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Gedankenexperiment: Konzept einer sozialen Aktiengesellschaft

ImperatoR

Roter Astrachan
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Hallo Zusammen,

heute möchte ich euch mein kleines Gedankenexperiment vorstellen, welches mir schon einige Jahre im Kopf herumschwirrt.

Häufig ist in der Presse von Lohndumping, Ausbeutung und anderen Schattenseiten großer Wirtschaftsunternehmen zu lesen, und wir als Bürger können eigentlich nur mit dem Zeigefinger wedeln, aber nichts wirklich effektiv dagegen tun. Die Politik ist meist zu träge, um rechtzeitig auf die Missstände zu reagieren. Wie kann man jedoch mehr als Otto-Normal-Bürger mitentscheiden, oder aktiv gegen einen Missstand vorgehen?

Klar ist, dass die Machtzentren sich zunehmend in private Unternehmen verlagern—wenn man so will sind die Zeiten vom "starken Staat" vorbei. Das Problem dabei ist, dass solche Unternehmen meistens Oligarchien sind, salopp gesagt werden sie von einer Minderheit kontrolliert. Unternehmensintern sind demokratische Strukturen oft nicht vorhanden, was bedeutet, dass Mitarbeiter und Kunden, also "die Bürger", kein großes Mitspracherecht bei der Gestaltung der Unternehmung haben.
Dem Kunden bleibt lediglich übrig mit dem Geldbeutel zu "wählen", was aber nur ein sehr passives Ausdrucksmittel ist. Wenn der Mitarbeiter mit seiner Meinung zu ungemütlich wird, kann er schnell mundtot gemacht werden bzw. wird im Zweifel einfach gegen ein anderes funktionierendes Zahnrad ausgetauscht.


AG's sind schon demokratisch…

Ich persönlich finde, dass die Aktiengesellschaft eine der besten Gesellschaftsformen ist, da sie vom Prinzip her basisdemokratisch ist.
Jeder Anteilseigner hat das Recht Gehör zu finden bzw. hat aktives Mitbestimmungsrecht. Jedoch ist es so, dass die größten Kapitaleigner auch gleichzeitig das größte Stimmgewicht haben und sich die AG somit oft bei ein Oligarchie wieder findet.

Aber wäre es nicht auch wichtig, dass neben den Investoren (etc.) auch noch andere Menschen Mitspracherecht haben? Jene Menschen, für welche dieses Unternehmen ursprünglich gegründet wurde? Gerade mit wachsender Größe des Unternehmens wächst die Macht und die Verantwortung gegenüber Gesellschaft und Umwelt—und nicht nur allein gegenüber der Ökonomie. Nur Kunden bzw. die Mitarbeiter können einen solchen Pluralismus in eine Unternehmung bringen. (Wobei Mitarbeiter natürlich von Natur aus an diversen Entscheidungen durchaus beteiligt sind.)


Die Grundidee

Wenn man also will, dass eine Unternehmung nicht nur vertikal Skaliert (also insbesondere Ökonomisch), sondern horizontal skaliert, also zudem auch noch Gesellschaftlich sowie Ökologisch, wäre es nicht verkehrt Kunden sowie Mitarbeiter als Anteilseigner in einem kontinuierlichen Prozess aufzunehmen.
Auf diese Art würde mit zunehmender Größe/Macht eines Unternehmens die Anteile dieser Gruppe ansteigen. Das hätte also zur Folge, dass ein Unternehmen mit wachsendem Alter und Größe immer mehr kommunalisiert (hier im Sinne von vergemeinschaftlicht/gemeinnützig) würde und mit der demokratischen Ordnung und Verantwortung skaliert; dank der möglichen und direkten Bürgerbeteiligung.

Weiterer Vorteil wäre, dass das Unternehmen in der Gründungsphase recht leichtgewichtig an Investoren bzw. auch Kleininvestoren, wie z.B. durch Crowdfounding, kommen kann. Die Gründer haben Anfangs einen hohen Anteil, da Anfangs noch wenige Kunden und Arbeitnehmer vorhanden sind, d.h. sie haben quasi freie Hand in der Gestaltung. Wächst das Unternehmen und wird erfolgreich sorgt die zunehmende Kommunalisierung für eine gesunde, pluralistische und demokratische Struktur. Die Folge wäre, dass der Staat weniger regulieren muss, da die Bürger direkt mit den betreffenden Unternehmen effizient interagieren können, so dass eine verantwortungsbewusste Selbstregulierung stattfindet.

Das ist u.a. mein Verständnis für eine demokratische Gesellschaft bzw. demokratischen Staat worin alle Elemente, wie auch die Unternehmen, eine demokratische Kultur pflegen.


Beispiel

Ein einfaches hypothetisches Beispiel wie eine "soziale AG" in meinem Sinne auf Buchungsebene funktionieren könnte:

Angenommen die Firma hat ein Produkt welches für 2000 Euro über die Ladentheke geht, mit einer Marge von 30% und 20% Steuern; also pro Verkauf ca. 500 Euro Gewinn.
Weiterhin wird angenommen, dass jeder Kunde 20% von der Marge als Unternehmensanteil erhält (welchen er natürlich nicht sofort einlösen kann); das entspricht also 100 Euro. Vorteil für das Unternehmen ist, dass das Geld als Einlage für eine längere Zeit im Unternehmen bleibt, womit gearbeitet werden kann; des weiteren werden Kunden eventuell sogar höhere Margen akzeptieren.

Selbiges gilt für Mitarbeiter, die Teile ihres Gehaltes als Unternehmensanteil erhalten (und zwar auch die Putzfrau!). Dies wirkt als Wertschätzung, Ansporn und attraktive Finanzanlage. Zudem erhält der Mitarbeiter ein erweitertes und tiefergehenderes Mitspracherecht am Unternehmen selbst.

Das würde aber bedeuten, dass die AG bei jedem Verkauf des Produktes neue Anteile generieren muss, was auch die prozentualen Anteile eines jeden Eigners beeinflusst. Also schlussendlich die Kommunalisierung, d.h. das Unternehmen gehört nach einer längeren Zeit irgendwann zum größten Teil "Allen". Hier unterscheidet sich diese Idee vermutlich von den herkömmlichen Aktiengesellschaften.

Im Anhang das triviale Berechnungsmodell als Libre/OpenOffice Tabelle. Wie man sieht gewinnt Jeder pro Verkauf. Zudem hat der Kunde ein größeres Interesse daran, dass Andere auch Kunde werden da dadurch seine Anteile mehr wert werden (zumindest wenn das Produkt was taugt).
Wenn das Unternehmen z.B. investiert wirkt sich das natürlich auch aus, wobei Werte wie Maschinen oder Gebäude auch in diese Berechnung einfließen können (was also Werten ohne Anteil entspricht, da es sinnvoll ist wenn nur natürliche oder juristische Personen Anteile halten dürfen).


Philosophie

Wenn jetzt z.B. durch die Medien ein Missstand im o.g. Unternehmen aufgedeckt wird, wären den Kunden (und auch den Mitarbeitern) nicht mehr die Hände gebunden. Ein Facebook-Like oder Twitter-Hashtag könnte tatsächlich etwas bewirken; denn wenn sich die anteilshabenden Kunden zusammenschließen können sie dem Unternehmen gefährlich werden bzw. sie haben das Recht in der Unternehmenspolitik (u.U. gewichtig) mitsprechen zu dürfen.

