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Überlegungen zu Bildbewertung und -bearbeitung

Irreversibel

Holländischer Prinz
Registriert
16.03.07
Beiträge
1.843
Ich gebe es unumwunden zu:

Ich kann es einfach nicht.

Bildbearbeitung liegt mir nicht, ich finde das Thema langweilig und das Einarbeiten in die Materie war mir stets zu mühsam und lästig. Ich fotografiere jetzt seit über 15 Jahren und habe mich seit jeher gegen das Thema "fortgeschrittene" Bildbearbeitung gesperrt, obwohl ich die Ergebnisse teilweise beeindruckend finde. Ich versuche, die Bilder genau so zu machen wie ich sie zum Ende hin haben möchte und die Möglichkeiten der Kamera zu nutzen. Hinterher erfolgt bestenfalls noch eine leichte farbliche Anpassung und eine Änderung des Bildausschnitts.

Man sitzt vor diesem Programm "Photoshop" und denkt sich "Hach, willste dafür jetzt nochmal eine Schulbank drücken, um deine Fotos ordentlich aufzuhübschen? Vielleicht so ein Intensiv-Blingbling-Kurs, ein Wochenende und dann kannst du die Basics! Farbmanagement und so...". Man dreht lustlos an den Reglern herum, geht die einzelnen Reiter der möglichen Effekte durch und denkt sich "Ne, also da ist mir die Lernkurve zu flach. Dann sehen die Bilder aus wie eine Zwölfjährige die zum ersten Mal Mamas Lippenstift ausprobiert." Dann lieber ohne "Make-Up". Das schaut irgendwie ehrlicher aus - nicht besser, aber das bin eher "ich". Wobei, definiere "ich" mich denn dadurch dass meine Bilder aussehen wie Autos ohne Lack? Was definiert überhaupt meine Fotografie? Nein, bestimmt nicht der Mangel an Bildbearbeitung. Ich kann einen prima Sandkuchen backen, habe mich an einer Sahnetorte aber noch nie versucht. Vielleicht möchte ich einfach nicht in die enttäuschten Gesichter sehen, die mir sagen: "Deine Sahnetorte ist Scheisse. Bleib beim Sandkuchen."

Immer nur Entschuldigungen, sich nicht mit dem Thema auseinandersetzen zu müssen, die gehen mir einfach nicht aus.

Man sieht sich das an, findet bestimmte Dinge gut, andere wiederum schlecht. Manchmal, immer seltener, kann man ja mal einen kleinen Tipp raushauen. Schlussendlich kommt es auf das Ergebnis an, nicht auf den Weg dorthin. Ein guter Bildbearbeiter bekommt auch ein schlechtes Foto noch so hin, dass es beeindruckend aussieht. Als Nicht-Bildbearbeiter fühlt man sich dann so als würde man mit einem Klappmesser bewaffnet in eine Schiesserei geraten. Aber man sollte sich ehrlich fragen: Ist das Foto wirklich "nur" gut bearbeitet (und das ist ja schonmal eine Menge) oder war das Ausgangsfoto schon wirklich gut?

Die Kombination macht es. Ein gutes Foto zu betrachten ist für mich wie eine gute Konversation. Thema, Wortwahl, Sprache, das alles steht nicht einzeln.
 

reframing

Weißer Winterglockenapfel
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Schön und offen geschrieben, Irreversibel!

Ein einfacher und wirkungsvoller Trick ist für mich Zeit haben beim Fotografieren. Deshalb gehe ich oft nur wegen des Fotografierens und alleine nach draussen. Wenn ich mit anderen Menschen unterwegs bin, lasse ich die Kamera in der Regel zu Hause. Ansonsten wird es schnell für jemanden zum Stress: Für die Begleitpersonen, weil sie warten müssen, für mich, weil ich mich gehetzt fühle und mich nicht genügend einem Motiv widmen kann.

Da ich meist Naturfotos mache, versteht es sich fast von selbst, dass sich die nachträgliche Bearbeitung in engen Grenzen hält: Spitzlichter etwas abdämpfen, Flecken wegstempeln, bei Landschaftsfotos auch ab und an einen Verlaufsfilter im Himmel anwenden usw. Ziel der Bearbeitung ist es eigentlich immer, Mängel der Kamera (Dynamikumfang) wettzumachen oder das Bild in die Richtung zu verändern, dass es mehr meinem Eindruck vor Ort entspricht. Eine „Entdeckung“ für mich war die nachträgliche Regulierung des Weissabgleichs. Ich habe oft den Eindruck, dass die Farben der Fotos aus der Kamera zu „kalt“ sind und nicht meinem Empfinden am Aufnahmeort entsprechen. Mit der Veränderung des Weissabgleiches lassen sich die Farben behutsam noch etwas korrigieren (In meiner Kamera lässt sich der Weissabgleich nicht so genau einstellen, deshalb ist hier Nachbesserung unumgänglich). Leider muss ich die meisten Tierbilder nachträglich noch etwas beschneiden, da ich oft nur mit dem mittleren Fokusfeld fokussiere und die Viecher ja nicht nur immer mittig im Bild platziert haben möchte. Ich muss mir da in nächster Zeit eine andere Technik zulegen. Bei statischen Motiven wie Blumen, Landschaft usw. verwende ich gerne den LiveView in Verbindung mit einem Stativ. Der Schärfepunkt lässt sich so extrem genau festlegen.

