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Gedankenexperiment: Konzept einer sozialen Aktiengesellschaft

schlagi

Weisser Rosenapfel
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hosja, recht hast Du auch, und Deiner These schließe ich mich - mit Abstrichen bei der KG - voll an :)

Die Frage ist, worauf das Gedankenexperiment abzielt: die geeignete Form für ein soziales Unternehmen zu finden, das eng an seine Kunden angebunden ist, dann bin ich bei Dir, dafür ist die Genossenschaft gemacht, bringt aber gewisse Einschränkungen mit sich, was die sonstige Ausgestaltung des Wirtschaftens angeht. Oder soll ein Weg gefunden werden, ein durchaus auf Gewinn wirtschaftendes Unternehmen zu haben, das insbesondere auch die Börse für seine Aktien nutzen können soll, aber in diesem soweit möglich einen - wie auch immer verankerten - Einfluss "der Bürger" zu verankern, dann müssten wir von KGaA, AG oder SE (bzw. entsprechenden Veranstaltungen in anderen Ländern) wegarbeiten, und da wird es dann schwierig...
 

smoe

Roter Winterkalvill
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dass man automatisch auf das eigene anonyme Konto den entsprechenden Anteil transferiert bekommt.
Hältst du es überhaupt für möglich, dass ein Konto welches einer Person zugeordnet sein muss, anonym sein kann? Für mich schließt sich das gegenseitig aus...
 

wheeler

Himbeerapfel von Holowaus
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Um mal auf deine Frage zu antworten:
Hätte eine solche Gesellschaftsform das Potential auf natürliche weise ein verantwortungsvolles Wirtschaften ohne große Regularien zu ermöglichen?
Ich bin mir ziemlich sicher, dass du das nicht erreichen wirst, indem du die Entschiedungen in einem Unternehmen auf eine breitere Basis stellst. Du wirst wieder mit Zusammenschlüssen und "Interessenvertretungen" zu kämpfen haben. In diesen werden wieder Eigeninteressen von machtbesessenen Personen(
Gruppen) verfolgt werden und du hast dasselbe in grün.
Ich denke, dass wir als Beispiel hierfür einen Blick auf die großen Gewerkschaften und auf die politische Ebene werfen können um zu sehen, wohin es führt.
Frage dich doch einmal, ob du dich von einer politischen Partei von A wie Arbeitnehmerrechte bis Z wie Zusatzrente vollständig richtig vertreten fühlst...
Dieses Dilemma wird auch in deinem oder jedem ähnlich gelagerten System schwierig zu lösen oder zu umgehen sein, weswegen wir wohl leider damit leben müssen, dass es eine schöne Utopie bleibt, dass Unternehmen und deren Lenker auch die volle soziale, ökologische und gesamtgesellschaftliche Verantwortung für ihr Handeln und Wirtschaften übernehmen.
 
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Reaktionen: ImperatoR und schlagi

ImperatoR

Roter Astrachan
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Hi wheeler, vermutlich hast du recht--dieses Verhalten liegt wohl auch in der Natur des Menschen! Jedoch würde mein Konstrukt ggf eine andere Dynamik entwickeln, da man beispielsweise der von einer "Interessenvertretung" zur nächsten innerhalb von Sekunden wechseln kann (indem man die Anteile von einer anderen Gruppe vertreten lässt).

Ich gehe eben davon aus, dass sich die Kommunikation hauptsächlich im Internet abspielt; und das möglichst unbürokratisch! Quasi eine Art Facebook für Aktien. :)
 

schlagi

Weisser Rosenapfel
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Ein Aktionär kann auch jetzt schon einen Vertreter (z.B. von seiner depotführenden Bank) mit Weisungen zur Abstimmung für jeden einzelnen Tagesordnungspunkt losschicken. Allerdings wollen sich die Kleinaktionäre häufig nicht im Detail damit befassen, sondern folgen dem Abstimmungsvorschlag ihrer Bank, oder anderer professioneller Aktionärsvertreter (RiskMetrics z.B.), relativ blind. Und ich kann mir gut vorstellen, bei einem Anteilsinhaber, der sich nicht bewusst für die Anlage in der Aktie entschieden hat, sondern diese als "Geschenk" oktroyiert bekommen hat, wird diese Neigung noch ausgeprägter werden.