Wenn man die Tabelle gemäß des einfachen Berechnungsmodells so vergrößert, dass 1000 Kunden das Produkt gekauft haben, besitzen diese in dem hier genannten Modell schon einen gemeinsamen Anteil von rund 33%. Man kann also definitiv mehr machen, als nur meckern oder dort nicht mehr zu kaufen!


Fragen

Was haltet ihr davon?
Würdet ihr eine solche (neue) Rechtsform gutheißen?
Könnte ein solches Konzept den Spagat zwischen Wirtschaftsliberalismus und sozialer Marktwirtschaft schaffen?
Wäre so etwas sinnvoll?
Was gibt es für Stärken und Schwächen?
Hätte eine solche Gesellschaftsform das Potential auf natürliche weise ein verantwortungsvolles Wirtschaften ohne große Regularien zu ermöglichen?
Könnte eine solche Struktur ein sinnvolles Gleichgewicht zwischen Ökonomie, Gesellschaft und Ökologie herstellen?
 

Anhänge

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Jada

Erdapfel
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Interessantes Gedankenexperiment. Ich bin zwar im Gebiet Wirtschaftswissenschaft nicht bewandert, aber hier mal meine 5 Rappen dazu:
Erst mal 'ne Frage: Wenn dein Produkt einschlägt und du, sagen wir 1 Mio. Kunden hättest, die alle Anteilsscheine mit dem gleichen Wert bekommen, wäre das nicht eine Aktieninflation (ständig neue drucken)? Geht das bei Aktien? Oder würden die Anteile bei rasender Nachfrage (mehr Kunden fürs Produkt) nicht ständig teurer werden und müssten von anderen Kunden erst verkauft werden, bevor andere sie kaufen könnten?

Was ich kritisch sehe ist eher eine Kritik an dem Thema Aktien an sich.
Ein Otto-Normal-Bürger hat ja von Aktienbesitz so lange nichts, bis er sie verkauft. Es ist ja der Anlage-Gedanke, das eine Aktie an Wert gewinnt, aber wenn ich das Geld brauche, sagen wir für ein Eigenheim, dann muss ich die Aktien verkaufen. Sie fliessen dann ja wieder in den Aktienhandel ein. In deinem Beispiel müsste deine Firma die eigenen Anteilsscheine von einem Händler wieder kaufen, zu einem höherem Preis, als sie von ihr verkauft wurden, um sie dann zu einem noch höheren Preis an neue Kunden wieder zu verkaufen, oder? Sonst wäre es auf Dauer ein Minus-Geschäft, oder andere, wie der Hauptinvestor, können versuchen, über den Aktienhandel die Anteilsmehrheit zu bekommen. Solange man nicht an Werten wie Einflussnahme, Marktbeherrschung oder politischem Einfluss interessiert ist, bedeuten Aktien halt nur sparen mit höherem Ertragsversprechen. Ziel ist der Verkauf mit Gewinn.

Wenn das Ziel aber nur Verkauf mit Gewinn sein kann, dann stellt sich hier die Frage nach der Moral. Würdest du noch gegen den Einsatz von Lohnsklaven in Indien sein, wenn die Höhe deiner Altersrente durch ihre Ausbeutung steigen würde?

Die Kunden würden also "gezwungen", mit ihrem Geld neben dem Produkt auch noch Anteilsscheine zu erwerben? Wieviele Kunden würden dann nachfragen, ob sie nicht für entsprechend weniger Geld nur das Produkt haben könnten? Wäre die Übernahme von Mitverantwortung für das Unternehmen durch einen Kauf eines Produktes wirklich so wünschenswert? Was wäre, wenn alle Firmen dieses Modell übernehmen würden? Ich müsste mich mit Themen in verschiedenen Märkten auseinandersetzen, um informierte Entscheidungen treffen zu können, bisweilen hätte ich auch Anteile von direkten Konkurrenten (Fernseher von Samsung, Rechner von Apple). Und dann?

Ich halte die ganze Idee von Anlage in Aktien für Normal-Bürger für nicht sinnvoll, da (und das wäre in diesem Zusammenhang meine Definition von Normal-Bürger) bei diesen ihre Existenz oder zumindest ihre Lebensqualität und Gestaltungsfreiheit von diesem Geld abhängt. Dies kann Entscheidungen ganz schön kompromittieren ...

Und was würde sonst die Kunden abhalten, schon jetzt Aktieninhaber von Firmen zu werden, die sie sehr schätzen? Aktueller Kurs der Apple-Aktie: 379 €.

Herzlichen Gruss und danke für das interessante Thema
Jada
 
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ImperatoR

Roter Astrachan
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Hi Jada, vielen Dank für dein gutes Feedback!

Ich bin zwar im Gebiet Wirtschaftswissenschaft nicht bewandert, ...

Ich auch nicht, daher wollte ich das Thema mal in einer Diskussion erörtern.

Wenn dein Produkt einschlägt und du, sagen wir 1 Mio. Kunden hättest, die alle Anteilsscheine mit dem gleichen Wert bekommen, wäre das nicht eine Aktieninflation (ständig neue drucken)? Geht das bei Aktien?

Ich denke genau hier unterscheidet sich meine Idee von konventionellen Aktien. Es würden immer neue Anteilsscheine emittiert, was zur Folge hat, dass die Unternehmensanteile sich immer variieren—also ein dynamisches System, statt einem statischen System. Momentan geht das mit Sicherheit nicht bei Aktien oder wäre sehr umständlich.

Oder würden die Anteile bei rasender Nachfrage (mehr Kunden fürs Produkt) nicht ständig teurer werden und müssten von anderen Kunden erst verkauft werden, bevor andere sie kaufen könnten?

Bei rasanter Nachfrage, steigt natürlich auch der Wert des Papiers; jedoch wird das Unternehmen irgendwann auch den Gewinn investieren, wodurch es wieder Wert verliert. (Siehe [1])

In deinem Beispiel müsste deine Firma die eigenen Anteilsscheine von einem Händler wieder kaufen, zu einem höherem Preis, als sie von ihr verkauft wurden, um sie dann zu einem noch höheren Preis an neue Kunden wieder zu verkaufen, oder?

[1]Hier sollen die Aktien also direkt am Unternehmen gekoppelt sein—keine Zwischenhändler! Das heißt, man sieht quasi mit dem Aktienkurs implizit in die Bücher des Unternehmens. Wenn ein Kunde also ein Anteil abstößt, bekommt er das Geld direkt von der Firma und der entsprechende Anteil entfernt. (Sprich, es gibt auch keine Aktienblase.)

Solange man nicht an Werten wie Einflussnahme, Marktbeherrschung oder politischem Einfluss interessiert ist, bedeuten Aktien halt nur sparen mit höherem Ertragsversprechen. Ziel ist der Verkauf mit Gewinn.

Ja, da hast du im Prinzip Recht. Derjenige kann sich entweder Neutral verhalten und sobald er darf das Papier abstoßen, oder sich einer AG-internen Gruppierung (ähnlich wie eine Partei) anschließen, dann muss er selbst nicht sämtliche Arbeit machen—Hauptsache die Gruppe vertritt seine Meinung.

