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Gendergerechte Sprache

mbert

Grahams Jubiläumsapfel
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Es wird niemand diskriminiert, dafür ist ja das Genderzeichen da.
Da muss ich widersprechen. Bei so etwas wie "Freundinnen und Freunde" kommt die Weiblichkeit doppelt, die Männlichkeit nur einmal vor (denn: "Freunde" ist die unmarkierte, generische Form, wo ohnehin m/w enthalten sind, und mit "Freundin" packt man es noch einmal davor). Wäre ich Arzt, hätte ich definitiv ein Problem damit, zu einem "Ärzt" gemacht zu werden - ein Wort, das es nicht gibt.

Menschen, die deutsch erst noch lernen müssen, sind durch die Verkomplizierung unserer Sprache durch Gendern diskriminiert - der Plusquamperfekt ist schon genug, man muss es nicht noch verschlimmern. Kleine Notiz am Rande: dass selbst das Goethe-Institut, wo Menschen im Ausland hingehen, um deutsch zu lernen, in seiner Kommunikation eine Sprache verwendet, die nach aktuellem Regelwerk schlicht falsch ist, ist schon mehr als peinlich.

Man kann auch noch weiter gehen: Gendern diskriminiert Menschen, die sich nicht vorwiegend über Geschlecht/Gender identifizieren, weil durch dessen zwanghaftes Sichtbarmachen in der Sprache ihre jeweiligen präferierten Identifikationsmerkmale automatisch hin den Hintergrund gedrängt werden.

Und schließlich diskriminiert Gendern Menschen, die ihr Recht auf Unsichtbarkeit einfordern, also Wert darauf legen, nicht markiert genannt zu werden, was aber unmöglich wird, wenn z.B. ein Autor weiblichen Geschlechts immer Autorin heißen muss und nicht mehr Autor heißen darf.
 

Martin Wendel

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Bei so etwas wie "Freundinnen und Freunde" kommt die Weiblichkeit doppelt, die Männlichkeit nur einmal vor (denn: "Freunde" ist die unmarkierte, generische Form, wo ohnehin m/w enthalten sind, und mit "Freundin" packt man es noch einmal davor). Wäre ich Arzt, hätte ich definitiv ein Problem damit, zu einem "Ärzt" gemacht zu werden - ein Wort, das es nicht gibt.
Wenn das jetzt ernsthaft dein Argument ist, gilt folgendes aber genauso: In „Freundinnen“ ist das Wort „Freund“ enthalten, Männer werden also auch doppelt berücksichtigt.

Menschen, die deutsch erst noch lernen müssen, sind durch die Verkomplizierung unserer Sprache durch Gendern diskriminiert - der Plusquamperfekt ist schon genug, man muss es nicht noch verschlimmern. Kleine Notiz am Rande: dass selbst das Goethe-Institut, wo Menschen im Ausland hingehen, um deutsch zu lernen, in seiner Kommunikation eine Sprache verwendet, die nach aktuellem Regelwerk schlicht falsch ist, ist schon mehr als peinlich.
Deutsch ist wahrlich keine einfache Sprache. Würden wir hier im Thread abprüfen, wer aller weiß was das Plusquamperfekt ist, wie man es bildet und wofür es verwendet wird, wäre das Ergebnis vermutlich katastrophal. Ingesamt haben wir viele, teils komplizierte und manchmal redundante Zeitformen, Konjugationen die vielleicht in den meisten aber nicht in allen Fällen bestimmten Regeln folgen, dann noch Artikel die teils keinen Sinn ergeben.

Ganz ehrlich: Wenn man das auch nur Ansatzweise auf die Reihe bekommt, ist es sicher kein Problem auch zu lernen, was ein Genderzeichen ist und wie es wann eingesetzt wird. Es ist wirklich keine komplexe Thematik. Und will man das nicht, kann man immer noch weibliche und männliche Form ausschreiben.

