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Hallo liebe Leser,
auch in dieser Woche will ich euch mal wieder mit ein bisschen Aufklärungsarbeit auf die Sprünge helfen. Heute wollen wir uns einem Thema zuwenden, das zu Zeiten von Surround viele vielleicht schon vergessen haben. Heute soll es mal um das Stereobild gehen. Ich möchte euch erklären was das ist und wie man es einsetzt.
Mono
Mono haben wir sicherlich alle schon einmal gehört. Oder wann hattet ihr das letzte Mal ein Telefon in den Händen?

Ja das Ding ist Mono! In der Tat. Woher soll da auch Stereo kommen? Die Definition vom hören in der Weise "Stereo" setzt nunmal 2 Lautsprecher voraus. Ein Telefonhörer hat gerade mal einen, mit dem er unser Lauschorgan versorgen kann.
Und so fing auch die ganze Tontechnik vor vielen Jahren (inzwischen fast 100 Jahre) das Gehen einmal an - mit Mono. Früher hatte man schlicht nicht die Möglichkeit, über mehr als diesen einen Kanal zu senden. Und auch heute noch ist Mono unverzichtbar.
Warum ist Mono immer noch in?
Mono, so wie es heute eingesetzt wird, ist in vielerlei Hinsicht immer noch "in".
Wann denn?
- Radioempfang
Das Radio funktioniert zu 100% auf dem Empfang so genannter monokompatibler Musik. Meistens wird ein Signal bevor es den Sender verlässt M/S-codiert. Das bedeutet es wird ein Signal generiert, welches vorwiegend die Mono-Anteile (sozusagen) und eines welches die fehlenden Stereo-Anteile enhält. Auf Empfängerseite passiert nun folgendes.
Ein Signal wird empfangen, der Stereo-Anteil fehlt, somit wird nur das Mono-Signal wiedergegeben. Ist das Stereo-Signal vorhanden, wird auch das Empfangene "plötzlich" Stereo. Das kennt man vielleicht von den Autoradios bei denen dann dieses Symbol auftaucht.
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Stereofonie, 09.06.2007
- Fernseher
Unser Fernseher muss leider auch Mono sein. Warum? Gaaaanz einfach. Das liegt an der Stereobasis. Stellen wir uns das Stereobild als eine Art Dreieck vor - eine Bühne sozusagen, auf welcher sämtliche Instrumente des jeweiligen Stückes gerade Platz haben. Das sieht dann so aus:
Die hinteren beiden Ecken des Dreiecks nennt man Stereobasis. Also so was wie die Breite des Dreiecks.
Es ist ganz einfach zu verstehen, wenn man sich vorstellt dort werden die beiden Lautsprecher aufgestellt. Das macht einiges einfacher. Vor allem, weiß man dann, was die Spitze des Dreiecks sein soll - nämlich der Zuhörer.
Dieser hat in der Mitte das angenehmste Gefühl, da er von beiden Lautsprechern gleichzeit das Musiksignal empfängt und verarbeiten kann. Dabei spricht man auch gerne vom "Sweet Spot" - weil's dort so schön ist.Dieser "Sweet Spot" wird übrigens im Tonstudio meist millimetergenau "erfühlt". Soll heissen, dass erfahrene Tontechniker diesen Punkt, an dem sie das "perfekte Stereobild" haben, bis auf den Millimeter genau bestimmen können - allein durch hören.
Nun worauf ich eigentlich hinaus wollte. Stellt euch jetzt mal euren Fernseher vor. Wir gehen mal von einem rieeesen Teil aus. Das Ding ist knapp zwei Meter breit. (Stereobasis also maximal 2m) Jetzt setzen wir uns aber knapp 2 Meter vom Bildschirm entfernt. Mathematisch ergibt sich aus der Formel für die Höhe eines gleichseitigen Dreiecks folgendes Formel:
Höhe =
Eingesetzt in unsere Formel bedeutet das, dass der Sweet Spot ungefähr bei der Höhe (=Entfernung zum Bildschirm) ca. 1,7320508076m betragen duerfte.
Nochmal ein Bilderbeispiel...
- Der grüne Herr sitzt genau richtig. Er hört sowohl rechts als auch links maximal das was er hören kann.
