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Stil oder Style? - Gut gewandet durch den Alltag

Retrax

Schweizer Orangenapfel
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@ Irreversibel
Bist Du jetzt eingeschnappt? Deine Antwort liest sich so.

Aber gerade zu den Punkten Prüfung (Promotion), Vortrag, Bank fallen mir spontan unzählige Gegenbeispiele ein, welche alle das erreichen konnten was sie erreichen wollten - ohne Anzug.

Achja und gerade Banken... mon dieu... da geht es einfach nur ums Geld. Wenn du was hast dann lecken sie dir die Stiefel...und wenn Du nix hast nützt dir auch der beste Anzug nichts...

Damit wir uns nicht falsch verstehen, ich bin gar nicht per se gegen Anzugträger, und natürlich gibt es Situationen in welchen man aus Respekt vor dieser oder den anderen Teilnehmern bestimmte Dresscodes einhalten sollte. Dabei fällt mir aber, auch hier im Thread, immer wieder auf, dass sich die Leute schlicht verrückt machen lassen, und sich unter einen unglaublichen Anpassungsdruck setzen, der eigentlich überhaupt nicht notwendig ist.

Mich erheitert vielmehr dieses:

"Socken müssen von Falke oder xy sein". Der Mantel muss aus so und soviel Prozent Kaschmirwolle sein, ... Schuhe müssen von dieser Marke, und _natürlich_ aus London sein...

Das ist wirklich lustig extra wegen sowas in die Oxford Street oder sonst wohin zu jetten, und sich dann Zigarren rauchend - und Single Malt schlürfend in irgendwelchen Clubs mit seinesgleichen zu verorten, und zu denken "das wäre es jetzt..." - und dabei streng darauf bedacht zu sein sich beständig ob dieses Markenfetischismus mit anderen zu vergleichen. Und _darauf_ dann auch noch stolz zu sein dass man zu solch engen und konformistischen Lebenswelten Zugang erhalten hat...

Das hat was komisches.
 
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Hangkünstler

Zwiebelapfel
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Gut daß Du kein Bankdirektor in Österreich bist. Da könnte ich dann wohl keine Geschäfte mit Dir machen *gg*
Ich kann Dir nur sagen, daß meine Erfahrungen anders sind.
Übrigens:
Bei meiner Promotion 1983 habe ich eine Levis und ein weißes Tshirt angehabt.
 

landplage

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Ach Retrax,und das in einem Forum, in dem jeden Fragenden erklärt wird, ja nicht den Billig-PC aus der Ramschkiste beim MM zu klauben, sondern in den nächsten Apple-Store zu pilgern und ein völlig überteuertes Gadget zu erwerben, um Mails zu schreiben, Fotos zu betrachten und Apfeltalk anzusurfen.
Aber es ist ja die Qualität, das Zusammenspiel aus Hard- und Software, die es legitimiert, einen Mac zu kaufen. Dazu das Zubehör, da wird haargenau zwischen Festplatten und SSDs verschiedener Hersteller unterschieden, Vor- und Nachteile von Taschen, Kabeln und Tastaturen erörtert, anstatt die Leute einfach mit dem Hinweis "Kauf was Du willst, Hauptsache irgendwas" in den nächsten Laden zu schicken.
Anderes Beispiel: Gehst Du mit Deiner Freundin/Frau oder Freunden in die nächste gelegene Kneipe oder nimmst Du doch lieber einen längeren Weg in Kauf, um besonders gutes Essen und ein angenehmes Ambiente zu bekommen? Und dieser Aufwand für etwas so Vergängliches wie eine Mahlzeit?

Gerade bei Kleidung macht Qualität (echte Qualität, nicht Markengedöns) beim Tragen wirklich etwas aus. Geh mal in einen Kik oder zum örtlichen asiatischen Händler: Der typische Geruch, der über diesen Verkaufseinrichtungen liegt, ist der der Pestizide, mit denen die Sache getränkt sind, um den Transport aus Asien per Schiff ohne massiven Ungeziefer- und Mikrobenbefall zu überstehen.
Teurere Läden lassen entweder näher dran fertigen oder transportieren anders, jedenfalls roch das D&G-Teil "Made in Taiwan", das ich neulich in der Hand hatte, anders/gar nicht.