Wenn wir also alle auf den Ausbeutungszug aufspringen, ist es mit demokratischem Willen besiegelt und bekommen das, was wir wollen und verdient haben. Es wäre sicher sehr interessant zu wissen, wie sich Menschen mit einem solchen System wirklich verhalten würden! Ich vermute aber stark, dass sich eine gewisse Schwarmintelligenz ergibt und sich alles in einem gesunden Maße austariert—so funktioniert nunmal die Natur.

Wieviele Kunden würden dann nachfragen, ob sie nicht für entsprechend weniger Geld nur das Produkt haben könnten?

Sie können sofort nach der Frist (z.B. 3-5 Jahre) die Anteile abstoßen. Dies ähnelt ja in gewisser Maßen dem Payback-Prinzip; bloß, dass man hier keine Gewinnbeteiligung sowie kein Mitspracherecht hat.
Klar wird es dann Stimmen geben, die lieber das billigere Produkt haben wollen aber vielleicht bildet sich dann für solche Leute ein alternativer Markt, wo sie ihre Papiere sofort verkaufen können?

Was wäre, wenn alle Firmen dieses Modell übernehmen würden?

Ja genau darüber haben ich mir auch schon Gedanken gemacht. Das könnte wirklich eklig werden, weil man dann quasi an der gesamten Lieferkette Anteile bekommt, wenn man es konsequent durchzieht.

Beispiel: Ich kaufe im Supermarkt eine Tütensuppe, bekomme Anteile am Supermarkt und am Hersteller der Suppe, der Hersteller hat vermutlich weitere Zulieferer etc.
Oder ich erhalte nur den Anteil am Supermarkt, kann dann aber nur indirekt über den Supermarkt mit dem Suppenhersteller interagieren. Wenn dort ein z.B. Skandal aufgedeckt wurde, muss ich umständlich über sämtliche Supermärkte "Druck" machen lassen.

In der heutigen Zeit, kann man das sicher durch Computertechnologie in den Griff bekommen—aber das wäre ein Monsterprojekt!

Ich müsste mich mit Themen in verschiedenen Märkten auseinandersetzen, um informierte Entscheidungen treffen zu können, bisweilen hätte ich auch Anteile von direkten Konkurrenten (Fernseher von Samsung, Rechner von Apple). Und dann?

Ich denke ein aufgeklärter Bildungsbürger, die wir in den europäischen Nationen sind, sollten sich durchaus in der Lage sehen sich zu informieren über Beweggründe und Entscheidungen der Unternehmen. Man hat ja jetzt einen recht netten Grund, warum man sich mit Unternehmenspolitik beschäftigt.

Das mit der Konkurrenz ist wirklich eine spannende Frage!

Ich halte die ganze Idee von Anlage in Aktien für Normal-Bürger für nicht sinnvoll, da (und das wäre in diesem Zusammenhang meine Definition von Normal-Bürger) bei diesen ihre Existenz oder zumindest ihre Lebensqualität und Gestaltungsfreiheit von diesem Geld abhängt. Dies kann Entscheidungen ganz schön kompromittieren ...

Also grundsätzlich ja nicht, da du bei diesem System nicht wirklich mehr für deine Produkte zahlst; du bekommst als Beiwerk Anteile, von welchen nicht deine Existenz abhängt.

Und was würde sonst die Kunden abhalten, schon jetzt Aktieninhaber von Firmen zu werden, die sie sehr schätzen?

Meiner Meinung nach hat das zu viele Hürden. Depots sind sehr teuer und man kann nicht "klein" anfangen, sondern muss gleich ordentlich Kohle hinlegen, damit sich zumindest die Depotkosten lohnen. Zudem wirtschaftet man so vor sich alleine hin, da es quasi keine Platform für den Kleinaktionär in Firmen gibt—es ist halt eine andere Kultur.

Vielen lieben Dank für deine Einschätzung und Meinung!
 

schlagi

Weisser Rosenapfel
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Nur ein paar Denkanstöße:

1) Du wirfst in einem lapidaren Nebensatz hin, dass das Unternehmen ursprünglich für die Kunden und Mitarbeiter gegründet worden sein soll. Wie kommst Du zu dieser Annahme?

2) Eine (zwingende) Beteiligung der Arbeitnehmer am Geschäftskapital der Gesellschaft ist für diese unter Risikogesichtspunkten hoch riskant: Sie investieren schon ihr wesentliches Kapital, nämlich die Arbeitskraft, in das Unternehmen. Wenn Sie nun darüber hinaus noch das daraus Erwirtschaftete (ihr Gehalt) in das selbe Unternehmen stecken, trifft sie eine Krise des Unternehmens doppelt.

3) Wie Du richtig erkannt hast, ist Dein Gedankenexperiment mit dem deutschen Aktienrecht nicht vereinbar. Es wird technisch nicht machbar sein, ständig irgendwelche neuen Aktien an Dritte auszugeben (Stichwort: Bezugsrecht). Auch wirtschaftlich stelle ich mir die Preisberechnung für die "Kundenaktien" schwierig vor. Du sagst, 20% des Einkaufswerts sollen an Aktien ausgegeben werden. Nehmen wir als an, ich kaufe etwas für EUR 1.000, dann stünden mir Aktien im Wert von EUR 200 (Rechenfehler korrigiert) zu. Aber ist das bezogen auf den (rechnerischen) Nennwert, also den nominalen Anteil am Grundkapital (häufig EUR1 je Aktie)? Dann bekäme ich 200 (Rechenfehler korrigiert) Aktien, aber der Kurs (nehmen wir mal Apple) liegt bei EUR 378. Das heißt, ich bekäme je Aktie EUR 377 anteiligen Wert "geschenkt" von all denen, die den Wert der Aktie gezahlt haben.

4) Das Unternehmen wird bilanziell in Eigenkapital erstickt. Denn es wird gezwungen, einen fixen Teil dessen, als sonst als Gewinn zur Verfügung stünde (z.B. für Ausschüttungen an die Aktionäre), in EK umzuwandeln, welches dann als immer wachsender Passivposten in der Bilanz aufschlägt.

5) Entgegen anderslautender Gerüchte hat ein Aktionär relativ wenig Einfluss in der AG; diese wird vom Vorstand unter Aufsicht durch den Aufsichtsrat geführt. Den wählen die Aktionäre und (zu 1/3 oder 1/2) die Arbeitnehmer bzw. Gewerkschaften. Hinzu kommt (ich weiß nicht, ob Du schon einmal auf einer größeren HV einer börsennotierten Gesellschaft warst), dass die Kleinaktionäre entweder gar nicht teilnehmen (die Präsenzen dümpeln um 60-70%), oder ihren Depotbanken oder Aktionärsvereinigungen wie der SdK eine Stimmrechtsvollmacht geben (und in der Regel für die Verwaltungsvorschläge stimmen). Und diejenigen, die Hingehen, wollen entweder nur mal unter Menschen, oder einen "free lunch" abgreifen. Ich habe schon ganze Hackbraten in Damenhandtaschen verschwinden sehen ;)

6) Durch die ständige Erhöhung der Aktienzahl (vor allem, wenn diese unter Wert ausgegeben werden) wird der Wert pro Aktie beständig in den Keller gedrückt.

