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Suizid des Anwalts Freiherr von Gravenreuth

Amadeus

Apfel der Erkenntnis
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Es mag Euch vielleicht seltsam erscheinen, solch eine Geschichte im Forum zur Sprache zu bringen.

Trotzdem hat sie meiner Meinung nach einen Platz hier - weil sie in den 20 Jahren ein nicht unwesentlicher Bestandteil der deutschsprachigen Computer bzw. Internetszene war, insoweit es mit Urheberrecht im Netz und den damit verbundenen rechtlichen Fallstricken (und den vollkommen skurrilen Auswüchsen) zu tun hatte.

Vielen von Euch wird der Jurist Günter Freiherr von Gravenreuth ein Begriff sein. In unserem Raum hat sich wohl kaum jemand so einen durchaus zweifelhaften Ruf als Abmahn-Grossmeister erarbeitet wie eben jener Anwalt. Nicht zuletzt ist sein Name in eben diesem Zusammenhang auf Apfeltalk immer wieder zur Sprache gekommen.
Sein Geschäftsmodell war eine Zeit lang - mangels eindeutiger Judikatur - eine Goldgrube für Juristen, welche die Unsicherheit sowohl von der Urheberseite als auch von der Endverbraucher- (und zugebenermassen auch Missbrauchs-) Seite als Haupteinnamequelle hatten: Abmahnen um jeden Preis, und sei es sogar mit fingierten Lockbriefen, in denen er bzw. seine Kanzlei einen jugendlichen Tauschinteressenten vortäuschten.

Tragisches Ende seiner individuellen Geschichte:

"Der Jurist Günter Freiherr von Gravenreuth ist offenbar tot. Der auf den Computer- und Internetbereich spezialisierte Anwalt habe sich in der Nacht in seinem Münchner Haus erschossen, berichtet der Internetdienst heise.de."

http://www.tagesschau.de/inland/gravenreuth102.html

Aus Respekt vor dem (Frei-)tod eines Mannes ist es hoffentlich für jeden im Forum selbstverständlich, sich irgendwelche nachträglichen Schmähungen zu verbitten - de mortuis nihil nisi bene - aber es gemahnt uns doch an die seltsamen Dimensionen und Auswüchse der Thematik Internet/Urheberrrecht.

Da wird z.B. auf der einen Seite eine Amerikanerin zu einer absolut existenzvernichtenden Summe von fast 2 Millionen Dollar verurteilt, weil sie 24(!) Songs illegal in eine Tauschbörse gestellt hat

http://www.sueddeutsche.de/computer/140/472663/text/

während sich bei uns ein Anwalt so sehr in seine groteske Urheberrechtskapriolen verstrickt, dass er sich letztendlich selber strafbar macht und sich kurz vor einem unvermeidlichen Haftantritt selbst das Leben nimmt.

Dies alles vor einem Hintergrund, der sich für die meisten Betroffenen - die "Beklagten" des Freiherrn von Gravenreuth und die "Verurteilte" der 24 illegalen Songfiles - vor nichts anderem als einem Computer, Bildschirm und einer Tastatur abspielt. Ergo: Dramen spielen sich ab, ohne das die Betreffenden dafür jemals ihre eigenen vier Wände verlassen müssen.

Kein persönlicher Kontakt, kein Handschlag, keine Unterschrift, keine Gesichter. Es genügt - ein Laptop!

Vielleicht liegt es daran, dass ich als Kind noch zu sehr in der "alten" Welt, sprich ohne Computer aufgewachsen bin - jedenfalls finde ich eine Entwicklung bedenklich, welche die Keimzelle zu finanziellen und letztendlich auch menschlichen Dramen allein durch unbedachte Mausklicks ermöglicht, bzw. Geschäftsmodelle unterstützt, die eben diese Unbedachtheit in völlig unverhältnismässiger Weise ausnützt.

