So, ich habe seit heute Morgen endlich den Pencil und somit hab ich mir erstmal beide Apps installiert: Astropad und Duet Display. Hier mal meine erste Erfahrung mit dem iPad Pro/Pencil sowie den beiden Apps für diejenigen, die noch unschlüssig sind:
Zuerst war Astropad dran.
Die Performance ist via Lightning wirklich gut (WLAN noch nicht getestet) und ich habe bisher keine Hänger gehabt.
Das einzige Manko, das hierbei auffällt, ist die Tatsache, dass das Display sich verpixelt sobald ein Objekt sich bewegt, z.B. beim Scrollen, Zoomen oder dem öffnen von Programmen. Das ist wohl aus Performance-Gründen der Fall. Sieht nicht so toll aus, stört aber nicht weiter, da das Bild danach sofort wieder scharf ist.
Ansonsten ist Astropad auch funktional gut eingebunden, sodass sich das iPad als Grafiktablett wirklich nicht als Fremdkörper anfühlt.
Zoomen, Scrollen und Druckstufen - ist im Grunde alles vorhanden und in Photoshop, Illustrator und Toon Boom Harmony nutzbar.
Das Zeichnen an sich ist echt beeindruckend gut. Die Verzögerung ist fast gar nicht spürbar und die Druckstufen funktionieren perfekt und absolut präzise, genau wie der Stift selber, der wirklich immer genau dort ansetzt wo man die Spitze hinhält. Sehr genau. So ist es auch kein Problem in den jeweiligen Programmen die recht kleinen GUI-Buttons zu treffen, die ja nicht gerade Touch-optimiert sind.
Die Handballenerkennung ist top. Man kann seine Hand ganz bequem auf dem Display abstützen ohne dass man Angst haben muss, versehentlich im Bild rumzukritzeln. Es wird wirklich nur der Stift registriert, keine Hand. Auch hieran gibt es nicht das Geringste auszusetzen.
Nun gibt es aber auch ein paar Kritikpunkte.
Zoomen/Scrollen.
Wie oben geschrieben funktioniert es zwar, aber das ist noch recht hakelig und manchmal wird Pinch-to-Zoom als Scrollen erkannt und umgekehrt, weil die Multitouch-Gesten scheinbar noch nicht sauber eingebaut sind. Keine Ahnung ob das jetzt am Beta-Status der iPad Pro-Unterstützung (darauf wird man in der App übrigens auch hingewiesen) oder an den Programmen selber liegt. Aber da das in allen Programmen gleichermaßen hakelig ist, gehe ich davon aus, dass es an Astropad liegt. Hierfür muss definitiv ein Update kommen.
Ein anderer Mangel ist für mich, dass man den Bildschirminhalt nur spiegeln, aber nicht erweitern kann. Das Problem ist ja, dass iPad und MacBook unterschiedliche Seitenverhältnisse haben. So hat man in den Astropad-Einstellungen wahlweise die Möglichkeit, sich einen Ausschnitt des OS X-Bildschirms mit 100%iger Skalierung, oder den gesamten Bildschirm auf dem iPad anzeigen zu lassen. Bei Ersterem wird das iPad-Display zwar komplett ausgefüllt, allerdings fehlen Teile des Inhalts. Bei Letzterem sieht man zwar alles, man hat jedoch oben und unten schwarze Balken. Beides nicht optimal.
Gäbe es die Möglichkeit, das iPad als erweiterten Monitor zu nutzen, so könnte man sich sein Programm auf den zweiten Bildschirm ziehen, das Fenster maximieren und fertig - so wie man es schließlich mit jedem externen Monitor macht.
Zu guter Letzt die Software-Buttons in Astropad.
Man hat einige Shortcuts, wie z.B. das Umschalten zwischen Radiergummi und Pinsel. Komischer Weise funktioniert das bei mir aber weder in Photoshop, noch Illustrator, noch Toon Boom. Und der Undo-Button bewirkt nicht, dass man einen Schritt zurückgeht, sondern aus irgendeinem Grund wird nur der Farbmodus gewechselt. Das schiebe ich jetzt mal auf den Beta-Status.