7) Auch wenn Du das anders siehst, ist die gezielte Investition in Unternehmen, bei denen man eine Stimme haben will, das bessere Mittel. Wertpapierdepots sind so teuer nicht, und man kann ab 1 Aktie einsteigen. Im übrigen gibt es das sog. Aktionärsforum, auf dem sich online die Kleinaktionäre austauschen können. Wird zwar nicht so sehr genutzt, aber mit etwas Werbung kann sich das bessern. Dieses Problem hättest Du i.Ü. bei Deinem Modell ja auch in noch stärkerer Form, wie sollen sich denn die ganzen "Zwangseigentümer" untereinander abstimmen?

Insgesamt sehe ich sowohl de Prämisse, von der Du ausgehst, kritisch, als auch die Umsetzung als kaum machbar bzw. wirtschaftlich nicht sinnvoll.

Nachtrag:

Das ständige Ausgeben neuer Aktien an die Kunden ist rechtlich sehr wahrscheinlich ein öffentliches Angebot der Aktien. Dazu bedarf es eines - ständig zu aktualisierenden - Wertpapierprospekts, der in Deutschland von der BaFin gebilligt werden muss. Diesen kann man dann zwar europaweit verwenden, aber wenn das Prinzip für alle Kunden weltweit gelten soll, dann müssen in anderen Staaten die dortigen Vorschriften eingehalten werden. In den USA, aber auch in Japan, Kanada und Australien ist das eher spaßbefreit und ein immenser Zeit-, Verwaltungs- und Kostenaufwand.

Ein Wertpapierdepot braucht der Zwangsaktionär in Deinem Beispiel übrigens auch, mit diesen Kosten muss er also leben, wenn er Aktien halten will.

Die von Dir gewollte Enteignung derer, die ein Unternehmen gründen, das Startrisiko tragen und dann aufgrund des kommerziellen Erfolgs ihrer Unternehmung - wenn ich Deine Tabelle richtig sehe auch noch unter Zugrundelegung des Nennwerts, statt des Anteils am Unternehmenswerts - durch die Zwangsvergemeinschaftung des Unternehmens um den Erfolg gebracht werden, leuchtet mir nicht ein. Ich würde davon ausgehen, dass unter diesen Voraussetzungen kein vernünftig denkender Mensch ein solches Unternehmen gründet.
 
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ImperatoR

Roter Astrachan
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1) Du wirfst in einem lapidaren Nebensatz hin, dass das Unternehmen ursprünglich für die Kunden und Mitarbeiter gegründet worden sein soll. Wie kommst Du zu dieser Annahme?

Ich nehme mal an, dass Unternehmen häufig gegründet werden, um z.B. ein Problem aus der Welt zu schaffen. Beispielsweise Apple wollte jedem ermöglichen einen Computer verwenden zu können.

Sie investieren schon ihr wesentliches Kapital, nämlich die Arbeitskraft, in das Unternehmen. Wenn Sie nun darüber hinaus noch das daraus Erwirtschaftete (ihr Gehalt) in das selbe Unternehmen stecken, trifft sie eine Krise des Unternehmens doppelt.

Die Mitarbeiter würden ja nicht ihr gesamtes Gehalt als Aktien bekommen, sondern lediglich beispielsweise Bonuszahlungen in dieser Form ausgeschüttet.

Es wird technisch nicht machbar sein, ständig irgendwelche neuen Aktien an Dritte auszugeben (Stichwort: Bezugsrecht).

Deinen (3) Abschnitt verstehe ich nicht wirklich. Die Papiere sollen in meiner Intension nicht an Dritte ausgegeben werden, also Firma <-> Kunde.

Diese Aktien wären also nicht im herkömmlichen Sinne Aktien! Ich habe es mir deutlich leichtgewichtiger vorgestellt, keine Mittelsmänner wie Banken und deren Depots; eher etwas in die Richtung, wie z.Z. Payback-Programme ablaufen.

Das Unternehmen wird bilanziell in Eigenkapital erstickt. Denn es wird gezwungen, einen fixen Teil dessen, als sonst als Gewinn zur Verfügung stünde (z.B. für Ausschüttungen an die Aktionäre), in EK umzuwandeln, welches dann als immer wachsender Passivposten in der Bilanz aufschlägt.

Hier kenne ich mich wirklich zu wenig aus! Sie müssten halt auf jeden Fall einen Teil zurückhalten, falls einige vom Zug abspringen—werden vermutlich nicht alle gleichzeitig machen.

(ich weiß nicht, ob Du schon einmal auf einer größeren HV einer börsennotierten Gesellschaft warst)

Leider nicht. Aber in Zukunft könnte ich mir durchaus vorstellen, in Aktien zu investieren... :)

Diesen kann man dann zwar europaweit verwenden, aber wenn das Prinzip für alle Kunden weltweit gelten soll, dann müssen in anderen Staaten die dortigen Vorschriften eingehalten werden.
...
Ein Wertpapierdepot braucht der Zwangsaktionär in Deinem Beispiel übrigens auch, mit diesen Kosten muss er also leben, wenn er Aktien halten will.

Siehe oben, zu den "leichgewichtigen AGs".

Die von Dir gewollte Enteignung derer, die ein Unternehmen gründen, das Startrisiko tragen...

Ich denke, dass jeder dadurch auch durchaus gewinnen kann; insbesondere die leichte Integration von Crowdfounding-Geschichten könnte eine immense Chance sein.

Vielen lieben Dank für dein Beitrag, schlagi! (Ich nehme mal an, dass du dich in der Wirtschaftswelt etwas mehr auskennst... :) )
 

smoe

Roter Winterkalvill
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Ich nehme mal an, dass Unternehmen häufig gegründet werden, um z.B. ein Problem aus der Welt zu schaffen. Beispielsweise Apple wollte jedem ermöglichen einen Computer verwenden zu können
Wie man häufig so definieren möchte. Ich würde behaupten, dass bei dem absoluten Großteil der Unternehmensgründungen die Gewinnabsichten eine tragende Rolle spielen.

Und gerade Apple ist da ein zweischneidiges Beispiel, denn auch wenn Steve eine Vision hatte, hat er nie Bestrebungen unternommen die Produkte besonders günstig zu machen, erst recht nicht dann als es Apple richtig gut ging und eine deutliche Senkung der Margen zum "Allgemeinwohl" locker drin gewesen wäre.
 
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funz3l

Goldparmäne
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Also ich würde mal sagen das dieses System keinen Sinn ergibt.
Wenn ich ein Unternehmen gründe dann ist der Grund dafür wohl das ich eine Idee habe mit der ich Geld verdienen möchte. Ich Gründe das Unternehmen also für mich und nicht für die Allgemeinheit. Warum sollte ich also diese Variante wählen (mal abgesehen davon das die wohl rechtlich gar nicht machbar ist)? Sobald das Unternehmen das ich selbst gegründet habe (und so eine AG gründet man nicht mal gerade so nebenbei) erfolg hat und seine Produkte sich gut verkaufen verliere ich im Prinzip mit jedem Verkauf einen Anteil an meiner Firma. Warum sollte ich das tun?

Zudem ist der Aufwand dahinter wohl viel zu groß. Wie soll denn das mit dem Produktkauf und dem Aktien erhalten abgewickelt werden? Da entstehen doch massive Verwaltungskosten. Und dann würde mich mal unterstellen das ich nur weil ich mir einen Mac kaufe nicht unbedingt an der Firma beteiligt sein muss. Was ist also mit dem Anteil denen die Aktien die Sie bekommen komplett egal sind?
 
