutage schon die Ergänzung "(m / w / d)" überall aufgezwungen wird (obwohl jedem klar ist dass sich jeder (jedes Geschlecht, jeder Ethnie, etc...) auf diese Stelle bewerben kann), dann müsste man ja noch eine Quote für "Diverse" einführen. Letztere sehen sich wiederum nicht als homogene Gruppe, also müsste man noch Unterquoten einführen. Gleiches gilt für Religionen, Ethnien und so weiter. Das ganze wird ad absurdum geführt. Es führt alles nur zu einer Spaltung der Gesellschaft und nicht zu einer Vereinigung.

Divide et impera.
 

Bitnacht

Normande
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Die Studien, mit denen Anhänger des Genderns gern argumentieren, basieren übrigens meist nicht auf Umfragen sondern Laborexperimenten[…]

Ich glaube ich brauche gar keine Studien, um mich rücksichtsvoll auszudrücken. Und genau darum geht es. Ich verstehe gar nicht, warum hier so viel diskutiert wird. Als Moderator hätte ich diesen Thread längst gesperrt, wegen Zeitverschwendung.
 

mbert

Grahams Jubiläumsapfel
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106
Ich glaube ich brauche gar keine Studien, um mich rücksichtsvoll auszudrücken.
Ich auch nicht. Und ich bin der Meinung, das auch zu tun - ohne Sprache dafür neu erfinden zu müssen.

Ich denke, für Dinge wie Rücksicht und Respekt ist auch so eine Diskussion wie die hier schon ein Ort, wo man das üben kann ;)
 
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RobertK81

Weigelts Zinszahler (Rotfranch)
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Die Anwort ist, dass eine deutliche Mehrheit das nicht so empfindet.
Eine deutliche Mehrheit lebt ja auch seit Jahrhunderten in einem Patriarchat, ist entsprechend geprägt und kann sich vermutlich nur schwerlich etwas anderes vorstellen.
Heißt nicht, dass es gut ist, was eine deutliche Mehrheit da so denkt.

Jetzt ist es natürlich Anspruch in einer Demokratie, diese deutliche Mehrheit nicht zu zwingen, sondern zu überzeugen. Grundsätzlich nutze ich deswegen z.B. gendergerechte Sprache in (auch offiziellen) Schriftstücken, die ich verfasse, fordere dies aber nicht von anderen. Einfach mal selber machen, damit auch zeigen, dass es durchaus geht und gar nicht so schlimm ist, das reicht schon manchmal.

Anders sehe ich das z.B. im akademischen Bereich, wo ja häufig entsprechende Formulierungen gefordert werden - das finde ich so gut und richtig, gerade dort darf man erwarten, dass sich auch mal außerhalb der persönlichen Komfortzone bewegt wird und die entsprechende Transferleistung stattfindet, warum eine damit verbundene Auseinandersetzung mit problematischen Bereichen unserer Sprache stattfinden muss.
Und zu dieser Auseinandersetzung führt eben gerade das, was hier oft kritisiert wird - ja, wer das erste mal darüber "stolpert", mag sich im Lesefluss (oder Hörfluss) beeinträchtigt fühlen, wer auf diese Weise formulieren muss oder will, wird stellenweise mal zwei Sekunden länger nachdenken müssen.
Genau dieses "stolpern", "stören" und damit verbundene "Umstände" (alles absichtlich in Anführungszeichen) ist aber doch gewollt. Ein damit verbundener Denkprozess über die Problematik derzeit vorherrschender menschengemachter Normen mag sicherlich nicht bei allen angestoßen werden, aber doch bei einigen. Und das ist auch gut so.
Und natürlich wird es immer diejenigen geben, für die Sprache dadurch "unmöglich" zu lesen oder zu hören wird. Da stoße ich dann aber an meine Grenzen der Fähigkeit, das ernst zu nehmen, sorry. Unser Gehirn ist noch zu ganz anderen Leistungen fähig als die Verarbeitung von Binnen-Is oder Gender-Asterisk.