Davon abgesehen macht auch bei Kleidung das Zusammenspiel von Hardware (Stoffe, Garn, Knöpfe) und Software (Schnitt) den entscheidenden Unterschied aus. Gute Blusen, Socken, T-Shirts verziehen sich beim Waschen nicht, behalten ihre Farben auch nach Jahren und sind richtig trageangenehm. Je öfter man ein Teil trägt, desto besser sollte die Qualität sein. Anwesende Damen werden mir hinsichtlich Unterwäsche sicher zustimmen, Brillenträger ebenso. Ein Teil, das absolut modisch hip ist, kaufe ich schon mal billig, das tanzt einen Sommer und verschwindet dann.
Bei Männern sind es eben die Socken, Hemden, Anzüge, wenn man die täglich trägt. Die müssen eben richtig sitzen (gute Schnitte bei englischen Schneidern), Temperaturen ausgleichen können (daher Wolle und Kaschmir), wenig Tragespuren behalten (daher Wolle und Kaschmir) und lange halten.

Und wenn es die eben in Deutschland nicht gibt, man sich diese Qualität aber gönnen will, fährt man eben dahin, wo sie zu bekommen sind.
Andere Leute fahren für einen Abend zu einem bestimmten Rockkonzert elend weit, die Herren hier eben, um sich Garderobe zu besorgen, die mehrere Jahre täglich getragen werden kann.
Wenn hier bestimmte Marken empfohlen werden, dann, weil sich deren Qualität bewährt hat. Warum soll man erst den Zehnerpack Socken nach dem ersten Wasche wegwerfen (Gummi ausgeleiert, Farbe raus, zu weit geworden), wenn man gute Socken haben kann?

Männer (besonders junge) legen meist nicht viel Wert auf Paßform (warum tragen dann so viele diese Schnellschisserhosen?), Tragekomfort (sonst gäbe es nicht so viele Picaldi- und Cordon-Opfer - diese Begriffe haben ich von meiner Tochter gelernt) und Wasch- und Pflegeverhalten (weil Mama/Freundin das erledigt). Man kann diese Einstellung kultivieren, muß man aber nicht.
Und das Pinguinhafte beim Anzugtragen muß wirklich ein Konfirmations-Anzugs-Trauma sen: Zu kurze Ärmel, zu schmal über der Schulter, zu breit um die Hüfte, Hosenbeine zu kurz. Das passiert, wenn man einen Anzug von der Stange kauft, ein viertel Jahr vor dem Fest, in einem Alter, in dem man jungen Leuten täglich beim Wachsen zusehen kann.
Geraten dieselben jungen Männer in einem Herrenausstatter an einen fähigen Verkäufer, haben sie nie wieder Angst vor einem Anzug.
 
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Retrax

Schweizer Orangenapfel
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@landplage

Du siehst das alles viel zu schwarz / weiss.
 

Hangkünstler

Zwiebelapfel
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@landplage
Du sprichst mir mit Deinem
letzten posting aus dem Herzen. Ich sehe es genauso.
Meine Abneigung gegen Banksterkleidung hat aber prinzipielle Gründe. Ich schwimme gerne gegen den Strom. Und zeige dues unter Anderem mit solch Äußerlichkeiten wie die Bekleidung. Vom Design her kann ein Maßanzug natürlich Super aussehen. Keine Frage.
 

landplage

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Meine Abneigung gegen Banksterkleidung hat aber prinzipielle Gründe. Ich schwimme gerne gegen den Strom. Und zeige dues unter Anderem mit solch Äußerlichkeiten wie die Bekleidung.
Das heißt, Du beugst Dich ebenso Konventionen, nur daß die in Deinem Fall eben heißen "Lehne das Establishment ab und verachte alle, die Anzüge tragen! Denn dann bist Du etwas ganz anderes, total unangepasstes, super individuelles!"
Im Grunde genommen folgst Du also auch Vorgaben, die das "Schwimmen gegen den Strom" äußerlich ankündigen. Sollte sich Schwimmen gegen den Strom nicht in Aktivität äußern und nicht in spießiger Kleidung? Dachte ich jedenfalls.