Mir geht es nicht um ein dokumentarisches Abbilden der Umwelt, sondern mehr um die Ästhetik des Bildes und mit den Fotos Stimmungen und Emotionen zu wecken. So kann ein bescheidenes Pflänzchen im richtigen Licht und bewusst gewählter Schärfe/Unschärfe ungeheure emotionale und gestalterische Kraft in einem Bild erzeugen, vielmehr als eine stolze Blüte einer Rose o.ä. in durchschnittlichem Licht. Natürlich bin ich da noch meilenweit von den Könnerinnen und Könnern des Fachs entfernt, aber dies bildet für mich Ansporn, mich in dieser Richtung weiterentwickeln zu versuchen.
 

doc_holleday

Roter Herbstkalvill
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Um - etwas verspätet - Irreversibels Post zu kommentieren: ich kann dich sehr gut verstehen, was die Einstellung gegenüber der Einarbeitung in Photoshop et al. angeht!

Als mir mein ehemaliger Mitbewohner - ein Mediengestalter - erklärt hat, dass für ihn Photoshop ein Schulfach (!) während der Ausbildung war, wurde mir ein für alle mal klar, dass ich das nie "können" werde.

Diese Programme können in dem Sinne einfach zu viel und man muss sich wirklich professionell (im Sinne von hauptamtlich) mit der Thematik an sich befassen um das richtig zu können.

Wie gesagt, das hab ich mir abgeschminkt.

Aber das muss ja im Endeffekt nix heissen. Ich will ja nur irgendwann "gescheite" Fotos machen können.

Wie hier im Thread schon dargestellt, kommt es mir nicht nur darauf an alles gleich perfekt in der Kamera hinzukriegen. Das ist zwar für sich genommen schon cool und bewundernswert, aber ich habe auch auf der anderen Seite (momentan) nicht vor, das zu meinem Beruf zu machen. D.h. neben dem Beruf und dem Rest an "Real Life" muss das Ganze auch irgendwie bewältigbar bleiben.

Sicher ist der Ansporn da sich in diesem Hobby langfristig stetig zu verbessern, aber sowohl bei der Ausrüstung als auch der investierten Zeit werden ab einem gewissen Punkt natürliche Grenzen erreicht. D.h. für mich, dass ich meinen "Weg" auch ein bisschen optimieren muss. Wenn ich quasi die Wahl habe mich entweder durch jahrelange Ausbildungen zu quälen oder innerhalb von ein paar Stunden ein Programm besser bedienen zu lernen, um ans gewünschte Ziel zu kommen, dann ist für mich die "Abkürzung" durchaus ein legitimer Weg, um überhaupt ans Ziel zu kommen.

Wenn man immer/ständig die eigenen Ziele verfehlt, führt das ja irgendwann auch zu so viel Frust, dass man sich automatisch anderen Dingen zuwendet mit denen man seine manchmal spärliche Freizeit füllt.

Abgesehen davon braucht man überhaupt keine Entschuldigungen (weder sich selbst noch anderen gegenüber), um den eigenen gestalterischen Weg zu gehen.

_Deine_ Zeile sind _deine_ Ziele und fertig ab. Im Endeffekt gibt es ja hier weder richtig noch falsch. Viele große Fotographen spielen damit die sogenannten Regeln zu brechen. Also was soll's wenn man das als kleiner Fotograph auch macht?

Gestaltung/Kunst lebt eigentlich schon immer davon die sogenannten Regeln zu durchbrechen oder zu ignorieren. Wenn man es schafft das ins Bild zu transportieren, was man dort haben will, hat man meiner Meinung nach schon sehr viel richtig gemacht.

Ob Dritte damit auch was anfangen können, steht natürlich auf einem anderen Blatt. :)
 

Irreversibel

Holländischer Prinz
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Ich meine immer man sollte die Regeln kennen und sie mindestens einmal korrekt angewendet haben, bevor man mit ihnen bricht. Es besteht nunmal ein kleiner Unterschied darin, Regeln gekonnt zu ignorieren oder einfach nur einen Schuss ins Blaue zu machen und dem Ganzen dann den "Geruch kreativer Freiheit" aufzusprühen. Geht meist in die Hose.

Eine Bekannte hat mir mal 300 Bilder auf CD gereicht, mit der Anfrage, ob ich die "mal eben" photoshoppen könne. Da habe ich ihr auch gesagt, dass "Mediengestalter" ein Berufsbild ist, das ist nicht einfach "Knöpfchen drücken und gut". Manche Leute denken wohl dass man einfach die Scheibe in den Rechner schiebt, "the magic happens" und die fertig aufgehübschten Bilder werden dann gleich druckfertig ausgespuckt. Ich hab schon Anfragen von Bekannten gehabt, die selbst die einfachsten physikalischen Gesetzmäßigkeiten und simples Wissen über Licht und Fotografie vollkommen ignorieren. "Der Typ bedeckt das halbe Bild und die Skyline, mach den mal weg!" - "Moment, muss nur kurz meinen Zauberstab anspitzen...".

Es wird auch oft angenommen dass man, wenn man eine Kamera besitzt auch automatisch ein Photoshop-Virtuose sein muss. Das Motto was dahintersteckt ist folgendes: "Alles, was ich nicht kann, ist leicht."