Ich verstehe schon, dass man sich als jemand, der damit nichts am Hut haben will, an jedes Argument klammert, um das Gendern als schlecht darzustellen - und es gibt ja auch einige valide Argumente dagegen. Aber sprachlich ist das wirklich kein Problem, zumal das sowieso eine jahrelanger Prozess wäre und sowas nicht von heute auf morgen ins Regelwerk übernommen wird - siehe neue Deutsche Rechtschreibung, da ist der Prozess auch nach Jahrzehnten noch nicht vorbei (zumindest nicht bei allen).
 

mbert

Grahams Jubiläumsapfel
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In „Freundinnen“ ist das Wort „Freund“ enthalten, Männer werden also auch doppelt berücksichtigt.
Enthalten: ja. Gemeint: nein. (ich hatte selber "enthalten" geschrieben, das war hier offenbar missverständlich)

Ganz ehrlich: Wenn man das auch nur Ansatzweise auf die Reihe bekommt, ist es sicher kein Problem auch zu lernen, was ein Genderzeichen ist und wie es wann eingesetzt wird.
Das sehen Betroffene mitunter anders. Ich stecke hier mitten in einer Migranten-Community.

Aber sprachlich ist das wirklich kein Problem, zumal wir uns sowieso in einem jahrelangen Prozess befinden und sowas nicht von heute auf morgen umgesetzt wird.
Aktuell befinden wir uns vor allem in einem Prozess, wo eine privilegierte Minderheit mit der Macht von Institutionen, auf die sie Zugriff hat, Fakten schafft. Die Meinungsumfragen zum Thema haben über die letzten Jahre ein immer deutlicheres Bild ergeben - der Anteil der Gleichgültigen ist deutlich gesunken, die Mehrheit der Gegner wächst eigentlich ständig.
 

masterkw

James Grieve
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Aktuell befinden wir uns vor allem in einem Prozess, wo eine privilegierte Minderheit mit der Macht von Institutionen, auf die sie Zugriff hat, Fakten schafft.
„Vorauseilender Gehorsam“, meine Worte. Wir Deutsche haben in vielen Themen das Problem, es allen - nicht nur dem eigenen Land - recht machen zu wollen. Teils um jeden Preis, ohne mal länger drüber nachzudenken, bzw. vollends abzuwägen. Stichwort: Wetterfähnchen, Wellenreiter, usw. Bloß nirgends anecken, niemandem auf die Füße treten oder am Ende Rückgrat beweisen.

der damit nichts am Hut haben will, an jedes Argument klammert, um das Gendern als schlecht darzustellen
Ich habe nichts dagegen, wenn alle aufgeführten Argumente auch Diskussionsgrundlage für eine offizielle Umsetzung sind und nicht nur die bisherigen unabgestimmten kruden Vorgaben der zitierten privilegierten Minderheit als Quasi-Standard.

und es gibt ja auch einige valide Argumente dagegen
…wenn z.B. Worte/Begriffe bei rauskommen, die es nicht gibt.
 
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El Cord

Pomme Etrangle
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Ich bin so glücklich darüber, mit meinem 52 Jahren noch so offen für Veränderungen zu sein, neugierig und gespannt darauf zu sein, wie sich etwas entwickelt und nicht so ein „Alles muss so bleiben, wie es ist“ Typ geworden zu sein. Letzteres scheint es ja doch sehr oft zu geben. Gut, dass unsere Sprache so lebendig ist. Ich bin gespannt und freue mich.
 

masterkw

James Grieve
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Klar, geht alles. Ich kann zwar nicht meinen Namen tanzen, aber 2+4=5,79 und Abveltoak-Vohrum offenbaren uns vielleicht die bildungstechnische Vielfalt, die uns fehlt.
 
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mbert

Grahams Jubiläumsapfel
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Wir Deutsche haben in vielen Themen das Problem, es allen - nicht nur dem eigenen Land - recht machen zu wollen.
Das ist tatsächlich kein ur-deutsches Phänomen sondern eher importiert. Das Narrativ, das Gender eine so zentral wichtige Rolle zuspricht, ist ja faktisch eng verbunden mit der Identitätspolitik, die ja auch in Deutschland an Bedeutung gewinnt. Beides hat zunächst vor allem in den USA Fahrt aufgenommen und dann von da seinen "Siegeszug" in andere Länder angetreten.