Tut mir leid, jemanden nach seinem Äußeren/der Kleidung zu beurteilen, ihn vielleicht sogar abzulehnen und dazu auch noch seine eigenen Vorstellungen als Maß der Dinge zu betrachten, ist für mich spießig. Und da sind auch Jesuslatschen, härene Gewänder, gebatikte Hemden oder zerrissene Jeans spießig.
Und sich über die Kleidung als unangepaßt zu artikulieren, das hat meine Tochter auch mal gemacht, das macht wahrscheinlich jeder Teenager irgendwann. Sollten Erwachsene nicht andere Möglichkeiten haben oder brauchen sie überhaupt Signale? Ist es ihnen wichtig, für sich selber ein Leben zu führen, das eben in manchen Dingen nicht den Konventionen folgt (ich rede nicht von Kleidung) oder ist es ihnen wichtig, das jeder auf zehn Meter Entfernung schon sehen kann, wie toll unangepaßt der/diejenige doch ist?
Ich gehe gern auf die FedCon, weil ich SciFi einfach liebe. Aber deswegen laufe ich doch nicht das ganze Jahr in meiner SG-A-Uniform herum oder trage einen Communicator bei der Arbeit.
 

wuhuu

Finkenwerder Herbstprinz
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@ Retrax

landplage schreibt hier fast einen halben Aufsatz und du antwortest mit einem kleinen Satz, der nichts aussagt? Natürlich muss die Kleidung nicht die höchste Qualität haben. Trägt man allerdings täglich einen Anzug, dann achtet man wohl auf die Qualität seiner Kleidung. Wolle oder Kaschmir haben ein vielfach besseres Atmungsverhalten als Polyester. Und ehrlich gesagt. Man sieht den Unterschied auch.
Da viele diese Kleidung an 5 bis 6 Tagen der Woche tragen, brauchen Sie sonst nicht viele andere Hosen/Pullover, etc. Dieses "gesparte" Geld kann so natürlich in gehobenere Qualität investiert werden.

Ich selber trage auch werktags Anzüge. Ich gehöre zur Berufsgruppe der "Bankster". Hier dient der Anzug, um Seriösität auszustrahlen. Oder würdest du einer Person im G-Star T-Shirt, Jeans mit Löchern, sowie weißen Turnschuhen, um einen Kredit bitten. Überleg mal.
Wenn man einen Anzug trägt, wird man zudem viel öfter angestarrt. Anscheinend ist man in Deutschland Anzugträger die Ausnahme und wird sofort mit einem negativen Bild überzogen.

Wir leben in einer Demokratie! Hier darf jeder das machen/tragen solange er niemanden damit schadet. Tue ich oder andere das etwas, wenn wir einen Anzug tragen?
 

Retrax

Schweizer Orangenapfel
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@wuhuu

Ernst gemeint: Wo kaufst Du deine Lebensmittel?
 

Hangkünstler

Zwiebelapfel
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Wir leben in einer Demokratie! Hier darf jeder das machen/tragen solange er niemanden damit schadet. Tue ich oder andere das etwas, wenn wir einen Anzug tragen?
Ja eh. Mach was Du willst. Anzug und Krawatte sind codes. Das ist nun mal so. Jeder, dem es beliebt, soll zeigen was er oder sie möchte.
Es kommt nicht von ungefähr, daß Politikerinnen mit Durchsetzungsvermögen versuchen sich mittels Kleidung zu codieren. Siehe aktuell Merkel oder vorher Thatcher.
Nichtsdestotrotz habe ich vor jedem Wesen Respekt. Auch vor einer Frau Merkel :)
Mögen alle Wesen glücklich sein!
 

Irreversibel

Holländischer Prinz
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Um mal wieder zum Anfang der Diskussion zurückzukehren: es gibt gute Gründe, sich auf eine bestimmte Art und Weise zu kleiden. Promotionen und Examensarbeiten sind mit Benotungen verknüpft, Kredite mit Konditionen verbunden; man sollte sich dann den oberflächlichen Erwartungen der Leute beugen können, ohne kriecherisch zu sein oder sich selbst so zu finden. Es wird so viel über Äusserlichkeiten definiert und das ist auch der Kern des Zitats, man sollte dieses Spiel bewusst spielen und nicht aus irgendeiner Befindlichkeit heraus. Ich beurteile niemanden anhand seiner Kleidung, das kann ich mir beruflich und auch privat gar nicht erlauben; aber das gesellschaftliche Zusammenspiel verstehen und sich darin bewegen zu können halte ich für wichtig.