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schlagi

Weisser Rosenapfel
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ImperatoR,

danke für Deine Antwort. Dann habe ich fürchte ich vom Grundsatz her schon die genaue Ausgestaltung des "Unternehmensanteil", der in Deinem Modell an Kunden und Mitarbeiter ausgegeben werden soll, nicht verstanden. Ich habe beruflich recht viel mit börsennotierten AGs zu tun gehabt, vielleicht bin ich deshalb "fachblind" in den bestehenden Konzepten gefangen. Dein Ausgangspost las sich so, als ob es um Aktien gehen soll, und davon ging meine erste Antwort aus.

Wenn ich recht verstehe, sollen diese Anteile den Inhabern ein Stimmrecht in der Hauptversammlung geben, denn sonst wären sie ja kein "Gegengewicht" zu den Anteilen der Gründer bzw. würden keinen relevanten Einfluss gewähren, richtig? Dann müssen es (nach geltendem Recht) Aktien sein. Aber für eine neu zu schaffende Gesellschaftsform, wie wir sie jetzt diskutieren, lassen wir das Etikett des "Anteils" mal außen vor.

Sollen sie darüber hinaus auch einen Anteil am Gewinn gewähren, die Inhaber also eine Dividende bekommen, solange sie den "Anteil" haben?

Sollen die "Anteile" auch an der Börse wieder veräußerbar sein? Das bedeutet zwingend, dass sie verbrieft werden, d.h. eine Urkunde vom Unternehmen hergestellt wird, auf der steht "ich bin X Millionen Stück Anteile mit einem Nennwert von Y, und gewähre folgende Rechte..." (ganz vereinfacht gesagt). Und das Papier muss dann bei einer Wertpapiersammelbank zentral hinterlegt werden, von wo aus eine Depotkette zu den angeschlossenen Banken, evtl. weiteren Banken und am Ende dem Kunden/Inhaber des Anteils geht (von Spielereien wie Streifbanddepots bei der eigenen Hausbank mal abgesehen).

Wenn die "Anteile" vom Unternehmen an den Kunden ausgegeben werden und dann auf Verlangen des "Anteils"inhabers vom Unternehmen wieder zurückgekauft werden müssen, wäre das für das Unternehmen fatal, denn da werden mal eben ein paar Millionen oder Milliarden an Schulden kreiert. Ob ein solcher "Anteil" dann technisch überhaupt noch Eigenkapital ist, oder Fremdkapital (sprich: eine Art Kredit) wäre dann das nächste Thema. Ohne das im Einzelnen geprüft zu haben, würde ich ein Instrument, das auf Verlangen zurückzuzahlen ist, jedenfalls gesellschaftsrechtich und insolvenzrechtlich als Fremdkapital und damit als Schulden ansehen. Statt also den entsprechenden Anteil vom Verkaufspreis als Marge einzustreichen, macht das Unternehmen Schulden in entsprechender Höhe (s. dazu auch unten nochmal). Es besteht auch deshalb die Gefahr, dem Unternehmen hier Steine statt Brot zu geben, weil es neben der bilanziellen Last auch ganz schnell zu einem Liquiditätsthema kommen kann, wenn die Kunden ihre Anteile wieder abgeben, denn der Cash muss ja irgendwo herkommen.

Ich nehme mal an, dass Unternehmen häufig gegründet werden, um z.B. ein Problem aus der Welt zu schaffen. Beispielsweise Apple wollte jedem ermöglichen einen Computer verwenden zu können.

Unternehmen (außer gemeinnützige) werden denke ich zwar gegründet, wenn man denkt, dass man eine Lösung für ein Problem hat (also ein Produkt), das besser ist als die anderen, aber in der Regel um dann dieses Produkt mit Gewinn zu verkaufen. Also will das Unternehmen bzw, der Unternehmer zwar schon ein Bedürfnis der Kunden befriedigen (teilweise auch erst, nachdem er es selbst geschaffen hat, Apple ist da ziemlich gut drin), aber das ist ein Zwischenziel zum Ziel wirtschaftlichen Erfolgs.

Die Mitarbeiter würden ja nicht ihr gesamtes Gehalt als Aktien bekommen, sondern lediglich beispielsweise Bonuszahlungen in dieser Form ausgeschüttet.

Mag sein, es wird ihnen trotzdem die Chance genommen, mit diesem Teil ihr Risiko zu streuen. Aber das ist ein Problem jedes Mitarbeiterbeteiligungsprogramm, darüber könnten wir Bücher schreiben. Im Grunde bin ich aber bei Dir, dass diese Beteiligung der Arbeitnehmer am Unternehmenserfolg sinnvoll ist. Der Vollständigkeit halber möchte ich aber auch darauf hinweisen, dass unternehmerischer Einfluss der Arbeitnehmer, gerade bei uns in Deutschland, über die zwingende Drittel- bzw. Vollparität in den Aufsichtsräten nach MitbestG sowie durch Betriebsräte etc. noch auf andere Weise als Beteiligung am Grundkapital gesichert werden soll.

Deinen (3) Abschnitt verstehe ich nicht wirklich. Die Papiere sollen in meiner Intension nicht an Dritte ausgegeben werden, also Firma <-> Kunde.

Diese Aktien wären also nicht im herkömmlichen Sinne Aktien! Ich habe es mir deutlich leichtgewichtiger vorgestellt, keine Mittelsmänner wie Banken und deren Depots; eher etwas in die Richtung, wie z.Z. Payback-Programme ablaufen.

Sorry, dann hatte ich mich unklar ausgedrückt. Der "Dritte", von dem ich sprach, ist der Kunde, der noch keine Aktien hat. Aber der Begriff ist in dem Zusammenhang schlecht gewählt. Darf ich meinen Satz verbessern, und sagen: Es wird technisch nicht möglich sein, ständig neue Aktien an ausgewählte Personen auszugeben.

