Also für meinen Fall ist es so, dass ich wirklich gut arbeite (und das messe ich daran, wie gut ich meine Sachen noch nach ein paar Monaten finde), wenn ich eigentlich gar nicht arbeite. Ich tu so vor mich hin.
Aber das geht leider selten. Ich habe ne Weile in ner Werbeagentur gearbeitet und der Druck hat mir alles zerschossen, bis ich soweit war und lieber Altenpfleger sein wollte. Hie und da kam mal was Gutes bei der Arbeit raus, und das waren lustigerweise immer die Ergebnisse von Spinnereien, die ich gemacht habe, um mich mal kurz vom Eigentlichen abzulenken. Insofern stimme ich den anderen zu.
Dabei ist es schwierig, solche Situationen auszumachen, weil man immer mal wieder großen Mist macht, selbst wenn man glaubt, grade "im Flow" zu sein.
Wir haben seinerzeit im Studium gelernt, jede erste Idee zu verwerfen, tausend andere zu entwickeln, alles liegen zu lassen und dann zu sehen, was man so gedacht hat. Das ist ein Weg, um zu ungewöhnlichen Ideen zu kommen. Mehr aber auch nicht. Manchmal klappt das, manchmal nicht. Ich arbeite mittlerweile genau andersrum. Aber ich habe auch momentan den Vorteil, frei arbeiten zu können, was einfach selten möglich ist, obs nun um Print für Duschgel oder Video für Deathmetal geht. Alle reden Dir rein und machen Dich platt. Bis Du platt bist und Dir auch selbst nichts mehr zutraust. In gewisser Weise muss man sich selbst immer für nen Helden halten, der alles toll macht und nebenher Helden haben, die man bewundert.
Ich mach grad ein Musikvideo und erlaube mir, einfach zu hören und die Bilder völlig ungefiltert zu akzeptieren und als "richtig" hinzunehmen. Erst dann fang ich an, sie nach gestalterischen Gesichtspunkten aufzubauen. Aber ich verbiete mir auch dann, die Bilder zu bewerten. Es ist immer so ein Wechsel zwischen ganz tief drin versunken sein und wieder auftauchen, um das Ganze zu begucken. Schwer zu beschreiben. Vielleicht ist diese Art aber auch viel zu sehr "künstlerisch" und eso und die Fußpuder-Reklame von Hinzkunz könnte ich wahrscheinlich auch so nicht angehen. Dave McKean meinte mal grob übersetzt, dass er immer richtig liegt, wenn er sich lediglich von Emotion leiten ließe. Aber der macht Kunst und die Leute wollen exakt seinen Krempel. Womöglich würde der in der Werbebranche auch absaufen. Ich würde das jedenfalls.
Ich schaue ab und zu bei ffffound.com rein. Da gibts tonnenweise wirklich guten Stuss und auch recht durchdachte Arbeiten zu sehen. Was mir gefällt, sammle ich und gehe das Gesammelte manchmal einfach stundenlang durch. Kam schon vor, dass ich dadurch neue Ideen bekommen habe. Generell würde ich eine umfangreiche Sammlung von Bildern, Fotos und Arbeiten jedem empfehlen. Das gibts auch in Büchern, aber sehr begrenzt und für viel Geld. Das Internet ist umsonst und auch jede blöde Handy-Kamera kann ne Stütze sein, wenn man irgendwo was nettes sieht. Das es dabei gar nicht um "Klauen" geht, muss man erstmal verstehen lernen.
Manche Dinge lassen sich allerdings auch nur realisieren, wenn man sich vorher zum Experten liest. Werbung für ein doppelgeflanschtes Hängesystem für Hochgeschwindigkeits-Aufzüge mit Schwingmuffe auf Basis von herpetologischen Erkenntnissen in der Raumfahrt macht man nicht aus dem Bauch heraus. Wobei ... vielleicht doch ... aber der Kunde sollte zumindest denken, dass man weiß wovon man spricht.
Fakt ist: Kreativität kannst Du nicht planen. Du darfst nur keine Angst vorm Versagen haben. Vielleicht hängt Kreativität viel am Selbstbewusstsein. Aus Zweifeln oder Zeitdruck ist bei mir noch nie was Gutes entstanden. Bei mir. Und was heißt das schon.