Internethauptversammlung ist schon jetzt rechtlich möglich, aber mit sehr vielen technischen Schwierigkeiten belastet, weshalb es meines Wissens nach kaum jemand in größerem Umfang macht. Insbesondere hat noch keiner ausgetestet, welche Fehler als Anfechtungsgrund taugen, und welche zwar ärgerlich, aber unbeachtlich sind.
 

wheeler

Himbeerapfel von Holowaus
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Ich denke, dass es bei der Interessenvertretung im Wesentlichen darum ginge, bei wem der Anteilseigner am wenigsten Aufwand mit seinen Anteilen hat. Die Möglichkeit, jederzeit zu wechseln hat man ja rein theoretisch bei vielen Dingen des alltäglichen Lebens: Stromanbieter, Telekommunikationsanbieter...

Versteht mich bitte nicht falsch, ich bin der Meinung, dass Unternehmen und vor allem deren Vorstände viel stärker zur Verantwortung gezogen werden müssen. Die "Eurokrise"/"Bankenkrise" seit 2008 ist dafür vielleicht eines der besten Beispiele überhaupt. Allerdings wird es höchstwahrscheinlich nicht durch die Mittel des Marktes und der Mitbestimmung zu erreichen sein. Der Markt ist ein menschliches Konstrukt, das nur den Regeln gehorcht, die ihm per Gesetz auferlegt werden. Und dann finden sich immer neue Schlupflöcher.

Um also deine eingangs gestellte Frage nochmal aufzugreifen:
Hätte eine solche Gesellschaftsform das Potential auf natürliche weise ein verantwortungsvolles Wirtschaften ohne große Regularien zu ermöglichen?

Gibt es von mir ein klares Nein. Ohne Regularien und der Androhung sowie Durchsetzung empfindlicher Strafen wird es nicht gehen.
 

wheeler

Himbeerapfel von Holowaus
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Ich fühl mich gerade schlecht: Da nach mir niemand mehr gepostet hat, habe ich jetzt das Gefühl, hier mit Totschlagargumenten alle abgewürgt zu haben...

Grundsätzlich bin ich sehr dafür, dass sich in Unternehmen etwas ändert. Dahingehend, dass sie sich nicht nur dem Anteilseigner verpflichtet fühlen und auf kurzfristige Umsatz-/Gewinnsteigerungen aus sind.
 

ImperatoR

Roter Astrachan
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Der Markt ist ein menschliches Konstrukt, das nur den Regeln gehorcht, die ihm per Gesetz auferlegt werden.

Die Grundregeln eines Markes sind aber vollkommen natürlich und funktionieren schon seit der dunklen Zeit nicht anderes.

Und dann finden sich immer neue Schlupflöcher.

Genau das ist das Problem! Gerade dass die Steuern nicht korrekt abgeführt werden...

Da nach mir niemand mehr gepostet hat, habe ich jetzt das Gefühl, hier mit Totschlagargumenten alle abgewürgt zu haben...

Sorry, ich für meinen Teil war eine Woche im Urlaub, daher habe ich nichts mehr dazu gesagt. :)
 

ImperatoR

Roter Astrachan
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Bisher habt ihr ja mehr aus Unternehmenssicht argumentiert, mich würde eher interessieren, ob ihr als Verbraucher so etwas gutheißen würdet?
 

wheeler

Himbeerapfel von Holowaus
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Die Grundregeln eines Markes sind aber vollkommen natürlich und funktionieren schon seit der dunklen Zeit nicht anderes.

Das wird jedenfalls in jeden Grundkurs BWL/VWL behauptet, soweit ich das einschätzen kann... ;)
Ich für meinen Teil halte diese Regeln für menschengemacht. Ohne Menschen kein Markt. In anderen Regionen und Gesellschaften funktionieren Märkte teilweise auch etwas anders. Wenn ich das islamische Kreditwesen als Beispiel nehme, bei dem Zinsen verpönt sind (? Korrigiert mich, wenn ich da falsch liege).