Nicht um geschwollen daherzureden, sich selbst im "Luxus" hochleben zu lassen und die "feine Gesellschaft" zu geben, die ich meist ehrlich gesagt zum Brechen finde; aber um bestimmte Ziele zu erreichen, einige wirklich interessante Leute kennenzulernen, um bestimmte Türen zu öffnen, dafür lohnt es sich, wenigstens ein "Pinguinkostüm" im Schrank zu haben.

Davon abgesehen trage ich das Zeug auch gerne, das ist aber nur mein Empfinden und spielt deswegen keine Rolle in dieser Diskussion.

Fahrt einmal in einem VW Bulli mit Surfbrettern auf dem Dach während ihr TShirts und kurze Hosen tragt durch Europa und einmal in einem Audi Avant (auch mit Surfbrettern auf dem Dach) und in Langarmhemden dieselbe Strecke und zählt, wie oft ihr jeweils von der Polizei angehalten werdet. Reine Äusserlichkeiten. Oder steht mal am Flughafen in Tunesien und seid der einzige Surfer, bei dem sie keine Ganzkörperkontrolle machen, bloß weil ihr da ein Hemd mit Kentkragen tragt, damit keiner sehen kann dass ihr von oben bis unten zu tätowiert seid (das macht sich bei Kontrollen immer schlecht; einem Bekannten haben sie das Brett ersatzlos zersägt, um nach Drogen zu suchen). Dazu kommt ein Migrationshintergrund, kein deutscher Name, aber sobald man ein Sakko trägt blickt man in Amtsstuben plötzlich in freundlich lächelnde Gesichter. Ich werfe das den Leuten nicht vor, alle Menschen müssen mit Stereotypen leben. Aber ich muss nicht damit leben, von Fremden unter Wert geschätzt zu werden.

Das ist meine Erfahrung mit dem Thema. Ich zähle mich auch zu den "Unangepassten", wenn man sich selbt überhaupt so bezeichnen kann. Da sind meine Meinung, mein Kulturgeschmack, mein Lebensstil und meine Einstellung zu anderen Menschen, die ich in die Wagschale zu werfen habe. Das was ich dabei trage ist mir vollkommen nebensächlich bzw. ich mag den Kontrast :)
 
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Reinette Coulon
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landplage bitte siehe mein voriges posting.
Ich zähle mich zu den Unangepassten und zeige dies selbstverständlich (unter Anderem) durch meine Kleidung.

Das kannst du auch noch 10 mal sagen, es bleibt paradox. Du passt dich denen an, die behaupten sie seien unangepasst. Schon Aristoteles wusste, dass Menschen soziale Lebewesen sind, man kann ergo nicht unangepasst sein. Ich möchte Dir den Glauben daran aber nicht nehmen.

Landplage hat vollkommen recht mit allem was sie schreibt.

Socken hoher Qualität sind einfach praktisch, weil man nicht ständig neue kaufen muss. Dazu habe ich weder Lust noch Zeit.

Und da ich meine Wäsche seber wasche, und meine Hemden selber bügele spielen diese Eigenschaften beim Kauf auch eine Rolle. Einfache Rechnung, oder? Wenn ich beim Bügeln 10 Minuten spare und das Hemd dafür 40 Euro teurer ist, kann ich mir ganz leicht ausrechnen, dass sich das schon nach einigen Wäschen gelohnt haben wird. Den Tragekomfort bekomme ich gratis on top.

Das selbe gilt für Schuhe (Reinigung, Pflegebedürftnis, Langlebigkeit), Brillen (Reinigung, Langlebigkeit) und was es noch so gibt.


Wer meint er müsse/könne seine Einstellung zu den Dingen durch Kleidung ausdrücken irrt eben. Was man damit aber tun kann ist Respekt ausdrücken. Insbesondere im Dienstleistungssektor hat man eben die Kundenwünsche zu erfüllen. Und wenn ein asiatischer Kunde für eine Stunde Rechtsberatung 1000€ bezahlt, dann wird der Anwalt eben auch dafür sorgen, dass dieser Kunde niemals einen Mitarbeiter der Anwaltsfirma ohne Krawatte sehen wird. Der Kunde sollte König sein.
 