Und wer jetzt hier kommt mit "KundInnen steht nicht im Duden!" - Glückwunsch, Sprache verändert sich, und zwar sowohl von unten wie auch von oben. Allerdings neigt manche/r dazu, sogar Dinge als "war schon immer so" zu erklären, die es erst seit vergleichsweise kurzer Zeit gibt. Und aus "war schon immer so" wird dann gerne "muss/darf man nicht ändern".

Zum Glück sind die entsprechenden Gremien, die hinter der deutschen Sprache stehen, da schon etwas weiter. Ja, "KundInnen" steht (noch) nicht im Duden.
Aber dafür gibt es einen guten Grund, wie vom Rat für deutsche Rechtschreibung ausgeführt:

In der Realität hat sich bis vor wenigen Jahren niemand an der Verwendung und den Eigenheiten der deutschen Sprache gestört.
Tja, also wenn wir als Maßstab nehmen, woran sich bis vor kurzem alles "niemand" (das meint üblicherweise niemand aus der privilegierten Mehrheitsgesellschaft, nicht etwa niemand aus an den Rand gedrängten oder ganz ausgeblendeten gesellschaftlichen Gruppen/Minderheiten) gestört hat, dann kommen wir natürlich gesamtgesellschaftlich sehr viel weiter…
 

Thaddäus

Golden Noble
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Mal was anderes: Wie wäre es denn, wenn wir zum Beispiel endlich Lohngleichheit für beide Geschlechter durchsetzen würden? DAS hat für mich mit Respekt zu tun, die Verunstaltung der Sprache erscheint da wie Augenwischerei, da die echten Probleme weiterhin stiefmütterlich behandelt werden.
 
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Benutzer 164005

Gast
(das meint üblicherweise niemand aus der privilegierten Mehrheitsgesellschaft, nicht etwa niemand aus an den Rand gedrängten oder ganz ausgeblendeten Minderheiten)

Lustigerweise ist es genau umgekehrt. Es sind die Wohlstandsverwahrlosten welche meinen sich durch Sprachvergewaltigung für Minderheiten einzusetzen. Mit den eigentlichen Problemen dieser Minderheiten hat dies aber nichts zu tun.

Es sind Menschen die zu wenig Probleme haben und deshalb welche schaffen müssen. Leute mit Problemen gendern nicht, die haben echte Sorgen. Sinnbildlich ist es "Lisa aus Australien" welche gendert.

Wohlstandsverwahrlost.
 

joschijoschi

Apfel der Erkenntnis
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Ich dagegen sehr viele, wer hat nun Recht, geschweige ein Argument?

Ich versuche mal zu glauben, es wäre nicht beleidigend gemeint, sondern einfach nur... hm.... altbacken?

Nein, war tatsächlich nicht beleidigend gemeint. Aber im Audiobeitrag gestern, den ich zitiert habe, wo ein "Wissenschaftler" permanent von wir "Bürgerinnen" und wir "Wissenschaftlerinnen" gesprochen hat, offensichtlich aber auch sich selbst als Mann mit einbezogen hat, dieser Wissenschaftler war Philosoph. Da habe mich mich schon gefragt, ob ein "normaler" Beruf je auf sowas kommen würde.
Ich nehme für mich in Anspruch wirklich viele Leute aus verschiedenen Berufen und sozialen Schichten zu kennen, vom Arbeiter bis zum Akademiker und ich kenne wirklich niemanden, der so "tickt". Deshalb fehlt mir wirklich die Vorstellungskraft, dass jemand diese Haltung hat, der (wie soll ich es anders ausdrücken) mit beiden Beinen im Leben steht. Klar, das nennt man anekdotische Beweisführung, aber es würde mich wirklich interessieren, was die Leute hier im Forum für Berufe und welche familiäre Situation haben, die diese Genderschreibweisen für gut und wichtig halten.
Das meine ich nicht böse, man braucht auch Philosophen, Journalisten, Soziologen, Psychologen in unserer Gesellschaft....... und auch ich habe mal als Stundet komplett anders gedacht als heute....
Aber man muss halt echt aufpassen, dass nicht eine bestimmte Minderheit den Ton in der Sprache vorgibt, nur weil sie den besseren Zugriff oder Einfluss auf die Sprache und Medien hat, als Otto Normalverdiener.
Es liegt mir wirklich fern, jemanden persönlich anzugehen.
Mal was anderes: Wie wäre es denn, wenn wir zum Beispiel endlich Lohngleichheit für beide Geschlechter durchsetzen würden? DAS hat für mich mit Respekt zu tun, die Verunstaltung der Sprache erscheint da wie Augenwischerei, da die echten Probleme weiterhin stiefmütterlich behandelt werden.