Das Problem ist dabei nicht, dass es nicht tatsächlich Ungerechtigkeiten Abhängkeiten, Diskriminierung gibt, sondern die Ideologie, die darum gestrickt wird. Ironischerweise haben diese Regelwerke selber, die oft gerade in intellektuellen - also selber privilegierten! - Kreisen erdacht werden, im Kern etwas entmündigendes.

Ziemlich gut fand ich dazu diesen Talk von Slavoj Zizek, von dem ich, weil seine Aussprache so schwer verständlich ist, mal eine Mitschrift angefertigt habe: Slavoj Zizek on white liberals. Ein kleiner Ausschnitt:
I notice again and again how this same white liberals were ready again and again to humiliate themselves, "we are the worst, we are guilty of everything", and they like to play this game, like whenever something horrible goes on in third world countries, it must be a consequence of colonialism. A black friend I have from Nigeria, once he exploded and said that this is the worst racism he can imagine. "They treat us", he told me, "like children. We are not even allowed to be evil on our own. If we are evil it must be effect of colonialism and so on, and so on". And that's why I claim that white liberals love identity politics. It means minorities can have their particular identities, but we renounce our identity, but we keep this role as guardians of universality.

Ich finde, da ist etwas dran. Und wo ist der Bezug zum Gendern? Nun, zum Einen wird Gender-Aktivismus (Sprache ist nur ein Teil davon) meist als eine Untermenge von Identitäts-Ideologie betrachtet, und zum Anderen ist kommt er auch mit "Regelwerken" daher, die davon ausgehen, jemand könnte sich diskriminiert fühlen, wenn sie nicht eingehalten würden.

Jja, und manche fühlen sich vielleicht wirklich diskriminiert, nur: reicht das, um daraus ein Regelwerk für alle abzuleiten? Ab welchem Punkt ist die Befindlichkeit einzelner so gravierend, dass daraus Vorschriften für alle entstehen müssen? Das ist eine Frage, die nicht einfach zu beantworten ist, und darüber kann/muss man diskutieren. Nur muss das eben eine offene Debatte sein, bei der jeder zu Wort kommen kann und der Ausgang offen ist. Genau das wird aber umgangen, wenn Aktivisten in öfentlichen Einrichtungen - Unis, Schulen, Ämtern, Medien etc. - diese Entscheidung einfach vorwegnehmen und Fakten schaffen. Und dagegen richtet sich meine Hauptkritik.

Das ist jetzt ein breiterer Kontext als Gendern bei Apfeltalk, die Gedanken kamen mir, als ich gerade Deinen Beitrag las.
 

Benutzer 176034

Gast
Jja, und manche fühlen sich vielleicht wirklich diskriminiert, nur: reicht das, um daraus ein Regelwerk für alle abzuleiten? Ab welchem Punkt ist die Befindlichkeit einzelner so gravierend, dass daraus Vorschriften für alle entstehen müssen? Das ist eine Frage, die nicht einfach zu beantworten ist, und darüber kann/muss man diskutieren. Nur muss das eben eine offene Debatte sein, bei der jeder zu Wort kommen kann und der Ausgang offen ist. Genau das wird aber umgangen, wenn Aktivisten in öfentlichen Einrichtungen - Unis, Schulen, Ämtern, Medien etc. - diese Entscheidung einfach vorwegnehmen und Fakten schaffen. Und dagegen richtet sich meine Hauptkritik.

Auch wieder: Hut ab! Ein hervorragender Beitrag.
 
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saw

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„Vorauseilender Gehorsam“, meine Worte. Wir Deutsche haben in vielen Themen das Problem, es allen - nicht nur dem eigenen Land - recht machen zu wollen. Teils um jeden Preis, ohne mal länger drüber nachzudenken, bzw. vollends abzuwägen. Stichwort: Wetterfähnchen, Wellenreiter, usw. Bloß nirgends anecken, niemandem auf die Füße treten oder am Ende Rückgrat beweisen.
Rücksichtslosigkeit und Egoismus, hat wenig bis gar nichts mit „Rückgrat“ zu tun, sondern genau mit dem, was es bedeutet.