Ich hoffe, ich renne keine offenen Türen ein, aber lass mich dazu noch ein Stück ausholen: Bei "echten" Aktien (wie übrigens grundsätzlich im Kapitalgesellschaftsrecht) gibt es ein sog. Bezugsrecht, das es den bestehenden Gesellschaftern erlaubt, bei einer Kapitalerhöhung (Kapitalerhöhung heißt, es werden gegen neues Geld neue Aktien ausgegeben) entsprechend ihrer bestehenden Beteiligungsquote an dieser Kapitalerhöhung teilzunehmen, um sich gegen die so genannte Verwässerung zu schützen. Denn stell Dir vor, Du hast mit viel Investition eine Sperrminorität (25% der Aktien) zusammengekauft, und jetzt geht die Gesellschaft hin, erhöht ihr Stammkapital, und gibt die neuen Aktien irgendwem anderem. Schon sind Deine 25% weg.
Die zweite Seite dieser Medaille ist der Schutz vor wertmäßiger Verwässerung. Das führt auch zu meinen Ausführungen zu den angenommenen Werten in meinem ursprünglichen Punkt 3. Lass mich auch dazu etwas weiter ausholen: Der Nennbetrag oder rechnerische Anteil einer einzelnen Aktie am Grundkapital (laß mich einfachheitshalber von "Nennwert" sprechen) ist grds. von den Gründern frei wählbar. Laß uns annehmen, eine AG habe, wie in Deinem Beispiel vor Beteiligung der Kunden, ein Grundkapital von EUR 200.000, eingeteilt in 200.000 Aktien. Damit hat jede Aktie einen Nennwert von EUR 1. Das heißt aber mitnichten, dass (abgesehen vielleicht vom Moment der Gründung) EUR 1 auch der angemessene Wert einer Aktie ist. Denn eine Aktie verkörpert eben einen Bruchteil am gesamten Unternehmen, und nicht nur an der Grundkapitalziffer. Diese ist letztlich nur eine technische Rechengröße. Als Beispiel: e.ON hat etwa 2 Milliarden Aktien ausgegeben, mit einem Nennwert von je EUR 1. Der Börsenkurs ist aber heute bei 12,69. Lass uns zum einfachen Rechnen EUR 12 sagen, dann hieße das, die Investoren an der Börse gehen von einem Unternehmenswert von EUR 24 Mrd. aus.
Woher kommt der Unterschied? Ein Investor, der die Aktie ein paar Jahre halten will, wird z.B. hochrechnen, wieviel Dividende er aus der Aktie bekommen wird, und diesen Betrag (abgezinst) in seine Wertberechnung mit einfließen lassen. Der Gesetzgeber selbst und der BGH nehmen übrigens den Börsenkurs selbst häufig als Maßstab für einen angemessenen Unternehmenswert, z.B. bei sog. Squeeze-Outs, also dem Ausschluss der Minderheitsaktionäre durch den Großaktionär gegen Zahlung einer angemessenen Abfindung. Eine andere Größe, auf die man abstellen kann, ist der Anteil am Eigenkapital. Das Eigenkapital errechnet sich, wenn man in der Bilanz alle Aktiva nimmt, und davon kurz- und langfristige Schulden abzieht. Das ist mehr als das reine Grundkapital, und enthält z.B. über die Jahre angesammelte Rücklagen, Gewinnvortrag etc.
Das soll nur zeigen, dass es zu kurz greift, den Wert eines Anteils als den Nennwert anzusetzen, und dann neue Anteile zu diesem Wert auszugeben. Damit wird nämlich der anteilige Wert aller anderen Aktien gesenkt. Ein Rechenbeispiel dazu: Lass uns eine AG mit 2 Aktionären annehmen, jeder hält eine Aktie mit einem Nennwert von EUR1. Der Wert des Unternehmens ist aber 1 Mio. Das heißt, der eigentlich in einer Aktie liegende Wert ist jeweils EUR 500.000. Jetzt wird eine weitere Aktie an einen neuen Aktionär ausgegeben. Der Nennwert ist wiederum EUR 1, und mehr zahlt der neue Aktionär auch nicht. Dann ist der Wert des Unternehmens in dem Moment EUR 1.000.001, der Wert der Anteile aber jeweils EUR 333.333,33. Das heißt, die beiden Altaktionäre haben gerade jeder EUR 166.666,67 verloren, weil eine Aktie unter Wert ausgegeben wurde. Darum sagte ich, dass in Deinem Rechenbeispiel die Aktionäre enteignet würden, weil nämlich der Unternehmenswert im Gegenzug zur Ausgabe der Anteile nicht positiv verändert wird, aber die Zahl der Anteile, durch die der Wert geteilt wird, erhöht wird.

Schlimmer noch, wenn die "Anteile" Fremdkapitalcharakter haben, wird das Eigenkapital sogar gesenkt, denn die 20% des Preises, die vorher Gewinnmarge waren und damit als Jahresüberschuss im Eigenkapital gelandet wären, landen jetzt ggf. (aber bitte nagele mich darauf nicht fest, bin kein WP) in den Schulden und werden damit vom EK abgezogen. Den Aktionären und dem Unternehmen geht es dadurch nicht besser.

Zum Schutz gegen die anteilsmäßige und die wertmäßige Verwässerung gibt es das sog. Bezugsrecht, also eine Art Vorkaufsrecht der Aktionäre. Das kann zwar ausgeschlossen werden (per Beschluss der Hauptversammlung) aber dann müssten wieder die Aktionäre mitspielen und ein sachlicher Grund bestehen (sonst kassiert Dir ein Gericht den Beschluss). Aber lass uns das am jetzigen Aktienrecht hängende Rechtsproblem "Bezugsrecht" mal beiseite lassen.

Das wirtschaftliche Problem bleibt, dass es aufgrund der oben erläuterten Wertfrage m.E. grob ungerecht ist, die Anteile einfach zu EUR 1 auszugeben; gibt man sie aber zum jeweils aktuellen Börsenkurs (oder einem anders errechneten, realistischen Anteil am Unternehmenswert, den sie darstellen) aus, bleibt immer noch die wertmäßige Verwässerung, die ich aber mal als "politisch gewolltes Ziel" hinnehme. Nur dann wird die Einflussverlagerung entsprechend langsamer von statten gehen. Aber lass uns mal sagen, zum Wohl der verfolgten Ziele, eine möglichst schnelle Erhöhung des Einflusses des Verbrauchers zu erreichen, wir auch die Ausgab zu EUR 1 erlaubt. Dann bleibt das Problem, dass wir eine Konstruktion haben, die dem Unternehmen selbst wirtschaftlich wehtut.

Aktien begründen ein direktes Verhältnis Gesellschaft - Aktionär, die von Dir genannten Mittelsmänner sind technisch notwendig, um die Börsenhandelbarkeit der Papiere herzustellen.

Den Zusammenhang zu Payback-Programmn verstehe ich nicht, ich weiß leider nicht genau, wie die funktionieren. Oder meinst Du, dass an für einen heute bezahlten Betrag morgen einen gewissen Rabatt auf den nächsten Einkauf bekommt, nur dass der Rabatt in unserem Fall in einem stimmberechtigten, rückzahlbaren Anteil besteht, den der Kunde bekommt?


Hier kenne ich mich wirklich zu wenig aus! Sie müssten halt auf jeden Fall einen Teil zurückhalten, falls einige vom Zug abspringen—werden vermutlich nicht alle gleichzeitig machen.

Wie zuvor, die genaue bilanzielle Einordnung hängt von der Ausgestaltung ab, und ich möchte mich darauf auch nicht festnageln lassen. Aber der "zurückgehaltene" Teil steht dem Unternehmen vermutlich nicht mehr zum sonstigen Investieren zur Verfügung und erhöht im Zweifel dessen Schulden.


Leider nicht. Aber in Zukunft könnte ich mir durchaus vorstellen, in Aktien zu investieren... :)

Es gab sogar mal einen "Anlageführer", der danach ging, bei welcher HV das Buffet am besten ist :)

Siehe oben, zu den "leichgewichtigen AGs".



Ich denke, dass jeder dadurch auch durchaus gewinnen kann; insbesondere die leichte Integration von Crowdfounding-Geschichten könnte eine immense Chance sein.

Ich bin nicht davon überzeugt, dass in diesem Modell ein Vorteil für das Unternehmen und dessen Aktionäre liegt. Denn allein daraus, mehr Aktionäre/Anteilsinhaber zu haben, habe ich noch keinen Cent eingenommen. Und das Modell der "Anteile" soweit ich es verstanden habe beruht ja darauf, dass das Unternehmen als Gegenleistung für Geld, das es sowieso (als Kaufpreis) als Umsatz bzw. Gewinn vereinnahmt hätte (der ihm frei zur Verfügung steht), einen "Anteil" ausgeben muss, aber keinen Cent zusätzlich bekommt. Im schlimmsten Fall wird daraus auch noch ein als Schulden des Unternehmens zählender Kredit vom Kunden an das Unternehmen.