Aus Verbrauchersicht muss ich sagen, dass ich mir manches Mal sehr gerne wünschen würde, dass Produkte anders hergestellt werden oder auf bestimmten Wegen zum Verbraucher kommen. Mit meiner Figur (1,79, 63kg) habe ich immer wieder Probleme, dass mir Hosen nicht passen oder meine Größe nicht verkauft wird.
Mein Geschmack ist auch nicht unbedingt massenkompatibel. Sei es Musik oder Kleidung, hier wünschte ich mir als zahlender Verbraucher sehr oft mehr Mitsprachemöglichkeiten.
 

ImperatoR

Roter Astrachan
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Also wäre für dich doch solch eine Demokratisierung von Unternehmen wünschenswert? Mehr Mitspracherecht und Verantwortung auch für den Kunden.

In anderen Regionen und Gesellschaften funktionieren Märkte teilweise auch etwas anders.

Was funktioniert anders? Nach Angebot und Nachfrage stellt sich ein Preis ein. Natürlich gibt es auch böse Buben, die den Markt z.B. durch Kartelle manipulieren wollen und gute Buben die ihn mit Regeln wie die der sozialen Marktwirtschaft auf das Gemeinwohl optimieren. Aber das Grundprinzip ist wohl überall gleich.
 

wheeler

Himbeerapfel von Holowaus
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Ein Beispiel:
Ich habe einen gebrauchten Golf Variant gekauft. Bei der Gelegenheit ging es mit in erster Linie um ein Fahrzeug mit wenigen Kilometern zu einem guten Preis, nicht zu alt.

Da dies schon fast zu viele Kompromisse waren, blieb für die Ausstattung nicht mehr viel an Auswahl. Sprich: Mir fehlt der Tempomat!
Jetzt könnte man meinen, dass das kein Problem ist, zum VW-Händler gehen und sagen, dass man den eingebaut haben möchte. Weit gefehlt! After-Sales ist nicht wirklich die Stärke von VW/Audi/Skoda. Der Kundenwunsch nach nachträglichen Auf- und Umrüstmöglichkeiten, der auch in diversen Foren immer wieder artikuliert wird, verhallt bei den Verantwortlichen ungehört.

Passende Beispiele lassen sich mit Sicherheit in vielen Branchen finden. Ob es nun um die Produktpalette geht oder um gesellschaftliche oder ökologische Belange: Als Verbraucher würde ich mich vielleicht weniger als Konsumvieh fühlen, wenn ich mehr Möglichkeiten zur Partizipation hätte.
Auf der anderen Seite kann eine starke Auffächerung der Produktpalette auch unwirtschaftlich werden, was das Unternehmen am Ende killt. Zuviele Köche verderben... usw.

Es ist also eine sehr zweischneidige Angelegenheit. Die Borniertheit der aktuellen Firmenvorstände auch gegenüber ihren Kunden ist allerdings kaum noch zu übertreffen, wie ich finde.
 

ImperatoR

Roter Astrachan
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Wie in meinem Ausgangsgedanken, fehlen den Firmen oft echte demokratische Strukturen. Und das ist ein Problem. Deshalb wirken Unternehmen oft wie Fremdkörper in unserer demokratischen Gesellschaft; bloß, dass wir, sei es als Arbeitnehmer oder Kunde, mehr Zeit in und mit diesen Oligarchien verbringen, als mit demokratischen Strukturen.

Wenn man es böse ausdrücken will, verbringen wir sehr viel Zeit auf diesen kleinen "diktatorischen Inseln". Daher ist das auch tief in der "Denke" vieler Menschen verflochten. Deshalb leben wir auch noch nicht Demokratie so, wie man sie leben sollte! Meine Idee wäre daher vielleicht ein Ansatz (der natürlich noch sehr ausbaufähig ist), um Demokratie stärker und tiefer in unserer Kultur zu verankern?