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Langelandapfel
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Wie drollig. Einigen wird hier konformistisches Gehabe vorgeworfen, die Ausrichtung nach dem Mainstream. Letzten Endes sind die "Anderen" aber doch genauso verkniffen in Ihrem Bestreben, das genaue Gegenteil darzustellen. Wie schon mehrfach in diesem Thread erwähnt, Kleider machen Leute, aber keine Persönlichkeit.
Ich gebe Irreversibel aber völlig recht, möchte man eine bestimmte Wirkung oder Ergebnis erreichen, ist es hilfreich, sich an gewisse Konventionen zu halten. Das es Leute gibt, die dabei über das Ziel hinausschiessen, erlebe ich gerade in einem anderen Forum. Bornierte Halbinformierte sind so in aufdoktrinierten Pseudolehren gefangen, das die kleinste Abweichung von der Norm ( hier: Schwarzer Anzug im Business ) dazu führt, das ganze Kompanien über einen herfallen, in einem Ton, der zwischen Anfeindung, Gossenjargon und Oberlehrer schwankt. Albern.

Was nun die Marken betrifft. Ich habe zuwenig Geld, um schlechte Qualität zu kaufen.
Marken, die es seit 80, 100 Jahren und mehr gibt, gibt es aus einem Grund: Sie haben über Generationen Qualität produziert, die lange hält und frei von modischen Strömungen tragbar war. Marken wie Barbour, Burberry und John Lobb sind leider in den letzten Jahren immer mehr zum Modeartikel geworden und haben nunmehr eine Unzahl von neuen Designs mit prominent angebrachten Labeln, damit der Pöbel auch sieht, was man hat. Der Kenner lehnt diese Produkte ab, er kauft die Klassiker, die es schon vor 30 Jahren gab und in dreissig Jahren immer noch geben wird.
Ich kaufe ein Paar Falke oder Burlington Socken für 20 Euro und nicht den 10er Pack für 7,99 bei Aldi. Na und? Ich kaufe mir auch Schuhe aus Kalbsleder oder Pferd mit vernünftigen Leisten und Fussbett für 700 Euro, statt Plastiktreter für 60 Euro bei Deichmann.
Meine Füsse werden mich bis zum Ende meines Lebens begleiten, jede Mark, die ich in Ihr Wohlergehen investiere, rentiert sich.

Bei guter Pflege ( nicht Schonung und Behandlung wie ein rohes Ei ) halten meine Anzüge, Mäntel und Schuhe ewig. VanLaak Hemden können auch schon mal 15 Jahre alt werden, kosten also 10 Euro pro Jahr. Wer gibt jetzt also mehr aus?
Ich habe das Glück, mit bestimmten Schnitten von der Stange vernünftig auszusehen, viele andere haben das nicht. Will man also nicht im T-Shirt laufen, sollte man etwas mehr investieren, um einen vernünftigen Anzug zu kaufen. Und trag mal zwei Tage hintereinander einen Anzug aus Polyester und einen aus Schurwolle, dann weisst du, warum ich letzteren präferiere.

Natürlich fühle ich mich besser, wenn ich meinen dekadenten Armani Smoking trage. Aber das steht ja nicht dran, nur der Kenner wird es erkennen. ICH fühle mich aber , sagen wir es ruhig, hübscher. Und das ist MIR zunächst einmal das Wichtigste.

Wer der Meinung ist, es käme im Job oder bei bestimmten Gelegenheiten nicht auf die Kleidung an, der hat entweder Glück gehabt oder einen festen Job. Im Studium ist das doch ganz simpel. Die Professoren ( meist auch Schlunzen ) haben die Akten, man hat das Recht auf die Prüfung und gut ist. Vertritt man von einem Investorenkreis ( und ich meine nicht die Bank ) sein Geschäftsmodell, sieht das schon anders aus. Sicherlich ist der Inhalt entscheidend, aber man muss erst einmal soweit kommen, diesen auch präsentieren zu können. Im Surfer Look bleibt man in 99.5% der Fälle schon am Sekretariat hängen, vom Vorzimmer gar nicht zu reden.