Dort, wo man es gesetzlich regeln kann, gibt es doch die Lohngleichheit (Besoldungstabellen, Tarifverträge usw.) unterscheiden doch nicht mach dem Geschlecht. Dass Frauen häufiger weniger gut bezahlte Berufe aussuchen, oder innerhalb eines Berufes die Karriereleiter nicht so schnell oder weit hochklettern (wollen), kann man nicht regulieren, wie auch? Dort wo es individuell verhandelte Bezahlung gibt, kann man nicht regulieren. Aber welchen Sinn sollte es machen, dass ein Unternehmer einem Mann einen höheren Gehalt bezahlt als eine genauso qualifizierten Frau. Kein Unternehmer verschenkt grundlos Geld, in einer Marktwirtschaft strebt jeder Unternehmer Gewinnmaximierung an. Fachkräfte sind gesucht und Angebot und Nachfrage bestimmen den Gehalt. Bleibt vielleicht übrig, dass manche Frau nicht so selbstbewusst bei Gehaltsverhandlungen auftritt, aber auch das ist ein individuelles Thema, das man nicht per Gesetz lösen kann und muss.
Ein Problem hätten wir dann, wenn z.B. ein Gymnasiallehrer in der gleichen Besoldungsstufe und Altersstufe mehr verdient wie eine Gymnasiallehrerin, aber das ist ausgeschlossen.
Aber es gibt sogar hierfür schwachsinnige Statistiken, die einen Unterschied zu belegen glauben, weil Lehrerinnen häufiger Teilzeit arbeiten und dann logischerweise dadurch im Mittel weniger verdienen.
Man kann als immer alles so verdrehen, dass scheinbar eine Benachteiligung dabei rauskommt. Das löst aber kein Problem, sonder schafft nur eine Spaltung zwischen Geschlechtern oder sonstigen Gruppen.
 
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RobertK81

Weigelts Zinszahler (Rotfranch)
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Leute mit Problemen gendern nicht, die haben echte Sorgen.
Ich halte es für eine falsche Annahme, dass wir uns immer nur um ein, oder ein paar „echte“ Probleme kümmern können und alles andere erstmal hintenan zu stehen hat. Das hat auch nichts mit Können zu tun, das ist lediglich Wollen, bzw. eben nicht wollen.

Persönlich bin ich durchaus in der Lage, mir Sorgen um die berufliche Zukunft (bzw. generell die Zukunft) aufgrund von Krisen wie Corona und Klima zu machen, zu schauen, dass genug Geld zum Abzahlen des Zuhauses vorhanden ist, mir Gedanken um die Einkaufsliste aber auch um Probleme und Streit innerhalb der Familie zu machen.
Und trotzdem den (sehr geringen) Aufwand zu betreiben, beim Verfassen von Schriftstücken und in der täglichen Sprache nicht nur von „die sollen sich halt mitgemeint fühlen“ auszugehen.
Und ganz ehrlich, wenn ich das kann, können sehr viele andere das auch. Wenn sie denn wollen.

Abgesehen davon ist es natürlich extrem leicht, als Mitglied der privilegierten Mehrheitsgesellschaft zu behaupten, es würde nicht auf echten Sorgen echter Menschen(TM) beruhen, wenn wir uns jetzt um Anliegen anderer Menschen Gedanken machen wollen, sollen oder gar müssen. Leicht, aber eben nicht richtig.

