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Ein berühmter Dichter sagte einmal, dass die Sprache dort aufhört, wo die Musik beginnt. Bob Marley ging einen Schritt weiter und attestierte ihr sogar eine seelenheilende Wirkung. Seit es uns gibt, bringen wir Klänge in eine Reihenfolge, die, einmal gehört, unseren Körper durchfließt, uns antreibt. Musik bewegt uns – auch zum Konsum. Steve Jobs, leidenschaftlicher Bob Dylan-Fan, wusste das, als er mit iTunes einen völlig neuen Markt schuf. In der vergangenen Woche jährte sich das dazugehörige Festival bereits zum achten Mal. Für das Line-Up gibt es bei Apple eine ganze Abteilung, die sich nur darum kümmert, angesagte Künstler zu verpflichten. Diese Musikaffinität ist zugleich der größte Geniestreich des kalifornischen Unternehmens – und rettete 2003 nebenbei die gesamte Musikbranche.[prbreak][/prbreak]
[h2]One good thing about music? When it hits, you feel no pain[/h2]
Jeder, der seinen Lieblingsmusiker schon einmal live erlebt hat, kann bezeugen dass sich dieser sehr persönliche Moment nicht mit dem Abspielen eines Tonträgers messen lassen kann. Es ist etwas Besonderes inmitten von Gleichgesinnten zu stehen. Das Vibrieren des Basses im Bauch. Man folgt den Lippen des Sängers, man verliert sich im Text. Der Alltag ist weit weg. Wenn man es so will ist ein Live-Konzert der perfekte Kurzurlaub. Auch Festivals kommen immer besser an und verzeichnen seit Jahren steigende Besucherzahlen. Der iPhone-Hersteller schmückt sich ebenfalls mit einem der mehrtägigen Musikmarathons. Das Line-Up gestaltet sich jedes Jahr aus den interessantesten Newcomern und altbekannten Größen, die ein neues Album in petto haben. So konnte 2012 der zu dieser Zeit noch 18jährige Jake Bugg sein Können beweisen. Kurze Zeit später hörte man ihn dann im Radio oder bei der musikalischen Untermalung von TV-Spots. Es ist ein offenes Geheimnis: wer hier spielt, ist gerade ein ganz dicker Fisch im Musikteich. Abertausende Menschen verfolgten in der zurückliegenden Woche das beinahe schon legendäre iTunes-Festival. Dabei standen sie entweder im Publikum oder sahen sich die Auftritte, etwa von Coldplay oder Kendrick Lamar, gemütlich von zuhause aus an. Apple bietet seinen, und nur seinen Kunden nämlich ein besonderes Schmankerl: der Live-Stream der Konzerte auf Mac oder iPhone ist problemlos möglich. Natürlich werden direkt neben dem Videofenster auch die zum Kauf verfügbaren Alben und Singles des jeweiligen Musikers angezeigt. Der kapitalistische Gedanke macht ja bekanntlich auch vor Kunst nicht Halt. Genau die beschert Apple jährlich nämlich knapp sieben Milliarden US-Dollar Reingewinn. Insgesamt belaufen sich die Einnahmen des digitalen Musikmarktes auf ca. zehn Millionen US-Dollar. Mit anderen Worten: gut 75 Prozent des Reibachs verbucht der Pionier selbst. Zurecht.
[h2]Eine Alternative muss her, dringend[/h2]
Ein Rückblick. Zur Jahrtausendwende stand es nicht gut um die Musikindustrie. Alle namhaften Labels schrieben Verluste, illegale Raubkopien hatten den CDs den Rang abgelaufen. Das blieb auch von Apple nicht unbemerkt. Unter Steve Jobs nutzte der Konzern die Gunst der Stunde um eine neue Plattform zu kreieren. In einem aggressiven Feldzug setzte der einstige Apple-Chef allen großen Plattenfirmen das Messer auf die Brust: Er möchte jedes Lied egal welches Musikers für 0,99 US-Dollar verkaufen dürfen, Alben grundsätzlich für 9,99 US-Dollar. Für jeden verkauften Song soll Apple 35 Cent Provision erhalten, den Rest erhält das Label. Zunächst wurde Jobs für dieses Angebot verteufelt. Doch für Sony BMG, Warner Music und die meisten anderen Branchenvertreter war die Luft bereits zu dünn geworden. Sie stimmten zu. Und so konnte 2003 der Launch des iTunes Music Stores gefeiert werden. Anfangs standen 200.000 Songs zur Auswahl. Mittlerweile sind sie nicht mehr zu zählen. iTunes ist heute neben den Plattencharts ein Indikator des Erfolgs und ein wichtigen Distributionskanal für Musiker. Viele von ihnen, darunter die Beatles, die Rolling Stones oder ACDC verweigerten Anfangs den Verkauf ihrer Platten über den digitalen Store. In den vergangenen Jahren wurde jedoch auch ihnen klar, dass sich ihre Musik dort wie geschnitten Brot verkauft. Und wie durch ein Wunder sind die illegalen Downloads wieder rückläufig. Musik legal zu erstehen liegt wieder voll im Trend. Und das ist einer, der den Künstlern dahinter mehr als nur recht sein dürfte. Apple revolutionierte den Musikmarkt und sorgte so nämlich auch dafür, dass diese auch heute noch von ihrer Musik leben können. Und noch etwas schuf sich das Unternehmen in Cupertino mit dieser Idee: ein Image, das es von den Microsofts und Samsungs dieser Welt abheben lässt. Denn wir, die Musik lieben, kaufen bei deren Produkten ja eben dieses Gefühl mit, uns mit ihnen als Kunstliebhaber outen zu können.