Daher geht es mir eben hauptsächlich, was ihr als Bürger davon haltet. Weil viele oft davon abgehalten werden, so gemeinwöhlerisch zu denken, da sie selbst die Hoffnung haben selbst irgendwann Tycoon zu werden—was aber eine Illusion ist. Aber mit solch einem Ansatz sind wir in gewisser weise alle kleine Tycoons und können gemeinsam unsere Zukunft bestimmen.
 

schlagi

Weisser Rosenapfel
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Für meinen Geschmack werden hier zu verschiedene Ebenen miteinander vermischt. Insbesondere wird einerseits auf der politischen Ebene gesprochen, Gemeinwohlförderung, demokratische Entscheidungsfindung etc., um dann andererseits auf die Ebene von Wirtschaftsunternehmen einzuschwenken und anhand von Einzelbeispielen, wie ein konkreter Verbraucher (sorry, wheeler und ImperatoR, will euch nicht zu nahe treten) sich seine Hose oder sein Auto wünscht, zu postulieren, dass Unternehmen stärker auf die Wünsche "der Verbraucher" eingehen müssen, wobei das Beispiel ja jeweils nur der Wunsch eines Verbrauchers war, und nicht etwa Ergebnis einer Abstimmung der Gesamtheit des Verbrechertums EDIT2 "Verbrauchertums" natürlich...

ImperatoR, ich möchte vor allem Deinen Satz hinterfragen, in Unternehmen fehlten demokratische Strukturen. Was bedeutet für Dich in diesem Zusammenhang Demokratie in diesem Zusammenhang? Mehrheitsentscheidung? Ist in den relevanten Gremien meistens qua Gesetz oder Geschäftsordnung festgeschrieben. Mitspracherecht aller Bürger bei allen Unternehmen, bis hinein in konkrete unternehmerische Entscheidungen wie die Produktgestaltung? Ich halte das für keine gute Idee. Denn zum Einen ist mir zumindest kein Fall bekannt, in dem "Schwarmintelligenz" tatsächlich funktioniert, sondern es nivelliert sich zum kleinsten gemeinsamen Nenner. Zum anderen , auch "böse" ausgedrückt, ist Demokratie letztlich die Hoffnung, dass mehr als die Hälfte der Menschen sich in weniger als der Hälfte der Fälle irrt. Mal ganz abgesehen davon, dass solche Entscheidungsprozesse wegen der andauernd notwendigen Massenabstimmungen zu träge sein dürften, glaube ich auch nicht, dass dem Verbraucher damit ein Dienst erwiesen wird.

Als Beispiel: Apple widersetzt sich zur Zeit dem Trend, Handys mit großen Bildschirmen zu bauen. Das Forum ist voller Threads, in denen sich Mitforisten die Köpfe darüber einschlagen, ob das nun gut oder schlecht ist; Gehörte Apple nun den Verbrauchern, bzw. wäre das eine von den Kunden zu treffende Entscheidung, was käme dabei raus? Und könnte es dann noch einen Hersteller für Nischenprodukte geben, da ja alle Unternehmen allen gehören, und es doch unwahrscheinlich ist, dass dieselben Verbraucher sagen: ok, von Samsung will ich große Handys, von HTC die mittelgroßen, und von Apple die kleinen, sondern alle wollen bei allen alles.

Die von Dir im letzten Satz angesprochenen Tycoons übrigens sind bzw. waren doch in der Masse Leute, die gegen die etablierte Meinung eine Idee entwickelt und zum Erfolg gebracht haben. Oder, um ein Henry Ford zugeschriebenes Zitat zu bemühen: "Wenn ich die Leute gefragt hätte, was wir produzieren sollen, hätten sie gesagt: Schnellere Pferde".

Anders gesagt, ich bin überzeugt davon, dass eine produktive, kreative Wirtschaft auch Freiraum für Unternehmertum braucht. Dadurch können sich gute Ideen und Produkte am Markt durchsetzen. Das schafft dann auch (damit sind wir beim Gemeinwohl) Beschäftigung, Arbeitsplätze, Steueraufkommen etc.

Dass dann dafür gesorgt werden muss, dass Steuern auch gezahlt werden, dass Gesetze eingehalten werden etc., ist selbstverständlich, aber eine getrennte Debatte.