Und dieses ganze Gerede von „muss ja jetzt langsam mal gut sein“ ist letztendlich nicht viel anderes als die sehr vorhersehbare Reaktion von Menschen, die mit dem bisherigen Status quo sehr gut leben konnten oder sich zumindest sehr gut damit arrangiert haben, und die diesen in Gefahr sehen. Früher war eben nicht alles besser, es wurde uns nur sehr leicht gemacht, all diejenigen auszublenden, die mit diesem Status quo wenig bis gar nicht leben konnten und können.
 

joschijoschi

Apfel der Erkenntnis
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Lustigerweise ist es genau umgekehrt. Es sind die Wohlstandsverwahrlosten welche meinen sich durch Sprachvergewaltigung für Minderheiten einzusetzen. Mit den eigentlichen Problemen dieser Minderheiten hat dies aber nichts zu tun.

Es sind Menschen die zu wenig Probleme haben und deshalb welche schaffen müssen. Leute mit Problemen gendern nicht, die haben echte Sorgen. Sinnbildlich ist es "Lisa aus Australien" welche gendert.

Wohlstandsverwahrlost.

Bester Beitrag bisher!

gilt übrigens nicht nur fürs gendern, sondern z.B. auch für Fridays for Future. Da sieht man auch keine Jugendlichen Migranten aus klimatisch bedrohten Regionen, sondern Gymnasiastinnen mit Markenklamotten, die im Schnitt mehr Flugmeilen auf dem Buckel haben als ich mit meinen über 50 Jahren.
Und Genderdiskussionen findet man auch eher in der StudentInnen-Mensa als bei Friseurinnen, Krankenschwestern oder alleinerziehenden Frauen, die abends noch einen Putzjob haben, um über die Runden zu kommen.
Aber es ist genau das, was nervt, wenn Leute, die in der Regel bisher wenig im Leben geleistet und erwirtschaftet haben, außer (Papas Geld auszugeben), meinen, den anderen erzählen zu müssen, wo die Probleme dieser Welt liegen. Es gibt zu viele Kevin Kühnerts, Lisa Neugebauers und Gretas in unserer Wohlstandsgesellschaft.
 
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Martin Wendel

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Wie wäre es denn, wenn wir zum Beispiel endlich Lohngleichheit für beide Geschlechter durchsetzen würden? DAS hat für mich mit Respekt zu tun, die Verunstaltung der Sprache erscheint da wie Augenwischerei, da die echten Probleme weiterhin stiefmütterlich behandelt werden.
Das eine schließt das andere ja nicht aus.
 

mbert

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Eine deutliche Mehrheit lebt ja auch seit Jahrhunderten in einem Patriarchat, ist entsprechend geprägt und kann sich vermutlich nur schwerlich etwas anderes vorstellen.
Heißt nicht, dass es gut ist, was eine deutliche Mehrheit da so denkt.
Ich glaube, dass das lange nicht mehr stimmt. Die Gesellschaft, die ich in den 1970er Jahren noch als Kind erlebte, hat sich seitdem kontinuierlich weiterentwickelt. Wir leben in einer Zeit, wo Du für (wahrhaftige) Geschlechtergerechtigkeit niemanden mehr mühsam überzeugen musst, wo die Frage anstatt "ob" eigentlich meist nur noch "wie" lautet.

Und es gibt immer noch jede Menge Aspekte im täglichen Leben, wo eine Verbesserung nötig ist, aber in den allermeisten Fällen ganz einfach, weil das mitunter einfach sehr schwer zu verwirklichen ist. Das sind die Bereiche, in denen wir Anstrengungen brauchen.

