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Tag der Demokratie in Wunsiedel

commander

Baldwins roter Pepping
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Morgen findet in Wunsiedel zum 4. Male der 'Tag der Demokratie' statt. Diese Aktion wurde 2004 mit dem Motto 'Wunsiedel ist bunt, nicht braun!' ins Leben gerufen, um den nun seit 20 Jahren wiederkehrenden Versuchen einer neonazistischen Huldigungen für Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß, der in Wunsiedel begraben wurde, zu begegnen.

Meine Heimatstadt Wunsiedel setzt sich gegen die verblendeten Neonazis, die Heß als Märtyrer sehen, friedlich aber effektiv zur Wehr. Der Tag der Demokratie ist inzwischen eine feste Institution in Wunsiedel, es werden Stände aufgebaut, u.a. von Amnestie International, den christlichen Jugendorganisationen, des DGBs und anderer engagierter Vereine. Insgesamt 31 ortsansässige Vereine unterstützen und gestalten dieses Ereignis. Musik, Essen, Gottesdienst, Austellungen etc. verwandeln auch diese Jahr wieder den ehemaligen Schreckenstag für die Kreisstadt zu einem Feiertag.

Wir Wunsiedler ziehen dabei durch die gesamte Altstadt, bewaffnet nur mit bunten Heliumluftballons, die dann am Zielpunkt, dem Marktplatz, wie eine riesige, bunte Wolke in den Himmel steigen.

Ich muss bei dieser Gelegenheit erwähnen, dass in Wunsiedel selbst praktisch kein Neonazi wohnt (die hätten hier kaum eine Chance), die Randalierer kamen vor 2005 ausnahmslos von außerhalb. Durch die großartige Idee unseres Bürgermeisters, just am Samstag nach dem Heß-Todestag ein Stadtfest zu veranstalten, hat bei den entscheidenden Gerichten die Grundlage für ein generelles Verbot der rechtsradikalen Aufmärsche gesorgt, denn kaum ein Richter könnte es verantworten, einen Tag der Demokratie zugunsten von Faschisten abzusagen. Obwohl ich kein CSU-Fan bin, danke ich für diesen Geistesblitz unserem Bürgermeister Karl-Willi Beck.

Morgen spielt tagsüber das 'Freie fränkische Bierorchester', allein das ist ein Grund, nach Wunsiedel zu kommen - eine fantastische Truppe.

Gegen Abend dann die Band 'Die Fachärzte', über die man sich sicher trefflich streiten kann - lustig wirds aber allemal.

Ich will hiermit dem ewigen 'Wunsiedel = Nazistadt' entgegentreten, denn das ist absolut nicht der Wahrheit entsprechend - hätte der Stadtrat 1987 es bereits überreissen können, welche Konsequenz der sogenannte 'Gnadenakt' einer Familiengruftbestattung von Heß (der nie in Wunsiedel gelebt hat) nach sich ziehen würde, wäre Hess nun in Berlin begraben - wo auch Hitlers Knochen liegen dürften - ist deswegen Berlin = Nazistadt?

Wer aus der Gegend von Wunsiedel ist (viele werdens wohl hier in AT nicht sein ;)): Kommt morgen zum Demokratietag nach Wun, es wird euch gefallen!

Gruß und gute N8,

.commander
 
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macindy

Stahls Winterprinz
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Brisantes Thema - da steckt Zündstoff drin!
 

cafe001

James Grieve
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Also Aktionen gegen alt und jung Nazis sind immer zu Begrüßen aber sag mal sind da nur Christen zugelassen oder sind andere Religionen und ihre Weltanschauungen alle nicht so toll wie die christliche?

Zitat:
...und bunten Friedensumzug die christlichen und demokratischen Werte vertiefen, feiern und demonstrieren...

und

...im Kleinen und im Großen für demokratische und christliche Werte einsetzen...

und um es auf den Punkt zu bringen:

... Beteiligen sie sich mit einem Informations- oder Aktionsstand...

