01.01.2009 15:19
BKA rechnet 2009 mit drei oder vier Online-Durchsuchungen
Der Bundestrojaner ist angeblich einsatzbereit. Pünktlich zum Inkrafttreten der heftig umstrittenen Novelle des Gesetzes für das Bundeskriminalamt (
BKA) am heutigen Neujahrstag erklärte der Präsident der Wiesbadener Polizeibehörde, Jörg Ziercke, dass die für heimliche Online-Durchsuchungen erforderliche Spionagesoftware fertig gestellt sei. Sie müsse jedoch dann an den jeweiligen Fall angepasst werden, betonte der SPD-Mann gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. Das vom BKA als "Remote Forensic Software"
betitelte, nach wie vor geheimnisumwitterte Untersuchungswerkzeug werde "in Fällen schwerwiegender terroristischer Gefahrenlagen" angewendet, wenn alle anderen Ermittlungsmöglichkeiten ausgeschöpft seien. Insgesamt rechnet Ziercke so mit "drei bis vier" Online-Razzien im neuen Jahr.
Im zweijährigen politischen Streit um die neuen Befugnisse für das BKA, die der Terrorismusbekämpfung dienen sollen, hatte Ziercke
wiederholt von "maximal zehn" verdeckten Zugriffen auf informationstechnische Systeme pro Jahr
gesprochen. Andererseits hatte er aber auch mehrfach
verkündet, dass nur "99,9 Prozent" der Bundesbürger niemals von der Spionagesoftware betroffen wären. Dies würde genau genommen wohl einer höheren Fallzahl pro Jahr entsprechen als in konkreten Zahlen angekündigt. Schon immer beteuert hatte Ziercke, dass speziell etwa an die Verschlüsselungsstrategien von Terrorverdächtigen angepasste
Unikate verwendet werden sollten.
Der gesamte
Text (PDF-Datei) für das "Gesetz zur Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus durch das Bundeskriminalamt" ist inzwischen im
Bundesgesetzblatt verkündet worden. Zuvor hatte es Bundespräsident Horst Köhler (CDU) ohne durchgreifenden Bedenken
unterschrieben, nachdem Bundestag und Bundesrat die im Vermittlungsausschuss noch einmal geänderte Novelle
abgesegnet hatten. Zu den neuen präventiven Kompetenzen des BKA zählen unter anderem auch Rasterfahndungen, das Abhören von Telekommunikation nebst Internet-Telefonie sowie Möglichkeiten zum Abfragen von Verbindungsdaten und zur Ortung von Mobiltelefonen.
Oppositionspolitiker sowie Bürgerrechtler wollen gegen den Vorstoß Verfassungsbeschwerden einlegen, was Ziercke aber nicht fürchtet: Aus seiner Sicht wird das Gesetz vor dem Bundesverfassungsgericht einer Klage standhalten. Zuvor hatten die Karlsruher Richter dem Einsatz des Bundestrojaners
enge Grenzen gesetzt. Laut dem Kompromiss der großen Koalition dürfen die BKA-Beamten zur Installation der Software nicht in die Wohnungen von Verdächtigen eindringen, sodass oft nur der Weg über das Internet etwa per E-Mail offen bleiben dürfte. Online-Razzien müssen in jedem Fall von einem Richter angeordnet werden.