Ich musste mal beruflich mit Word 2003 (Windows) arbeiten. An langen Textdokumenten mit vielen Querverweisen, Indexmarken, Abbildungen, Blocksatz, Silbentrennung. Die Kombination war tödlich, und es verging kein einziger Arbeitstag, an dem nicht mindestens ein Word-Bug extrem genervt und Zeit gekostet hat (von den kleinen Bugs, um die man drumrum arbeiten konnte, rede ich ja gar nicht erst).
So war z.B. die Kombination von automatischer Silbentrennung mit Blocksatz eine Katastrophe: Bei jeder kleineren Änderung am Dokument berechnete Word plötzlich alternative Silbentrennungen, die in bestimmten Zeilen vielleicht für kleinere Leerzeichen sorgten, aber dafür in anderen Zeilen wieder alles änderten. In Abschnitten mit größeren Abbildungen kam es so schonmal dazu, dass ein Ändern eines Wortes zu solchen Verschiebungen von Zeilen- und Seitenumbrüchen führte, dass das Dokument zwei Seiten länger wurde. Ein Abschließendes Urteil über die Aufteilung durfte/konnte man sich jeweils nur machen, wenn man das Dokument schloss und neu öffnete, weil es dann wenigstens einen deterministischen Zustand annahm (so lange man den Druckertreiber nicht wechselte).
Zweite Katastrophe: Die ganzen Automatismen, die vor dem Drucken stattfinden, fanden in falscher Reihenfolge statt: Erst berechnete Word die Seitenzahlen für alle Verzeichnisse so, wie sie stimmten, wenn der Text so wie angezeigt ausgedruckt würde. Erst danach blendete Word aber versteckten Text (und damit alle Indexmarken, die als versteckter Text mitten im Fließtext angezeigt wurden) aus, so dass die Seitenzahlen in den Verzeichnissen überhaupt nicht stimmten. Man musste daher vor dem Drucken zuerst alle Indexmarken ausblenden. Dazu kam der nervige Bug, dass das beim Drucken ausgelöste Neuberechnen des Inhaltsverzeichnisses manchmal Mist baute und ab einem zufälligen Kapitel einfach für alle nachfolgenden Einträge immer dieselbe Seitenzahl ausdruckte. Selbst wenn man das Verzeichnis vor dem Drucken von Hand aktualisierte, war es im Druck dann möglicherweise defekt. Daher haben wir grundsätzlich immer nur in eine PDF-Datei gedruckt, die dann kontrolliert und ggf. auf Papier ausgedruckt.
Später hatte ich mal mit dem vorletzten Word for Mac ein bestimmtes Formular erstellt, das von anderen Leuten ausfüllbar sein sollte. Die Formularfelder waren teils als Aufzählungsliste (mit Bullets) formatiert. So lange man dort nur Text ins Formular eintippte, funktionierte das meist einwandfrei. Aber wenn man Text bearbeitete oder löschte, haben merkwürdige Auto-Mechanismen von Word mitunter den eigentlich geschützten Formular-Anteil modifiziert, z.B. von Aufzählungliste auf normalen Absatz gewechselt, was man auch nicht zurücknehmen konnte, ohne vom Formular-Ausfüllen-Modus zum Formularerstellungsmodus zu wechseln, der bei gewissen Word-Versionen (nicht bei allen) aber zum Löschen aller Formularinhalte, die man schon eingegeben hatte, führte. Es war ein solcher Murks (und unterstützte nebenbei bemerkt auch keine Änderungsverfolgung), dass wir uns ganz schnell wieder vom Formularmodus verabschiedeten und einfach normale Worddokumente rausgaben (mit der Konsequenz, dass viele Benutzer das Formular teils absichtlich veränderten oder unabsichtlich beim bearbeiten Überschriften mit in angrenzende Absätze reinzogen etc.
Das sind nur ein paar wenige Beispiele von ganz alltäglichen Problemen, die m.E. nicht einmal ein einer Betaversion auftreten dürften, sondern schon im Alpha-Test bemerkt und korrigiert werden müssten und die mich meine oben stehende Behauptung mit Fug und Recht aufrecht erhalten lassen. Das Einzige, was ich zugeben muss, ist, dass ich noch nicht mit den ganz aktuellen Word-Versionen gearbeitet habe. Aber nach all meinen Erfahrungen bastelt MS Word nur an der Oberfläche oder neuen Features herum und behebt nicht die grundlegenden Probleme, die vermutlich auf einer jahrelangen Evolution der Software beruhen. Die Office Suite bräuchte auch mal eine NT-Phase, in der sie von Grund auf komplett neu entwickelt statt immer weiter modifiziert wird. Bei Windows hatte das damals zumindest geholfen.
(Und ich möchte gar nicht auf einem Word-Dokument professionell arbeiten, sondern ich wünsche mir einen professionellen Alltag, in dem Word-Dokumente als ungeeignet verbannt werden.)
Aber was erwartet man schon von einem Programm, das nicht etwa „Article“, „Book“, „Pages“ oder wenigstens „Paragraph“ oder „Sentence“, sondern schlicht „Word“ heißt. Zum Schreiben und Ausdrucken eines einzelnen Wortes ist die Software durchaus hervorragend geeignet