...Ob im Sportlichen, kuturellem, politischen, karitativen oder christlichen Sektor- es gibt viele Initiativen die beweisen, dass unsere Welt bunt ist. Es gibt verschieden Wege, auf denen demokratische oder christliche Werte explizit oder implizit gefördert werden...

Zitat ende

Die Welt ist Bunt Haupsache aber christlich, Demokratie ja, aber bitte immer schön christlich... In dem Kaff da unten gibt es keine Andersgläubigen oder? Hurra Deutschland, Hurra Demokratie aber bitte nur christlich...

Sind die Kriegstreiber in der USA eigentlich andere Christen mit anderen Ansichten als die super Christen in Wunsiedel (ketzerische Frage ;))? Und die grade Bomben werfen auf verschiedenste Muslime sind das Kreuzritter???? Fragen über Fragen!!!!

Das liest sich schon ein wenig komisch wenn man gegen Fanatiker die auf "National Sozialismuß" und "Nur für Deutsche" standen demonstriert, Und gleichzeitig ganz bewusst alle anderen Weltanschaungen/Religionen ausgrenzt.

Das ist zur Zeit der Nährboden auf dem der populismuß für Kriege in Afghanistan und Irak wunderbar gedeiht...

Da sag ich nur: Wehret den Anfängen... lasst nicht von religiösen Bauernfängern bequatschen... Nutzt den, von welchem Gott auch immer gegebenen, gesunden Menschenverstand... und tut was gegen den Demokratieabbau in diesem Land und die Kriegstreiberei Weltweit... Nazis sind ein Problem in diesem Land aber bei weitem nicht das Größte...

Und nun ein schönes Wochenende

Ps: Ich bin Konfessionslos ;)
 
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cafe001

James Grieve
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Ach ja und wer in einem Staat lebt in dem das Militär sich in der Tradition der Wehrmacht sieht und munter Kasernen nach Leuten wie Mölders, Kübler und Rommel benennt/benannt hat, der darf sich auch nicht wundern wenn andere Dumpfbacken Hess toll finden...
 

commander

Baldwins roter Pepping
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Ganz abgesehen davon, dass christliche Einrichtungen hervorragende Sozialarbeit leisten und die christlichen Werte mit Sicherheit ein guter Leitfaden für alle Menschen wäre - *lufthol* - abgesehen davon, darf man eben diese nicht mit den von sogenannten christlichen Politikern und anderen 'christlichen' Machtinhabern vermittelten Werten verwechseln - die meist alles nur nicht christlich sind.

Allein das Berufen auf christliche Werte im christlichen Abendland kann ich absolut nicht als verwerflich sehen - im Gegenteil. Ausserdem gibt es hier in diesem 'Kaff' eine Menge Andersgläubige - und die haben ein natives Interesse an Veranstaltungen wie dem Tag der Demokratie mitzuwirken - ohne Frage - und tun dieses auch.

Gruß,

.commander
 
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Jenso

Gast
Ich wohne selbst in einer (seinerzeit) sehr braunen Umgebung und so darf man vielleicht auch mal „böse“ sein und dem Gedanken, daß altrechte Umtriebler in Wunsiedel „kaum keine Chance“ hätten, entgegenhalten, daß solches wohl auch nicht nötig ist, bei einer Kommune, in der die weiß-blaue Staatspartei derart dominiert; dort finden diese Typen ja ihre „neue“ politische Heimat…

Bei mir zuhause setzte ich nicht nur auf einen „Tag“, sondern auf ein „Leben“ in Demokratie (24 x 7 x 52 x unbekannt). Gern auch unchristlich!


p.s. für mich gehört zur Demokratie auch, daß ich sogenannten „Neo-Nazis“ ein Demonstrationsrecht zubillige; persönlich finde ich jene ohnehin nur lächerlich und meine, daß man mit Gegen-Aktionen ihnen nur unverantwortlich viel mehr an Publizität verschafft.
 

commander

Baldwins roter Pepping
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(...)daß solches wohl auch nicht nötig ist, bei einer Kommune, in der die weiß-blaue Staatspartei derart dominiert; dort finden diese Typen ja ihre „neue“ politische Heimat…
(...)

