[10.6 Snow Leopard] Mac OS Philosophie

[Dinofelis]

und es steht sehr zu bezweifel,. dass Steve mitliest, sich denkt: "Mensch, die haben recht" - und seine Programmierer anweist, das alles zu ändern.

Oh, ganz im Gegenteil.

Wirklich, ganz im Gegenteil.

Steve Jobs liest natürlich so etwas längst nicht mehr mit, aber Apple (und Steve Jobs) haben bereits vor fast 30 Jahren begonnen, das menschliche Verhalten zu untersuchen, wenn es um Benutzung von Computer geht. Daraus entstand eine absolut einmalige Dokumentation, die "Human Interface Guideline". Ich habe ein Exemplar. Schon lange vor OS X wird das als Einzel-Dokument nicht mehr veröffentlicht, ist aber in die Entwickler-Dokumentationen eingeflossen. Ein Hintergrund dazu ist, dass OS X ja absolut nichts mehr mit früheren Mac-Systemen zu tun hat, sondern ein neuer Zweig des früheren NeXT-Systems ist, usw usw wurde hier im Netz schon genügend besprochen.

Fakt ist, Apple tut genau dies, was du abstreitest: Die Entwickler werden angewiesen, gemäß den Erkenntnissen des HIG die Programme so zu entwickeln, dass die bestmögliche Benutzererfahrung entsteht, und das funktioniert auch ganz gut.

(was im Übrigen auch für Windows gilt)

Keine Ahnung, was Microsoft so treibt, aber der Benutzer steht weniger im Vordergrund, sondern eher die Investitionssicherheit für Unternehmen. Das ist Segen und Fluch zugleich.

 

[JvW]

oh - Whow, das wusste ich nicht - ist aber genial!

Trotzdem: Ich habe etwas Einblick in REFA-Techniken - und da geht es nicht so sehr darum, ob etwas logisch erscheint bzw vom Anwender verstanden wird - sondern um die Optimierung von Abläufen.
Und das Konzept von OSX scheint mir darauf ausgelegt zu sein, Dinge möglichst intuitiv steuern zu können, nicht so sehr, das logisch zu erfassen. Die Gewöhnung geht jedenfalls sehr schnell und ohne Stolpern, wenn man sich halt drauf einlässt - nach einer Woche fragt man sich nicht mehr "Warum" - sondern weiß, wie es reagiert. Und genau den Punkt meine ich: Niemand wird etwas ändern, wenn der Ablauf funktioniert

Und das tut er ja: Ich schließe ein Fenster - das Dokument, den Brief
Ich schließe ein Programm - die "Schreibmaschine wird weggeräumt
Es gibt keinen Grund, die Schreibmaschine automatisch wegzuräumen, nur weil ein Brief fertig ist.
Das ist der Normalfall, und der ist so nachgebaut

Andere Programme können halt nur ein einziges "Ding" bearbeiten, da schließt man beides zusammen

Logisch? Ja. In sich logisch und deshalb richtig - wenn man sich drauf einlässt, eben

 

[Dinofelis]

Logisch? Ja. In sich logisch und deshalb richtig - wenn man sich drauf einlässt, eben

Du hast es erfasst.

Apple ist in dieser Hinsicht eigentlich immer sehr konsequent gewesen, aber die Transition zu iOS hat doch im Laufe der Jahre zu deutlichen (im nachhinein verständlichen) Inkonsistenzen geführt.

Und weiterhin sind denkbare Interfaces ja inzwischen (dank Touch und Retina-Displays) ebenso unendlich wie das menschliche Verhalten selbst.

Das kann man kaum noch steuern, und daher ist unter iOS eigentlich nur noch ein zwingendes Element für alle Programmierer vorhanden: Der Home-Button.

Dennoch - Apple weiß ganz genau, warum es gewisse GUI-"Regeln" gibt und hält daher auch sehr starr an einigen fest.

Ein schönes Bespiel ist das fehlende Ausschneiden von Dateien auf einer Disk (in einem Ordner). Es gibt sehr gute Gründe, das aus Gründen der Benutzererfahrung nicht zu ermöglichen. Deswegen wird Apple das (wahrscheinlich) niemals einführen, und wenn alle Windows-User der Welt noch sehr danach schreien.

 

[JvW]

eben, das meinte ich ja: Selbst, wenn alle Welt jetzt umsteigt (und nach gewissen Dingen schreit) wird es das nicht geben. Weil.
Und eben deshalb ist es müßig, da zu diskutieren - die Zeit ist besser angelegt, wenn man sich "eingewöhnt"
(oder, falls das nicht gelingt oder nicht gewollt ist, eben das System wechselt)

Mir ist, nebenbei, nie aufgefallen, dass das Ausschneiden von Dateien unter OSX "nicht geht" - weil ich das auch unter Windows nie gemacht habe. Offenbar bin ich schon viel früher bei Apple angekommen, als ich dachte ...