Persönlich fände ich es wesentlich hilfreicher, auch für die von Dir verfolgten Ziele, wenn in Deutschland die Anlage in Aktien durch Privatleute (nach reiflicher Überlegung und nur mit Geld, das nicht für die Existenz gebraucht wird) stärker zur Kultur gehören würde.

Bitte nimm es mir nicht übel, wenn ich so "dagegenhalte", ich finde das Thema wirklich spannend, deshalb möchte ich Aspekte aufwerfen, die mir noch nicht einleuchten...

Sorry, das ist jetzt ein furchtbarer Bandwurm geworden, aber ich hoffe, einige meiner Gedanken sind jetzt nachvollziehbarer geworden.
 
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ImperatoR

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Vielen Dank für die ausführliche Antwort. Wieder was gelernt!

Persönlich fände ich es wesentlich hilfreicher, auch für die von Dir verfolgten Ziele, wenn in Deutschland die Anlage in Aktien durch Privatleute (nach reiflicher Überlegung und nur mit Geld, das nicht für die Existenz gebraucht wird) stärker zur Kultur gehören würde.

Ich finde das Thema Aktien allgemein sehr spannend und würde das begrüßen, wenn es allgemein mehr zur Kultur werden würde das Geld in Aktien statt in Sparbücher zu stecken. Ich werde es jedenfalls machen.

Schlimmer noch, wenn die "Anteile" Fremdkapitalcharakter haben, wird das Eigenkapital sogar gesenkt, denn die 20% des Preises, die vorher Gewinnmarge waren und damit als Jahresüberschuss im Eigenkapital gelandet wären, landen jetzt ggf. (aber bitte nagele mich darauf nicht fest, bin kein WP) in den Schulden und werden damit vom EK abgezogen.

Achtung: nicht 20% des Preises, sondern 20% von der Marge. Das heißt, es bleibt definitiv Gewinn im Unternehmen, wobei ein Teil des Gewinnes eben den Kunden noch gehören würde. Der Kunde wäre jedoch auch vertraglich verpflichtet, dass dieses Geld z.B. mindestens 5 Jahre auch im Unternehmen bleibt bevor er es rausziehen kann.

Den Zusammenhang zu Payback-Programmn verstehe ich nicht, ich weiß leider nicht genau, wie die funktionieren. Oder meinst Du, dass an für einen heute bezahlten Betrag morgen einen gewissen Rabatt auf den nächsten Einkauf bekommt, nur dass der Rabatt in unserem Fall in einem stimmberechtigten, rückzahlbaren Anteil besteht, den der Kunde bekommt?

Genau. Also quasi leichtgewichtige Aktien, die quasi ohne den ganzen Börsen- und Rechtsoverhead auskommen. Das wäre z.B. wie wenn du ein MacBook kaufst und in der Schachtel eine kleine Karte mit einem Code drin ist, wenn du diesen Code einlöst, bekommst du den entsprechenden Anteil an Apple.

Leider kann ich dir nicht mehr Karma geben! ;)
 

eichyl

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Was ich an dem Konzept nicht so richtig verstehe ist, wo der Vorteil für mich liegt.

* Zum einen würde die "AG" (wenn ich Unternehmer wäre), den Preis der Produkte dann immer gegen den Wert des unternehmens spiegeln, da ich Gewinn machen möchte. Da aber 20 % als Unternehmnsanteil beim Kunden verbleibe habe ich automatisch 20 % weniger Gewinn und die Preise würde entsprechend nach oben gehen. Bei einem erfolgreichen Proidukt wird somit stetig der Preis steigen.

* Was bringt dem Kunden der Anteil? Bspw. 90% der iPhone-Käufer haben keine tiefgreifenden betriebswirtschaftlichen Kenntnisse. Sollen dann aber bei Entscheidungen mit einbezogen werden, ohne dass diese sich eventuell dafür interessieren noch notwendige Kenntnisse haben wofü / wogegen sie Stimmen.

* Was ist wenn Kunden keine Anteile wollen? Produkte mit und ohne Options-recht anbieten?

* Ich glaube auch steuerrechtlich ist das nicht so einfach handhabbar. Woher weiß der Kunde von 20 Produkten wie hoch seine Anteile sind, hatte er Ertrag muss er diesen Versteuern?

* Was ist wenn ich das Produkt gebraucht verkaufen will?


Die Idee ist zwar nett, aber ich glaube so nicht unbedingt umsetzbar. Da für Käufer auch einige Risiken im verborgenen liegen und viele auch gar kein Interesse haben Anteile zu erwerben.
 
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ImperatoR

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Mit dem Gewinnanteil welcher den Kunden gehört, kann das Unternehmen dennoch arbeiten—machen Banken ja auch nicht anderes.

Gut, dass mache Kunden damit nichts anfangen können mag sein bzw. dies ist auch meine Befürchtung. Da wäre vielleicht eine Studie nötig bzw. eine entsprechende Kultur muss für so etwas wachsen. Die die die Anteile nicht wollen, können sie ja wieder verkaufen oder nicht einlösen—dann sind sie selber schuld!

Natürlich wäre es so, wenn wirklich alle Unternehmen diese Gesellschaftsform hätten, dass dies relativ unüberlichtlich werden könnte. Es müsste dann schon ein Portal geben, wo alle Werte zusammengefasst aufgeschlüsselt stehen—Informationstechnologie mit Internet sollte das möglich machen.

Wenn du das Produkt gebraucht verkaufen willst, kannst du ja einfach die Anteile behalten—du hast sie ja schließlich erworben.
 

smoe

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Ein großes Problem das ich sehe: Ich besitze ja nicht nur Produkte von zwei oder drei Firmen, sondern eher von ein paar hundert. In dem Konzept muss ja das Nudelsieb genauso berücksichtig werden wie das Notebook sonst schließt du ja die meisten Firmen aus dem Konzept aus, und gerade bei den günstigen Produkten ist das mit den Produktionsbedingungen ja ein großes Thema.

Wie soll ich denn sinnvoll mit Anteilen an hunderten Firmen umgehen, wie soll das ganze überhaupt Zustande kommen? Muss ich an der Supermarktkasse jedesmal einen beglaubigten Vertrag aufsetzen lassen? Wird der Verwaltungsaufwand dafür nicht den gesamten Gewinn an günstigen Produkten auffressen?

Werde ich überhaupt noch die Möglichkeit haben ein Produkt zu erwerben ohne dafür namentlich registriert zu werden? Ich höre da schon alle Überwachungsstaat schreien.
 

ImperatoR

Roter Astrachan
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Genau das halte ich auch für den wunden Punkt meiner Idee!

Da wäre es interessant herauszufinden, wie man eine solche Kaufabwicklung so einfach halten (oder einfacher) kann wie bisher, jedoch mit dem Vorteil dass man automatisch auf das eigene anonyme Konto den entsprechenden Anteil transferiert bekommt. Und dass man jederzeit in einem Portal im Internet sein Konto und die Anteile und deren Werte veranschaulicht bekommt, sowie dort auch Verkauf bzw. Einkauf von entsprechenden Papieren tätigen kann, aber auch direkt Diskussionsmöglichkeiten bzw. Gruppenbildungsmöglichkeiten hat.