- Der rote Herr dürfte wohl eher die Position vieler Kinder widerspiegeln. Sie sitzen viel zu nah am Fernseher. Vorteil, man hört viel lauter. Nachteil aber, die Stereobasis ist viel zu groß. Man hört also "überbreit". Das Stereobild kann nicht mehr eindeutig abgebildet wird und es verzerrt. Sämtliche Signale, welche weit nach aus "gepanned" werden, können nicht mehr richtig von den in der Mitte befindlichen unterschieden werden.
- Die Erwachsenenhaltung - der Blaue. Man sitzt gemütlich auf der Couch und guckt einen Film. Jedoch ist die Stereobasis verhältnismässig klein. Was zur Folge hat, dass man auf diese Entfernung zur eigentlichen Schallquelle ebenfalls davon ausgehen kann, dass hier wohl eher Mono gehört wird. Erschwerend kommt hinzu, dass die meisten Heimfernseher meist nur einen Lautsprecher mitliefern, eingebautes Mono also.
Was wir bis jetzt also sagen können, ist, dass sich das beste Stereobild ergibt, wenn man "genau in der Mitte hockt".
DOCH WARUM ÜBERHAUPT? Das ist relativ einfach zu beantworten. Wir nehmen einfach mal den Herstellungsprozess eines solchen Stückes, die Produktion, her.
Hierbei geht es, neben Kompression und EQing vorrangig um laut/leise und links/rechts.
- laut/leise
Mit "laut/leise" kann man Signale, lassen wir es eine Singstimme sein, im Stereobild nach vorne oder nach hinten wandern lassen. Achtet mal bei einem eurer Lieblingssongs darauf, was etwas leiser ist als der Rest. Meist fallen einem die Background Vocals (grün) auf, diese sind meistens viel leiser als die Hauptstimme.
Das Stereobild versucht, ein Abbild dessen zu schaffen, was passiert, hätte man die Band direkt vor sich stehen. In diesem Fall ist der Sänger genau vor einem und singt den Zuhörer an. Gitarren sind irgendwo weiter hinten, genau wie das ganze Blech des Schlagzeugs (rot). Das einzige was man noch deutlich wahrnehmen kann sind Bassdrum und Snare. Rest wie gesagt, weit weg.
- links/rechts
Das Stereobild hat aber nicht nur eine sogenannte Tiefenstaffelung zu bieten, sondern auch eine Panoramisierung. Das heißt, man kann die einzelnen Instrumente auch auf der Längsachse verteilen. Und hier kommt das erste Mal Stereo wirklich ins Spiel.
Bisher haben wir nur immer alle Signale auf einer gemeinsamen Achse hintereinander gestellt. Stellt man sich vor, die Band würde vor einem das Lied gerade spielen, stehen alle Musiker genau hintereinander. Nicht besonders spannend, zumal der Mensch fähig ist, dreidimensional zu hören (also auch von hinten).
Verteilt man also die einzelnen Musiker jetzt auch noch von links nach rechts und weist ihnen so einen Platz im Stereobild zu, hat man das erste Mal wirklich ein Stereosignal.
Hier habe ich beispielhaft einmal ein Stereosichtgerät aus Logic verwendet, um das darzustellen. Links ist das ECHTE Mono-Signal zu sehen. Auf dem Stereosichtgerät sieht man nur einen Strich. Rechts davon ist das Stereo-Signal. Man kann einen, beziehungsweise mehrere Kreise erkennen.
Unterhalb kann man einen Blick auf den Korrelationsmesser werfen. Der kleine weiße Strich unten (ich hoffe man kann's noch erkennen) bleibt auf +1 stehen. Also 100% gleiches Signal auf allen Kanälen.
Rechts tendiert der Strich eher Richtung 0 zu gehen. Also nicht exakt 100% gleiche Signale, folglich ein Stereosignal.
Und auch das Pegelmessgerät liefert einen Beweis für Stereo oder nicht. Links stehen beide Pegelspitzen auf -5dB SPL fest. Rechts hat man Aussgangsseitig wieder Unterschiede.
Wie setzt man dieses Wissen denn nun ein?
Geht man als Mixdown Engineer an ein Stück heran, möchte man sämtliche Signale gut verständlich machen. Das aller-aller-aller-wichtigste Werkzeug, das dieser Mensch nun hat, ist, ihr habt es sicherlich schon erraten, die Lautstärke und das Panorama. Da vergeht schonmal mitunter eine halbe Stunde / Stunde, wenn man einen ordentlichen "Rough Mix" haben möchte. Zunächst wird alles schön laut/leise gemacht und dorthin gebracht, wo es hingehört. Schlagzeug an sich ganz leise, Gitarren eher so mittellaut genauso wie Chöre, Stimme, Bassdrum und Snare ganz laut - also nach vorne mit den Dreien.