 

[Dinofelis]

Allerdings ist Apple inzwischen natürlich nicht mehr die einzige Firma, die sich Gedanken um Interfaces und deren Vermarktung macht.

Hier ein (sehr schönes) Video eines sehr alten Unternehmens aus USA, dass spezielle Gläser herstellt, und durch Shares und Holdings sehr stark mit der IT- und Hightech-Branche verbandelt ist:

http://www.youtube.com/watch?v=6Cf7IL_eZ38

Offen gesagt, mich hat das beeindruckt. Wenn die Eröffnung stimmt ("7:00 a.m. in the near future") und sich die im Video implizierten Versprechen wirklich bewahrheiten, dann steht uns noch einiges an sehr erstaunlichen Erfahrungen bevor.

 

[DasDany]

… es wäre trotzdem so, wie es ist, und es steht sehr zu bezweifel,. dass Steve mitliest, sich denkt: "Mensch, die haben recht" - und seine Programmierer anweist, das alles zu ändern.
(was im Übrigen auch für Windows gilt)

wäre aber lustig

@bifi/Guy.brush warum findet ihr, dass das Fenster schließen Gold wert ist. Würde nicht genauso gut das minimieren funktionieren?? Denn Programme öffnen sich auch so in sehr kurzer Zeit.

Das ist genau dieses Windows-Denken. Warum seinen Dock mit offen Fenster vollpacken, wenn man durch die Programme viel leichter navigieren kann? Außerdem kommt ein minimiertes Fenster nicht gleich zum vorschein, wenn es minimiert ist. Warum auch? Ich öffne per cmt+tab das Programm und nicht das Fenster.
In der Windows-Welt ist es glaube auch so, dass Firefox oder irgend ein anderer Browser für jedes Fenster ein neues Programm öffnet. Da bin ich mir aber nicht sicher. Soll aber auch nicht thema des ganzen hier sein.

 

[DasDany]

Ein schönes Bespiel ist das fehlende Ausschneiden von Dateien auf einer Disk (in einem Ordner). Es gibt sehr gute Gründe, das aus Gründen der Benutzererfahrung nicht zu ermöglichen. Deswegen wird Apple das (wahrscheinlich) niemals einführen, und wenn alle Windows-User der Welt noch sehr danach schreien.

Das hatte ich auch nie wirklich verstanden warum das weggelassen wurde. Als ich von Windows auf Mac wechselte hatte ich die Funktion wirklich vermisst, weil man sie bei Windows so oft braucht.
Anfangs hatte ich , wie gesagt, die FUnktion vermisst. Heute benötige ich "Ausschneiden" nicht mehr. Einfach an den gewünschten Ort ziehen und schon ist's fertig.

 

[Kuester]

Wo wir gerade bei diesem speziellen OT sind: Welches sind die guten Gründe für das Fehlen von Auschneiden im Datei-Browser. Ich habe mich zwar auch schon lange daran gewöhnt, würde mich aber trotzdem sehr für die Hintergründe dieser Designentscheidung interessieren.

 

[JvW]

oh, das ist einfach:

Datensicherheit: Wenn du etwas ausschneidest, ist es erstmal gelöscht. Wenn du dann nicht dran denkst (Ablenkung, Systemabsturz, Freundin will Sex) das wieder einzufügen, bleibt es weg. Sprich, Datenverlust.
Es ist eine eiserne Regel, sich niemals auf das Schwächste Glied einer Kette zu verlassen - und das ist nun mal der User ...

 

[Pascolo]

Datensicherheit: Wenn du etwas ausschneidest, ist es erstmal gelöscht. Wenn du dann nicht dran denkst [...] das wieder einzufügen, bleibt es weg. Sprich, Datenverlust.

Dieses Argument kommt immer wieder, aber:

Wenn man mittels CTRL+X eine Datei zum Ausschneiden auswählt, wird sie unter Windows lediglich zum Ausschneiden markiert. Wenn ich nachher z.B. mittels CTRL+C einen Text oder eine andere Datei kopiere, verschwindet die mittels CTRL+X markierte Datei nicht einfach von der Festplatte. Man kann auch mehrere Dateien hintereinander mittels CTRL+X zum Ausschneiden markieren. Mittels ESC wird die Markierung dann wieder aufgehoben.

Es gibt keinen Datenverlust oder anders gesagt: Hast du einen Beweis für deine Theorie?

Ich bin lernfähig.

 

[DasDany]

oh, das ist einfach:

Datensicherheit: Wenn du etwas ausschneidest, ist es erstmal gelöscht. Wenn du dann nicht dran denkst (Ablenkung, Systemabsturz, Freundin will Sex) das wieder einzufügen, bleibt es weg. Sprich, Datenverlust.