Interessant wie sich nun um Ausländische Bürger geängstigt wird, denen Geldern den Zugang zur deutschen Sprache erschweren würde,
erinnert mich an die Obdachlosen die 2015 auf einmal im Fokus standen und um die sich Deutschland doch zuerst einmal kümmern sollte.
Die“armen Rentner“ denen jetzt, wenn es um Geflüchtete aus der Ukraine geht, wieder „ zuerst“ einmal geholfen werden sollte.
Sehr häufig kommt als Argument gegen gendern, Lesbarkeit, Ausdrucksweise der Begriffe etc.
Wenn Alternativen gegeben werden oder nach konstruktiver Zusammenarbeit gefragt wird, diese zu finden, kommt fast ……nix.

Es zeigt sich, mancher ist einfach DAGEGEN!
 
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Martin Wendel

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Jja, und manche fühlen sich vielleicht wirklich diskriminiert, nur: reicht das, um daraus ein Regelwerk für alle abzuleiten?
Es gibt heute schon ein Regelwerk, die geschlechtergerechte Sprache in Deutsch auszusehen hat - derzeit eben noch ohne Genderzeichen. Falls es einmal ein neues Regelwerk geben sollte, das auch Sternchen, Doppelpunkt, Binnen-I oder sonst eine Regelung vorsieht, bedeutet das ja nicht im Umkehrschluss, dass eine solche Regel von allen angewendet werden muss (so wie auch schon die derzeitigen Regeln nicht von allen angewendet werden). Es wird ja keine Gender-Pflicht geben, nur weil
dafür vielleicht mal eine einheitliche Norm eingeführt wird.

Genau das wird aber umgangen, wenn Aktivisten in öfentlichen Einrichtungen - Unis, Schulen, Ämtern, Medien etc. - diese Entscheidung einfach vorwegnehmen und Fakten schaffen. Und dagegen richtet sich meine Hauptkritik.
Inwiefern wird die Debatte umgangen - sie wird doch auf vielen Ebenen geführt. Sei es wissenschaftlich oder in der Gesellschaft, siehe diesen Thread hier. Vermutlich würde es diese öffentliche Debatte in dieser Form erst gar nicht geben, wäre das Gender-Thema nicht über den wissenschaftlichen Diskurs in die Öffentlichkeit geschwappt. Wie hier schon zu lesen war: Den Leuten ist ja gar nicht bewusst, dass Gendern in der Lingustik schon seit den 70er-Jahren diskutiert wird.
 

mbert

Grahams Jubiläumsapfel
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Interessant wie sich nun um Ausländische Bürger geängstigt wird, denen Geldern den Zugang zur deutschen Sprache erschweren würde,
Diese Erschwerung ist nun einmal Fakt. Das gilt übrigens auch für Menschen mit Lernschwäche.

Generell entwickelt sich Sprache typischerweise ökonomisch. Damit ist gemeint, dass sich Formen durchsetzen, bei denen das Verhältnis zwischen Ausdrucksmächtigkeit und dem dafür investierten Aufwand möglichst günstig ist. Bei allen Unterschieden zwischen einer "intellektuellen" und einer "einfachen" Sprache bleibt immer eine gemeinsame Basis, die alle verstehen und verwenden können.

Gendersprache ist "unökonomisch", da sie die Komplexität erhöht und die Ausdrucksmächtigkeit nicht erhöht (eher ist das Gegenteil wahr, weil die Möglichkeit, sich auf einfache Art generisch auszudrücken, eher erschwert wird). Dazu die Sprachwissenschaftlerin Ewa Trutkowski:
Daher sei hier die folgende Prognose gewagt: Ob (dynamischer) Unterstrich, Genderstern, Binnen-I, Doppelpunkt, Beidnennung oder generisches Femininum – nichts davon wird sich in der Sprachgemeinschaft durchsetzen, denn nicht die Schaffung, sondern die Vermeidung unnötiger Komplexität ist eine der Haupttriebfedern für Sprachwandel. Man schaue sich zum Vergleich den Gebrauch des Konjunktivs und mancher Tempusformen an: Wer ausser emsigen Deutschlernern weiss überhaupt, dass Formen wie in «Maria sagte, dass du gegangen sein werdest» existieren? So schön es auch wäre, wenn es klappte, sie zu benutzen – in der sprachlichen Realität gelingt es einfach nicht.

