Hallo alle miteinander, danke für den Thread Jenso.
Zuerst einmal: Arme Leute sind nicht dreckig. Arme Leute sind nicht dumm. Arme Leute müssen sich nicht (wie Edmund Stoiber das getan hat) als NPD-Wähler stigmatisieren lassen. Arme Leute sind einfach nur finanziell arm.
Soviel zur Definition von Armut vorneweg (für Doofe). Eine Bekannte von mir lebt in noch schlimmeren Umständen als denen, die auf dem Bild herrschen. Ich weiss das, weil ich zufälligerweise zu Gast in ihrer Wohnung war. Die Wohnung ist nicht schmutzig, es ist eine Müllhalde - und wie gesagt: Ich war dort Gast, normalerweise räumt man ja ein bisschen auf bevor Besuch erscheint. Sie und ihr Freund leben dort mit 2 Katzen (Wohnungskatzen, die nicht nach draussen dürfen) und JA, es stinkt. Sie und ihr Freund sind beide bei der Bahn angestellt, haben also theoretisch Geld in der Hand mit dem sie ihre Lebensumstände ordnen könnten. Sie selbst hat sogar Geschichte studiert, das Bildungsniveau ist also durchaus hoch. Ich habe kein Wort zu den Umständen dort verloren, aus Höflichkeit. Innerlich habe ich mich mehrmals übergeben beim Anblick von Küche, Bad und Wohnzimmer. Das Schlafzimmer war verschlossen, das war wahrscheinlich sogar ihr zu peinlich. Sie hat Freunde, sie hat Familie, sie hat eine Beziehung und einen guten Bildungshintergrund. Ich würde sie nicht als psychisch krank bezeichnen, ausser mangelnder körperlicher Hygiene und dieser absolut nicht vorzeigbaren Wohnung hat sie einen ziemlich starken Charakter und weiss sich durchaus durchzusetzen, weswegen sie wahrscheinlich keiner auf diese Bude anspricht.
2 weitere Leute auf meinem Bekanntenkreis leben ähnlich. Ich bin bei keinem von ihnen gerne zu Besuch, sage aber auch nicht gerne unter irgendeinem Vorwand ab da ich diese Leute sowieso ziemlich selten sehe. Zu den Gründen, hier wurden oft finanzielle Nöte, psychische Gründe usw. angeführt, kann ich einfach nur sagen: In deren Fall ist es eine Art von "Scheissegal-Mentalität" mit einer gehörigen Portion Gewöhnung. Von denen ist keiner psychisch krank oder finanziell benachteiligt, sie sind einfach nur scheissenfaul, es ist ihnen egal was sie ihren Gästen zumuten und es ist ihnen auch egal was Nachbarn/Freunde/Familie denken. Herrgott, da kann man auch nicht mit Argumenten wie "Die hat nie gelernt richtig aufzuräumen" oder "Das hat die von zuhause mitgenommen" kommen, irgendwo hat doch jeder mal ein Zimmer gesehen in dem es aufgeräumt war, oder? Und klar, nicht jeder weiss wie man mit Spiritus, heissem Wasser und einem Fensterleder dreckige Fenster streifenfrei sauber bekommt, aber um mal den Boden freizuräumen und durchzulüften wird es doch gerade noch reichen, oder? Nur um es nochmal zu bekräftigen: Es sieht NOCH schlimmer aus als auf Jensos Bild am Threadeingang. Worte können es nicht beschreiben, es ist durch und durch ekelhaft und ich selbst bin nicht der Typ, der jeden Tag mit dem Putzlappen durch die Bude rennt, also pedantisch ist.
Wenn ich wirklich ehrlich mit mir selbst bin: Ich besuche alle 3 Leute immer noch, weil ich mir manchmal Sorgen um sie mache. Aber da ist nichts, ausser diesen vor Dreck starrenden Wohnungen. Niemand hat ein Problem mit Alkohol oder anderen Drogen, keinem fehlt Anschluss an die Gesellschaft, sie alle haben Jobs, einen Freundeskreis. Sie alle sind mehr oder minder ein wenig merkwürdig, aber das bin ich auch. Manchmal denke ich mir "das nächste Mal sprichst du es an". Ich wüsste aber nicht wie ich es anfangen sollte ohne einen Streit zu provozieren der mit "Was geht dich das eigentlich an?" enden würde. Ich könnte entgegnen, dass mich das als Gast gezwungenermaßen etwas angeht, aber ich bin auch kein Sozialarbeiter und diese Bekannten scheinen sonst ziemlich gut klar zu kommen. Es ist also "mein Problem", so habe ich das akzeptiert und da mir die Freundschaft zu einigen Leuten wichtiger ist als dieses Problem sehe ich darüber hinweg.
Aber ist das gut? Ich weiss es nicht. Das Ganze diente nur einmal als Beispiel um mit dem Vorurteil aufzuräumen dass solche Wohnungen wie auf Jensos Bild nur in sozial schwachen Umgebungen und bei Leuten mit psychischen Problemen vorkommen. Ja, dass eine Wohnung so aussieht legt den Schluss nahe, aber weitere Symptome fehlen. Wenn es also ein eigenes Krankheitsbild ist: wie sieht die Therapie aus?