Neben den Shortcuts kann man sich aber auch ein paar der wichtigsten Tasten softwareseitig einblenden lassen, damit man nicht immer umständlich zur Tastatur greifen muss. Tolle Idee, und die Shift-Taste ist z.B. schon vorhanden. Aber hier fehlt eindeutig die Leertaste, da diese in so ziemlich jeder Kreativ-Software zum Scrollen benutzt wird. Würde den Workflow extrem erleichtern wenn man mit der Hand die Taste halten und mit dem Stift das Bild hin- und herschieben könnte.
Nun zu Duet Display.
Vorweg: die App ist zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt nicht zu gebrauchen, zumindest nicht wenn man zeichnen will.
Aber zuerst: zwei positive Punkte gibt es. Auch wenn die Performance bei Astropad schon ausreichend gut ist, fühlt sich Duet Display noch einen Ticken flüssiger an und auch das Verpixeln des Displays bei Bewegungen fällt weg. Auch super: der Desktop lässt sich erweitern. So kann man sich seine Programme auf das iPad-Display ziehen und maximieren. Also das, was mir bei Astropad noch fehlt.
Leider war es das aber auch schon von der guten Seite.
Die App ist wirklich nur für das zuständig, was der Name suggeriert: um das Display zu erweitern. Das letzte Update bringt zwar iPad Pro-Unterstützung, allerdings ist damit nur gemeint, dass die App auf dem iPad Pro läuft. Für den Pencil gibt es keine Druckstufenerkennung und Multitouch funktioniert ebenfalls nicht. Man kann also weder zoomen noch scrollen.
Software-Buttons und andere nette Astropad-Features gibt es nicht. Obendrein ist die App sehr verbuggt. Es gab heftige Fehler und Performance-Einbrüche nachdem ich den Bildschirm testweise hab spiegeln lassen. Der Cursor war kaum noch zu bewegen und der Bildschirm hat alle paar Sekunden geflackert und die Auflösung geändert.
Damit könnte ich noch leben, da ich den Bildschirm sowieso lieber erweitern als spiegeln würde (und wie oben schon erwähnt: beim erweiterten Desktop ist die Performance astrein), aber wie schon gesagt: die App ist sowieso ungeeignet.
Die fehlende WLAN-Unterstützung dagegen stört mich gar nicht, da ich das iPad beim Zeichnen sowieso nur am Kabel lasse. Ich sitz eh am Schreibtisch wo auch mein Mac steht, die Performance ist mit Kabel sicherlich auch besser und außerdem wird der Akku nicht ständig leergesaugt. Dennoch: für andere Leute mag das weiterhin als Makel durchgehen.
Alles in Allem:
ob die Entwickler daraus noch eine ernsthafte Astropad-Alternative machen, weiß ich nicht, aber jetzt geht die App erstmal zurück und ich hol mir mein Geld wieder.
Fazit iPad Pro und Pencil:
Da wird die wahre Stärke des iPad Pro erstmals zur Geltung gebracht, nachdem viele (mich inklusive) das Gerät anfangs wegen fehlender Desktop-Programme nur belächelt hatten. Astropad (nicht Duet Display) dreht den Spieß locker um. Der Pencil ist absolut unentbehrlich.
Wer Designer ist und oft mit dem Grafiktablett arbeitet, der sollte sich das iPad Pro mit dem Pencil wirklich mal ansehen. Geschmackssache ist und bleibt die Gleitfähigkeit der Spitze auf dem Display. Die ist wohl eine Ecke höher als bei anderen. Ich sehe da 0 Probleme und kann mit dem Pencil echt wunderbar zeichnen, andere mögen das anders sehen. Aber was die Gesamtqualität angeht, ist das iPad Pro mit Astropad definitiv auf Augenhöhe mit den guten Wacom Tablets. Und was das Surface angeht: wenn es um's Zeichnen geht, landet das keinen Stich gegen das iPad. Denn auch das Surface hatte ich hier einige Tage stehen. Das soll jetzt kein Bashing sein, aber Microsofts Variante ist nicht halb so perfekt wie die von Apple, was ich z.B. in Photoshop gemerkt habe. Das Surface war einen Ticken unpräziser und hatte etwas mehr Verzögerung beim Zeichnen - und das, obwohl das auf dem Surface alles "nativ" läuft, während beim iPad nur der Bildschirm übertragen wird. Selbst die Wischgesten (zoom, scrollen) waren auf dem Surface nicht besser als das noch in der Beta befindliche Astropad.
Bin begeistert.
