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Dieser Journal-Artikel behandelt die Frage ob und wie Apple nach dem Arbeitswechsel von Steve Jobs bestehen kann. Es ist zwar schon eine Weile her, dass der Firmengründer den CEO-Posten verließ, doch das Thema ist von so enormer Wichtigkeit, dass sich ein etwas längerer Artikel durchaus auch jetzt noch lohnt. Zwei der wichtigsten Talente Steve Jobs' werden besprochen. Das erste ist ein Argument gegen, das zweite ein Argument für Zweifler.
[PRBREAK][/PRBREAK]
[PAGE]1. Teil: Jobs’ erstes Talent[/PAGE]
CUPERTINO, Calif. -- August 24, 2011
To the Apple Board of Directors and the Apple Community:
I have always said if there ever came a day when I could no longer meet my duties and expectations as Apple’s CEO, I would be the first to let you know. Unfortunately, that day has come.
—Steve Jobs
Es ist soweit. Der von vielen, allen voran den Aktionären, gefürchtete Tag ist gekommen. Steve Jobs tritt zurück.
Eine Ära geht zu Ende. Die Ära von Steve Jobs. Die Frage, die sich viele stellen, ist, ist das auch der Anfang vom Ende von Apple?
Zur Zeit sieht es nicht so aus. Alle sind sich einig, Steve Jobs ist zu einem guten Zeitpunkt zurückgetreten, wenige Wochen, nachdem Apple für kurze Zeit das wertvollste Unternehmen der Welt war. Sein Rücktritt ist inzwischen ein Thema von nationalem Interesse, die Tagesschau berichtet. Logisch: Wer durch die Straßen geht oder mal ICE fährt und sich den Spaß macht, Äpfel zu zählen, wird bemerken, dass iPods, iPhones, iPads und Macs zusammengenommen bald so häufig zu sehen sind wie Jeans-Hosen.
Apple hat sich gewandelt. Noch vor ein paar Jahren war Apple eine Nischenfirma. Immer gern gesehen bei Musik und Film-Profis, selten bei Privat-Leuten. Ich erinnere mich vor ein paar Jahren mal allein mit einem älteren Herren in einem ICE-Abteil gesessen zu haben, der es ganz unglaublich aufregend fand, einen zweiten Mac-Benutzer in der Bahn gefunden zu haben. Wenn sich der selbe Herr heute noch von jedem Mac-Benutzer, den er trifft, so freundlich verabschiedet wie von mir, hat er was zu tun. Hier im Forum gab es mal einen Thread, in dem es nur darum ging, zu posten, wann und wo man welchen Mac gesehen hat. Ich weiß nicht, was mit ihm geschehen ist, wahrscheinlich wurde er wegen Überfüllung geschlossen.
Und doch sind wir verunsichert: Kann es so weiter gehen? Oder geht mit Jobs auch der Erfolg? Es gibt für diese Angst auch einen ganz rationalen Grund: Wer sich die Firmengeschichte einmal anschaut, weiß, Apple ist schon einmal ohne ihn fast Bankrott gegangen. Als er zurück kam, stand Apple 90 Tage vor der Zahlungsunfähigkeit.
Und Apple ist mit ihm zu dem Megakonzern geworden, der er heute ist. Viele denken, nur mit ihm kann es so weiter gehen. Meine Freundin, die eine Apfel-Allergie hat (wörtlich und im übertragenen Sinn), ist der festen Überzeugung, jetzt ist es aus. Wie soll es ohne den Menschen weitergehen, den viele Jünger, unter ihnen Bodo Wartke ihr als ihren religiösen Führer vorgestellt haben?
[video=youtube;v-Z4ICFz2GI]http://www.youtube.com/watch?v=v-Z4ICFz2GI[/video]
Doch wer sich etwas näher mit der Materie befasst, wird bald feststellen, dass die Apokalypse zumindest nicht direkt bevorsteht. Das hat vor allen Dingen einen Grund: Eins von Steve Jobs größten Talenten war, die richtigen Leute an Bord zu holen. Vorbei sind die Zeiten, in denen er und Steve Wozniak alleine ihre Rechner in einer Garage bastelten; die aktuellen Modelle kann selbst ein Jobs wahrscheinlich weder zusammensetzen noch planen.
Jobs ist eben lang nicht für jeden Apple-Erfolg verantwortlich. Das beliebte Design stammt von Jonathan Ive. Dank dem heutigen CEO Tim Cook produziert Apple nicht mehr selbst; würden sie es noch tun, so wäre es ihnen unmöglich alle Kunden innerhalb eines angemessenen Zeitraums zu versorgen, es fällt ihnen ja trotz der 400.000 Arbeiter bei Foxconn, dem Zulieferer, immer noch schwer. Die Idee der Genius Bar wurde vom ehemaligen Retail-Manager Ron Johnson durchgesetzt, obwohl Jobs kein Freund der Idee gewesen sein soll. All das beweist, ein großer Teil des Apple-Erfolgs lastet nicht auf Jobs Schultern und kommt ohne ihn aus, die von ihm eingestellten Leute bleiben wohl noch ein wenig.