Jetzt ist es natürlich Anspruch in einer Demokratie, diese deutliche Mehrheit nicht zu zwingen, sondern zu überzeugen. Grundsätzlich nutze ich deswegen z.B. gendergerechte Sprache in (auch offiziellen) Schriftstücken, die ich verfasse, fordere dies aber nicht von anderen. Einfach mal selber machen, damit auch zeigen, dass es durchaus geht und gar nicht so schlimm ist, das reicht schon manchmal.
Ich habe bis ungefähr zur Jahrtausendwende gegendert. In den 1980er Jahren empfand ich es (a) als einleuchtend und (b) als notwendig, um Menschen auf die Thematik Geschlechtergerechtigkeit in der Gesellschaft aufmerksam zu machen (dass das eine "Wirkung" habe, wie von einigen behauptet, habe ich allerdings nie geglaubt). Das lief dann irgendwie automatisch aus, weil ich einfach keinen Gewinn und keine Notwendigkeit mehr darin sah.

Dass ich jetzt sehr entschieden eine Position gegen das "Gendern" einnehme, hat viel mit der Vehemenz zu tun, mit der das im Moment in verschiedenen Bereichen unseres Lebens erzwungen wird. Mir scheint auch - mal am Rande - dass viele Ü50er (interessanterweise ist nach meiner Beobachtung gerade diese Generation besonders vehement dabei), die damals feministisch aktiv waren, nun in Entscheiderpositionen gelandet sind und, bewusst oder unbewusst, beginnen, ihre alten Träume in Wirklichkeit umzusetzen.

Anders sehe ich das z.B. im akademischen Bereich, wo ja häufig entsprechende Formulierungen gefordert werden - das finde ich so gut und richtig, gerade dort darf man erwarten, dass sich auch mal außerhalb der persönlichen Komfortzone bewegt wird und die entsprechende Transferleistung stattfindet, warum eine damit verbundene Auseinandersetzung mit problematischen Bereichen unserer Sprache stattfinden muss.
Hier muss ich entschieden widersprechen. Öffentliche, durch den Staat getragene oder sogar auch rein staatliche Institutionen bedürfen bei solchen Entscheidungen demokratischer Legitimation. Und da eben bekanntermaßen die Mehrheit dagegen ist, ist selbst bei Berufung auf repräsentative Mandate (da dreht sich mein altlinker Magen um, wenn ich sehe, wie viele, die früher für direkte Demokratie eintraten, nun plötzlich nicht mehr nachfragen wollen), wenn schon vielleicht legal, zumindest nicht legitim.

Es ist nicht die Aufgabe des Staats, das Volk zu erziehen (das wäre reiner Autoritarismus), sondern ein Instrument des Willens der Mehrheit der Gesellschaft zu sein.

Und wer jetzt hier kommt mit "KundInnen steht nicht im Duden!" - Glückwunsch, Sprache verändert sich, und zwar sowohl von unten wie auch von oben.
Genau, von unten nach oben. Das ist aber beim Gendern gerade nicht zu beobachten. Die Menschen gendern im täglichen Leben nicht. Meine Erfahrung ist, dass Sprache sich den Bedürfnissen der Sprecher anpasst. Beim Gendern ist es eher umgekehrt: es wird von einer Minderheit diskutiert, welche Formen man ändern muss, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Das ist daher eher von oben nach unten.

Tja, also wenn wir als Maßstab nehmen, woran sich bis vor kurzem alles "niemand" (das meint üblicherweise niemand aus der privilegierten Mehrheitsgesellschaft, nicht etwa niemand aus an den Rand gedrängten oder ganz ausgeblendeten gesellschaftlichen Gruppen/Minderheiten) gestört hat, dann kommen wir natürlich gesamtgesellschaftlich sehr viel weiter…
Nach meiner Erfahrung ist, wenn Du Respekt in einer Gesellschaft erreichen willst, das grundlegende Muster, jeden Menschen ungeachtet des Geschlechts, Hautfarbe, Religion etc. zuallererst als Person zu betrachten und auch so zu behandeln. Trennmuster sind da gerade kontraproduktiv. Deshalb halte ich auch die "geschlechtergerechte Sprache" für wenig sinnvoll.