Da irrst Du Dich, denn Beck ist unser erster CSU - Bürgermeister seit Dekaden... Wunsiedel ist wie der Rest Frankens eher rot, und so ist auch unser Landrat Seißer ein SPDler.

p.s. für mich gehört zur Demokratie auch, daß ich sogenannten „Neo-Nazis“ ein Demonstrationsrecht zubillige; persönlich finde ich jene ohnehin nur lächerlich und meine, daß man mit Gegen-Aktionen ihnen nur unverantwortlich viel mehr an Publizität verschafft.

Da irrst Du Dich erneut, denn die Neonazis haben, seit dem wir den Tag der Demokratie veranstalten, _gar_keine_ Publizität mehr - die dürfen schlicht nicht demonstrieren, fertig (ganz im Gegensatz zu früher, da waren die Medien immer dabei, wenn schwarzer Block und Faschos aufeinandergestossen sind).

Und zum Demonstrationsrecht: Keine Toleranz gegenüber den Intoleranten, den Feinden der Demokratie braucht man keine demokratisch gesicherte Bühne bieten. Und lächerlich finde ich den braunen Spuk wirklich nicht.

Gruß,

.commander
 

Jenso

Gast
OK, Commander,
bezüglich der Kommune habe ich keine Ahnung, für das Bundesland bleibe ich bei meiner Auffassung.

Hingegen bin ich weiterhin (und nun verstärkt) der Meinung, daß Du Dich (um Deine Ausdrucksweise zu zitieren) irrst: das Demonstrationsrecht ist ein Grundrecht; dieses zu beschneiden finde ich (auch gegenüber „Nazis“) entsprechend indiskutabel.

Befremdlich finde ich den Gedanken, daß ggf. der „Schwartze Block“ demonstrieren dürfte und die „Faschos“ nicht (für mich sind die einen wie die anderen Wirrköpfe, aber Demos würde ich beiden [!] nicht verbieten).

Zutiefst undemokratisch aber ist die Idee, nur Toleranten gegenüber Toleranz zu üben!
„Freiheit ist immer auch die Freiheit des Andersdenkenden!“, hat die bekannte Dame mal dekretiert - ich unterstreiche das „immer“.

Glück und Freiheit
Jens
 

streuobstwiese

Schafnase
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Da irrst Du Dich erneut, denn die Neonazis haben, seit dem wir den Tag der Demokratie veranstalten, _gar_keine_ Publizität mehr - die dürfen schlicht nicht demonstrieren, fertig (ganz im Gegensatz zu früher, da waren die Medien immer dabei, wenn schwarzer Block und Faschos aufeinandergestossen sind).
Dann demonstrieren die Rückwärtsgewandten leider woanders:
http://www.sueddeutsche.de/,ra13m3/bayern/artikel/865/128653/
http://www.focus.de/politik/deutschland/neonazi-demos_aid_70121.html

Trotzdem eine gute und wichtige Aktion. Zivilcourage!
 
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webbi

Rheinischer Krummstiel
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Zutiefst undemokratisch aber ist die Idee, nur Toleranten gegenüber Toleranz zu üben!

Sehr gut gesagt, das unterschreibe ich gern. Scheinbar sind bei eurem Fest der Demokratie (welches ich an sich für eine sehr schöne Idee halte) noch nicht alle demokratischen Werte durchgedrungen, anders kann ich mir nicht erklären, dass das Grundrecht zur Demonstration deiner Meinung nach (commander) für die einen gelten soll, für andere nicht.