Ist das wirklich so? "Ausschneiden" funktioniert doch so, dass erst eine Kopie angelegt wird und das original erst gelöscht wird, wenn die Kopie erstellt wurde. Demnach sollte das Original bei einem Absturz immer bestehen bleiben. Anders wäre es unlogisch finde ich.
BTW… gute Argumente für einen Datenverlust, die du ausgewählt hast

 

[JvW]

Ach? OK - zu den Zeiten, als ich Windows noch ernsthaft benutzte (und unterrichtet habe) war das anders. Da war mit Ausschneiden die Datei ausgeschnitten und folglich weg. Allerdings ist das schon etwas länger her, ich habe schon XP nur noch als Programmestarter benutzt

 

[Pascolo]

Ich arbeite auch mit Windows XP und da ist das so. Eine mittels CTRL+X markierte Datei wird auch nicht gelöscht, wenn man Windows neu startet oder hinunterfährt. Ein Datenverlust sollte es nicht geben. Allerdings weiss ich nicht, wie das MS genau hingekriegt hat. Da bin ich überfragt.

 

[JvW]

Na gut - dann ist also CTRL-X ein Fake unter Windows - es gibt für Dateien "Ausschneiden und Einfügen" nicht. Sondern eine andere Funktion, die auf die gleiche Tastenkombination gelegt wurde und auch so heißt (was mir ganz und gar nicht gefällt).

Wobei ... die Sache mit dem Umherschieben von Dateien ist mir (egal mit welcher Methode) immer suspekt gewesen, das war immer die Fehlerquelle NR.1 ("Meine ganze Datei ist weg", vorzugsweise Samstagabend, wenn Montag Abgabe war. Sondertarif Wochenende, bracht wenigstens gutes Geld. Meist war die Datei dann "irgendwo" und "nein, ich habe ganz sicher nichts gemacht!" und so)

 

[Pascolo]

[...] die Sache mit dem Umherschieben von Dateien ist mir [...] immer suspekt gewesen, das war immer die Fehlerquelle NR.1 [...]

Ich habe es mir mittlerweile so angewöhnt, dass ich zwei Finder-Fenster offen habe und dann nur noch die Datei hinüberschieben muss. Durch die einzelnen Ordner in einem Fenster hangle ich mich auch nicht. Mit dem Trackpad ist das sowieso immer eine heikle Angelegenheit. Es ist mir schon ein paar Mal passiert, dass ich die Datei aus Versehen irgendwo losgelassen habe.

Man lernt bekanntlich nie aus.

 

[DasDany]

Ich habe es mir mittlerweile so angewöhnt, dass ich zwei Finder-Fenster offen habe und dann nur noch die Datei hinüberschieben muss. Durch die einzelnen Ordner in einem Fenster hangle ich mich auch nicht. Mit dem Trackpad ist das sowieso immer eine heikle Angelegenheit. Es ist mir schon ein paar Mal passiert, dass ich die Datei aus Versehen irgendwo losgelassen. …

Ich mach das genauso. Das Problem mit dem loslassen der Taste hatte ich auch schon zu oft. Dann folgt das groß Suchen der Datei, wenn man Pech hat.

 

[JvW]

tja - ich verschiebe Dateien eher selten ... und wenn, dann auch mit zwei Finder-Fenstern. Wieso ist das mit dem Trackpad "heikel"? (ernsthafte Frage, ich denke daran, mir so ein Teil zuzulegen)

 

[Bananenbieger]

Welches sind die guten Gründe für das Fehlen von Auschneiden im Datei-Browser.

Ganz einfach: Konsistenz. Ausschneiden ist unter OSX in jedem Programm ausschneiden und kein "Vormerken zum Verschieben" wie beim Windows-Explorer. Gleiches gilt auch für die Backspace-Taste. Das ist immer eine Löschtaste und NIE eine "Gehe einen Schritt in der History zurück"- oder "wechsele eine Ebene höher"-Taste.

Fehlendes Ausschneiden für Dateien ist auch eines der Beispiele für durchdachtes, konsequentes UI-Design (Design nicht im Sinne von Klickibunti, sondern im Sinne von etw. entwerfen, planen).
Bei Windows sieht man schön was passiert, wenn mal wie wild Funktionen irgendwie implementiert.

Natürlich ist Apple aber auch nicht perfekt und leider halten sie sich oft nicht an ihre eigenen Interface-Guidelines.

 

[DasDany]

Das Trackpad ist schon klasse. Es ist nur so, dass du beim verschieben von Dingen die Taste gedrückt halten musst. Ist ja klar. Dann kann es dir aber auch mal passieren, dass du mit dem einen Finger vom Pad rutscht, oder er aus übernatürlichen Dingen die Taste einfach los lässt. Dann ist die Datei natürlich genau da, wo du sie nicht haben wolltest.
Ansonsten ist das Trackpad toll. Kauf es dir ruhig.

 

[JvW]

danke, Dany

Ich werd das mit dem neuen Mini bestellen (sobald der Löwe los ist) und (wie vermutet) eine Maus dazu nehmen - für solche Sachen eben.