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Produktionsverlegungen ins Ausland - Firmen in die Verantwortung nehmen?

flowbike

Mecklenburger Orangenapfel
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Zu den Lohnnebenkosten: Das die immer als Argument heran gezogen wird ist so sicher nicht ganz richtig, aber sind wir mal ehrlich, wir alle haben uns doch auch daran gewöhnt 30 Tage Urlaub im Jahr zu haben und wenn wir mal krank sind freuen wir uns auch über unsere Lohnfortzahlung.
Es fällt schwer von so was Abschied zu nehmen, aber Anspruch haben wir darauf nicht.
Was ich damit sagen will: Wir müßen uns auch an die eigene Nase fassen.

Damit will ich aber nicht beschönigen, dass auch aus reiner Profitgier verlagert wird.
Das wird in vielen großen Unternehmen durchaus so sein.
Es gibt aber auch Unternehmen, vor allem im Mittelstand, die werden regelrecht gezwungen ins Ausland zu verlagern. Ich selber erlebe das in der Firma in der ich arbeite (ein mittelständischer KFZ-Zulieferbetrieb).
Es gibt KFZ-Hersteller oder große Zulieferer, die verlangen, dass man in Ungarn oder Rumänien produziert.
Der Preisdruck ist enorm, Aufträge werden in Internetauktionen vergeben, bei denen irgendwelche Chinesen die Preise drücken. Und als Krönung muß man dann noch jährlich 5% oder mehr an Preisnachlässen zubilligen. Das lässt sich bei einem gut organisiertem Laden nicht mehr reinholen. Es bleibt also vielen gar keine andere Wahl und es geht nur darum weniger Plätze in D zu erhalten oder eben den Bach runter zu gehen.

Was aber möglich ist und das in einer Branche die mittlerweile fast ausschließlich in Billigstlohnländern produziert, die Textilindustrie nämlich, zeigt Trigema.
http://www.trigema.de/customer_publ...losophie.asp?smSessionID=W2Z1T5LI8rYgi0612016
 
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Phunky

Celler Dickstiel
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Der so genannte Mittelstand (ich hasse dieses Wort, sowas gibt es eigentlich gar nicht) leidet am stärksten unter den Verfehlungen der Großunternehmen, der so genannten Globalplayer. Naja, vielleicht leiden die ganz Kleinen sogar noch mehr.
Viele Probleme sind hausgemacht, vieles ist auch Heuchelei. Und manches sind echte Probleme.

Die Verlagerung von Arbeitsplätzen in’s Ausland ist eine Mischung von allem. Letztlich gehen die meisten Arbeitsplätze in Deutschland nicht verloren weil sie in’s Ausland verlagert werden, sondern sie sind einfach weg.
Das hat zum Teil natürlich konjunkturelle Gründe, zum Teil werden sie aber durch technischen Fortschritt überflüssig. Dem werden sich auch irgendwann die Chinesen nicht entziehen können.

Das ist die eine Seite. Die andere sehe ich so:

Wir haben in Deutschland einige unbestreitbare Probleme. Zum Beispiel die Überalterung der Bevölkerung. Dieses Thema zieht einen ganzen Rattenschwanz nach sich.

1. Das Geld wird durch Vererbung kanalisiert. Es gibt weniger auf die es sich verteilt, dadurch haben wir immer weniger, die dafür immer mehr haben. Geld welches nicht im Umlauf ist, ist doch irgendwie krank. Ich weigere mich zu glauben, dass eine Million die 1957 auf die Bank getragen wurde heute immer noch Geld ist. Irgendwann muss es gestorben sein ;).

2. Es wäre eigentlich Zuwanderung nötig. Anstatt sich dieses Problems anzunehmen, treibt man die Ängste immer weiter, sieht den potentiellen Zuwanderer nur als Sozialschmarotzer.