Im Übrigen habe ich den unangenehmen Eindruck, dass wir hier eine Variante der Neiddebatte führen, bzw. bisher geht es darum, wie bei etablierten, erfolgreichen Unternehmen die Tür geöffnet werden kann, damit deren Gewinne "uns allen" gehören, bzw. "wir alle" das Unternehmen zwingen können, uns zu Willen zu sein. Aber wie sieht es mit kleinen Unternehmen aus? Konsequenterweise müssten doch "wir alle" Verbraucher auch Eigentümer der Unternehmen sein, denen es nicht gut geht. Sollten "wir alle" dann auch die Eigentümer von Quelle geworden sein, und hätten "wir alle" dann z.B. eine gute Tat tun müssen und dem Unternehmen Geld geben, um die Insolvenz abzuwenden? Denn zu guten Zeiten nehmen "wir alle" ja gern den Gewinn, und reden fleißig in die Unternehmenspolitik rein (genau das übrigens, was man den "Heuschrecken" aus der Private Equity-Szene gern vorwirft), dann müssten wir doch bitte den Anstand haben und unsere Verantwortung gegenüber dem Unternehmen wahrnehmen, nicht wahr? Also die über die Jahre eingenommenen Dividenden wieder zurückgeben, und falls rückblickend Entscheidungen falsch waren, dann bitte in den Knast!
 
Zuletzt bearbeitet:

wheeler

Himbeerapfel von Holowaus
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@schlagi: Insgesamt geht es ja um einen Gedankenaustausch. Daher sind viele Dinge, die wir hier (oder spreche ich lieber nur von mir) angebracht haben, tatsächlich nur beispielhaft zu sehen.
Das von mir gebrachte Beispiel mit dem Auto ist denn auch genau so gemeint. Einerseits will ICH JETZT GENAU DAS, WAS ICH WILL! SOFORT! Ich bin ja Kunde... ;) Andererseits sind wir hunderttausende oder Millionen Individuen oder Egoisten.
Und das ist ja auch das große Problem: Das Produkt muss sich rechnen, der Kunde soll sich ernst genommen fühlen. Darüber können im Idealfall neue Nischen erschlossen werden, im Zweifelsfall verzettelt sich die Unternehmensführung.

Was Imperators Ursprungsgedanken angeht, so sind wir ja inzwischen von der Forderung nach Unternehmensbeteiligungen auch schon weit abgekommen (glaube ich zumindest).

dann müssten wir doch bitte den Anstand haben und unsere Verantwortung gegenüber dem Unternehmen wahrnehmen, nicht wahr? Also die über die Jahre eingenommenen Dividenden wieder zurückgeben, und falls rückblickend Entscheidungen falsch waren, dann bitte in den Knast!

Hier hast du mich falsch verstanden, denke ich.
Mein Gedanke war der, dass eine Einzelperson schneller mit empfindlichen Strafen zu rechnen hat als ein Unternehmen. (Meine persönliche Meinung)
Dabei geht es nicht um falsche strategische Entscheidungen, sondern um Verbrechen, die von einem Unternehmen begangen werden. Beispiel gefällig? Siemens - Bestechungsskandal. Vattenfall - Wartung seines Kraftwerkes Forsmark. Verschiedene Energieunternehmen mit der Verklappung von Atommüll in der Nordsee und in einem maroden Salzbergwerk hier in Niedersachsen *räusper*

O.K., das letzte ist eher eine moralische Geschichte, da es leider nicht illegal war. Worauf ich hinaus will, dürfte allerdings jetzt vielleicht etwas klarer geworden sein.
Wenn du ein weiteres Beispiel möchtest, dann kipp' mal einen Liter Altöl vor den Augen deiner Nachbarn in den Gulli vorm Haus. ;)
 

schlagi

Weisser Rosenapfel
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@wheeler,

verstanden, manchmal kann es ärgerlich sein, wenn man ein bestimmtes Produkt von einem bestimmten Unternehmen haben möchte, die das aber um's Verrecken nicht produzieren wollen... Wobei, um das Beispiel mit den Abstandswarnern aufzugreifen, es gibt bestimmt einen lebhaften Markt von Drittanbietern, die genau diese Leistungen anbieten. Das heißt, es gibt genug Verbraucher, die genau das wollen, und ein bzw. mehrere Unternehmen haben genau diese Nachfrage entdeckt und bedienen sie.