Schon allein aus diesem Grund sollten wir das generische Maskulinum nicht ablehnen, denn keine geschlechtergerechte Form ist so ökonomisch wie praktikabel. Das zeigt sich zuvorderst daran, dass die Vorgaben des Hannoverschen Leitfadens nicht einmal auf der Website der Stadt umgesetzt werden, wo nach wie vor von einem Bürger-Service oder Künstlern und Veranstaltern die Rede ist. Denkt hier wirklich jemand, dass nichtmännliche Personen dadurch ausgeschlossen werden? Wohl kaum.

Gendersprache hat es u.a. auch genau deshalb so schwer, sich jenseits der intellektuellen Blase in Politik, Unis, Medien, etc. durchzusetzen.
 

masterkw

James Grieve
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Es zeigt sich, mancher ist einfach DAGEGEN!
Und wenn dem so wäre, dann ist es einfach so! Auch das ist Teil der Diskussion, die es zu führen gilt.

Ich könnte genauso gegenargumentieren, dass ein partieller Tenor hier nur eine Gender – getreue Marschrichtung für die richtige hält.
 
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mbert

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Es gibt heute schon ein Regelwerk, die geschlechtergerechte Sprache in Deutsch auszusehen hat - derzeit eben noch ohne Genderzeichen.
Ich bin nicht ganz sicher, welches Regelwerk Du hier meinst. Ich kenne verschiedene, etwa an Universitäten oder Behörden, die aber alle nicht allgemeingültig sind und sich letztlich in der Blase derer abspielen, die behaupten, das generische Maskulinum sei in Wirklichkeit nicht generisch.

Die gesetzliche Pflicht zur Gleichberechtigung nimmt dazu keine Stellung, was auch richtig ist, denn unter Linguisten ist diese Uminterpretation der gewachsenen Sprache mehr als umstritten. Als Beispiel sei hier das berühmte "Sparkassen-Urteil" genannt, wo sogar explizit entschieden wurde, dass das generische Maskulinum im zivilrechtlichen Umgang in Ordnung sei und keine Diskriminierung darstelle.

Dass manche derartigen Rechtsstreitigkeiten lieber im Ansatz aus dem Weg gehen und daher in vorauseilendem Gehorsam gendern, ist etwas anderes.
 

Martin Wendel

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Ich bin nicht ganz sicher, welches Regelwerk Du hier meinst.
Wie schon mehrfach hier erwähnt: Es gibt amtlich korrekte Kurzformen der Nennung beider Geschlechter, zB „Kund(inn)en“, „Mitarbeiter(innen)“, „Krankenpleger/-innen“. All das ist korrektes Deutsch. Ersetzt man das durch zB einen Gender-Doppelpunkt, wird man sogar der Forderung gerecht, dass sprachliche Anpassungen zu einer Vereinfachung des Regelwerks führen müssen.
 

saw

Gravensteiner
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Diese Erschwerung ist nun einmal Fakt. Das gilt übrigens auch für Menschen mit Lernschwäche.

Generell entwickelt sich Sprache typischerweise ökonomisch. Damit ist gemeint, dass sich Formen durchsetzen, bei denen das Verhältnis zwischen Ausdrucksmächtigkeit und dem dafür investierten Aufwand möglichst günstig ist. Bei allen Unterschieden zwischen einer "intellektuellen" und einer "einfachen" Sprache bleibt immer eine gemeinsame Basis, die alle verstehen und verwenden können.

.
Dann sollte an der Umsetzung gearbeitet werden und nicht die freiwillige Nutzung bzw. Umsetzung verhindert werden
Sieht die Gesellschaft für deutsche Sprache auch so.
Und wenn dem so wäre, dann ist es einfach so!
Dann erübrigt sich eine Diskussion mit dir, für mich halt.
„Dagegen“ ist für mich keine Diskussionsgrundlage.
 