Eine der sehr problematischen Schattenseiten, welche die faszinierende Errungenschaft Computer/Internet unserer Zeit gebracht hat - eine Facette, die meiner Meinung nach in ihrer Tragweite weit unterschätzt wird, da immer Menschen wesentliche Teile nicht nur ihres Berufes, sondern auch ihres Privatlebens dem Computer und vor allem dem Internet übertragen. Noch mehr: Selbst ein, sagen wir, Facebook-Verweigerer ist Teil des Netzes wenn er viel auf Gesellschaften/Parties unterwegs ist, weil er Teil von Photo"dokumentationen" im Netz von Bekannten sein könnte, die ungefragt Bilderserien ins Netz stellen, die äusserst unvorteilhaft wenn nicht sogar schädlich für den Betreffenden sein können.

Daher die Frage: Wie viel Macht sind wir letztlich bereit, dem Medium Internet über unser (Privat-)leben zu geben, wie sehr ist unsere Gesellschaft und Judikatur dabei dem "Netz" ein Potential an Macht zuzugestehen, das wir noch einmal sehr genau überdenken sollten. Eben deshalb - weil viele Individuen die Dimension der Konsequenzen nicht mehr in der Hand haben, während andere die juristischen Fallstricke in einem solchem Extrem für sich auszunutzen versuchen, dass sich letztendlich selbst strafbar machen - eben aus diesem Grunde halte ich die Frage für berechtigt, ob wir die grenzenlose "Freiheit"des Internets nicht immer öfter teurer bezahlen, als uns eigentlich lieb sein sollte...
 
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markthenerd

Cellini
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Was ich gelesen habe sollte der feine Herr ja eine unbedingte Gefängnisstrafe, die aus seinem respektlosen Tun resultierte, antreten. Hierfür scheint ihm die Zivilcourage gefehlt zu haben.

Nein einer solchen Person kann ich keinen Respekt zollen.

Für mich ist das Internet nun etwas weniger unsicher geworden.
 
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torben1

Celler Dickstiel
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Aus Respekt vor dem (Frei-)tod eines Mannes ist es hoffentlich für jeden im Forum selbstverständlich, sich irgendwelche nachträglichen Schmähungen zu verbitten - de mortui nihil nisi bene

Warum bitte soll ich Respekt vor dem Freitod eines Mannes haben? Weder der Person, noch der letzten Handlung kann ich dies zollen.

Torben
 
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Mitglied 25554

Gast
Ich hatte mal vor einigen Jahren einen Vortrag dieses Herrn besucht, wo es um Verschlüsselung von Mail etc. ging - mein Respekt ging unvoreingenommen (ich kannte ihn bis dahin nur flüchtig vom Namen her) stark nach oben. Einige Wochen später jedoch las ich die ersten "alten" Geschichten von Tanja & Co., als ich ein wenig mehr über ihn als Person und was er so tut erfahren wollte) Es häuften sich kurz darauf weitere interessante und teilweise beschämende Stories (die sicher durch die Medien gepusht werden/wurden), aber damit ging das Ansehen wieder gewaltig den Bach runter.

Respekt vor ihm und seinem Freitod? Nein, nicht (mehr) wirklich. Sein Kollege hält wenigstens den Kopf hin, wenn es um Strafen geht. Das hätte er sicher auch gekonnt.
 

Gokoana

Bittenfelder Apfel
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… Wie viel Macht sind wir letztlich bereit, dem Medium Internet über unser (Privat-)leben zu geben …

Sieh Dich im Internet um und Du wirst es feststellen.

… ob wir die grenzenlose "Freiheit"des Internets nicht immer öfter teurer bezahlen, als uns eigentlich lieb sein sollte...

Eine sehr zweifelhafte Freiheit, aber wahrscheinlich hast Du sie genau aus diesem Grund in Anführungszeichen gesetzt.

Ach ja: Respekt vor seinem Freitod? Nein.

… de mortui nihil nisi bene …

Richtig muss es heissen: De mortuis nihil nisi bene.
 

Macbeatnik

Golden Noble
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Ein Feigling hat sich den finalen Schuss gesetzt, vor dem soll ich mich respektvoll zeigen, steht nicht zu seinen Taten, aber trieb viele in den Ruin, der hat meinen Respekt in keiner Weise verdient.
 

Ashura

Hildesheimer Goldrenette
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Ah, sehr Interessant. Bei Herrn Enke klang alles noch ganz anders mit dem Freitod.
In diesem Hinblick hat der hier betroffenen meinen vollen Respekt, immerhin hat er weder einen Zugführer in Mitleidenschaft gezogen, noch umstehende Passanten.