Aber wie gesagt, das bleibt jedem selbst überlassen.
 

Retrax

Schweizer Orangenapfel
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Um mal wieder zum Anfang der Diskussion zurückzukehren: es gibt gute Gründe, sich auf eine bestimmte Art und Weise zu kleiden. Promotionen und Examensarbeiten sind mit Benotungen verknüpft, Kredite mit Konditionen verbunden; man sollte sich dann den oberflächlichen Erwartungen der Leute beugen können,

Und woher willst Du so genau wissen, dass DAS die Erwartungen jener Leute sind? Vielleicht denkt der Professor wenn Du bei ihm in voller Montur und Kostüm aufläufst ja auch einfach "was ist dass denn für ein Affe"? Weiss mans...?

Das ist meine Erfahrung mit dem Thema.

Das ist ja auch in Ordnung. Ich habe andere. Anzugslos von der Hauptschule bis zum Dr. einschliesslich Bestnoten im Rigorosum (wenn das noch jemand kennt... heute gibts ja nur noch Disputationen...), und Kleidung war nie, wirklich nie, und ich habe schon einige Prüfungen und Vorstellungsrunden über mich ergehen lassen müssen, ein Exklusionsgrund. Glück? Vielleicht! Reality distortion field? Was weiss ich...; Persönlichkeit? Sicher.

Was ich weiss ist, dass durch die zwei Buchstaben mit dem Punkt vor dem Namen in der Welt die Türen aufgehen. So erlebe ich es.
Und von meiner Bank werde ich, man will es kaum glauben, gleichsam anzugslos hofiert. Das liegt allerdings weniger an dem akademischen Grad sondern vielmehr daran dass bei meinen Eltern größerer Besitz vorhanden ist, welcher dann vererbungstechnisch mal auf mich übergeht, und die Bank das natürlich weiss.

Wenn man also relativ unabhängig ist, dann kann es einem schlicht egal sein ob man von "Fremden" unter Wert eingeschätzt wird. Wir gehen also vermutlich von zwei völlig verschiedenen gesellschaftlichen Positionen aus.

Und zu Proteus will ich noch sagen: Natürlich ist Qualität wichtig, und ich verstehe Deine Argumentation durchaus. Aber ich glaube einfach nicht, dass man für ein paar ordentliche Schuhe um die halbe Welt jetten muss (überspitzt gesagt). Ich finde das affig, wegen sowas nach London zu jetten, und auf der anderen Seite dann den Putz von der Wand zu fressen weils für gute Lebensmittel nicht mehr reicht. Und genau diese Art des Schein nach außen wahrens verstehe ich nicht. Da geben die Leute ihre letzten Kröten für teure Kleidung und sonstige Accessoires aus, aber fressen dann dieses Aromen- und chemieverseuchtes Zeugs aus dem Discounter. Ich spreche hier nichtmal von einer ethischen oder moralischen Dimension (Tierschutz, Tierrechte, nachhaltige Landwirtschaft, CO2 Bilanz etc...) sondern einfach darüber was man sich selbst, seinem Körper antut indem man solches Zeug frisst. Supermärkte sollten Giftmärkte heissen.

Wenn ihr schon so auf Qualität wert legt, dann tut das zuerst auch eurem Körper an und kauft im Biomarkt.
 

Retrax

Schweizer Orangenapfel
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Achja, mir als Kunden ist es übrigens völlig egal ob mir im Dienstleistungssektor jemand mit Anzug gegenüber sitzt oder nicht. Ich spüre sehr schnell ob mir der Gegenüber sympathisch ist oder nicht - und das hat nichts mit seinem / ihrem Anzug zu tun. Ich hätte bspws. überhaupt nichts dagegen wenn sich die Angestellten in einer Bank ganz ungezwungen kleiden könnten, also z.B. mit einem Pullover und einer Jeans und Sneakers.

Mir als Kunden ist es wichtig, dass sich mein Gegenüber im Dienstleistungssektor wohl fühlt in seiner Haut, weil dann kann sich dieser voll auf mein Anliegen einlassen. Wenn das im Anzug so ist. Schön. Wenn das im Casual-Look eher der Fall ist. Wunderbar.

