• Apfeltalk ändert einen Teil seiner Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), das Löschen von Useraccounts betreffend.
    Näheres könnt Ihr hier nachlesen: AGB-Änderung
  • Seit Gutenbergs Zeiten haben sich nicht nur Bücher über die ganze Welt verbreitet, sondern Buchstaben und Wörter begleiten uns allumfassend. Selbst moderne Devices mit Sprachsteuerung und Super-KI kommen nicht ohne Buchstaben, Wörter oder Symbole aus. Nicht zuletzt darum ist das Thema das Monats Am Anfang war das Wort ---> Klick

Kommentar: iPhone 4 - Bedarf versus Bedürfnis

chironex

Dithmarscher Paradiesapfel
Registriert
07.09.08
Beiträge
1.456
1. Die Katze im Sack

Zugegeben – ein Mobiltelefon zählt heute bereits zu den Grundbedürfnissen menschlicher Existenz. Aber was aktuell in Sachen iPhone 4 abgeht, hat nichts mit Bedürfnissen zu tun. Und dabei gibt es das Teil noch gar nicht. Man kann es lediglich vorbestellen. Trotzdem werden bereits „Fluggemeinschaften“ gebildet und die besten Zeltplätze diskutiert.

Vordergründig handelt es sich beim Apple iPhone 4 um die vierte Version eines zugegebenermaßen sehr erfolgreichen und unumstritten einzigartigen Smartphones. Wirft man jedoch einen Blick hinter die Kulissen dann offenbart sich schnell eine ganz andere Wahrheit. Das iPhone ist kein Telefon. Nein – es ist eine Offenbarung, quasi die elektronische Fassung des Evangeliums und der Lutherischen Thesen in einem. Das iPhone kennt keine Rassen-, Glaubens- oder Meinungsunterschiede. Und mit Version 4 scheint der Wahnsinn seinen vorläufigen Höhepunkt zu finden.

Die neue Marketing-Waffe: Vorbestellung

Es ist ja im Prinzip nichts Neues, dass bestimmte Produkte vorbestellt werden können, noch bevor sie tatsächlich auf den Markt kommen. Ich gebe zu, ich habe das auch schon gemacht. Allerdings ging es dabei um ein Auto, das ich zuvor zumindest in einer sehr ähnlichen Version schon mal Probe fahren durfte.

Doch was Apple derzeit macht, führt das Thema Vorbestellung – oder wie es neudeutsch heißt Pre-Order – völlig ad absurdum. Das hat beim iPad begonnen und wird jetzt beim iPhone in Vollendung fortgeführt. Kaum wurde in einschlägigen Blogs und News-Diensten rund um Apple verkündet, dass das iPhone 4 ab 15. Juni 2010 vorbestellt werden kann, gingen die aus meiner Sicht doch recht bedenklichen Diskussionen los: „Wann bestellt ihr euer iPhone 4? Gleich um Mitternacht? Oder legt Apple da die US-Zeit zugrunde, und hier ist dann noch der 14. Juni?“ Ich finde, in einer Zeit der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise sollten zunächst andere Dinge geklärt werden. Nicht, dass ich den Zeigefinger erheben und auf die aktuellen Zustände verweisen will. Aber habe nur ich das Gefühl, dass in unserem Land mehr gemeckert und gejammert wird denn je? Sollte dann bei der Vorstellung eines Produktes wie dem iPhone 4 nicht vielleicht zuerst die Frage gestellt werden „Was kostet das Teil eigentlich?“ oder „Kann ich mir das leisten?“ oder noch schlimmer: „Brauche ich das überhaupt?“. Doch scheinen solch profane Fragen bei einem Heilsbringer wie dem iPhone 4 einfach nicht angemessen.

2. Die Taktik scheint aufzugehen

Dass die Vorbestellungstaktik von Apple mal wieder voll ins Schwarze getroffen hat, wurde bereits in den frühen Morgenstunden des 15. Juni 2010 deutlich. Innerhalb kürzester Zeit war die Webseite von T-Mobile wegen Überlastung nicht mehr zu erreichen. Und kurz darauf twittert rosa Riese, dass der Ansturm überwältigend sei und gut 10-mal mal höher als noch beim Vorgängermodell. Wenige Stunden später: Man arbeite intensiv an den nach wie vor bestehenden Server-Problemen. Und zu guter Letzt: Die erste Charge sei bereits vergriffen. Wohlgemerkt – am Vormittag des ersten Vorbestellungstages.

Quelle: AppleQuelle: AppleDer 15. Juni 2010 wird auch bei Apple selbst in die Annalen eingehen. An diesem einen Tag wurden weltweit mehr als 600.000 iPhones vorbestellt – mehr als je zuvor bei irgendeinem anderen Apple-Produkt. Da erblasst sogar das iPad vor Neid. Wenn man den durchschnittlichen Kaufpreis eines iPhone 4 vorsichtig mit rund 400 Euro kalkuliert – freie Geräte kosten zum Teil das Doppelte, dafür sind die mit Vertrag günstiger – kommt man auf eine Vorbestellungssumme von rund 240 Millionen Euro an einem einzigen Tag. Quo vadis, Wirtschaftskrise?

