Ich denke, in einer professionellen Herangehensweise an die Fragestellungen, die hier auftauchen, muss man bestimmte Dinge einmal losgelöst von persönlichen Präferenzen und Erfahrungen betrachten.
Branchenweit, und in quasi jedem Gesellschaftszweig, ist Digitalisierung ein Thema. IT betreibt jegliche Prozesse in Verwaltungen, Wirtschaft und auch in den Privathaushalten. Dabei hat der IT-Einsatz sich in den professionellen Bereichen stark gewandelt. Von den ersten "Gehversuchen" in den 70er/80ern bis heute ist viel passiert. War IT in den Anfangsjahren vorwiegend einzelplatz- und einzelfallgeprägt und in den Händen von interessierten Enthusiasten in den Unternehmen so ist heute für quasi jede Anforderung eine professionelle Infrastruktur vorhanden. Die Zeiten des "Experimentierens mit IT" sind vorbei, Bastellösungen sind genauso wenig zielführend wie zu starres Festhalten an gewohnten, aus der analogen Welt stammenden, Abläufen.
IT ist in Unternehmen in der Regel nur zu einem Teil "Technik" - viel bedeutender ist meist der organisatorische, strategische oder prozessuale Part. Die zielgerichtete und effiziente Nutzung der am Markt befindlichen Lösungen für meist komplexe Architekturen bereitet den IT-Planern eher Kopfschmerz als die letztliche Auswahl eines Endgerätes, mit dem der Anwender dann an seinem Schreibtisch in Berührung kommt.
Enterprise-Lösungen umfassen daher meist in komplexen Projekten lange vorausgehende Beratung, Planung bis hin zu Produktauswahl, Konzeptionierung und Anpassung an die Kundenanforderungen, Server, Netze, etc. Dann werden Verträge, Service-Level-Agreements, vereinbart, Mitarbeiter im Umgang mit den Systemen geschult u.s.w.
Ganz am Ende der Kette steht irgendwo auf einem Schreibtisch ein Client, an dem produktiv gearbeitet wird. Hier sieht der IT-affine Mitarbeiter dann eine Windows-Oberfläche und wünscht sich einen iMac. Oder er sitzt an seinem iMac und postet in Foren, sein Unternehmen würde "auf Apple setzen."
Die Rolle, die ein colcher Client in dem Gesamtsystem spielt, wird meist überschätzt. Eine moderne IT in Großunternehmen kann sehr gut mit Heterogenität der Plattformen umgehen, Oft wird sogar bewusst darauf gesetzt. Ein Unternehmen, welches als Clients komplett mit Macs arbeiten würde, wäre dennoch zu 95% mit Nicht-Apple-IT ausgestattet. Die Endgeräte auf den Schreibtischen machen maximal die Spitze des Eisbergs einer IT-Architektur aus. Aus Prestigegründen oder um Mitarbeiter zu motivieren, setzen viele moderne Konzerne auf die freie Auswahl des Arbeitslaptops, z.B. ein großer CMS-Anbieter aus Dortmund. Da kann der Mitarbeiter ähnlich eines Dienstwagens bei der Einstellung ein Laptop aus einem Katalog wählen, der alle Hersteller umfasst.
Die wichtigen 95% der Unternehmens-IT stammen in keinem Fall von Apple - denn außer Endgeräten bietet der Konzern aus Cupertino nichts mehr an. Wer also seine Firma IT-technisch zum Laufen bringen will, muss sich in jedem Fall mit Namen wie Oracle, Microsoft, SAP, IBM, etc. auseinandersetzen.
Und hier ist wirklich Professionalität in allen Themenfeldern zu bekommen. Beratung, Konzeption, Support bis hin zum letztlichen Hinstellen des Rechners sind viele Konzerne einfach erfahren und umfassend aufgestellt. Apple gehört nicht dazu. Da kannst Du die Rechner kaufen, bekommst maximal ein wenig Kaufberatung. Wenn 3 Monate später ein Releasewechsel vorgesehen ist, der deine Lösung inkompatibel macht, dann erfährst Du es zum Release, genau wie jeder Privatkunde mit seinem iPhone.
Deshalb setzen viele Konzerne maximal in völlig unkritischen Bereichen auf Macs - in dem Wissen, dass sich Clients durch eine gute IT-Planung auch innerhalb kurzer Zeit komplett wechseln lassen.
Das ist das eine. Das andere ist die Überzeugung, dass mit einem intuitiveren, besser zu bedienenden System wie macOS (wenn man das vorige denn unterstellt) - wirklich Produktivität steigern ließe. Das wird meiner Meinung nach ebenfalls deutlich überschätzt. Maximal im Einzelfall finden Enthusiasten immer wieder Workflows die sich mit dem einen oder anderen System subjektiv "besser" lösen lassen. Die Auswirkungen solcher Details auf hochkomplexe Produktivumgebungen dürfen aber durchaus angezweifelt werden.
Das Befassen mit den diffizilen Unterschieden in der Bedienung eines Betriebssystems stammt in der Regel eher aus dem Privat- und Hobbyumfeld. Das kommt der Frage gleich, ob die Polizei bundesweit mehr Einbrüche verhindern würde, wenn der Streifenwagen kein Passat sondern ein Ford-Mondeo wäre. Im heruntergebrochenen Einzelfall, unter Laborbedingungen, lassen sich sicher Unterschiede herbeiführen. Kumuliert auf das Jahresgeschäft einer Arbeitsumgebung mit all den hochspezialisierten Abläufen im Büroalltag, dürfte es kaum eine Rolle spielen. Moderne Unternehmen hängen heute nicht mehr vom sekundengenauen Akkordarbeiten ihrer Mitarbeiter ab.
Der Laie ist es, der - ein wenig mystifizierend - erfolgreiche Tätigkeiten auf Einzelfaktoren bezieht. Das Meistertor bei der WM, welches mit dem neongelben Adidas-Schuh geschossen wurde, der dann "Kult" wird. Am Ende wäre das mit Puma genauso passiert.
Kein Arbeitsergebnis eines Unternehmens, das mit Windows arbeitet, würde mit einem Mac-Arbeitsplatz anders aussehen. Umgekehrt genauso wenig.
Windows ist durch strategische Entscheidungen von Microsoft in den 80ern zum erfolgreichsten System der Welt geworden. Heute ist jede Firma in der Lage, statt dessen Macs einzusetzen. Wenige tun es. Das liegt nicht an der "Blödheit" oder dem Unwissen professioneller IT-Strategen. Es liegt schlicht und ergreifend an der mangelnden Notwendigkeit, es zu tun.
Wer Platzhirsche verdrängen will, muss einen Mehrwert bieten. Und der zeigt sich den Unternehmen in der breiten Masse nicht. Und wenn man objektiv moderne windowsbasierte Lösungen anschaut, dann sieht man auch warum. Denn sie sind kostengünstig und leistungsstark. Und sie machen das was sie sollen. Schwer für andere, sich hier in der Masse als Alternative zu etablieren.