Schwieriger wird es, Jobs zweites großes Talent auszugleichen: seine visionäre Kraft. Er war es, der auf ein grafisches Interface setzte – und gewann. Er war es, der das Potenzial der Maus als Eingabegerät der Zukunft sah – und behielt Recht. Er war es, der wusste, auf dem Markt digitaler Musik gibt es noch was zu holen – und so war es. Er sah den zersplitterten Smartphone-Markt mit halbherzig ausgeführten Ideen und wusste, hier können wir was bewegen – und bewegte etwas. Er wusste, dass es eine Art von Tablett gab, das die Menschen wirklich haben wollen – und ließ sie herstellen.
Denn das ist das, was Apple von anderen Unternehmen unterscheidet: Die enorme Innovationsgeschwindigkeit.
[PAGE]2. Teil: Jobs zweites Talent[/PAGE]
There's an old Wayne Gretzky quote that I love. 'I skate to where the puck is going to be, not where it has been.' And we've always tried to do that at Apple. Since the very very beginning. And we always will.
—Steve Jobs
Das ist der Punkt, an dem Cook sich beweisen muss. Apple kann noch gut ein paar Jahre die aktuellen Produkte mit ein paar nicht weltbewegenden Updates vertreiben- doch dann wird es Zeit für das nächste „One more thing“. Wie man bei den Smartphones sehen kann, holt die Konkurrenz auf. Hätte Apple damals genauso selbstbewusst geklagt wie heute, hätten wir vielleicht ein anderes Szenario, eins in dem es, wie heute beim iPad, keine Alternativen gibt, wenn man die Power eines iPhones will. Doch über kurz oder lang wird auch das iPad kräftige Konkurrenten neben sich dulden müssen. Und dann braucht Apple einen neuen Markt.
Was kann dieser Markt sein? Gerade war IFA in Berlin und wer sich die aktuelle Lage bei den Fernsehern anschaut, könnte sich an die Situation bei den Smartphones vor dem iPhone erinnert fühlen: Ja, es gibt Apps, aber nicht viele. Ja, wir haben Internet, wir wissen aber noch nicht so richtig, was wir damit machen wollen. Ja, es gibt 80 neue Features, die aber, wegen den veralteten Eingabemethoden, alle keinen Spaß machen.
Vielleicht wird Apple hier gebraucht. Das Thema würde einen weiteren Artikel füllen.
Welchen Markt Apple auch immer erobern beziehungsweise kreieren wird, der Erfolg oder Misserfolg wird darüber entscheiden, ob es ein erfolgreiches Apple ohne Jobs geben kann. Für die nächsten Jahre ist das Unternehmen sicher. Und wer weiß, vielleicht kann Steve ja auch im Aufsichtsrat seinen Daumen für Ideen heben oder senken. Oder gar eine eigene an Tim Cook weitergeben.
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[PAGE]1. Teil: Jobs’ erstes Talent[/PAGE]
CUPERTINO, Calif. -- August 24, 2011
To the Apple Board of Directors and the Apple Community:
I have always said if there ever came a day when I could no longer meet my duties and expectations as Apple’s CEO, I would be the first to let you know. Unfortunately, that day has come.
—Steve Jobs
Es ist soweit. Der von vielen, allen voran den Aktionären, gefürchtete Tag ist gekommen. Steve Jobs tritt zurück.
Eine Ära geht zu Ende. Die Ära von Steve Jobs. Die Frage, die sich viele stellen, ist, ist das auch der Anfang vom Ende von Apple?
Zur Zeit sieht es nicht so aus. Alle sind sich einig, Steve Jobs ist zu einem guten Zeitpunkt zurückgetreten, wenige Wochen, nachdem Apple für kurze Zeit das wertvollste Unternehmen der Welt war. Sein Rücktritt ist inzwischen ein Thema von nationalem Interesse, die Tagesschau berichtet. Logisch: Wer durch die Straßen geht oder mal ICE fährt und sich den Spaß macht, Äpfel zu zählen, wird bemerken, dass iPods, iPhones, iPads und Macs zusammengenommen bald so häufig zu sehen sind wie Jeans-Hosen.
Apple hat sich gewandelt. Noch vor ein paar Jahren war Apple eine Nischenfirma. Immer gern gesehen bei Musik und Film-Profis, selten bei Privat-Leuten. Ich erinnere mich vor ein paar Jahren mal allein mit einem älteren Herren in einem ICE-Abteil gesessen zu haben, der es ganz unglaublich aufregend fand, einen zweiten Mac-Benutzer in der Bahn gefunden zu haben. Wenn sich der selbe Herr heute noch von jedem Mac-Benutzer, den er trifft, so freundlich verabschiedet wie von mir, hat er was zu tun. Hier im Forum gab es mal einen Thread, in dem es nur darum ging, zu posten, wann und wo man welchen Mac gesehen hat. Ich weiß nicht, was mit ihm geschehen ist, wahrscheinlich wurde er wegen Überfüllung geschlossen.