Da Amadeus Recht hat und man über Tode nichts schlechtes sagen soll, sollten wir vielleicht darüber nachdenken, das ganze hier sein zu lassen. Manchmal ist einfach Stille das einzig positiv mögliche.
 

landplage

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Da Amadeus Recht hat und man über Tode nichts schlechtes sagen soll, sollten wir vielleicht darüber nachdenken, das ganze hier sein zu lassen. Manchmal ist einfach Stille das einzig positiv mögliche.
Ich bitte ebenfalls darum, den nötigen Anstand zu wahren, egal wie sich der Tote aufgeführt haben mag.

Falls jemand darüber in einem nicht diesem Vorsatz verpflichteten Ton diskutieren will, möge er sich bitte eine andere Plattform suchen.
 

Gokoana

Bittenfelder Apfel
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Vielleicht sollte man an dieser Stelle einfach noch einmal das eigentliche Thema dieses Threads wiederholen:

… Daher die Frage: Wie viel Macht sind wir letztlich bereit, dem Medium Internet über unser (Privat-)leben zu geben, wie sehr ist unsere Gesellschaft und Judikatur dabei dem "Netz" ein Potential an Macht zuzugestehen, das wir noch einmal sehr genau überdenken sollten. Eben deshalb - weil viele Individuen die Dimension der Konsequenzen nicht mehr in der Hand haben, während andere die juristischen Fallstricke in einem solchem Extrem für sich auszunutzen versuchen, dass sich letztendlich selbst strafbar machen - eben aus diesem Grunde halte ich die Frage für berechtigt, ob wir die grenzenlose "Freiheit"des Internets nicht immer öfter teurer bezahlen, als uns eigentlich lieb sein sollte...
 

Amadeus

Apfel der Erkenntnis
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Danke Gokoana - vielleicht sollte ich das noch einmal klarer herausstellen:

Es ist natürlich sinnlos und hier auch gar nicht der richtige Platz um einen Suizid zu kommentieren, mit "Respekt" ist daher auch keine Verbeugung gemeint, sondern die Bitte, sich Kommentare über das direkte Ereignis zu ersparen - sie wären hier fehlplaziert. Ohnehin wissen wir dazu alle viel zu wenig über die Person selbst.

Es geht mir um die Dimension, die das Medium Internet in unserem Leben erreicht hat - es ist noch nie in der Geschichte unserer Zivilisation so "einfach" gewesen, sich in existenzbedrohender Weise strafbar zu machen, oder sich der Verfolgung durch Anwälte und Gerichte ausgesetzt zu sehen. Siehe Eingangspost...

Richtig muss es heissen: De mortuis nihil nisi bene.

Korrekt - wurde geändert. Da es dadurch hier noch einmal steht, ist gleichzeitig eine Wiederholung der Bitte.
 

Gokoana

Bittenfelder Apfel
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… Es geht mir um die Dimension, die das Medium Internet in unserem Leben erreicht hat - es ist noch nie in der Geschichte unserer Zivilisation so "einfach" gewesen, sich in existenzbedrohender Weise strafbar zu machen, oder sich der Verfolgung durch Anwälte und Gerichte ausgesetzt zu sehen. …

Ich denke, dass sich die Gefährlichkeit des Mediums Internet in den nächsten Jahren noch erhöhen wird.

Gerade junge Menschen sind sich dessen oft nicht bewusst. Was hier fehlt, ist eine lückenlose Aufklärung, doch wie klärt man eine Generation auf, die bereits alles zu wissen glaubt und die ohne mit der Wimper zu zucken, intimste Details ins Netz posaunt und sich mit den Worten „ich habe nichts zu verbergen“ rechtzufertigen versucht?
 

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Roter Delicious
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Ich hab mir mal durchgelesen, was er so alles gemacht hat. Er war intelligent, keine Frage - Maschinenbaustudium, Jurastudium, all seine Veröffentlichungen.
Aber die Sache mit der taz.de-Domain und seine fiktive Tanja Nolte-Berndel war schon sehr krass.