Auch in diesem Jahr gelang es Apple, großartige Künstler für ihr Festival zu verpflichten. Unter anderem spielte Coldplay digitaltrends
[h2]Wir sind, was wir hören[/h2]
Der Notenschlüssel als Tattoo auf unserer Haut ist ein Zeichen für Musikverbundenheit. Aber die Nutzung eines MacBooks? Jein. Natürlich ist nicht jeder Apple-Nutzer ein Liebhaber musikalischer Vitamine. Doch wer sich zuhause erstmal eine Umgebung aus Mac, iPad, Apple TV und wie sie alle heißen geschaffen hat – der kommt auch nicht drum rum, mal in den iTunes Store zu schauen. Apple erzieht seine Kunden förmlich zu musikalischen Menschen. Das tut es mal mehr, mal weniger plakativ. Das iTunes-Festival ist nur die Spitze des Eisberges. Im Store selbst bekommen auch unbekannte Künstler die Chance auf eine Präsentation durch das Redaktionsteam. Man muss nicht drum herumreden: die Plattform ist eine enorme Einnahmequelle für Cupertino geworden. Und doch; wir als musikliebende Konsumenten profitieren von der Vielfalt des Angebots. Immer wenn wir es möchten, greifen wir so auf einen enormen Musikkatalog zu. Dafür kann man, fernab von jeder Kritik, die Apple sicher oftmals berechtigt um die Ohren fliegt, auch ruhig mal einen Dank aussprechen. Ja, gerade jetzt, nachdem wieder einmal ein starkes iTunes-Festival zurückliegt. Und man sich völlig umsonst das, nebenbei bemerkt großartige, Konzert von Keith Urban ansehen durfte – auch wenn man dabei schon beinahe zum Kauf eines seiner Alben genötigt wird. Doch genug davon. Denn irgendwo es ist doch so, wie Georg Lichtenberg einst sagte: „So angenehm die Musik dem Ohr ist, wenn es sie hört, so unangenehm ist sie ihm, wenn man ihm davon vorspricht.“ Auch das weiß Apple. Spätestens seit es 2003 anfing, die Musik für das Unternehmen sprechen zu lassen.
Der Autor wirft an dieser Stelle regelmäßig einen Blick auf Vergangenes und Kommendes. Ob ernst oder luftig – die Kolumne widmet sich interessanten Themen, rechnet gerne ab und dichtet noch lieber dazu. Der Apfelblick spiegelt nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wider.
[h2]One good thing about music? When it hits, you feel no pain[/h2]
Jeder, der seinen Lieblingsmusiker schon einmal live erlebt hat, kann bezeugen dass sich dieser sehr persönliche Moment nicht mit dem Abspielen eines Tonträgers messen lassen kann. Es ist etwas Besonderes inmitten von Gleichgesinnten zu stehen. Das Vibrieren des Basses im Bauch. Man folgt den Lippen des Sängers, man verliert sich im Text. Der Alltag ist weit weg. Wenn man es so will ist ein Live-Konzert der perfekte Kurzurlaub. Auch Festivals kommen immer besser an und verzeichnen seit Jahren steigende Besucherzahlen. Der iPhone-Hersteller schmückt sich ebenfalls mit einem der mehrtägigen Musikmarathons. Das Line-Up gestaltet sich jedes Jahr aus den interessantesten Newcomern und altbekannten Größen, die ein neues Album in petto haben. So konnte 2012 der zu dieser Zeit noch 18jährige Jake Bugg sein Können beweisen. Kurze Zeit später hörte man ihn dann im Radio oder bei der musikalischen Untermalung von TV-Spots. Es ist ein offenes Geheimnis: wer hier spielt, ist gerade ein ganz dicker Fisch im Musikteich. Abertausende Menschen verfolgten in der zurückliegenden Woche das beinahe schon legendäre iTunes-Festival. Dabei standen sie entweder im Publikum oder sahen sich die Auftritte, etwa von Coldplay oder Kendrick Lamar, gemütlich von zuhause aus an. Apple bietet seinen, und nur seinen Kunden nämlich ein besonderes Schmankerl: der Live-Stream der Konzerte auf Mac oder iPhone ist problemlos möglich. Natürlich werden direkt neben dem Videofenster auch die zum Kauf verfügbaren Alben und Singles des jeweiligen Musikers angezeigt. Der kapitalistische Gedanke macht ja bekanntlich auch vor Kunst nicht Halt. Genau die beschert Apple jährlich nämlich knapp sieben Milliarden US-Dollar Reingewinn. Insgesamt belaufen sich die Einnahmen des digitalen Musikmarktes auf ca. zehn Millionen US-Dollar. Mit anderen Worten: gut 75 Prozent des Reibachs verbucht der Pionier selbst. Zurecht.