Die Tatsache, dass Gattungsbegriffe im Deutschen meist grammatisch maskulin sind (nicht alle, siehe etwa "Hebamme" o.ä.), wird zum Anlass genommen, daraus eine systematische Benachteiligung aller biologisch nicht maskulinen Geschlechter abzuleiten. Abgeleitet wird das von der - ja tatsächlich vorhandenen - historischen Prägung unserer Gesellschaft, es wird aber außer acht gelassen, dass die Sprachformen irgendwann einfach unabhägig davon geworden sind. Jede Sprachform hat irgendeinen historischen Hintergrund. Je nach Perspektive kann man dieses Muster in unserer Sprache auch als gerade nachteilhaft für Menschen männlichen biologischen Geschlechts interpretieren, da ich die, weil sie formidentisch mit der generischen ist, anders als bei der weiblichen Form überhaupt nicht direkt ansprechen kann.

Wenn wir nun alle historischen Wurzeln aufdröseln und entsprechend die Sprache umdesignen wollen, haben wir wirklich etwas zu tun. Wir haben es hier aus meiner Sicht mit einer künstlich geschaffenen Befindlichkeit zu tun, die - siehe Umfragen - nur von einer deutlichen Minderheit in unserer Gesellschaft überhaupt so empfunden wird.

Wie gesagt, mir scheint, wenn wir schon über Sprache reden, viel wichtiger, Trennungen aufzuheben. Die künstlich eingeführte Trennung nach Geschlechtern empfinde ich als eher kontraproduktiv. Ansonsten möchte ich auch gern auf die wirklichen Probleme unserer Gesellschaft verweisen, worauf ich oben ja schon eingegangen bin.
 
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joschijoschi

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Das eine schließt das andere ja nicht aus.

Dieses Totschlagargument kann man immer bringen. Aber es hat auch was mit Respekt und Empathie zu tun, dass man beim Anprangern von "Problemen" gewissen Prioritäten erkennt.
Etwas offtopic: Aber genau deshalb rutscht z.B. die SPD in die Bedeutungslosigkeit. Die beschäftigen sich mit Haltungen und Ideologien, die an den echten Problemen ihrer ehemaligen Wählerklientel komplett vorbeigehen.
 

Martin Wendel

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Aber es hat auch was mit Respekt und Empathie zu tun, dass man beim Anprangern von "Problemen" gewissen Prioritäten erkennt.
Ich fühle mich wirklich wie im falschen Film. Nochmal zur Erinnerung: Du hast hier angeprangert, dass ich das Wort "KundInnen" benutzt habe. Wir hätten diese seitenlange Diskussion hier aller Wahrscheinlichkeit nach nicht, wenn du einfach akzeptiert hättest, dass wir hier nunmal auf eine gendergerechte Sprache achten. Du bist hier derjenige, der ein Problem hat. Und du beschwerst dich jetzt, über die Prioritäten anderer (die du überhaupt nicht kennst)? LOL.
 

saw

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Fridays for Future. Da sieht man auch keine Jugendlichen Migranten aus klimatisch bedrohten Regionen, sondern Gymnasiastinnen mit Markenklamotten, die im Schnitt mehr Flugmeilen auf dem Buckel haben als ich mit meinen über 50 Jahren.
Puh, Klischeehafter kann man fast nicht argumentieren, oder?
Du kennst alle Menschen dort persönlich?
Geht es auch ein wenig sachlicher?


Aber es hat auch was mit Respekt und Empathie zu tun, dass man beim Anprangern von "Problemen" gewissen Prioritäten erkennt.
Schreibt jemand, der sich über die Überschrift in einem Artikel in einem Computerforum echauffiert ^^
Was sind KundInnen? Habe diese Schreibung im Duden nicht finden können.
Damit wäre ja die Topantwort gewesen, die das ganze Thema auch schnell abgeschlossen hätte,
"Haben wir keine größeren Probleme, setze deine Prioritäten mal gerechter"
 

angerhome

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Das eine schließt das andere ja nicht aus.
Das nicht, aber bevor wir die Sprachregelung fordern, sollten wir das reale Problem angehen.
Von der Sprachregelung hat nicht eine Frau auch nur einen Cent mehr in der Tasche.
Von der Bezeichnung Held/Heldin hat keine Pflegekraft einen Cent mehr in der Tasche.
Aber ein Gesetz, dass die Ungleichbezahlung bei gleicher Arbeit verbietet bringt etwas in der Realität.