Gruß,
webbi
 
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Jenso

Gast
Wie webbi schon sagte, und dem schließe ich mich (über meine eigene Kritik hinweg) gern an: ein „Fest der Demokratie“ empfinde auch ich als grundsätzlich (wenn auch nicht neue) „schöne Idee“ - diese sollte aber stimmig durchgeführt werden.
 

cafe001

James Grieve
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@commander

Oh ich kann im alleinigen "Berufen auf christliche Werte im christlichen Abendland" sehr wohl etwas anstößiges finden:

"Noch heute verbinden manche mit dem Begriff "Christliches Abendland" Erinnerungen an eine große Geschichte, Stolz und Herausforderung. Nachteilig wirkte sich die darin liegende Trennung zwischen 0st und West und die Gefahr eines elitären Bewußtseins aus, das im Abendland den Hort des Christentums und höherer Kultur sieht. Auch werden damit leicht andere große Kultureinheiten der Geschichte und Gegenwart wie China und Indien ausgeblendet oder unterschätzt."

Dieses berufen auf das christliche Abendland hat mehr Menschen das Leben gekostet als in allen anderen Diktaturen zusammen... das ist einfach nur ein paar Jahre länger her und da haben diese christlichen Vereine einfach glück gehabt sonst währe dieses Kreuz auch als Verfassungsfeindlich verboten worden. Die christlichen Kirchen mit ihren Evangelien und Dogmen sind soweit von Demokratie entfernt wie nur irgendwas und ganz speziell die Katholiken mit ihrem "Führer" Denken in Form des Papstes bilden die abendländische Grundlage für Auswüchse wie Hitler.

ansonsten gebe ich Jenso recht, es bringt doch nichts Demos zu verbieten auch wenn mir deren Ansichten nicht gefallen, das untergräbt unsere Demokratie, protestiert gegen die Ursachen die den Nährboden für solches Gedankengut bilden dann ist allen geholfen, rechtsradikales Gedankengut und Revisionismus sind gerade in den Reihen der CSU so verbreitet wie sonst nirgendwo. Da wird verdreht, geleugnet und die Geschichte zurechtgebogen was das Zeug hält um die "alten" "christlichen" "faschistischen" "rassischtischen" Ideale und Ansichten auch heute wieder hoffähig zu machen. Die Beispiele kenne wir alle aus der jüngsten Vergangenheit (Trauerrede). Es ist immer einfach für den Mob gegen den ihm präsentierten Sünden Bock zu Felde zu ziehen (häßliche, gewalttätige Glatzen und Faschos) aber damit wird er auch prima vom eigentlichen Problemen abgelenkt und geht ganz schnell wieder zur Tagesordnung über da sind die Methoden seit tausenden von Jahren gleich und siehe da sie funktionieren immer noch Prima.

und @streuobstwiese

Zivilcourage währe es gewesen wenn tausende auf die Straße gegangen währen um die Brut die zu Oettingers Trauerrede geklatscht haben und ihn selbst aus dem Amt zu fegen aber nachdem es für die Presse langweilig wurde war auch der Mob wieder still und heute ist wieder alles beim alten mit den gleichen Ansichten.
 

commander

Baldwins roter Pepping
Unvergessen
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Schön, drehen wirs mal andersherum:

Wohin die Toleranz gegenüber Intoleranten im letzten Jahrhundert geführt hat, ist hier wohl jedem klar, oder? Wäre die Weimarer Republik da etwas stärker und wehrhafter in der eigenen Sache gewesen, wäre millionenhaftes Leid verhindert worden.

Dass die v.a. (aber nicht nur) die katholische Kirche in der Vergangenheit viel Schuld aufgeladen hat und auch heute noch eine zweifelhafte Weltsicht (hierarchisch) predigt, bestreite ich nicht. Dass faschistische Ideologien dem (modernem) christlichen Weltbild (menschlich) diametral gegenüberstehen, ist in meinem Verständniss aber ebenfalls klar.

Letztlich läuft (und lief) die Veranstaltung in Wunsiedel ja nicht in erster Linie darauf hinaus, die Idiotendemo zu verhindern, das war nur ein sich daraus ergebender Nebeneffekt - wie man sieht, sind die Gerichte selbst da uneins und genehmigen eine Demo andernorts, die sie hier und in München verbieten...

Inwieweit so eine Demo also Grundrechte ebenso verletzt wie sie sie einfordert, darüber sind sich nicht mal die Richter auf Landesebene einig.

