Vorratsdatenspeicherung ist verfassungswidrig

apple-byte

Stahls Winterprinz
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Urteil des Bundesverfassungsgerichts:
Vorratsdatenspeicherung ist verfassungswidrig

http://is.gd/9w6PA
 

PhilippR

Braeburn
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Das war absehbar. Bin mal gespannt wie Leute wie Bosbach und Schaeuble das Urteil auslegen.
 

SilentCry

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Ein freudiger Tag, in der Tat. Ich werde darauf heute Abend einen heben. Allerdings befürchte ich, die Verfassungs- und Freiheitsfeinde werden sich jetzt hin setzen und einen neuen Angriff planen. Da den Verfassungsfeinden, die über ein Jahr lang ein verfassungswidriges und daher grundgesetzfeindliches Gesetz eingesetzt haben, keine Strafen drohen (denn eigentlich müsste man sie mMn. als Verfassungsfeinde wegen Hochverrats einsperren) können sie ja beliebig oft die freiheitliche Grundordnung bedrohen, wie bei einem Computerspiel, in dem man einfach den letzten gespeicherten Zustand neu lädt und ausser Zeit nichts verloren hat.

Dennoch: Erstmal ist es ein Sieg. Und jeder Sieg, der uns über die Zeit bringt lässt hoffen, dass die Politik in Zukunft wieder weniger von neofaschistoiden Verfassungsfeinden sondern wieder von echten Vertretern der Demokratie gemacht wird.

Jetzt hoffe ich nur, dass das auch Auswirkungen auf unseren Kampf in Österreich auf das Reichsdatenermächtigungsgesetz hat.
 

apple-byte

Stahls Winterprinz
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Bin auch froh über das Urteil, denn warum man von allen Bürgern pauschal Daten speichern muss, erschließt sich mir nicht. Vor allem bin ich misstrauisch beim Zugriff auf diese Daten. Kann da nicht vielleicht auch ein Arcor Mitarbeiter nachschauen, welche Webseiten sein Nachbar besucht?

Bei Personen unter konkretem Tatverdacht: gern

Die Richter verlangen wohl auch die sofortige Löschung der aktuell erhobenen Daten.
 

NoaH11027

Weisser Rosenapfel
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Urteil des Bundesverfassungsgerichts:
Vorratsdatenspeicherung ist verfassungswidrig
Das würde ich mal (nach Studium des mündlichen Urteils) als Falsch bezeichnen. Die Vorratsdatenspeicherung ist nicht verfassungswidrig. Die Umsetzung der Vorgaben aus Brüssel sind verfassungswidrig, sprich das was die Bundesregierung aus den EU Vorgaben gemacht hat ist verfassungswidrig.

Leider lässt genau das noch viel Spielraum zu. Aber durch das was Heute verkündet worden ist, hängt die Latte erheblich höher. Die Daten dürfen auch in Zukunft gespeichert werden, allerdings unabhängig verschlüsselt vom Telco Anbieter und Einbeziehung der Datenschutzbeauftragten. Zugriff soll dann für den Bürger selbst bestehen (Selbstkontrolle der eigenen Daten) und auf richterliche Anweisung hin auch von den exekutiven Organen der Republik.

In jedem Falle sind alle zu dem Thema erlassenen Paragraphen verfassungswidrig und damit sofort ausser Kraft, heisst das die Telco Anbieter angehalten sind die existierenden Daten sofort (!!, so formuliert) zu löschen sind…

N
 

SilentCry

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Ich nehme meinen "Jubel" zurück (KLICK)

De facto wird es nur ein neu formuliertes Ermächtigungsgesetz geben:
Die Ausführungen des Gerichts lesen sich teilweise wie eine detaillierte Anleitung an den Gesetzgeber zur Regelung einer neuen Vorratsdatenspeicherung, die auch das Bundesverfassungsgericht mittragen würde.
und
Auch tief in die Grundrechte eingreifende Maßnahmen hält er für die Strafverfolgung und Gefahrenabwehr in einzelnen, konkreten Fällen für anwendbar, solange sie gut begründet und eng begrenzt sind.

Es wird wieder alles gespeichert werden, auch wenn der Zugriff anders geregelt wird:
Die "Streubreite" der verdachtsunabhängigen Erfassung von Verbindungs- und Standortdaten sowie deren "weite Aussagekraft" macht laut Papier den Eingriff besonders schwer. Im Gegenzug müssten bei der Umsetzung glasklare Normen etwa hinsichtlich der Datensicherheit, der Transparenz oder des Rechtsschutzes aufgestellt werden

Und die Verwertungsbonzen samt ihrem anwaltlichen Abmahnabschaum haben auch Grund, die Sektkorken knallen zu lassen:
Weniger strenge Auflagen knüpfte Karlsruhe daher etwa an die Nutzung von IP-Adressen in Form von behördlichen Auskunftsansprüchen gegenüber Diensteanbietern. [...] Für solche Auskünfte sei kein Richtervorbehalt nötig,[...]

