Moin!
Man kann Mails klar formulieren. Man kann (*muss*!) auf die Regelungen im ArbZG hinweisen. Man kann eine Bereitschaft einrichten (klar, kostet Geld).
Zunächst einmal hat das in vielen Jobs schlicht überhaupt nichts mit Bereitschaft(sdienst) zu tun, sondern häufig mit (falsch) verstandenem "Pflichtgefühl", aber auch gerne mal mit Angst (z.B. vor Kritik, wenn man nicht zeitnah auf die Mail des Vorgesetzten antwortet o.ä.). Es braucht auch bei einem LKW-Fahrer oder Handelsvertreter keinen Hinweis auf die StVO, dass diese im Ergebnis doch häufig dagegen verstoßen.
Man kann klare Ansagen machen (wichtige Dinge werden per Telefon angeordnet, sind wir wieder bei Bereitschaft, klar, kostet Geld).
Kann es sein, dass du einfach dein eigenes Arbeitsumfeld versuchst als wahrlich richtig für die gesamte Welt anzusehen? Ich sage es dir nur ungern, aber für ein kleines mittelständisches Unternehmen, dass einfach nine-to-five geöffnet hat, ist die Welt eine andere, wie z.B. für einen weltumspannenden Konzern oder das "coole Start-Up" aus Berlin.
Dazu kommt noch, dass es ja heute sogar von Arbeitnehmer(!)seite immer mehr den Wunsch nach Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ort gibt. Das mag für viele Arbeitnehmer, je nach Branche, Abteilung und Tätigkeit, zwar schlicht keine Option sein (der Verkäufer muss nun mal im Laden, der Mechaniker in der Werkstatt stehen), aber warum soll ich einem Programmierer verbieten, nachts zu arbeiten, wenn er für sich seine ruhige Zeit findet? Warum soll ein Grafiker nicht am frühen morgen seine Ideen zu Papier bringen?
Und dabei geht es eben nicht, um Bereitschaft oder die Frage, ob derjenige dafür bezahlt wird, sondern erst mal nur schlicht um die Frage von Arbeitszeit und -ort.
In jedem Fall ist das Lesen und Bearbeiten von Mails Arbeitszeit - es versteht sich von selbst, dass der Arbeitnehmer dann erst 11h später in der Arbeit auftauchen dürfte.
Ersteres ist unbestritten und zweites fängt allmälig an, das Problem zu erkennen. Aber dazu gleich weiter unten mehr.
Hier geht es um "Probleme", die kein einziges seriöses Unternehmen hat.
Falsch. Das ist ein Problem, welches eine ganze Reihe an seriösen Unternehmen haben. Und zwar insbesondere dann, wenn Mitarbeiter ein Notebook haben, mit dem sie von zu Hause aus arbeiten können und/oder ein Diensttelefon, mit dem sie auch von unterwegs ihre Dienstmails abrufen können.
Was glaubst du denn, warum das Thema selbst bei Konzernen wie Volksagen, Deutsche Bank, Continental, e.on oder BMW ein heißes Thema ist:
BMW rechnet Dienstmails in der Freizeit aufs Stundenkonto. Volkswagen knipst den Mailserver abends aus. Daimler löscht Korrespondenz, die im Urlaub eintrifft. Viele Konzerne gehen gegen die digitale Flut vor. Doch am Ende ist etwas ganz anderes entscheidend.
www.spiegel.de
Deutsche Banker lassen Handy nach Feierabend häufiger ruhen
www.welt.de
Erste Konzerne regeln die mobile Erreichbarkeit außerhalb der Arbeitszeit. Doch wie vertragen sich strenge Vorgaben mit den flexiblen Arbeitsmodellen? Wir haben bei BMW, Daimler, der Telekom, Continental und e.on nachgefragt.
www.computerwoche.de
Oder ganz allgemein:
Viele Deutsche lässt der Job nach Feierabend nicht los: Auch Zuhause lesen und beantworten sie ihre E-Mails. In anderen Ländern kommt das aber noch häufiger vor.
www.faz.net
Ich glaube, dass es dir schlicht an ein bisschen Erfahrung in der Breite der Unternehmen fehlt, um das Ausmaß wirklich einschätzen zu können.
Aus meiner persönlichen Erfahrung heraus gibt es da auch keinen wirklich signifikanten Unterschied zwischen kleiner 10-Mann-Krauter-Gesellschaft und 300.000-Mann-Laden. Es ist vielmehr eine Frage der Mentalität, des Führungsstils, etc.pp. Es gibt große Konzerne, die dem (mittlerweile) technisch den Riegel vorschieben - und es gibt Unternehmen, in denen es quasi Erwartung ist, dass die Mitarbeiter immer sofort reagieren.
Aber der wichtigste Punkt ist völlig ignoriert worden: Ich schrieb, Mail ist kein Echtzeitmedium. Was ist, wenn der Versand so lange dauert, dass die Mail doch erst in der Nacht ankommt?
Ja, was dann? Dann ist das eben so, dass das im Einzelfall passiert. Soll das jetzt eine Begründung sein, die Möglichkeiten der eigenen Tätigkeiten nicht zu nutzen? Mit dem gleichen Argument könntest du Tempolimits vor Schulen als hinfällig betrachten - was wenn da doch mal jemand zu schnell fährt?
Es ist das alte Thema: Jede Art von Information, Regelung, Vorgabe, Prozess etc. kann nur eine groß bis größtmögliche Anzahl von Fällen adressieren - nicht jedoch vollkommen ausschließen, dass dies im Einzelfall nicht dennoch zum Versagen führt.
regen sich alle auf, dass ich keinen validen Grund sehe - tu ich immer noch nicht. Fehlen nur allen die Einsicht dazu. Macht es echt nicht besser.
Vielleicht sind ja nicht alle anderen verrückt - nur mal so als Überlegung. Und selbst wenn man die Meinung anderer nicht nachvollziehen kann, braucht man sich dazu nicht lange aus zu lassen, sondern könnte schlicht einfach akzeptieren und respektieren, wenn es augenscheinlich eben doch auch andere Standpunkte dazu gibt.