Ich gebe Euch in einem Punkt Recht: die Ursachen faschistischer Gesinnungsbildung zu beseitigen ist immer der bessere Ansatz, aber bekanntermassen undemokratischen, gewaltätigen und vor der historischen Realität die Augene verschliessenden Leuten muss man nicht ganze Innenstädte zur Schaustellung ihrer wirren Überzeugungen überlassen. Und genau das ist in Wunsiedel früher passiert, ja, Wunsiedel war _das_ europäische Haupttreffen der Faschos und hat den rechten Gruppen ein positives Gefühl gegeben, eine Plattform, um ihre Stärke zu demonstrieren und das wurde allmählich zum Selbstläufer. Wäre man nicht seitens der Bürgerschaft dagegen eingetreten, würden heute wahrscheinlich 10000 Rechtsradikale hier ihr vom Grundgesetz garantiertes Recht auf 'freie' Meinungsäusserung etc. in Anspruch nehmen. Und das wäre wirklich ein Armutszeugnis für eine Demokratie, die anscheinend nicht mal in der Lage ist, ihre ärgsten inneren Feinde in die Schranken zu verweisen - vom Triumphgefühl der Neonazis mal ganz abgesehen.

So wie es jetzt läuft, wurde den Rechten dieser 'Nationalfeiertag' abgenommen, die Gruppen 'feiern' den Heß-Todestag zersplittert andernorts - das ist nicht schön, aber angesichts der drohenden Entwicklung wenigstens ein Fortschritt, denn statt tausender kamen heute nach Gräfenberg gerade mal 150.

Oder sollte man eurer Meinung nach den Rechtsradikalen jeden Weg ebenen, um eine Art Kulttag in einer Kleinstadt zu installieren?

Gruß,

.commander
 
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Jenso

Gast
Ich glaubte eigentlich, alles sei gesagt, aber gern nochmals ein wenig:

Es geht nicht darum, Idioten, „Faschos“ oder wem-auch-immer eine Demo zu genehmigen oder gar deren Zustandekommen zu erleichtern, sondern darum, keine Demo zu verbieten und - vor allem - nicht selbst mit zweierlei Maß zu messen!

Das zwanzigste Jahrhundert als ein Ausbund von Toleranz darzustellen, welches die bekannten Schrecken sodann erst ermöglicht hätte, ist etwas geschichtsklitterig: da gab es eine ganze Reihe anderer, wahrscheinlich bedeutenderer Faktoren und auch die hießen aus meiner Sicht: zweierlei Maß und gespaltene Zunge!
(Meist verdeckter) Handel und Wandel vieler anderer europäischer Staaten mit dem faschistischen Italien und dito dem nazionalsozialistischen Deutschland sowie der diktatorisch-scheinsozialistischen UdSSR; Folgen intoleranter Reparationspolitik (Versailles); weitverbreiteter, höchst intoleranter Antisemitismus und (in D) vollkommen fehlende demokratische Kultur (auf den divergenten Enden der politischen Skala).
Alles eher Folgen fehlender als (wie von Dir angenommen) übermäßiger Toleranz.

Das ganze eben fällt mir schnell/spontan ein, da muß man also nicht einmal lange oder gar tiefer schürfen - es gäbe sicherlich noch eine Menge weiterer Punkte, die man fundiert auflisten könnte, allein, mir fehlt die Zeit (und die Lust dazu, ehrlich gesagt, auch).

Etwas polemisch kommt Deine Schlußfrage, lieber commander, daher: ob „wir“ denn wollten, daß man Rechstradikalen den Weg zu „Kulttagen“ in Kleinstädten öffnen solle! - „Wir“ behaupten ja auch nicht, in jeglicher Kleinstadt würde überall und sogleich mit verschiedenem Maß gemessen und die Demo-Verbots-Keule geschwungen…

Es möge ein jeder nach seiner Façon seelig werden. - Bin wohl doch eine Art Preuße!

Glück und Freiheit
Jens