Meine Kameradinnen verdienen das gleiche, wie der Kamerad in selber Funktion und der gleichen sozialen Konstellation.

Denen geht das Gegendere tierisch auf den nicht vorhandenen.

Was mich an dieser Diskussion extrem stört, dass jedem, der das Gendern in der Sprache als übertrieben ansieht, abgesprochen wird, für Gleichberechtigung zu sein.
 

joschijoschi

Apfel der Erkenntnis
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Ich fühle mich wirklich wie im falschen Film. Nochmal zur Erinnerung: Du hast hier angeprangert, dass ich das Wort "KundInnen" benutzt habe. Wir hätten diese seitenlange Diskussion hier aller Wahrscheinlichkeit nach nicht, wenn du einfach akzeptiert hättest, dass wir hier nunmal auf eine gendergerechte Sprache achten. Du bist hier derjenige, der ein Problem hat. Und du beschwerst dich jetzt, über die Prioritäten anderer (die du überhaupt nicht kennst)? LOL.

Offensichtlich hat ja mein Einwand eine sehr lebendige Diskussion ausgelöst und auch wenn in deinem Text vier mal Du steht, scheine ich ja nicht der einzige zu sein, den das Thema bewegt.
Ich gebe aber zu, dass ich in einem Beitrag zu persönlich und provokativ war, habe ihn geändert.
 
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mbert

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Was mich an dieser Diskussion extrem stört, dass jedem, der das Gendern in der Sprache als übertrieben ansieht, abgesprochen wird, für Gleichberechtigung zu sein.
... oder unterstellt wird, politisch rechts zu stehen.

Ich erlebe das in meinem politischen Umfeld als sehr negativ: die Forderungen des Feminismus der 1980er Jahre sind vielen Gruppierungen im "linksliberalen" Lager längst so in die DNA übergegangen, dass sich niemand mehr traut, eine Diskussion anzustoßen, ob das nach all der Geschichte nun im 21. Jahrhundert überhaupt noch zielführend ist. Der Anpassungsdruck ist immens.
 
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joschijoschi

Apfel der Erkenntnis
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... oder unterstellt wird, politisch rechts zu stehen.

Ich erlebe das in meinem politischen Umfeld als sehr negativ: die Forderungen des Feminismus der 1980er Jahre sind vielen Gruppierungen im "linksliberalen" Lager längst so in die DNA übergegangen, dass sich niemand mehr traut, eine Diskussion anzustoßen, ob das nach all der Geschichte nun im 21. Jahrhundert überhaupt noch zielführend ist. Der Anpassungsdruck ist immens.

"links" und "rechts" trifft sich ja bekanntlich an den Rändern wieder. Die Haltung, als Minderheit der Mehrheit eine Ideologie aufzuzwingen, das Abstempeln des politisch anders denkenden in eine Schublade, wenn echte Argumente ausgehen....
Auch typisch, Grundsätze zu definieren, die man prinzipiell nicht mehr hinterfragt, egal ob es neue Erkenntnisse gibt.
Für manche Feministin wird es den Zustand der Gleichberechtigung nie geben können, weil dann ein ein Lebensinhalt wegfallen würde.
Für einen waschechten Grünen wird immer Atomkraft schlecht und ein Elektroauto gut sein, egal, welche neuen wissenschaftliche Erkenntnisse es gibt.
Du hast das sehr gut als "in die DNA übergegangen" beschrieben. Es bezeichnet aber letztendlich die Tatsache, dass man sich selbst verbietet, Überzeugungen neu zu überdenken, selbst dann nicht, wenn es die Gründe für die Überzeugung gar nicht mehr gibt. Alles, was der eigenen Überzeugung widersprechen könnte, wird ausgeblendet, reflexartig abgewehrt.
Man müsste ja indirekt auch sich selbst in Frage stellen, das ist nicht für jeden mit dem eigenen Selbstwertgefühl vereinbar. Solche Leute bleiben dann lieber in der eigenen Filterblase.