Was das Strafrecht und Unternehmensstrafrecht angeht, ja, da besteht Verbesserungsbedarf. Ich hatte Dich in der Tat falsch verstanden und gedacht, Du hebst auf die immer wieder (im Nachhinein) gegen einzelne Vorstände erhobenen Vorwürfe ab, wegen unternehmerisch falscher Entscheidungen bestraft werden zu müssen. (Ich glaube allerdings, wenn Ferdl Piech vor den Augen seiner Nachbarn Altöl in den Garten kippt, ist er persönlich genauso dran ;))

Ein grundlegender Unterschied ist dabei natürlich, dass man zwar einen Menschen recht leicht in Haft stecken kann, bei einem Unternehmen als Konstrukt ist das schwieriger. Man kann natürlich sagen, dann ist halt immer der Vorstandsvorsitzende dran.
 

wheeler

Himbeerapfel von Holowaus
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Man kann natürlich sagen, dann ist halt immer der Vorstandsvorsitzende dran.


Unterschreib' ich sofort... ;) Damit wirklich auch die Verantwortung getragen wird und nicht immer nur
behauptet, um das Gehalt zu rechtfertigen.


 

schlagi

Weisser Rosenapfel
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Joa, na, gut, anderes Beispiel. Ein paar Seiten weiter oben kamen die beliebten Banker als Beispiel derer, die wegen schlechter Geschäftsführung ins Kittchen müssten. Insbesondere wurde sich (nicht hier, aber etwa in der Presse) darüber echauffiert, warum denn die ganzen Banken die maroden Anleihen von Griechenland, Zypern, Spanien etc. gekauft haben, so dass Mutti Angela losziehen muss und diese Länder retten, damit unsere Banken, die die Papiere gekauft haben, nicht an den Verlusten und Abschreibungen untergehen. Sollte man auch ein bißchen differenzierter sehen. (Am Rande, ich hätte die Anleihegläubiger halt ausfallen lassen, und dann gezielt wenn nötig einzelne Institute gestützt, aber egal.)

Es gibt ja, gerade um bei Banken dafür zu sorgen, dass diese nicht zu hohe Risikopositionen aufbauen, Regeln zum sog. regulatorischen Eigenkapital. Das sind die "Basel" Regeln, und nach Basel 1, 2, 2,5 ist man nun langsam bei Basel III. Vereinfacht gesagt, wird hier immer vom Gesetzgeber vorgegeben, dass eine Bank, die z.B. einen Kredit an ein Unternehmen gibt, in Abhängigkeit vom Risikoprofil des Kredits und des Schuldners x% der Kreditsumme durch genanntes regulatorisches Eigenkapital abdecken können muss. Das heißt, dass die Möglichkeiten einer Bank, sich in Geschäfte zu engagieren, begrenzt werden. ABER: Weil die Staaten natürlich ihre Anleihen weiter verticken können wollten, waren in den Basel-Regeln Staatsanleihen europäischer Staaten per Dekret als "Null-Risiko" bzw. mit minimalem Risiko festgelegt, so dass diese nicht mit Eigekapital unterlegt werden mussten. Dadurch hat der Gesetzgeber gerade einen Anreiz geschaffen, bei solchen Papieren nicht auf die Bonität des Schuldners zu achten, und die Banken inzentiviert, diese Papiere zu nehmen.

Dann sind die schwächeren Länder implodiert, es realisierte sich das Schuldnerrisiko, das ja gerade per Regulierung ausgeblendet worden war, und das Geschimpfe der Politiker geht los, warum denn die Banken so viele Papiere gekauft haben... Na, wenn ich schon Gesetze erlasse, die eine klare Steuerungsfunktion haben, dann sollte ich gefälligst die Konsequenzen zu Ende denken.

