Das iPhone hat es nunmal geschafft, ein bestimmtes Image in der Öffentlichkeit zu besitzen. Es gilt als wertig, sein System gilt als stabil und es bringt das positive Image der Firma Apple mit sich. Außerdem wird ihm zugeschrieben, bestimmte Techniken "als Erstes" gehabt zu haben, womit die Konkurrenz automatisch als "Nachmacher" dasteht. Jedes dieser Argumente würde auf einem wissenschaftlichen Prüfstand so nicht standhalten, aber darauf kommt es nicht an. So funktioniert halt modernes Marketing, weit über die "Direktwerbung" der früheren Tage ("Kauft Kartoffeln beim Bauer Müller!") hinaus.
Bei Autos ist es doch das Selbe. Die großen Deutschen Premiummarken sind weder technisch besser als die Konkurrenz, noch sind sie haltbarer oder leistungsstärker. Dennoch wird auf dem Vorstandsparkplatz belächelt, wer nicht eine schwarze Limousine eines der "drei Großen" dort parkt. Es ist das mühsam aufgebaute Image, welches eine Marke heute erfolgreich macht.
Keinen interessiert wirklich, ob das Polycarbonat im iPhone einen geringeren Festigkeitsindex hat als im Samsung XY, wieso auch? Wir nutzen täglich diverse Produkte, einige bewusst und sehr intensiv, hunderte andere nebenbei und unbewusst. Warum sollten wir uns (bis auf ein paar wenige Freaks) damit befassen, ob die Plastikkappe eines Kugelschreibers fester ist als die eines anderen, oder ob der Jeansstoff der Hose im Vergleich zu Cord haltbarer ist, oder ob das Papier des Blocks dicker ist als das eines anderen Blocks?
Solche Überlegungen sind genau dann wichtig, wenn der Erfolg einer Tätigkeit von diesen Eigenschaften abhängt. Beispiel: Ist das Papier meines Blocks zu dünn, um mit einem Filzstift darauf zu schreiben, benötige ich einen "besseren" Block. Ist mein Schraubendreher zu kurz, um an eine schwer zugängliche Schraube zu gelangen, benötige ich einen längeren Dreher.
Solche Entscheidungen treffen Konsumenten täglich unbewusst und aus dem Bauch heraus richtig. Nur ist dies nicht im Sinne von Apple (und anderen hochpreisigen Herstellern). Der Erfolg welcher Tätigkeit hängt vom Smartphone ab? Telefonieren? Denn mal ehrlich - die meisten teuren iPhones, HTCs und Galaxys fristen ein trauriges Dasein zwischen Facebook-App, E-Mail-Account und Angry Birds. Sie könnten die Mondlandung berechnen, aber ihre Besitzer zwingen sie, Doodle Jump zu spielen. Die Quallcomm- und ARM-CPUs - Wunderwerke der Technik - dümpeln mit einer Last von 3% dahin, während ihre Nutzer das Frühstück fotografieren und mit den Freunden teilen. In Foren diskutieren die Besitzer dann lauthals, warum es unbedingt ein Modell für 600,-€ sein musste - als könnte nicht jedes 49,95-€-Smartphone die Facebook-App ausführen. Die Leute sollen schließlich nicht das Kaufen was sie benötigen, sondern das, was ihnen das Gefühl vermittelt, es zu benötigen.
Und das ist nicht neu. Wie viele Schlagbohrmaschinen der blauen Bosch-Serie fristen ihr Dasein in Reihenhauskellern, um einmal im Jahr ein Loch in Porenbeton zu bohren - während sie vom täglichen Einsatz unter Schwerstbedingungen im Handwerk träumen? Wie viele Photoshop-Lizenzen ruhen ungenutzt auf leistungsstarken Rechnern, um gelegentlich ein JPG für Facebook kleinzurechnen - dabei würden sie gern täglich von einem Profifotografen gefordert werden... Wieviele Carbon-Rennräder ächzen unter dem Hintern ihrer übergewichtigen Gelegenheitsfahrer beim Sonntagsausflug - und träumen heimlich von der Tour de France?
Marketing brachte all diese Geräte in die Hände von Menschen, die nicht mal einen Bruchteil davon ausschöpfen.
Und genau deshalb ist es auch nicht wichtig, ob ein Smartphone objektiv "gut" oder "besser" ist - solange es nicht das Image vermittelt, dass der Nutzer haben möchte.