[h2]Eine Alternative muss her, dringend[/h2]
Ein Rückblick. Zur Jahrtausendwende stand es nicht gut um die Musikindustrie. Alle namhaften Labels schrieben Verluste, illegale Raubkopien hatten den CDs den Rang abgelaufen. Das blieb auch von Apple nicht unbemerkt. Unter Steve Jobs nutzte der Konzern die Gunst der Stunde um eine neue Plattform zu kreieren. In einem aggressiven Feldzug setzte der einstige Apple-Chef allen großen Plattenfirmen das Messer auf die Brust: Er möchte jedes Lied egal welches Musikers für 0,99 US-Dollar verkaufen dürfen, Alben grundsätzlich für 9,99 US-Dollar. Für jeden verkauften Song soll Apple 35 Cent Provision erhalten, den Rest erhält das Label. Zunächst wurde Jobs für dieses Angebot verteufelt. Doch für Sony BMG, Warner Music und die meisten anderen Branchenvertreter war die Luft bereits zu dünn geworden. Sie stimmten zu. Und so konnte 2003 der Launch des iTunes Music Stores gefeiert werden. Anfangs standen 200.000 Songs zur Auswahl. Mittlerweile sind sie nicht mehr zu zählen. iTunes ist heute neben den Plattencharts ein Indikator des Erfolgs und ein wichtigen Distributionskanal für Musiker. Viele von ihnen, darunter die Beatles, die Rolling Stones oder ACDC verweigerten Anfangs den Verkauf ihrer Platten über den digitalen Store. In den vergangenen Jahren wurde jedoch auch ihnen klar, dass sich ihre Musik dort wie geschnitten Brot verkauft. Und wie durch ein Wunder sind die illegalen Downloads wieder rückläufig. Musik legal zu erstehen liegt wieder voll im Trend. Und das ist einer, der den Künstlern dahinter mehr als nur recht sein dürfte. Apple revolutionierte den Musikmarkt und sorgte so nämlich auch dafür, dass diese auch heute noch von ihrer Musik leben können. Und noch etwas schuf sich das Unternehmen in Cupertino mit dieser Idee: ein Image, das es von den Microsofts und Samsungs dieser Welt abheben lässt. Denn wir, die Musik lieben, kaufen bei deren Produkten ja eben dieses Gefühl mit, uns mit ihnen als Kunstliebhaber outen zu können.
Auch in diesem Jahr gelang es Apple, großartige Künstler für ihr Festival zu verpflichten. Unter anderem spielte Coldplay digitaltrends
Der Notenschlüssel als Tattoo auf unserer Haut ist ein Zeichen für Musikverbundenheit. Aber die Nutzung eines MacBooks? Jein. Natürlich ist nicht jeder Apple-Nutzer ein Liebhaber musikalischer Vitamine. Doch wer sich zuhause erstmal eine Umgebung aus Mac, iPad, Apple TV und wie sie alle heißen geschaffen hat – der kommt auch nicht drum rum, mal in den iTunes Store zu schauen. Apple erzieht seine Kunden förmlich zu musikalischen Menschen. Das tut es mal mehr, mal weniger plakativ. Das iTunes-Festival ist nur die Spitze des Eisberges. Im Store selbst bekommen auch unbekannte Künstler die Chance auf eine Präsentation durch das Redaktionsteam. Man muss nicht drum herumreden: die Plattform ist eine enorme Einnahmequelle für Cupertino geworden. Und doch; wir als musikliebende Konsumenten profitieren von der Vielfalt des Angebots. Immer wenn wir es möchten, greifen wir so auf einen enormen Musikkatalog zu. Dafür kann man, fernab von jeder Kritik, die Apple sicher oftmals berechtigt um die Ohren fliegt, auch ruhig mal einen Dank aussprechen. Ja, gerade jetzt, nachdem wieder einmal ein starkes iTunes-Festival zurückliegt. Und man sich völlig umsonst das, nebenbei bemerkt großartige, Konzert von Keith Urban ansehen durfte – auch wenn man dabei schon beinahe zum Kauf eines seiner Alben genötigt wird. Doch genug davon. Denn irgendwo es ist doch so, wie Georg Lichtenberg einst sagte: „So angenehm die Musik dem Ohr ist, wenn es sie hört, so unangenehm ist sie ihm, wenn man ihm davon vorspricht.“ Auch das weiß Apple. Spätestens seit es 2003 anfing, die Musik für das Unternehmen sprechen zu lassen.
Der Autor wirft an dieser Stelle regelmäßig einen Blick auf Vergangenes und Kommendes. Ob ernst oder luftig – die Kolumne widmet sich interessanten Themen, rechnet gerne ab und dichtet noch lieber dazu. Der Apfelblick spiegelt nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wider.
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