Nächstes Thema, die bösen Ratingagenturen. Was war das Geschrei groß, als die Länderratings gesenkt wurden und daraufhin an den Märkten die entsprechenden Staatsanleihen verkauft wurden. Die bösen Agenturen gehen gezielt gegen Europa vor etc. Aber was ist denn eigtl. die Funktion einer Ratingagentur: Eine Ratingagentur ist im Kern nix anderes, als eine Auskunftei, bei der der Auftraggeber ein Gutachten bestellt, wie wahrscheinlich es ist, dass Schuldner X seine Schulden vollständig und pünktlich bezahlen kann. Diese Überlegungen könnte jeder Kreditgeber selber anstellen, aber der Einfachheit halber hat man begonnen, diese Einschätzung an einen Spezialisten, eben die Ratingagentur, auszulagern. Die muss die nötigen Forschungsarbeiten nur einmal erledigen, und mehrere z.B. Baken können dann dieses Rating berücksichtigen, wenn sie sich überlegen, ob und zu welchen Konditionen sie meinetwegen Volkswagen einen Kredit geben. Bis hierhin also nichts übermächtiges.

ABER was ist passiert. Der Gesetzgeber hat bestimmten Investoren (Versicherungen, Pensionskassen etc.) vorgeschrieben, dass sie ihr Geld zum Schutz ihrer Kunden nur in besonders sichere Anlagen investieren dürfen. Und weil man die Bewertung, was besonders sicher ist, nicht selbst machen wollte oder konnte, wurde gesagt, sicher ist alles, was ein besseres Rating hat als zum Beispiel AA. Und daher kommt der Effekt, dass bei Verlust des Ratings diese Investoren alle verkaufen MÜSSEN, weil das Gesetz es ihnen vorgibt. Egal, ob es sich eigtl. nur um eine kurzzeitige Schwankung handelt, oder der Investor sicher ist, dass es bald besser wird, oder anderer Meinung ist als die Ratigagentur. DAS ist die Macht der Ratingagenturen, aber nur, weil die Politik eben diese Vorgaben macht.

/Rant off

Natürlich sind Unternehmen und Vorstände für vieles Verantwortlich, aber man muss auch ein wenig die Kirche im Dorf lassen und nicht einfach den offensichtlichsten Sündenbock greifen.
 

schlagi

Weisser Rosenapfel
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Nachdem jetzt ich ein schlechtes Gewissen habe, den Thread abgewürgt zu haben, hier ein Link zu einem interessanten Artikel (leider auf Englisch): Der Grundgedanke ist, dass z.B. bei den großen Banken wie Goldman eine bessere Kultur und höhere Verantwortlichkeit dadurch erreicht werden kann, dass die Entscheidungsträger bei ihrer Bezahlung untereinander von der jeweiligen Leistung des anderen abhängig sind, und dadurch von Fehlern des jeweils anderen unmittelbar da getroffen werden, wo es weh tut, nämlich beim Gehalt. Daraus resultiert dann idealerweise eine stärkere gruppeninterne Kontrolle.

http://blogs.hbr.org/2013/10/dont-blame-the-apple-and-exonerate/
 

wheeler

Himbeerapfel von Holowaus
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Das ganze hat auf jeden Fall seinen Reiz. Schließlich wird ja auch das angeführt, was du schon angebracht hast:
The punishments in these cases are usually meted out either to a few, usually not very high-ranking, individuals or to the entire corporation, meaning its shareholders. What they fail to get at is what’s in between—the organizational structure and the culture that brought on the problems in the first place. (...) The desire is for a clear cause-and-effect relationship, and often a villain.
Allerdings würde ich (als Pessimist, der ich bei sowas bin) befürchten, dass die bereits entstandenen Cliquen und Seilschaften bereits nach kurzer Zeit Möglichkeiten zu finden, trotzdem die Kleinen zu hängen.
Gerade Goldman Sachs taucht ja immer wieder auf, wenn es um kreative Geschäftspraktiken geht. Beispiel: Beratungen Griechenlands bei gleichzeitigem Wetten auf das Auseinanderbrechen des Euroraums.
Von denen können wir alle auf jeden Fall noch viel lernen!