[entfernt - Apfeltalk]
 
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Irreversibel

Holländischer Prinz
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Oh Mann, ich glaube "Über die Toten nur Gutes" ist hier weitgehend unbekannt. Beklagenswert.

Zum eigentlichen Thema: Ich denke es ist zu einseitig, von der großen "Datenkrake" zu reden. Folgendes wird wohl sicher sein: Irgendwann werden die Möglichkeiten, Menschen im Internet ausfindig zu machen, so gut werden, dass es wahrscheinlich kein Problem mehr darstellen wird über jeden Nutzer des Internets ein vollständiges Dossier automatisiert anfertigen zu lassen. Das was jeder hier schreibt wird man wahrscheinlich irgendwann bis zu seiner realen Identität zurückverfolgen können, ohne gleich beim Provider nachzufragen. Über Texte, Fotos, Uploads usw. hinterlässt fast jeder eine chaotische Datenspur, die momentan noch nicht ohne weiteres aufzunehmen ist. Irgendwann wird es aber komplexe Suchalgorithmen geben, die verschiedenste Inhalte im Netz einander zuordnen können werden - selbst wenn man niemals seinen Namen und weitere persönliche Daten hinterlässt. Man wird dann einfach auf bestimmte Personen schliessen können, je aktiver man im Netz ist desto genauer wird das wohl möglich sein.

Andererseits geben viele Menschen ihre Daten freiwillig heraus. Nicht, weil sie "ja nichts zu verbergen haben", sondern weil sie sich davon etwas versprechen. Obschon die Leute vorsichtiger geworden sind neigen die meisten Menschen zur Selbstdarstellung, sie wollen auf Bildern verlinkt werden und möchten erreichbar sein. Sie wollen auf keinen Fall irgendetwas verpassen von dem sie denken dass es gut für sie sein könnte.

Weder Datensammelwut noch die Freizügigkeit mit der Daten verteilt werden werden sich wahrscheinlich zügeln lassen. Ich denke das endet in einer Gesellschaft, in der wir alles übereinander wissen können aber in der dieses Wissen nutzlos geworden ist weil sich keiner mehr darum kümmert. Soso, Sie haben also eine ungewöhnliche sexuelle Obsession? Macht nichts, willkommen in unserer Firma. Das passt sehr gut zum Trend alles zu akzeptieren und zu tolerieren. §175 war bis 1994 in Kraft, seitdem hat sich auch schon einiges getan (krummer Vergleich, aber was anderes fällt mir gerade nicht ein; das ist nicht als "Anfang eines negativen Trends" gemeint!). Irgendwann wird es den Leuten völlig egal sein, was ihre Nachbarn, Mitarbeiter, Vorgesetzten und Untergebenen tun, weil diese Informationen uninteressant geworden sind. Vielleicht wird das damit einhergehen, dass die Menschen sich gegenseitig immer egaler werden, da sie alles übereinander wissen aber trotzdem miteinander leben und auskommen müssen. Damit werden Probleme auf uns zukommen, die wir uns heute wahrscheinlich noch gar nicht vorstellen können.

Noch eine Sache: Ich denke wir können Freiherr von Gravenreuth dankbar sein, dass dieses Thema jahrelang auf seinem Tisch lag. Er hat der Wachsamkeit des Einzelnen genutzt.
 
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Gokoana

Bittenfelder Apfel
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… Andererseits geben viele Menschen ihre Daten freiwillig heraus. …

Würden sie einem bestimmten Zwang folgen, wäre das ja noch schöner.

Obwohl – Herdenzwang … ;)

… Nicht, weil sie "ja nichts zu verbergen haben", sondern weil sie sich davon etwas versprechen. …

Der Großteil von ihnen hat aller Wahrscheinlichkeit nach tatsächlich nichts zu verbergen. Verwunderlich ist nur, dass diese Leute ständig dieses Argument hervorbringen und gebetsmühlenartig wiederholen, spricht man sie auf ihr Verhalten bei Facebook, StudiVZ & Co. an.