Auf und ab in der Gefühlsachterbahn

Nach ersten traurigen Reaktionen im Internet zu den Ausverkauf-Meldungen der Telekom, tauchte ein neues Licht am Ende des langen, iPhone-losen Tunnels auf. Inmitten des weltweiten Ich-will-auch-ein-iPhone-4-haben-Wahnsinns ging ein Aufschrei durchs Web: In der Grand Nation und dem Vereinigten Königreich soll das iPhone ab sofort auch bestellbar sein. Ganz ohne teuren Knebelvertrag. „Neverlock“ heißt das Zauberwort, das die Augen der Apple-Jünger erneut zum Glänzen bringt und eine neue Welle der Euphorie auslöst. Doch der anfängliche Jubel schlägt binnen weniger Minuten in herbe Enttäuschung um. Apple Frankreich und Apple UK liefern nicht ins Ausland – noch nicht einmal nach Deutschland. Das Bestellformular akzeptiere keine ausländischen Adressen. Und aus der Traum von der schnellen freien iPhone-Liebe. Aber was ein echter Apple-Fanboy ist, lässt sich so einfach nicht aufhalten.

3. Liefertermin: Unbekannt?!

Apple verspricht, dass man sich auch ein iPhone zur Abholung in einem Apple-Store reservieren lassen kann. Allerdings nur für den Erstverkaufstag, also den 24. Juni 2010, und auch nur, solange der Vorrat reicht. Mittlerweile werden erfolgreiche Reservierungen bei eBay feilgeboten. Wohlgemerkt nur das Recht ein iPhone am 24.06.2010 zu kaufen, nicht etwa das Gerät selbst. Aber ein Flug nach London oder Paris kostet ja nicht die Welt. Und schon bilden sich erste Zweckgemeinschaften nach dem Motto „Wer fliegt nach London und bringt mir eines mit?“ oder sogar richtige iPhone-Events „Wer fliegt mit mir nach Paris, und wir übernachten gemeinsam vor dem Apple-Store?“. Manch anderer ist etwas sparsamer und versucht lieber, Apple doch irgendwie dazu zu bewegen, ins Ausland zu versenden. Und tatsächlich: Die Vorschläge schüren neue Hoffnung. So wird zum Beispiel vorgeschlagen, einfach trotzdem eine deutsche Adresse einzugeben und die folgende Fehlermeldung so oft zu ignorieren, bis es dem System dann offenbar egal ist und die Adresse akzeptiert wird. Ich bin gespannt, wo diese Geräte letztendlich landen. Zuversichtlicher bin ich bei einer anderen Lösung, die jedoch zusätzliche Kosten verursacht. Hier gibt man die Adresse eines so genannten Relais-Dienstes etwa in England an, der das Paket entgegennimmt und gegen eine kleine Gebühr von gut 30 Euro an den vor Vorfreude schon fast platzenden iPhone-Liebhaber in Deutschland weitersendet. Nach diesen positiven Nachrichten schwappt die Stimmung im Internet fast über – bis zur nächsten Hiobsbotschaft. Auch in England und Frankreich ist die erste Charge komplett ausverkauft, das voraussichtliche Lieferdatum springt vom 24.06.2010 auf den 02.07.2010. Und es kommt noch schlimmer. Apple storniert bereits erste Bestellungen mit frisierten Adressen, und auch der Umweg über die Relais-Dienstleister scheint nicht wasserdicht. Ob da jemand von Apple im Internet mitliest? Eigentlich undenkbar.

Es bleibt spannend

Mittlerweile haben sich die Wogen etwas geglättet, die Server von Apple und T-Mobile arbeiten wieder zuverlässig, und wer ein iPhone vorbestellen will, kann das jetzt in aller Ruhe tun. Wann diese Geräte jedoch ausgeliefert werden, steht in den Sternen. Das iPad hat uns gelehrt: Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Der Tablet war ebenfalls bereits im Vorverkauf vergriffen. Das hat sich bis heute, gut vier Wochen nach Markteinführung, nicht geändert. Nur mit viel Glück und nach langer Recherche lässt sich ein iPad auftreiben. Beim iPhone 4 wird es sicher noch schlimmer. Da braucht man kein Hellseher sein. Spannend wird es trotzdem.

Zu guter Letzt noch ein Geständnis in eigener Sache: Natürlich habe auch ich am 15. Juni 2010 ein iPhone 4 vorbestellt. Wenn alles klappt, trifft das Objekt der Begierde am 24. Juni 2010 bei meinem Freund Dan in Manchester ein. Und ich hoffe, er schickt es sofort weiter zu mir, ohne es selbst auszuprobieren. iPhone 4, ich freu mich auf dich!

Quelle: THG