Hat man das geschafft und das Stück klingt einigermassen transparenter, kann man sich an die Panoramisierung machen. Links/rechts ist angesagt. Gitarren eher nach außen (damit das "Brett-Feeling" aufkommt), Stimme, Bassdrum und Snare bleiben in der Mitte. Diese drei Signale sind die wichtigsten, welche wir Menschen instinktiv auch als am wichtigsten empfinden, deshalb ist es wichtig eben diese drei so gut wie möglich hörbar zu machen.
Es gibt ja auch verschiedene Songteile. Die bekanntesten sind wohl Strophe und Refrain. Hierfür kann man sich ja zwei verschiedene Bilder machen. Sehr schön für Schnulzen beispielsweise, wenn im Refrain das Lied "so richtig schön aufgehen" soll. Heißt also Strophe eher schmales Panorama, und im Refrain volle Dröhnung von allen Seiten. (Das wussten übrigens schon klassische Komponisten und haben ihre Werke auf diesen Effekt ausgelegt).
Küchenradio, Klingeltöne, Fernsehen, HiFi-Anlage
Bei genannten Medien ist es meist so, dass die Krachmacher irgendwo stehen. Im Beispiel des Radios hat es meist keinen Stereo-Empfang oder ist so kompakt gebaut, dass gar keine vernünftige Stereobasis zustande kommen kann. Bei Handys ist es technisch gar nicht möglich Stereo zu senden. Und im Fall der HiFi-Anlage steht die meist auch eher "irgendwo" und "irgendwie", und anstatt sich da brav 74 Minuten mit seiner Lieblings-CD in den Sweet Spot zu setzen und dort erstmal verweilt, läuft man auch mal in der Wohnung umher und tut dies oder das. Nein kein Aufstehen! Kein Bier mal eben aus dem Kühlschrank holen! Sitzen bleiben und zuhören!
Macht das jemand von euch?
Das gute an der Nachricht ist aber folgendes. Die Industrie kennt dieses Problem! So gibt es zum Beispiel den Begriff der Monokompatibilität. Das bedeutet, man legt seine Mischung so an, dass wenn man sie nur Mono hören kann, also beide Kanäle zu einem zusammen gelegt werden, dennoch nicht irgendwas rauskommt, sondern eben immer noch der Song. Blickt nochmal auf das Stereosichtgerät weiter oben, besser gesagt auf den Korrelationsmesser darunter. Man kann sich das ungefähr so merken alles rechts der 0 ist gut. Geht es unter die 0 ist's

Balance vs. Panorama
Auch ein schönes Thema. Beispiel wieder mit Bild...

Das Bild habe ich den Systemeinstellungen entnommen, Abteilung Sound.
Den Unterschied kurz erklärt. Panorama hatten wir oben. Ist ganz einfach. Mono-Signal kommt rein, geht über einen sogenannten Panorama-Regler auf 2 Schienen weiter. Je nachdem wie ich das Ding einstelle, verteilt es sich anteilig auf die beiden Kanäle (1 in > 2 out).
Ein Balance-Regler funktioniert ähnlich. Er hat aber 2 in > 2 out. Das heißt er bekommt bereits ein fertiges Stereosignal und der Balance-Regler regelt nur noch die Lautstärke auf dieser Verteilung. Wird links leiser gemacht, wird das rechte dafür lauter.
Worüber sich die Experten streiten
Das ist jetzt für unsere "Advanced User" hier.
Schon länger redet man darüber, WO genau denn nun der Sweet Spot sei. Mathematisch ist er ja eindeutig definiert. An der Spitze des Dreiecks.
Der Mensch hat aber 2 Ohren, durch welche erst Stereo wahrnimmt. Hört dieser nun perfekt Stereo, wenn die KOPFmitte an dieser Spitze ist? Oder ist es vielmehr so, dass dort, wo sich der Ohrmittelpunkt mit den Dreieckschenkeln schneidet, nun genau der Sweet Spot ist (die Spitze des Dreiecks liegt dann hinter dem Kopf)?