… sie wollen auf Bildern verlinkt werden und möchten erreichbar sein. Sie wollen auf keinen Fall irgendetwas verpassen von dem sie denken dass es gut für sie sein könnte. …

Jemand sollte ihnen sagen, wie kostbar der Luxus gelegentlicher absoluter Unerreichbarkeit ist, bzw. sein kann.

Ob diese Information ihr Ziel erreicht?

Zweifelhaft.

… Damit werden Probleme auf uns zukommen, die wir uns heute wahrscheinlich noch gar nicht vorstellen können.

Genau so ist es.

Man könnte versuchen, den Anfängen zu wehren.

Versuchsweise.
 

Irreversibel

Holländischer Prinz
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Ich habe bisher noch keinen gehört der im Communitybereich mit "ich habe nichts zu verbergen" argumentiert hat, aber das geht ja auch eher in Richtung Bundestrojaner. Der "Luxus der Unerreichbarkeit" ist keiner, wenn keiner einen erreichen will. Kein Mensch kann dauerhaft eine Insel sein, man ist mehr oder weniger ein soziales Wesen das Kontakt unter Gleichen braucht. Die völlige Ablehnung von Kommunikation können nur solche Menschen als Luxus wahrnehmen, die viel kommunizieren und somit erreichbar bleiben müssen. Die meisten Menschen sind aber nicht so wichtig, sie sind froh wenn sie den Eindruck bekommen dass man sich für sie interessiert. Darum nehmen sie teil.

Den "Anfängen zu wehren" ist ein guter Vorschlag, leider kommt er viel zu spät da wir schon mittendrin stecken. Seit Mitte der 90er Jahre (cave! verwertbare Information) habe ich wahrscheinlich während meiner Schul- und Studienzeit so viel Datenmüll im Internet hinterlassen, dass man damit ein detailliertes Psychogramm meiner Person erstellen könnte.
 

Gokoana

Bittenfelder Apfel
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Wenn Themen wie Facebook, StudiVZ & Co. zur Sprache kommen, ist es nicht mehr weit zu Kommentaren, die das freizügige Verstreuen von persönlichen Daten auf eben diesen Plattformen betreffen.

Der berüchtigte Bundestrojaner war bis dahin noch gar nicht erfunden.

Egal – immer dann wenn über diese „Social Networks“ diskutiert wird, spalten sich zwei Lager: Die einen, die das eine ganz tolle Sache finden und ihr Leben dort offenlegen, sodass die ganze Welt teilhaben kann und eben die Gegner eines solchen selbstdarstellerischen Verhaltens.

Immer dann, wenn die Gegner argumentieren, dauert es nicht mehr lange, bis eben diese Plattitüden wie „ich habe nichts zu verbergen“ wiederholt werden.

Dass der Mensch auf Dauer keine Insel sein kann, liegt auf der Hand, ist aber auch nicht Gegenstand dieser Diskussion. Ein großer Teil der Internet- und Mobiltelefon-Nutzer dürften Privatleute sein, die sich tatsächlich wie Bolle freuen, wenn im Restaurant, Kino oder sonstwo das Gefühl aufkeimt: „Hey, ich bin wichtig, denn mein Handy klingelt“.

Allerdings gibt es eben auch andere, die aus verschiedensten Gründen oft genug erreichbar sein müssen. Diese Leute gönnen sich den erwähnten „Luxus der Unereichbarkeit“, der für die erstgenannte Gruppe nur sehr schwer oder überhaupt nicht nachvollziehbar ist.

Computer aus, Mobiltelefon aus und die Seele baumeln lassen …

Klingt verrückt, ist aber machbar!

Den Anfängen kann man übrigens noch sehr gut wehren, denn diese „Social Networks“ stecken noch sehr in den Kinderschuhen. Die Schwierigkeit liegt darin, deren Nutzer zum Aufwachen zu bringen.

Ein Psychogramm zu erstellen an Hand der Datenspur, die jeder einzelne im Netz hinterlässt, dürfte auch kein allzu großes Problem für so manche Institution darstellen. Ob man dieses Psychogramm allerdings explizit an einer bestimmten Person festmachen kann, die äußerst sparsam mit persönlichen Informationen in öffentlich zugänglichen virtuellen Räumen umgeht?

Zweifelhaft, behaupte ich.
 