Vielleicht könnte das dann so ablaufen, dass ich beim Einkauf im Supermarkt neben meiner Kreditkarte einfach noch die "Aktienkarte" hergebe; diese wird abgescannt und automatisch landen die Anteile auf meinem Konto—ganz unbürokratisch.

Wenn es so etwas gäbe—ein unbürokratisches und übersichtliches System zum verwalten dieser Anteile—würdet ihr so etwas "toll" finden?
 
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eichyl

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Die Idee einer Genossenschaft wäre hier in der Tat ein probates Mittel. Keine Steuerlichen Probleme, aktives Stimmrecht, unkomplizierter mit Gewinnbeteilligung und auch Verlustbeteilligung ;).

Da könnte man dann Statt einer Gewinnausschüttung 30% Rabatt auf das nächste Produkt bekommen, wäre wohl eine geschicktere Variante als die AG. Zudem kannst Du gleich die Kundenbindung durch die Rabatte erhöhen und eine Schwelle definieren wieviele ANteile ein einzelner haben darf. Damit entgehts Du auch dem Problem von Hamsterkäufen, wo sich leute mit möglichst vielen Anteilen eindecken wollen.

Allerdings ist es eben keine geeignete Rechtsform für ein gewinnorientiertes Unternehmen. Da diese immer Investiert oder ausgeschüttet werden müssen.
 

hosja

Mutterapfel
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Bei einer AG geht halt recht schnell die Kontrolle verloren. Wenn ein Investor kommt und ein "unwiderstehliches" Angebot macht.
Der Grundgedanke bei einer AG ist halt schon zu investieren und dann wenns läuft die Investition wieder zu Geld zu machen. Bei einer Genossenschaft, ist das Aussteigen eher nicht vorgesehen.
 

schlagi

Weisser Rosenapfel
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Danke für die Antwort und das Karma :)

Achtung: nicht 20% des Preises, sondern 20% von der Marge. Das heißt, es bleibt definitiv Gewinn im Unternehmen, wobei ein Teil des Gewinnes eben den Kunden noch gehören würde. Der Kunde wäre jedoch auch vertraglich verpflichtet, dass dieses Geld z.B. mindestens 5 Jahre auch im Unternehmen bleibt bevor er es rausziehen kann.

Stimmt, 20% der Marge, hatte ich falsch geschrieben. Die Schwierigkeit bleibt, dass in dieser Höhe aus Geld, dass ohne das Anteilsmodell der Gesellschaft ohne weitere Bindung als Gewinn zufließt, jetzt Schulden werden, die zurückgezahlt werden müssen. Du sagst in einem anderen Post, dass das Unternehmen mit dem Geld trotzdem arbeiten könne; das stimmt auf Cash-Ebene, aber das Unternehmen muss sich eben auch Gedanken machen, mit welchem Geld es die Anteile nach 5 Jahren zurückzahlt. Das heißt auch, dass diese 20% der Marge nicht als ausschüttungsfähiger Gewinn für die Aktionäre zur Verfügung stehen.
Und wie gesagt, ich bin mir ziemlich sicher, dass das als Verbindlichkeiten zu bilanzieren ist. Wenn wir jetzt noch ein bißchen weiter schauen, wie die sonstige Unternehmensfinanzierung mit Krediten funktioniert, droht weiteres Ungemach: Darlehensverträge enthalten in der Regel sog. "Financial Covenants", sprich die Zusage des Darlehensnehmers, für die Laufzeit des Darlehens bestimmte wirtschaftliche Verhältnisse beizubehalten. Dazu gehört fast immer einerseits die Verpflichtung, weitere Schulden nur innerhalb bestimmter Betragsgrenzen aufzunehmen, damit die Fähigkeit zum Schuldendienst nicht gefährdet wird; andererseits wird ein bestimmtes Verhältnis von Vermögen zu Schulden festgesetzt, das nicht überschritten werden darf; da gibt es verschiedene Spielarten, die simpelste ist die Eigenkapitalquote, also das Verhältnis von Eigenkapital wie in der Bilanz ausgewiesen zur Bilanzsumme. Zwingen wir dem Unternehmen ständig weitere Schulden auf, dann schränken wir damit letztendlich auch die Möglichkeit ein, andere Kredite aufzunehmen.

Genau. Also quasi leichtgewichtige Aktien, die quasi ohne den ganzen Börsen- und Rechtsoverhead auskommen. Das wäre z.B. wie wenn du ein MacBook kaufst und in der Schachtel eine kleine Karte mit einem Code drin ist, wenn du diesen Code einlöst, bekommst du den entsprechenden Anteil an Apple.

Ich fürchte, einen ziemlichen Overhead werden wir nicht vermeiden können: Es muss ja zumindest bei der Gesellschaft ein (tagesaktuelles) Register geführt werden, wem wieviele Anteile zustehen, wann die jeweils rückzahlbar werden, wer die Rückzahlung verlangt etc.

Dann kommt der nächste Punkt, sollen die Anteile veräußerbar sein? Wenn ja, soll das jeder Inhaber auf eigene Faust organisieren müssen (was bedeuten würde, dass die Anteile nur schwer veräußert werden können), oder soll dafür eine Art "Marktplatz" geschaffen werden, z.B. Internetplattform bei der Gesellschaft, wo quasi "per Knopfdruck" ge- und verkauft werden soll? Das wäre dann letzten Endes eine börsenähnliche Handelsplattform, mit allem technischen Aufwand, der daranhängt, um z.B. zu garantieren, dass die Verkäufe auch erfüllt werden, dass sich der Preis sauber bilden kann, etc.

Das Problem mit dem "Überwachungsstaat" sehe ich nicht so sehr: Der Anteilsbesitz ist ein Verhältnis zwischen Gesellschaft und Anteilsinhaber, wovon der Staat erstmal nichts mitbekommt.
 

eichyl

Rhode Island Greening
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Also ich würde den Vorschlag von hosja an Imperators Stelle in Betracht ziehen. Eine Genossenschaftslösung bietet die gleichen Vorteile (zumindest innerhalb dieses beispiels) der AG ohne deren Nachteile. Damit würde die gesamte Problematik mit zu vielen Anteilen, Veräußerungsproblematik etc. wegfallen.

Als Käufer kann ich dann halt die Anteile nicht Gewinnbringend veräußern. Die Frage ist auch, ob dies möglichst unbürokratisch lösbar ist, da schon eine doch recht komplexe Satzung dahinter liegen wird und so ein Antrag nicht gerade kurz ist.
 

schlagi

Weisser Rosenapfel
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Zu KG und Genossenschaft: die sind beide nicht börsengängig, das heiß von der Idee, außerhalb der Anteilsverteilung an die Kunden schnell am Kapitalmarkt Eigenkapital aufzunehmen kann sich das Unternehmen dann verabschieden.

Bei der KG kommt noch dazu, dass der typische Kommanditist in geschäftlichen Dingen nichts zu sagen hat. Und man treibt einen Registerrichter in den Wahnsinn, weil ständig die Kommanditisten im Handelsregister nachgehalten werden müssen. Und solange man nicht mit seiner Hafteinlage im Register eingetragen ist, greift die Haftungsbeschränkung für den Kommaditisten nicht.
 

hosja

Mutterapfel
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schlagi, recht hast. Aber wie gesagt meine These ist sozial und Aktien passen nicht zusammen. Wenn sozial und Firma dann eher KG oder Genossenschaft.
 
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