3. Die Sozialsysteme funktionieren nicht mehr. Zuwenig Beitragszahler, zu viele Empfänger. Die Lohnnebenkosten dürfen aber nicht steigen, weil die Großunternehmen mit Arbeitsplatzabbau drohen, den sie dann trotzdem betreiben.

4. Weil einige wenige viel zu viel haben (s. 1.) wird immer mehr investiert, man will immer mehr Zinsen, die Dividenden müssen hoch. Da wo das Geld eigentlich hingehört, in den Einzelhandel, die Dienstleistungsbetriebe, das Handwerk, da landet es dann eben nicht.

5. ...beliebig erweiterbar...

Wenn nun die Großkonzerne trotz riesiger Gewinnspannen immer mehr Arbeitsplätze vernichten, in dem sie sie in’s Ausland verlagern, dann eben genau deshalb. Die Dividenden müssen rauf. Letztlich wissen sie aber genau, dass das nur ein Spiel auf Zeit ist.

Da der Mitarbeiter aber inzwischen vom Menschen zum Kostenfaktor mutiert ist, kümmert das wenig. Man setzt ihn raus. Diesen Konzernen ist der Binnenmarkt relativ egal. Wie man ja an den Gewinnen sieht. Wer darunter leidet, ist dann der der seine Produkte (oder Dienstleistungen) in Deutschland verkaufen muss. Der braucht nämlich Kaufkraft vor Ort. Die Spirale dreht sich. Ergebnis: Siehe Tagesschau.

Dass sich die Arbeitsplatzverlagerung überhaupt lohnt, liegt in erster Linie an der Perversion des Steuerrechts. Die Investitionen in China und Kirgisistan kann ich nämlich herrlich als Betriebskosten gewinnmindernd geltend machen. Ansonsten ist den Herren doch auch klar, dass die Lohnkosten auch dort nicht stabil bleiben und die meisten dieser Jobs ohnehin irgendwann überflüssig sind.
Es hat immer Unternehmen gegeben die Pleite gehen, die wird es auch immer geben, aber hier wird es forciert.

Die “Großen“ haben auf den Druck ihrer Eigentümer (Fondsgesellschaften die eigentlich nichts weiter sind als Händler, nur dass sie eben mit Firmen handeln) das Rad los gedreht und berauben dadurch viele “Kleine“ ihrer Existenzgrundlage: Den Konsumenten. Der wiederum fertigt dann auch im Ausland, Qualität sinkt, der Konsument kauft gleich das noch billigere Produkt, das auch nichts taugt. Und so weiter und so fort.

Ich bin auch kein Freund von Sozialismus, aber der Kapitalismus wie er im Moment betrieben wird (vielleicht sollte man es besser Kapitaldarwinismus nennen) ist in meinen Augen unmenschlich geworden. Und es wird ja noch ärger kommen.

Meine Güte, wenn Mensch erst einmal in Fahrt kommt...so war das nicht gedacht. Meine Entschuldigung gilt all denen die ich gelangweilt habe.
 
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michast

Stahls Winterprinz
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flowbike schrieb:
Zu den Lohnnebenkosten: Das die immer als Argument heran gezogen wird ist so sicher nicht ganz richtig, aber sind wir mal ehrlich, wir alle haben uns doch auch daran gewöhnt 30 Tage Urlaub im Jahr zu haben und wenn wir mal krank sind freuen wir uns auch über unsere Lohnfortzahlung.
Es fällt schwer von so was Abschied zu nehmen, aber Anspruch haben wir darauf nicht.
Was ich damit sagen will: Wir müßen uns auch an die eigene Nase fassen.
Hier muss ich Dir, ganz freundlich und lieb, jedoch energisch widersprechen. Vor dem Hintergrund, dass man ja nicht wesentlich weniger als 1.9% Gehaltserhöhung durchsetzen kann haben die Konzerne nach anderen Möglichkeiten gesucht, und auch gefunden.