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mbert

Grahams Jubiläumsapfel
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Inwiefern wird die Debatte umgangen - sie wird doch auf vielen Ebenen geführt. Sei es wissenschaftlich oder in der Gesellschaft, siehe diesen Thread hier.
Die Debatte findet "privat" statt, das streite ich gar nicht ab. Aber wenn es um den Umgang mit dem Thema in öffentlichen Institutionen geht, etwa Politik, Schulen, Medien, wird kein gesellschaftlicher Konsens eingeholt, sondern es werden Fakten geschaffen. Dabei werden eben diese Institutionen von der gesamten Gesellschaft durch Steuergelder finanziert.

Vermutlich würde es diese öffentliche Debatte in dieser Form erst gar nicht geben, wäre das Gender-Thema nicht über den wissenschaftlichen Diskurs in die Öffentlichkeit geschwappt.
Gerade der wissenschaftliche Diskurs zeigt bei näherem Hinsehen so einige Unwuchten, da Vertreter der klassischen Linguistik, wenn es um Gender geht, mittlerweile weitgehend "Persona non Grata" sind. Untersuchungen, die die Thesen der feministischen Linguistik belegen sollen, bewegen sich weitgehend in einer Blase Gleichdenkender.

Als jemand, der selber etliche Jahre in der Wissenschaft gearbeitet hat, sehe ich da ein großes Problem: gerade in den Sozialwissenschaften, wo das Objekt der Untersuchung der Mensch bzw. menschliches Verhalten ist, lassen sich Thesen ja nicht formal "beweisen", so wie man es z.B. in der Mathematik kann. Man ist auf Empirik angewiesen, und die unterliegt wieder Interpretation und somit auch Diskussion. Gerade deshalb ist es in diesem Zweig der Wissenschaft so wichtig, dass verschiedene Wissenschaftler streiten, dass unterschiedlich geforscht wird, dass Ergebnisse einander an den Kopf geworfen werden.

Das ist aber in diesem Bereich eher nicht mehr der Fall. Wer die Grundthesen anzweifelt, landet umgehend auf dem Abstellgleis. Die klassische Linguistik und Psycholinguistik/Genderforschung sind heute weitgehend auf völlig getrenntem Terrain unterwegs.

Ich kann da nicht erkennen, dass es da einen offenen Diskurs gibt. Man ignoriert einander bzw. äußert sich aus Distanz übereinander.

Wie hier schon zu lesen war: Den Leuten ist ja gar nicht bewusst, dass Gendern in der Lingustik schon seit den 70er-Jahren diskutiert wird.
Ja, und interessanterweise hat so ungerfähr vor 10 Jahren, also zu der Zeit, wo meine Generation und die etwa bis 10 Jahre älteren das Alter erreicht haben, wo man dann schon eher mal in einer Führungsposition anzutrefen ist, die Einführung von Gendersprache in Verwaltungen u.ä. richtig Fahrt aufgenommen.

Die Anzahl derer, die von den Thesen der feministischen Linguistik überzeugt sind, ist gar nicht so sehr angwachsen, dafür aber die Macht derer, die es sind.

Es gibt amtlich korrekte Kurzformen der Nennung beider Geschlechter, zB „Kund(inn)en“, „Mitarbeiter(innen)“, „Krankenpleger/-innen“.
Kann man, muss man aber nicht. Ich finde es kontraproduktiv, da es impliziert, dass generische Formen in Wirklichkeit gar nicht generisch seien.
 
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saw

Gravensteiner
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Ja, und interessanterweise hat so ungerfähr vor 10 Jahren, also zu der Zeit, wo meine Generation und die etwa bis 10 Jahre älteren das Alter erreicht haben, wo man dann schon eher mal in einer Führungsposition anzutrefen ist, die Einführung von Gendersprache in Verwaltungen u.ä. richtig Fahrt aufgenommen.

Die Anzahl derer, die von den Thesen der feministischen Linguistik überzeugt sind, ist gar nicht so sehr angwachsen, dafür aber die Macht derer, die es sind.
Also sind eher die älteren für gendern?
Seltsam, da doch mit steigendem Alter, die Akzeptanz abfällt.
 

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