Und doch sind wir verunsichert: Kann es so weiter gehen? Oder geht mit Jobs auch der Erfolg? Es gibt für diese Angst auch einen ganz rationalen Grund: Wer sich die Firmengeschichte einmal anschaut, weiß, Apple ist schon einmal ohne ihn fast Bankrott gegangen. Als er zurück kam, stand Apple 90 Tage vor der Zahlungsunfähigkeit.
Und Apple ist mit ihm zu dem Megakonzern geworden, der er heute ist. Viele denken, nur mit ihm kann es so weiter gehen. Meine Freundin, die eine Apfel-Allergie hat (wörtlich und im übertragenen Sinn), ist der festen Überzeugung, jetzt ist es aus. Wie soll es ohne den Menschen weitergehen, den viele Jünger, unter ihnen Bodo Wartke ihr als ihren religiösen Führer vorgestellt haben?
[video=youtube;v-Z4ICFz2GI]http://www.youtube.com/watch?v=v-Z4ICFz2GI[/video]
Doch wer sich etwas näher mit der Materie befasst, wird bald feststellen, dass die Apokalypse zumindest nicht direkt bevorsteht. Das hat vor allen Dingen einen Grund: Eins von Steve Jobs größten Talenten war, die richtigen Leute an Bord zu holen. Vorbei sind die Zeiten, in denen er und Steve Wozniak alleine ihre Rechner in einer Garage bastelten; die aktuellen Modelle kann selbst ein Jobs wahrscheinlich weder zusammensetzen noch planen.
Jobs ist eben lang nicht für jeden Apple-Erfolg verantwortlich. Das beliebte Design stammt von Jonathan Ive. Dank dem heutigen CEO Tim Cook produziert Apple nicht mehr selbst; würden sie es noch tun, so wäre es ihnen unmöglich alle Kunden innerhalb eines angemessenen Zeitraums zu versorgen, es fällt ihnen ja trotz der 400.000 Arbeiter bei Foxconn, dem Zulieferer, immer noch schwer. Die Idee der Genius Bar wurde vom ehemaligen Retail-Manager Ron Johnson durchgesetzt, obwohl Jobs kein Freund der Idee gewesen sein soll. All das beweist, ein großer Teil des Apple-Erfolgs lastet nicht auf Jobs Schultern und kommt ohne ihn aus, die von ihm eingestellten Leute bleiben wohl noch ein wenig.
Schwieriger wird es, Jobs zweites großes Talent auszugleichen: seine visionäre Kraft. Er war es, der auf ein grafisches Interface setzte – und gewann. Er war es, der das Potenzial der Maus als Eingabegerät der Zukunft sah – und behielt Recht. Er war es, der wusste, auf dem Markt digitaler Musik gibt es noch was zu holen – und so war es. Er sah den zersplitterten Smartphone-Markt mit halbherzig ausgeführten Ideen und wusste, hier können wir was bewegen – und bewegte etwas. Er wusste, dass es eine Art von Tablett gab, das die Menschen wirklich haben wollen – und ließ sie herstellen.
Denn das ist das, was Apple von anderen Unternehmen unterscheidet: Die enorme Innovationsgeschwindigkeit.
[PAGE]2. Teil: Jobs zweites Talent[/PAGE]
There's an old Wayne Gretzky quote that I love. 'I skate to where the puck is going to be, not where it has been.' And we've always tried to do that at Apple. Since the very very beginning. And we always will.
—Steve Jobs
Das ist der Punkt, an dem Cook sich beweisen muss. Apple kann noch gut ein paar Jahre die aktuellen Produkte mit ein paar nicht weltbewegenden Updates vertreiben- doch dann wird es Zeit für das nächste „One more thing“. Wie man bei den Smartphones sehen kann, holt die Konkurrenz auf. Hätte Apple damals genauso selbstbewusst geklagt wie heute, hätten wir vielleicht ein anderes Szenario, eins in dem es, wie heute beim iPad, keine Alternativen gibt, wenn man die Power eines iPhones will. Doch über kurz oder lang wird auch das iPad kräftige Konkurrenten neben sich dulden müssen. Und dann braucht Apple einen neuen Markt.
Was kann dieser Markt sein? Gerade war IFA in Berlin und wer sich die aktuelle Lage bei den Fernsehern anschaut, könnte sich an die Situation bei den Smartphones vor dem iPhone erinnert fühlen: Ja, es gibt Apps, aber nicht viele. Ja, wir haben Internet, wir wissen aber noch nicht so richtig, was wir damit machen wollen. Ja, es gibt 80 neue Features, die aber, wegen den veralteten Eingabemethoden, alle keinen Spaß machen.
Vielleicht wird Apple hier gebraucht. Das Thema würde einen weiteren Artikel füllen.
Welchen Markt Apple auch immer erobern beziehungsweise kreieren wird, der Erfolg oder Misserfolg wird darüber entscheiden, ob es ein erfolgreiches Apple ohne Jobs geben kann. Für die nächsten Jahre ist das Unternehmen sicher. Und wer weiß, vielleicht kann Steve ja auch im Aufsichtsrat seinen Daumen für Ideen heben oder senken. Oder gar eine eigene an Tim Cook weitergeben.
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