Und natürlich wird auch weiterhin auf Bagatellfälle abgefragt:
Das könnten auch "im Einzelfall besonders gewichtige Ordnungswidrigkeiten" sein, die der Gesetzgeber ausdrücklich benennen müsse.
(Für Nichtjuristen: Eine ORDNUNGSWIDRIGKEIT ist zum Beispiel ein "Rasen betreten verboten"-Schild zu missachten oder an einem See ohne Erlaubnis zu angeln oder bei Rot über die die Ampel zu gehen, also allesamt Bagatellen für die allerhöchstens eine Gedlstrafe vorgesehen ist!
Danach kommt das Vergehen (mit Geld- oder Mindestfreiheitsstrafen von unter . unter 1 Jahr bewehrt) und dann das Verbrechen (Mindeststrafe 1 Jahr) - bei uns in Österreich übrigens anders, da ist ein Verbrechen erst ab Mindeststrafe 3 Jahre definiert, alles darunter ist ein Vergehen.)

Eigentlich ist dieser Richterspruch sogar eine Totalniederlage. De facto sagt das Verfassungsgericht, dass (ebenso wie bei der Onlinedurchsuchung) einfach keine klare Grenze gezogen wird indem gesagt wird: So etwas darf es in einer Gesellschaft, die sich _frei_ nennen will nicht geben.

Wenn diese Daten nun doch alle gespeichert werden werden sie auch abgefragt. Man sieht deutlich, welchen (nicht vorhandenen) Wert der Richtervorbehalt hat: KLICK.

Schade. Sehr schade. Ein Sieg des Neofaschismus. Wieder mal.
 

Jenz

Stechapfel
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Schnell mal editieren apple-byte, dein Link zeigt nur auf eine 404.

Zum Urteil:
Das einzig gute daran: Das Thema bleibt möglicherweise weiter im Bewusstsein der Sheeples, obwohl es jetzt auf eine Ebene des "Juristendeutsch" angelangt ist wo bei den Mainstreammedien der Kopp zugeht.

Anyway, kein Grund aufzuhören für ein freies Internetz zu kämpfen, besonders wenn man sieht was in den USofA abgeht.

o/

Jenz
 

SilentCry

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Ja - aber ich hatte einen sonnigen Moment und wollte glauben, dass es besser wird, als ich die Schlagzeile las.
 

Gokoana

Bittenfelder Apfel
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Ja - aber ich hatte einen sonnigen Moment und wollte glauben, dass es besser wird, als ich die Schlagzeile las.

Für einen kurzen Moment hatte ich den auch. Zugegeben. Allerdings schlug ich sehr schnell wieder in der Wirklichkeit auf.
 

NoaH11027

Weisser Rosenapfel
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Na ja, in jedem Fall ist es mehr als initial zu erwarten war. Sicher wird nicht alles gut, aber es wird sicher besser. Dankbar dürfen wir wohl auf jeden Fall sein das die Gerichtspräsident eigentlich sehr genau vorgegeben hat wohin der Weg führen darf, sprich Schäuble und Konsorten haben zwar noch Raum für träume, aber nicht allzu viel.

So weit sind wir gekommen, wo das Verfassungsgericht dem Verfassungschutzminister noch einen "Walkthrough" an die Hand geben muss damit er in der Legalität bleibt.

N
 

NoaH11027

Weisser Rosenapfel
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Das wird sich noch zeigen. Ich glaube daran, wenn es so weit ist.

Alleine das die aktuell existierenden Daten explizit gelöscht werden müssen, ist ein "besser". Wie gesagt, das was schon quasi festgelegt ist, ist ein "besser", nicht gut, aber besser…

N
 

Gokoana

Bittenfelder Apfel
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Alleine das die aktuell existierenden Daten explizit gelöscht werden müssen, ist ein "besser". …

Wer liefert den Beweis, dass das tatsächlich passieren wird und nicht „zufällig“ irgendwo eine „Sicherungskopie“ verbleibt?

Mancher sagte übrigens auch, dass in den USA alles „besser“ würde, als man den neuen Präsidenten hatte.
 

SilentCry

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Es wird vor allem besser formuliert. Der Jubel der Neofaschisten ist ja schon zu hören:

KLICK

Soweit für Auskünfte durch die Provider bei der Verwendung dynamischer IP-Adressen Verbindungsdaten ausgewertet werden müssten, gebe es keine prinzipiellen Bedenken. Die Musikindustrie sieht sich damit darin bestätigt, dass es möglich sein müsse, "Rechtsverletzer im Netz ermitteln zu können".
(Genaugenommen, und das wissen wir ja alle, haben diese Ermächtigungsgesetze ohnehin 90% ihres Sinns in den Interessen der Schattenregierung Musikindustrie.)

Der CSU-Politiker freute sich über die endlich erreichte "notwendige Rechtssicherheit". Das Urteil lasse die grundsätzliche Speicherung der für die Arbeit der Sicherheitsbehörden unverzichtbaren Daten zu. Auskünfte über Vorratsdaten seien "bei einer ganzen Reihe schwerwiegender Straftaten möglich".

Enttäuscht sind eigentlich nur die wenigen, die das Wort "Freiheit" noch nicht in der Wahlfreiheit zwischen "Handschellen oder Kabelbinder", "Erschießen oder Erhängen", "Wasserfolter oder Autobatterie am Hoden" elementar erfüllt sehen.
Allerdings sei das Gericht nicht weit genug gegangen. In der entscheidenden Frage, ob eine Vorratsdatenspeicherung überhaupt zulässig sei, habe sich Karlsruhe nicht zu einem klaren Nein durchringen können.

Die Polizei freut sich auch schon auf die Neuauflage:
Es müsse daher "unverzüglich" ein den Auflagen voll entsprechendes Gesetz vorgelegt werden.