In neueren Tarifverträgen gibt es kaum noch 30 Tage Urlaub. Sicher, der Besitzstand bleibt, wer 30 Tage hat, bleibt bei 30 Tagen, so lange er nicht den Arbeitgeber wechselt. Normal ist mittlerweile zwischen 25 und 27 Tagen Urlaub.

Freistellung von der Arbeit: Es gibt immer weniger Gründe für Freistellung von der Arbeit zum Beispiel wegen Umzug oder Todesfall. Urlaub ist gefälligst zu nehmen.

Lohnfortzahlung im Krankheitsfall: Sicher, immer noch 6 Wochen. Vor wenigen Jahren war das noch bis zu einem halben Jahr, je nach Betriebszugehörigkeit und Tarifvertrag. Abgeschafft. Und, wer wird denn heute noch krank. Vor dem wirtschaftlichen Hintergrund wagt doch keiner mehr zum Arzt zu gehen. Wir Deutschen haben den niedrigsten Krankenstand seit ich weiß nicht mehr wann.

Wir nehmen das Wehklagen der Konzerne gerne auf und sagen schnell "stimmt eigentlich". Aber wenn wir ein wenig am Lack kratzen, sieht das Bild plötzlich ganz anders aus.

Gruß,
Michael
 

flowbike

Mecklenburger Orangenapfel
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michast schrieb:
Hier muss ich Dir, ganz freundlich und lieb, jedoch energisch widersprechen. Vor dem Hintergrund, dass man ja nicht wesentlich weniger als 1.9% Gehaltserhöhung durchsetzen kann haben die Konzerne nach anderen Möglichkeiten gesucht, und auch gefunden.

In neueren Tarifverträgen gibt es kaum noch 30 Tage Urlaub. Sicher, der Besitzstand bleibt, wer 30 Tage hat, bleibt bei 30 Tagen, so lange er nicht den Arbeitgeber wechselt. Normal ist mittlerweile zwischen 25 und 27 Tagen Urlaub.

Freistellung von der Arbeit: Es gibt immer weniger Gründe für Freistellung von der Arbeit zum Beispiel wegen Umzug oder Todesfall. Urlaub ist gefälligst zu nehmen.

Lohnfortzahlung im Krankheitsfall: Sicher, immer noch 6 Wochen. Vor wenigen Jahren war das noch bis zu einem halben Jahr, je nach Betriebszugehörigkeit und Tarifvertrag. Abgeschafft. Und, wer wird denn heute noch krank. Vor dem wirtschaftlichen Hintergrund wagt doch keiner mehr zum Arzt zu gehen. Wir Deutschen haben den niedrigsten Krankenstand seit ich weiß nicht mehr wann.

Wir nehmen das Wehklagen der Konzerne gerne auf und sagen schnell "stimmt eigentlich". Aber wenn wir ein wenig am Lack kratzen, sieht das Bild plötzlich ganz anders aus.

Gruß,
Michael
Lieber Michael,

also ich arbeite jetzt seit ca. 20 Jahren und kenne nur die Regelung mit den 6 Wochen Lohnfortzahlung und bleibe bei meiner Meinung, dass wir in vielen Dingen verwöhnt sind.
 

michast

Stahls Winterprinz
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flowbike schrieb:
Lieber Michael,

also ich arbeite jetzt seit ca. 20 Jahren und kenne nur die Regelung mit den 6 Wochen Lohnfortzahlung und bleibe bei meiner Meinung, dass wir in vielen Dingen verwöhnt sind.
...und ich mache seit über 20 Jahren Personalabrechung ;). Es gab, gibt sie nicht mehr, Tarifverträge, die, je nach Betriebszugehörigkeit staffelten von 6 nach 9 auf 18 bis maximal 26 Wochen Lohnfortzahlung. Aber es ist doch letztlich egal, wenn man theoretisch 6 Wochen Lohnfortzahlung hat, praktisch keiner krank wird. In sofern ist das also nur ein theoretischer Kostenfaktor ;)

Gruß,
Michael