Irreversibel

Holländischer Prinz
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Zweifelhaft? Noch, behaupte ich. Im Endeffekt bin ich einen Schritt weiter und mache mir Gedanken über die gesellschaftlichen Auswirkungen einer Datenfreizügigkeit, an deren Verhinderung ich nicht glaube. Ehrlich gesagt erscheint mir ein "Sieg der Philosophen" sehr unwahrscheinlich, die Masse wird ihre Daten freigeben und wir hängen da mit drin. Ich bin auch nicht als einzelne Person über Facebook, StudiVZ o.Ä. auszumachen, wenn man nach mir sucht - aber über Kontakte, die nicht so sparsam mit ihren Daten umgehen und anhand derer man nach dem Ausschlussprinzip ermitteln kann, wer nun der unbekannte Kontakt mit dem Phantasienamen ist. Noch leichter wird es, wenn man in einem Bild verlinkt wird.

Glaub mir, ich geniesse es ebenso nicht erreichbar zu sein. Jeder der beruflich mit Menschen zu tun hat tut dies. Aber was bringt es, wenn wir uns gegenseitig unserer Wachsamkeit versichern wenn um uns herum die Mauern schon längst gefallen sind?
 

Gokoana

Bittenfelder Apfel
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… Aber was bringt es, wenn wir uns gegenseitig unserer Wachsamkeit versichern wenn um uns herum die Mauern schon längst gefallen sind?

Was bringt es, immer wieder auf die Gefahren zum Beispiel des Alkoholkonsums in Verbindung mit dem Führen eines Fahrzeuges hinzuweisen, wenn um uns herum die Mauern längst gefallen sind?

Ach – ich verallgemeinere …
 

Irreversibel

Holländischer Prinz
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Nein, du stellst irrelevante Vergleiche an. Wenn alle deine Tischnachbarn ausser dir alkoholische Getränke trinken heisst das noch nicht, dass du am Ende des Abends fahruntauglich bist. Ich denke nur es ist wesentlich zu kurz gegriffen zu sagen dass man sich einfach durch "Abstinenz" schützen kann und dass Aufklärung ausreicht um diese Lawine aufzuhalten. Ich denke ich bin mit diesem Schluck aus dem Kelch vermeintlicher Weisheit noch nicht am Grunde angelangt, aber das Ganze ist doch sehr interessant und ich bin gespannt wo das hinführt.
 

Gokoana

Bittenfelder Apfel
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Nein, du stellst irrelevante Vergleiche an. …

Ja, ich habe mich hinreissen lassen. Passend zu dem Name, den Du hier bei Apfeltalk verwendest.

N… Wenn alle deine Tischnachbarn ausser dir alkoholische Getränke trinken heisst das noch nicht, dass du am Ende des Abends fahruntauglich bist. …

Da habe ich mich wohl ziemlich missverständlich ausgedrückt.

Selbstverständlich bin am Ende des Abends nicht ich fahruntauglich sondern nur diejenigen, deren Blick ins Glas ein wenig zu tief war.

Dass ich mich selbst durch Abstinenz vor der erwähnten Fahruntauglichkeit schützen kann, müssen wir hoffentlich nicht diskutieren, denn das ist Fakt.

Ob die Aufklärung der saufenden Meute ausreicht, vermag ich nicht zu prophezeien, dass ich aber den einen oder anderen durch eben diese Aufklärung ein wenig zum Nachdenken bewegen kann, müssen wir ebenfalls nicht diskutieren, denn auch das ist Fakt.

Ich für meinen Teil halte es auch künftig wie gehabt, die Leute davor zu warnen, also versuchen aufzuklären, nicht allzu gutgläubig, blauäugig oder wie auch immer man es nennen möchte, zu sein und nicht intimste private Details ins Netz zu posaunen und dort zu veröffentlichen.

Das allerdings ist weder ein Schluck vom Kelch der Weisheit, noch ist es ein Naschen vom Baum der Erkenntnis, sondern etwas ganz banales, das aber langsam Seltenheitswert zu bekommen scheint: Gesunder Menschenverstand.

Nichtsdestotrotz bin auch ich gespannt, wo das hinführt und sehe gespannt zu …