Was mich interessieren würde...: steht der Anzug tatsächlich im Arbeitsvertrag (bspws. in einer Bank), oder ist das eher so ein unausgesprochenes Gesetz in diesen Bereichen? Vielleicht kann "wuhuu" was dazu sagen, nachdem er sich ja als "Bankster" geoutet hat...
 

proteus

Langelandapfel
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ICH WOHNE IN LONDON...

Und ich jette berufsbedingt 260 Tage im Jahr um die ganze Welt, von daher fällt es mir recht leicht, immer mal das ein oder andere mitzubringen.
Hättest du den Thread nur ansatzweise gelesen, wäre dir aufgefallen, was ich schon mehrfach verwundert zur Kenntnis nahm: Das der Deutsche 60.000 Euro für ein Auto ausgibt, aber nur 3 Euro für ein Kilo Fleisch. Das hat nichts mit dem Biomarkt zu tun ( sowieso Schwachsinn ), sondern mit einem gewissen Qualitätsanspruch an sein Leben. Dazu gehört, neben Essen, für mich aber auch Kleidung.
Wie kommst du auf die Idee, ich würde mir meine Kleidung vom Munde absparen, damit Leute, die an Orten sind, die ich mangels Geld nicht besuchen kann, beeindruckt sind? Das ist soooo Deutsch und einer der Gründe, warum ich aus Deutschland weggezogen bin.
Ich habe in der Tat auf meine ersten Schuhe gespart, genauso auf die ersten Bespoken Suits. Dafür habe ich mein Geld nicht für Urlaube, Autos oder sonstiges Krempel ausgegeben. Mittlerweile bin ich in der privilegierten Position, mir das zu kaufen, was ich mag. Weil ich es mag, nicht weil es teuer ist. Sondern, obwohl es teuer ist.

Und ja, der Anzug steht im Arbeitsvertrag. Abgesehen davon soll das hier kein Thread über Sinn oder Unsinn von gesellschaftlichen Normen oder alternativen Lebensformen sein. Sonst sind wir in Kürze wieder bei verhungernden Kindern und Geldausgaben für das bourgeoise Ego.
 

Retrax

Schweizer Orangenapfel
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ICH WOHNE IN LONDON...

ja, und trotzdem hast Du im Thread mehrfach zu anderen gesagt: Da müsst ihr hin wenn ihr "richtige" Qualität wollt...

Dazu gehört, neben Essen, für mich aber auch Kleidung.

Glückwunsch. Dann bist Du einer der wenigen.

Wie kommst du auf die Idee, ich würde mir meine Kleidung vom Munde absparen,

Das hätte ich mehr kenntlich machen müssen, dass ich an der Stelle ins allgemeine argumentiere. Du warst da nicht persönlich gemeint. Sorry!
 

svaeni

Reinette Coulon
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Was mich interessieren würde...: steht der Anzug tatsächlich im Arbeitsvertrag (bspws. in einer Bank), oder ist das eher so ein unausgesprochenes Gesetz in diesen Bereichen? Vielleicht kann "wuhuu" was dazu sagen, nachdem er sich ja als "Bankster" geoutet hat...
Der Arbeitgeber kann je nach Branche Vorschriften die Kleidung betreffend machen. Wie die nun im Einzelnen geregelt sind, ist dabei erstmal egal. Beispielsweise darf McDonalds seinen Mitarbeitern verbieten Bart zu tragen, Banken dürfen Anzüge verlangen, Edeka darf aber rote Haare nicht verbieten. Ist aber schwer da ein System zu erklären, weil das alles Einzelfallabwägungen sind.


Aber vielleicht kommen wir zurück zu Stil-Fragen und nicht generellen Ansichten Mainstream und die Gesellschaft betreffend.
 

Gokoana

Bittenfelder Apfel
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... dass konservative Kleidung und korrekte Grammatik zwingend zusammengehören, ist ein Trugschluss...

Richtig! So manchen Zeitgenosse könnte man einst in Frack und Zylinder zu Grabe tragen, aber auch das würde ihn nicht zum Gentleman machen.