Fragen zum Medizinstudium

muechue

Hildesheimer Goldrenette
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Hallo,

ich wollte einfach mal in die Runde fragen, ob (ehemalige) Medizinstudenten unter uns sind. Ich stehe nämlich vor der Entscheidung, ob das Medizinstudium das richtige für mich ist.

Wie schwer, wie knackig ist das Studium? (Vielleicht ein Vergleichswert: Das bayerisches Abi?)
Macht man wirklich soviel weltfremdes wie es mir erzählt wurde?
Wie geht's euch beim Studium?

Danke!
 

Irreversibel

Holländischer Prinz
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Wenn du Lust hast, viel auswendig zu lernen, erst sehr spät mit echten Patienten in Kontakt zu kommen und alles in allem nach 7 Jahren bezahlt zu werden wie... naja, dann ist's wahrscheinlich das Richtige. Ich würd's keinem mehr empfehlen, die Zeiten sind ein für alle mal vorbei. Den Ingenieuren gehört die Zukunft...
 

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Transparent von Croncels
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Ich bin zwar kein Mediziner, hatte aber während meines Studiums eine Reihe von Medi-Studenten im Freundeskreis und kann zumindest aus zweiter Hand etwas darüber sagen.

Das Studium der Humanmedizin ist nicht ohne. Meine Freunde haben jedoch sehr schnell begriffen, daß regelmäßiges, konstantes Arbeiten + eine private Lerngruppe zur gegenseitigen Verständniskontrolle bereits die halbe Miete sind. Einer systematischen Arbeitsweise kommt hier eine überragende Bedeutung zu.

Die pauschale Aussage meines Vorredners kann ich so nicht stehen lassen. Natürlich benötigt Deutschland Ingenieure. Bei Ärzten sieht es jedoch nicht viel anders aus. Jahrelang wurden beide Berufsgruppen stiefmütterlich behandelt und sich nicht um den Nachwuchs gekümmert. Das Ergebnis ist ein Fachkräftemangel, der sich noch die nächsten Jahre deutlich bemerkbar machen wird.

Falls Dich dieses Studium reizt, würde ich es an Deiner Stelle anpacken. Ach ja, von 4 Freunden sind übrigens heute 3 in der Schweiz. Finanziell ein Hauptgewinn.
 

lord.schoko

Kaiser Wilhelm
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stand vor einer ähnlichen wahl. habe dann in meinem ehemaligen bio lk einmal die pathologie in heidelberg angesehen und mit studenten geredet und natürlich auch erst semestler beim leichen "zerstückeln". Genau in diesem Moment wusste ich es wird nichts mit dem Studium...
 

Kaffee?

Transparent von Croncels
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Na ja, das berühmte "Schnibbeln" ist eine Gewöhnungssache. Bei meiner bisher ersten (und einzigen) Autopsie war mir auch ein wenig "anders" im Magen. Eine Stunde später sieht das schon besser aus.
 

Irreversibel

Holländischer Prinz
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Nun, wenn man hier in Deutschland bleiben will ist Arzt kein Beruf mehr mit Zukunft. Ein Verwandter von mir ist als Medizinprofessor im Beraterstab von Ulla Schmidt, da kommt noch einiges auf uns zu. Deutschland braucht Ärzte, jeder braucht irgendwann mal einen Arzt, aber solange es den meisten Leuten noch gut geht wollen sie sie nicht angemessen bezahlen. Ein paar verdienen sich dumm und dusselig aber den meisten geht's nicht so rosig, vor allen Dingen solange man noch keine Facharztausbildung hat und irgendwo in diesem hierarchischen System herumkrebst - und dafür ein so langes Studium, da fragt man sich doch manchmal nach dem Sinn des Ganzen und warum man nicht was anderes gemacht hat.

Die Bundesregierung unterstützt Patientenflucht ins Ausland, wo unter billigeren, schlechteren Standards gearbeitet wird und den Trend zu "Gesundheitszentren", sprich große Ärztehäuser. Der "Hausarzt um die Ecke" ist unerwünscht geworden, das zentralisiert man nun über die Krankenkassen. Darunter leidet das Arzt-Patientenverhältnis. Viele Krankheiten, z.B. Tumorleiden werden rechtzeitig erkannt weil der Arzt den Patienten kennt, viele Patienten vertrauen sich auch nur den Ärzten an die sie jahrelang behandelt haben.

Einen Fachkräftemangel wird es bei Ärzten so bald nicht geben. Keine Sorge. Die Mehrarbeit die auf uns zu kommt (Vergreisung der Gesellschaft etc.pp.) kann man prima auf die Leute die noch da sind umschichten. Am Gesundheitssystem wurde sich jahrzehntelang ohne schlechtes Gewissen bedient, da wurde ja alles bezahlt. Die Quittung bekommen wir ab jetzt. Da wird's noch das große Heulen und Zähneklappern geben wenn erstmal Zustände wie in England herrschen und dann kommt das Prinzip Amerika. Dann lohnt sich das Arztsein wieder, aber ob man dann noch Patient sein möchte oder sich das überhaupt noch leisten kann ist eine andere Frage.
 

Peter Maurer

Pommerscher Krummstiel
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Wie schwer, wie knackig ist das Studium? (Vielleicht ein Vergleichswert: Das bayerisches Abi?)
Es ist nur selten eine intellektuelle Herausforderung; eher eine Herausforderung ans Gedaechtnis. Archetypischer Witz zum Thema:

Sagt man einem Medizinstudenten, er solle das Telefonbuch auswendig lernen, was antwortet er? -- "Bis wann?"

Macht man wirklich soviel weltfremdes wie es mir erzählt wurde?
Man weiss ja nicht, was Dir erzaehlt wurde, aber: ja. Ich glaub' andererseits, dass das in wenigen traditionellen Universitaets-Studiengaengen anders ist; und manches, was einem erst weltfremd erscheint, erweist sich irgendwann doch als nuetzlich.
 

Irreversibel

Holländischer Prinz
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Es ist nur selten eine intellektuelle Herausforderung; eher eine Herausforderung ans Gedaechtnis.

Man weiss ja nicht, was Dir erzaehlt wurde, aber: ja. Ich glaub' andererseits, dass das in wenigen traditionellen Universitaets-Studiengaengen anders ist; und manches, was einem erst weltfremd erscheint, erweist sich irgendwann doch als nuetzlich.

Beides ziemlich korrekt. Leider sieht man bis zum Ende seines Studiums nur selten mal einen richtigen Patienten und wer dann erst merkt dass er mit Leuten die mit einem Leiden zu einem kommen überhaupt nicht zurechtkommt hat Pech gehabt. Im Anatomiesaal eine Leiche zu präparieren und ein fortgeschrittenes Plattenepithelkarzinom zu diagnostizieren und einem Patienten das klarzumachen sind 2 verschiedene Paar Schuhe. Natürlich kann man noch irgendwo in die Verwaltung oder die Lehre gehen oder eine Facharztausbildung in einem angenehmen kleinen Fach machen...

Die Antwort auf den Witz lautet eigentlich nicht "Bis wann?" sondern "Gibt's das auch als Kurzlehrbuch?"